Irreführende 0190-Nummer auf Briefkopf
Gericht
OLG Koblenz
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
19. 11. 2002
Aktenzeichen
4 W 472/02
Es verstößt gegen den lauteren Wettbewerb, auf Geschäftsbriefen 0190-Telefonnummern ohne deutlich sichtbaren Hinweis auf den erhöhten Telefontarif (hier 1,86 €/Minute) anzugeben und aufzufordern, Angebote abzugeben.
Ein derartiges Schreiben enthält eine irreführende Angabe im Sinne des § 3 UWG, da die angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehen, dass sie für eine schlichte fernmündliche oder fernschriftliche Kontaktaufnahme keinen erhöhten Telefontarif zahlen müssen. Dies gilt um so mehr, als sie für diesen schlichten Anruf oder das Fax keinerlei unmittelbare Gegenleistung erhalten, welche die Zahlung des erhöhten Telefontarifs rechtfertigen könnte.
Solche bloße Kommunikation ohne Gegenleistung bedarf eines aufklärenden Hinweises, der sich ausdrücklich auf die Höhe der entstehenden Gebühren erstrecken muss, und deutlich sichtbar sein muss.
An einem solchen deutlichen Hinweis fehlt es, wenn nur am untersten Rand des Blattes über ein sog. Sternchen aufgeklärt wird.
Auszüge aus den Gründen:
Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers (im Folgenden: Kläger), mit der er sich dagegen wendet, dass das LG seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen hat, hat überwiegend Erfolg.
Der Kläger hat ggü. dem Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagter) einen Anspruch auf Unterlassung im zuerkannten Umfang. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 3 UWG.
Nach dieser Vorschrift kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über geschäftliche Verhältnisse irreführende Angaben macht.
Diese Voraussetzungen liegen vor.
Der Beklagte wirbt auf seinem gewerblichen Briefbogen (Ativbüroservice) und damit zu Wettbewerbszwecken, indem er die Adressaten seines Schreibens um Abgabe von Angeboten ihm, dem Beklagten, ggü. gebeten hat.
Zugleich macht der Beklagte damit irreführende Angaben über geschäftliche Verhältnisse. Irreführend ist eine Angabe, wenn sie entweder objektiv falsch oder wenn sie zwar objektiv richtig ist, aber ein nicht völlig unerheblicher Teil der umworbenen Verkehrskreise mit ihr eine unrichtige Vorstellung verbindet (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 3 Rz. 24 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
So ist es vorliegend. Denn auch der informierte aufmerksame und verständige Leser braucht die Tarifkennung, die dem Vortrag des Beklagten zufolge in der von ihm mitgeteilten Telefon- und Telefax-Nummer enthalten ist, nicht zu kennen; er kennt sie auch tatsächlich nicht. Vielmehr gehen die angesprochenen Verkehrskreise davon aus, dass sie für die bloße Abgabe eines Angebotes ggü. dem Beklagten, also letztlich für eine schlichte fernmündliche oder fernschriftliche Kontaktaufnahme, nicht den erhöhten (zudem zum Teil dem Beklagten zufließenden) Telefontarif zahlen müssen. Dies gilt umso mehr, als dem Geschäftspartner des Beklagten für diesen schlichten Anruf oder das Fax keinerlei unmittelbare Gegenleistung, die die Zahlung des erhöhten Telefontarifs rechtfertigen könnte, zufließt. Der Angesprochene zahlt also teuer (vorliegend 1,86 Euro pro Minute) für eine bloße Kommunikation ohne Gegenleistung von Seiten des Beklagten, die ebenso über das reguläre Telefonnetz und zum regulären Tarif erfolgen könnte und üblicherweise auch so erfolgt. Dieser Umstand bedarf des ausdrücklichen aufklärenden Hinweises von Seiten des Beklagten, der sich auch ausdrücklich auf die Höhe der entstehenden Gebühren erstrecken muss (vgl. dazu auch OLG Frankfurt v. 24.4.1997 – 6 U 67/96, OLGReport Frankfurt 1997, 164 = BB 1997, 1439; OLG Stuttgart MMR 2001, 383; OLG Frankfurt WRP 1999, 454). ...
Der Einwand des Beklagten, sein Originalbriefbogen enthalte einen solchen Hinweis auf die besondere Gebührenpflichtigkeit am unteren Ende des Bogens und dieser Hinweis sei auf dem hier in Rede stehenden Telefax nicht abgedruckt, weil das Telefaxgerät des Empfängers den am untersten Rand seines Briefbogens angebrachten Hinweis nicht ausgedruckt habe, entlastet nicht. Zum einen ist schon der Hinweis in dem Originalschreiben nicht hinreichend deutlich, weil er sich dort am untersten Rand des Blattes befindet und die Verbindung zu der im oberen Teil des Briefbogens abgedruckten Telefonnummer nur über ein sog. „Sternchen” hergestellt ist, das nur von minimaler Größe und damit nicht hinreichend deutlich ist. Aus diesem Grund kommt es auf den Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 16.11.2002 nicht an. Zum anderen obliegt es dem Beklagten aber auch, wenn er zu Wettbewerbszwecken am geschäftlichen Verkehr teilnimmt, sicherzustellen, dass die nach den zuvor dargestellten Grundsätzen erforderlichen Angaben auf seinem Briefbogen so plaziert sind, dass sie auch bei Telefaxübermittlung deutlich wiedergegeben werden und nicht, weil am untersten Rand abgedruckt, von den Übermittlungsgeräten nicht erfasst bzw. nicht ausgedruckt werden. ...
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