Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
29. 04. 1993
Aktenzeichen
I ZR 150/91
Die Vorschrift über die Erhaltung des Ausgleichsanspruches im Fall der Kündigung eines Handelsvertretervertrages durch den Handelsvertreter wegen Alters oder Krankheit (§ 89b III 1 Alt. 2 HGB a. F. = § 89b III Nr. 1 Alt. 2 HGB n. F.) ist - ebenso wie § 89b III 2 HGB a. F. = § 89b III Nr. 2 HGB n. F. in den Fällen der Kündigung durch den Unternehmer - auf das Vertragshändler-(Eigenhändler-) Verhältnis analog anzuwenden, wenn die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung von § 89b I HGB gegeben sind.
Zu den Anforderungen an den Vortrag des klagenden Vertragshändlers zur Frage der Unzumutbarkeit der Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen Krankheit (§ 89b III 1 Alt. 2 HGB a. F. = § 89b III Nr. 1 Alt. 2 HGB n. F.).
Die Fortsetzung der Tätigkeit des Vertragshändlers nach Kündigung des Vertragsverhältnisses wegen Krankheit (§ 89b III 1 Alt. 2 HGB a. F. = § 89b III Nr. 1 Alt. 2 HGB n. F.) schließt den Ausgleichsanspruch nicht aus, wenn die Voraussetzungen dieser Regelung objektiv vorliegen.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der Kl. war unter der Firma Autohaus B seit 1975 als Vertragshändler der Bekl., einer Automobilherstellerin, tätig. Das Vertragsverhältnis endete aufgrund einer Kündigung des Kl. vom 26. 10. 1988, die er mit seiner schlechten gesundheitlichen Verfassung begründet hat, zum 30. 4. 1989. In der Folgezeit hat der Kl. einen Ausgleichsanspruch entsprechend § 89b HGB geltend gemacht, dem die Bekl. entgegengetreten ist. Sie hat bestritten, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 89b HGB vorliegen, und hat des weiteren die Auffassung vertreten, ein etwaiger Ausgleichsanspruch sei schon deshalb ausgeschlossen, weil der Kl. den Vertrag selbst gekündigt habe. Die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses sei dem Kl. nicht krankheitsbedingt unzumutbar gewesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Kl., mit der er zuletzt Zahlung eines Ausgleichs von 300000 DM verlangt hat, ist erfolglos geblieben. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Bekl. beantragt, verfolgt der Kl. den Ausgleichsanspruch weiter. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das BerGer.
Auszüge aus den Gründen:
I. Das BerGer. hat ausgeführt, es könne offenbleiben, ob die Voraussetzungen vorlägen, unter denen nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. z. B. BGH, NJW-RR 1988, 42 = LM § 89b HGB Nr. 83 = ZIP 1987, 1383 (1385) = WM 1987, 1462 (1463) m. w. Nachw.) eine entsprechende Anwendung des § 89b HGB auf einen Kraftfahrzeugeigenhändler in Betracht komme. Ein Ausgleichsanspruch entsprechend § 89b III 1 HGB (a. F.) sei ausgeschlossen, weil der Kl. selbst den Vertrag gekündigt und nicht hinreichend dargetan habe, daß ihm eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen Krankheit nicht mehr zumutbar gewesen sei. Da die Frage der Zumutbarkeit nicht abstrakt beurteilt werden könne, sei es erforderlich gewesen, daß der Kl. die Art und den Umfang seiner Tätigkeit im Unternehmen darlegt und dem die eingetretenen gesundheitlichen Einschränkungen gegenüberstellt. Dem mit dem Kündigungsschreiben vorgelegten, in allgemeinen Wendungen gehaltenen ärztlichen Attest lasse sich nichts Näheres zum Gesundheitszustand des Kl. entnehmen. Die Benennung des behandelnden Arztes als Zeuge zur Frage der Unzumutbarkeit sowie zweier Zeugen zur Frage der Kausalität der Gesundheitsbeeinträchtigungen für die Kündigung reiche angesichts des unzureichenden Sachvortrags nicht aus.
II. Den Erwägungen des BerGer. zu den Anforderungen an die Darlegungslast des Kl. kann nicht beigetreten werden. Auch hat das BerGer., wie die Revision zu Recht rügt, bei seiner Würdigung den Sachvortrag des Kl. nicht ausgeschöpft (§ 286 ZPO).
1. Gem. § 89b III 1 Alt. 2 HGB in der bis zum 31. 12. 1989 geltenden und deshalb hier anwendbaren Fassung ( = § 89b III Nr. 1 Alt. 2 HGB n. F., vgl. Gesetz zur Durchführung der EG-Richtlinie zur Koordinierung des Rechts der Handelsvertreter vom 23. 10. 1989, BGBl I, 1910) ist ein Ausgleichsanspruch ausgeschlossen, wenn der Handelsvertreter den Vertrag selbst kündigt, ohne daß der Unternehmer ihm begründeten Anlaß gegeben hat, es sei denn, dem Handelsvertreter ist eine Fortsetzung der Tätigkeit (unter anderem) wegen Krankheit nicht zumutbar.
Der Anwendung dieser Ausnahmevorschrift steht - wovon auch das BerGer. stillschweigend ausgegangen ist - nicht grundsätzlich entgegen, daß zwischen den Parteien kein Handelsvertreter-, sondern ein Eigenhändlervertrag bestand. Liegen - wovon im Revisionsverfahren mangels entgegenstehender Feststellungen des BerGer. zugunsten des Kl. auszugehen ist - die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 89b I HGB auf das Vertragsverhältnis des Eigenhändlers vor, so besteht wegen der wirtschaftlich vergleichbaren Lage zwischen Eigenhändler und Handelsvertreter kein Anlaß, beide im Fall der Vertragsbeendigung wegen Krankheit unterschiedlich zu behandeln, so daß auch § 89b III 1 Alt. 2 HGB (a. F.) entsprechend anzuwenden ist (vgl. BGH, NJW 1984, 2101 = LM § 89b HGB Nr. 67 = WM 1984, 38; BGH, NJW-RR 1988, 42 = LM § 89b HGB Nr. 83 = ZIP 1987, 1383 (1385) - jeweils zu § 89b III 2 HGB a. F.; vgl. auch BGH, BGHZ 93, 358 = NJW 1985, 3076 = LM § 89b HGB Nr. 78 = ZIP zu § 89b IV 1 HGB), sofern die persönlichen Umstände - wie nach dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt - in der Person des Inhabers der Einzelfirma gegeben sind (vgl. OLG Hamburg, Handelsvertreter und Handelsmakler 1986, 788; KG, Handelsvertreter und Handelsmakler 1989, 136).
2. Die Voraussetzungen der danach zugrunde zu legenden Vorschrift des § 89b HGB für die Zubilligung eines Ausgleichsanspruchs hat das BerGer. auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands nicht rechtsfehlerfrei verneint. Eine Krankheit i. S. von § 89b III 1 Alt. 2 HGB a. F. liegt dann vor, wenn eine Störung des gesundheitlichen Zustands schwerwiegend und von nicht absehbarer Dauer ist und dadurch zu einer auch mit Ersatzkräften nicht behebbaren nachhaltigen Verhinderung in der Absatztätigkeit für den Unternehmer führt (vgl. Staub-Brüggemann, HGB, 4. Aufl., § 89b Rdnr. 18).
a) Das hierzu unter Beweis gestellte Vorbringen des Kl. durfte das BerGer. nicht als unsubstantiiert ansehen. Die vorgetragenen Umstände sind geeignet, die krankheitsbedingte Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu begründen. Zu seinem Gesundheitszustand hat der Kl. vorgetragen, er sei an Nierenkrebs erkrankt, ihm sei im November 1985 eine Niere entfernt worden, in den Jahren 1986 und 1988 seien zwei Kuren ohne die erhoffte Besserung durchgeführt worden. In dem dem Kündigungsschreiben beigefügten ärztlichen Attest vom 25. 10. 1988 hat der behandelnde Arzt dem Kl. unter Hinweis auf die jüngsten Untersuchungsbefunde dringend empfohlen, seine berufliche Tätigkeit aufzugeben. Darüber hinaus hat sich der Kl. zum Beweis auf das (sachverständige) Zeugnis des behandelnden Arztes und vorsorglich auf ein Sachverständigengutachten berufen.
Wenn das BerGer. demgegenüber das vorgelegte Attest als wenig aussagekräftig beurteilt, überspannt es die Darlegungslast des Kl. Anhaltspunkte dafür, daß es sich bei diesem Attest um ein Gefälligkeitsattest handele, hat das BerGer. nicht festgestellt. Hierfür spricht auch angesichts der anerkannten Schwerbehinderung des Kl. (vgl. hierzu unten zu b) nichts. Die angeführten Beweisantritte bezogen sich zwar ausdrücklich nur auf die Frage der Zumutbarkeit der Fortsetzung seiner Tätigkeit durch den Kl. Hierin allein kann jedoch kein Grund für ein Übergehen der Beweisantritte gesehen werden, weil das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit nach seinen sachlichen Voraussetzungen sachverständiger Beurteilung bedarf. Des weiteren müssen die Beweisantritte jedenfalls auch dahin verstanden werden, daß sie zur Bedeutung und Schwere der Erkrankung des Kl. erfolgt sind.
b) Das BerGer. hat nicht in seine Beurteilung einbezogen, daß der Kl. nach seinem unbestrittenen Vortrag (§ 138 III ZPO) aufgrund seiner Erkrankung vom Versorgungsamt K. als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 80 % anerkannt worden ist.
Zwar kann der Revision nicht in ihrer Ansicht beigetreten werden, die getroffene Feststellung des Grades der Behinderung (§ 4 V 1 SchwbG) binde die Zivilgerichte auch für die streitgegenständliche Frage, ob dem Kl. die Fortsetzung seiner Tätigkeit zugemutet werden könne, da zu den Vergünstigungen i. S. von § 4 V 2 SchwbG auch die Bestimmung des § 89b III 1 Alt. 2 HGB (a. F.) gehöre. Die Anerkennung als Schwerbehinderter, die gegenüber jedermann Bindungswirkung entfaltet (BVerwGE 66, 315; BVerwGE 72, 8 = NVwZ 1986, 558 L; BSG, AP § 3 SchwbG Nr. 1 = EzA Nr. 1 zu § 3 SchwbG), besagt nur abstrakt, daß der Kl. in den verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens Funktionseinschränkungen in körperlicher, geistiger oder seelischer Hinsicht unterliegt. Die Schwerbehinderteneigenschaft berechtigt in diesem Zusammenhang zur Inanspruchnahme von Vergünstigungen, die an sie (bzw. den Grad der Behinderung) anknüpfen, wie zum Beispiel der Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis oder die Rundfunkgebührenbefreiung (vgl. Neumann-Pahlen, Schwerbehindertengesetz, 8. Aufl., § 4 Rdnr. 32). Die Anerkennung als Schwerbehinderter hat dagegen keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Vertragsbeziehungen der Parteien. Voraussetzung für den Erhalt des Ausgleichsanspruchs bei einer Eigenkündigung ist die krankheitsbedingte Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses, für die allein der Grad der Behinderung kein verläßlicher Maßstab ist, da der Grad der Behinderung nur abstrakt und nicht aufgrund der konkreten beruflichen Einschränkungen festgestellt wird. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bejahung der Schwerbehinderteneigenschaft und für die Bejahung der krankheitsbedingten Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung decken sich nicht (vgl. BVerwGE 80, 54 (57 f.) = NJW 1989, 601 = NVwZ 1989, 344 L).
Die Anerkennung als Schwerbehinderter ist jedoch sowohl bei der Beurteilung des vorgelegten ärztlichen Attestes (vgl. oben zu a) als auch als ein Indiz dafür heranzuziehen, daß die vom Kl. geltend gemachte Gesundheitsbeeinträchtigung nicht unerheblich ist.
c) Dem BerGer. kann auch nicht darin beigetreten werden, daß die Frage der krankheitsbedingten Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Tätigkeit des Kl. auch deshalb nicht beurteilt werden könne, weil dieser nicht näher zu Art und Umfang seiner Tätigkeit in der Firma vorgetragen habe. Daß der Kl. selbst in seiner Firma tätig war, ist zwischen den Parteien nicht umstritten, wie sich bereits aus dem vom BerGer. in Bezug genommenen Schreiben der Bekl. vom 4. 5. 1988 ergibt, in dem eine Reduzierung der Kundenkontakte des Kl. zur Diskussion gestellt wurde. Die vom BerGer. erörterte Frage, ob sich der Kl. - unter Beachtung der vertraglichen Vereinbarungen und Interessen der Parteien - durch wirtschaftlich vertretbare innerbetriebliche Maßnahmen derart hätte entlasten können, daß ihm eine Fortführung des Vertragsverhältnisses zumutbar gewesen wäre, stellt sich erst dann, wenn - was nach der vorgelegten ärztlichen Erklärung vom 25. 10. 1988 zweifelhaft erscheint - geklärt ist, ob dem Kl. angesichts seines Gesundheitszustandes überhaupt und gegebenenfalls in welchem Umfang Tätigkeiten in seiner Firma noch hätten zugemutet werden können.
3. Das BerGer. hat in einer Hilfsbegründung ausgeführt, ein Ausgleichsanspruch scheitere auch daran, daß der Kl. - wie sich verschiedenen Schreiben an Kunden entnehmen lasse - seine berufliche Tätigkeit nach der Kündigung des Eigenhändlervertrages nicht aufgegeben und auch nicht erheblich reduziert habe. Aufgrund der Entstehungsgeschichte des § 89b III 1 HGB (a. F.) sei eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß eine Eigenkündigung den Ausgleichsanspruch nicht entfallen lasse, nur dann gerechtfertigt, wenn ein tatsächliches, auf sozialen Gesichtspunkten beruhendes Bedürfnis für die Zuerkennung eines Ausgleichsanspruchs bestehe, d. h. bei tatsächlicher Aufgabe der Tätigkeit bzw. bei einer erheblichen Reduzierung. Auch diese Erwägungen tragen die Klageabweisung nicht.
In diesem Zusammenhang ist in tatsächlicher Hinsicht zunächst zu berücksichtigen, daß der Ausgangspunkt des BerGer., der Kl. habe seinen Betrieb auch nach der Kündigung ohne wesentliche Einschränkungen fortgeführt, so nicht zugrunde gelegt werden kann. In einem Schreiben vom 14. 4. 1989, das die Bekl. selber als Anlage B 6 zu den Akten überreicht hat, hat der Kl. die Absicht geäußert, sich im Herbst 1989 aus der aktiven Geschäftsleitung zurückzuziehen. Für die Ernstlichkeit dessen spricht nicht nur, daß dieses Schreiben an einen Kunden gerichtet war, sondern auch die Tatsache, daß sich der Kl. vorher schon weitgehend aus seiner Tätigkeit als Vertragshändler der Bekl. zurückgezogen hatte. Die Bekl. hat vorgetragen, daß die Geschäftsführung faktisch in den Händen des Sohnes des Kl. gelegen habe. Unstreitig ist ferner, daß der Kl. die Kundenkontakte fortwährend reduziert hat und daß er auch im Schriftwechsel der Parteien (nur noch) als „Seniorchef“ bezeichnet wurde. Schon aus diesen Gründen kann von einer im wesentlichen uneingeschränkten Geschäftsführung durch den Kl. für die Zeit nach der Kündigung nicht gesprochen werden.
Darüber hinaus kann den hier in Rede stehenden Erwägungen des BerGer. auch aus Rechtsgründen nicht beigetreten werden. Die tatsächliche Aufgabe der Tätigkeit bzw. deren erhebliche Reduzierung ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht Voraussetzung für das Bestehenbleiben des Ausgleichsanspruchs dem Grunde nach. Das Gesetz stellt auf den (objektiven) Begriff der Unzumutbarkeit ab. Liegen die Voraussetzungen vor, die eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses krankheitsbedingt unzumutbar erscheinen lassen, wird dem Handelsvertreter ermöglicht zu kündigen, ohne seinen Ausgleichsanspruch deswegen zu verlieren (Schröder, Recht der Handelsvertreter, 5. Aufl., Nachtrag 1976 Anm. 4;Maier, DB 1978, 940 (941)). Entschließt er sich dennoch, seine berufliche Tätigkeit nicht einzustellen, kann dem im Rahmen der Billigkeitsprüfung gem. § 89b I Nr. 3 HGB hinreichend Rechnung getragen werden.
Aus dem Gesetzgebungsverfahren ergeben sich keine Anhaltspunkte für die vom BerGer. vorgenommene restriktive Auslegung des § 89b III 1 HGB (a. F.). Die Bestimmung, wonach eine krankheits- oder altersbedingte Eigenkündigung des Handelsvertreters den Ausgleichsanspruch nicht entfallen läßt, wurde durch Gesetz vom 13. 5. 1976 (BGBl I, 1197) in das Handelsgesetzbuch eingefügt, da die bis dahin bestehende Regelung als unbefriedigend angesehen wurde (Amtl. Begr. BT-Dr 7/3918, S. 7 ff.; Küstner, BB 1976, 630 (631); Küstner-v. Manteuffel, Hdb. des gesamten AußendienstR, 5. Aufl., Bd. II, Rdnr. 164; Schröder, § 89b Rdnr. 28). Aus dem Umstand, daß die Gesetz gewordene Fassung entgegen weitergehenden Vorstellungen im Gesetzgebungsverfahren, wonach eine Eigenkündigung bei langjähriger Vertragsdauer den Ausgleichsanspruch nicht in Frage stellen sollte, nur den Fall der krankheits- und altersbedingten Kündigung als anspruchserhaltend ansieht, kann der vom BerGer. gezogene Schluß nicht hergeleitet werden.
4. Auch die weitere Hilfsbegründung des BerGer., man gelange zu keinem anderen Ergebnis, wenn man das Verhalten des Kl. als widersprüchlich und damit als treuwidrig ansehen oder aus ihm folgern würde, daß im Rahmen der Billigkeitsprüfung gem. § 89b I Nr. 3 HGB jeglicher Ausgleichsanspruch unbillig wäre, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (BGHZ 43, 154 (157) = NJW 1965, 1134 = LM § 89b HGB Nr. 23; BGHZ 55, 45 (55) = NJW 1971, 462 = LM § 89b HGB Nr. 38; BGH, NJW 1985, 58 (59) = LM § 89b HGB Nr. 72) kann in der Regel eine Billigkeitsprüfung nach § 89b I Nr. 3 HGB erst dann Platz greifen, wenn Vorteile und Verluste nach Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 2 der Bestimmung feststehen. Erst danach läßt sich beurteilen, ob und inwieweit ein Ausgleichsanspruch der Billigkeit entspricht. Entsprechende Feststellungen hat das BerGer. nicht getroffen. Im übrigen kann ein Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen nicht bereits deshalb verneint werden, weil der Handelsvertreter den gleichen Kundenkreis wie vor der Beendigung des Vertragsverhältnisses beliefert und keine Verdiensteinbuße erlitten hat (BGH, WM-Sonderbeil. 6/1986, 12 (unter 3a)).
III. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das BerGer. zurückzuverweisen.
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