Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder nach Scheidung

Gericht

OLG Stuttgart


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

09. 09. 1998


Aktenzeichen

17 UF 309/98


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die beabsichtigte Beschwerde der ASt. gegen Ziff. 2 des Scheidungsurteils v. 30. 7. 1998 (Aufenthaltsbestimmungsrecht) bietet keine hinreichende Erfolgsaussicht i.S. von § 114 ZPO. Deshalb kann der ASt. Prozeßkostenhilfe für den zweiten Rechtszug nicht bewilligt werden.

Die ASt. erstrebt die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die beiden seit der Trennung der Eheleute von ihr betreuten Töchter L., geb. 25. 4. 1991, sowie A., geb. 10. 4. 1993, für die Zeit nach der Scheidung der Ehe. Das FamG gelangte unter Anwendung der nach dem Kindschaftsrechtsreformgesetz ab 1. 7. 1998 geltenden neuen Rechtslage zu dem Ergebnis, es sei nicht zu erwarten, daß die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter dem Wohl der Kinder am besten entspricht i.S. von § 1671 II Nr. 2 BGB. Dabei geht das FamG unter Berufung auf die von Schwab (FamRZ 1998, 457, 462) vertretene Auffassung davon aus, daß nach der Neufassung von § 1671 BGB die gemeinsame Sorge der normative Regelfall ist und Ausnahmen von diesem einer besonderen Begründung bedürfen. Dem schließt sich der Senat an.

Das im Entwurf zur Beschwerdebegründung enthaltene Vorbringen der ASt. begründet keine Zweifel an der Richtigkeit der familiengerichtlichen Entscheidung. Insbesondere ist es unzutreffend, daß über den Aufenthalt der beiden Kinder L. und A. eine tatsächliche oder rechtliche Unklarheit bestünde. Die Eltern haben übereinstimmend in Ausübung ihres gemeinsamen Sorgerechts die Bestimmung getroffen, daß die Kinder ihren Lebensmittelpunkt bei der Mutter haben sollen. Der Vater hat dies bei seiner Anhörung vor dem FamG am 30. 7. 1998 und in seiner Stellungnahme gegenüber dem Senat nochmals ausdrücklich bekräftigt und damit seine Einwilligung zum gewöhnlichen Aufenthalt der Kinder bei der Mutter i.S. des § 1687 I S. 2 BGB erteilt. Zu einer einseitigen Änderung des Aufenthaltes der Kinder wäre der Vater aus Rechtsgründen nicht in der Lage, weil eine Ortsveränderung der Zustimmung der Mutter bedürfte. Würde er insoweit eigenmächtig handeln, so würde dies einen Rückführungsanspruch der Mutter nach § 1632 I BGB auslösen. Um Änderungen beim Lebensmittelpunkt der Kinder herbeizuführen, müßte der Vater zunächst vom FamG gemäß § 1671 BGB die alleinige elterl. Sorge oder das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht, zumindest jedoch gemäß § 1628 BGB das alleinige Entscheidungsrecht über den Aufenthaltsort der Kinder übertragen bekommen (zur Anwendung des § 1628 BGB auch im Falle der nicht nur vorübergehenden Trennung der Eltern und dessen Verhältnis zu § 1671 I und II BGB s. Schwab, FamRZ 1998, 457, 467).

Einen hierauf gerichteten Antrag könnte er jedoch gemäß §1696 I BGB auch dann stellen, wenn das Recht der Aufenthaltsbestimmung für die Zeit nach der Scheidung zunächst der Mutter übertragen würde, was diese mit ihrer beabsichtigten Beschwerde erstrebt.

Somit sind keine Gesichtspunkte dafür erkennbar, daß das Kindeswohl die Aufhebung der gemeinsamen elterl. Sorge im Teilaspekt des Aufenthaltsbestimmungsrechts erfordern würde. In diesem Sinne hat sich auch der Vertreter des Jugendamtes bei seiner Anhörung durch das FamG ausgesprochen.

Rechtsgebiete

Ehe- und Familienrecht

Normen

BGB §§ 1671, 1687 I S. 2, 1628, 1632I, 1696