Kein Unterhalt wegen schweren Fehlverhaltens

Gericht

KG


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

14. 10. 1997


Aktenzeichen

18 UF 5265/96


Leitsatz des Gerichts

Die Aufnahme einer vorübergehenden Beziehung zu einem anderen Mann ist nur bei bis dahin intakter Ehe ein einseitiges Fehlverhalten i. S. des § 1579 Nr. 6 BGB.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Berufung des Bekl. führt zu einem teilweisen Ausschluss und einer teilweisen Herabsetzung der vom FamG ausgeurteilten Unterhaltsrentenbeträge. Seinem Begehren, den Unterhaltsanspruch insgesamt auszuschließen, musste dagegen der Erfolg versagt bleiben, denn die Voraussetzungen der §§ 1361 III, 1579 Nr. 6 BGB liegen nicht vor. Danach ist ein Unterhaltsanspruch zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre, weil dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt. Die Aufnahme einer Beziehung zu einem anderen Mann i. J. 1994 durch die Kl. mag zwar ein Fehlverhalten i. S. der genannten Bestimmung darstellen. Dies kann jedoch nicht als eindeutig bei ihr liegend angesehen werden, denn nach den Angaben beider Parteien in der mündlichen Verhandlung v. 9. 9. 1997 bestand zu diesem Zeitpunkt keine sog. intakte Ehe mehr. ...

Die Höhe des Anspruchs nach § 1361 BGB richtet sich nach den ehel. Lebensverhältnissen und damit nach den Einkünften der Parteien.

Das durchschnittliche Nettoeinkommen des Bekl. betrug 1994 monatlich 5.071,80 DM. ...

Davon ist abzusetzen der Unterhalt für das gemeinsame Kind P. Unstreitig hat die Kl. bis einschließlich September 1995 keinen Kindesunterhalt gezahlt. Folglich müssen dem Bekl. die von ihm erbrachten Barunterhaltsleistungen gutgebracht werden. Nach seinen Einkommensverhältnissen schuldete der Bekl. nach der seinerzeit gültigen Düsseldorfer Tabelle (FamRZ 1992, 643) 790 DM monatlich Unterhalt. Dabei ist der Senat von einer Höherstufung in der Düsseldorfer Tabelle ausgegangen, weil der Bekl. nur zwei Personen gegenüber unterhaltspflichtig ist. Des weiteren bringt ihm der Senat einen Betreuungsbonus gut i. H. von 400 DM (vgl. dazu BGH, FamRZ 1982, 779; OLG Hamburg, FamRZ 1997, 357). Dadurch werden die mit den Betreuungsleistungen verbundenen erhöhten Belastungen des Bekl. neben dessen Berufstätigkeit aufgefangen. Dieser Betreuungsbonus kommt allein dem Bekl. zugute.

Die Kl. hat nicht ausreichend darzulegen vermocht, dass sie - zumindest seit September 1994 - über die Zeit im Rahmen einer Besuchsregelung hinaus für P. gesorgt hat. Denn nach ihrer Darstellung verbrachte P. in der Regel die Zeit von Mittwoch auf Donnerstag in der Woche bei der Kl. und verreiste mit ihr vier Wochen. Eine wesentliche Entlastung des Bekl. in bezug auf den von ihm geleisteten Betreuungsaufwand ist dadurch nicht zu verzeichnen. ...

Seit dem 15. 4. 1996 ist der Bekl. arbeitslos. Auf die dadurch verringerten Einkünfte (Arbeitslosengeld) dürfte sich der Bekl. nur dann nicht berufen, wenn dies gegen Treu und Glauben verstoßen würde (BGH, FamRZ 1985, 159). Der Anstellungsvertrag des Bekl. v. 5. 2. 1996 hatte eine Probezeit von sechs Monaten zum Inhalt. Seine Auflösung vor Ablauf der Probezeit ist dem Bekl. folglich nicht anzulasten, es sei denn, besondere Umstände lägen vor, aus denen sich ergeben würde, der Bekl. hätte die Auflösung gewissermaßen provoziert. Dafür ist nichts ersichtlich und auch von der Kl. nicht vorgetragen worden. Allerdings könnte es vorwerfbar sein, dass der Bekl. zuvor sein gesichertes Arbeitsverhältnis bei der Firma K. aufgegeben hatte. Der Senat verneint dies jedoch unter den gegebenen Umständen. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass der Bekl. aufgrund seiner neuen Tätigkeit etwa 300 DM mehr im Monat verdient hat. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Gehaltspfändungen der Kl. belastet war. Für die Frage, inwieweit das Grundrecht auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 I S. 1 GG) durch anderweitige Verpflichtungen eingeschränkt wird, kann schließlich insbesondere das Gewicht dieser anderen Verpflichtungen nicht außer Betracht bleiben. Der Unterhaltsanspruch der Kl. zielt auf die Erhaltung ihres durch die Ehe geprägten Lebensstandards nach § 1361 BGB. Sie verfügt über ausreichendes eigenes Erwerbseinkommen und ist - abgesehen von dem vorerwähnten Ziel - auf Unterhalt nicht angewiesen. Bei Abwägung der Belange, Rechte und Pflichten der Parteien im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 242 BGB erscheint deshalb die Entscheidung des Bekl. als unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar. Allerdings war der Bekl. sofort nach Verlust seines Arbeitsplatzes gehalten, sich um eine neue Stelle in abhängiger Beschäftigung zu bemühen. Dass er dies nicht getan und sich selbständig gemacht hat, kann ihn nicht entlasten, weil er - wie er selbst in der mündlichen Verhandlung erläutert hat - daraus bisher keine nennenswerten Gewinne erzielt hat. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Bekl. bei gehörigen Anstrengungen zu Beginn des Jahres 1997 in etwa dasselbe hätte als Einkommen erzielen können, was er vorher bei der Firma K. verdient hatte. Dass für ihn insoweit keine reale Beschäftigungschance bestand, ist auch unter Berücksichtigung seines Vortrags nicht erkennbar (vgl. dazu z. B. OLG Köln, FamRZ 1997, 1104). Dies gilt insbesondere für seine Ausführungen, wegen seiner DDR-Ausbildung nicht genügend qualifiziert zu sein. Dem steht bereits der Umstand entgegen, dass er bis Anfang 1996 einen gut bezahlten, seiner Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz inne hatte.

Rechtsgebiete

Unterhaltsrecht