Formlose Genehmigung eines Grundstückskaufvertrages und Sittenwidrigkeit eines Time-Sharing-Modells
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
25. 02. 1994
Aktenzeichen
V ZR 63/93
Es wird daran festgehalten, dass auch ein durch einen vollmachtlosen Vertreter abgeschlossener Grundstückskaufvertrag vom Vertretenen formlos genehmigt werden kann.
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Verkauf eines Anteils an einer Eigentumswohnung im sog. Time-Sharing-Modell sittenwidrig sein kann.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Durch notariellen Vertrag vom 26. 9. 1990 kaufte der Kl. von den Bekl. zum Kaufpreis von 16000 DM 1/52 Miteigentumsanteil an einer möblierten und mit vollständigem Hausrat versehenen Eigentumswohnung in einem Ferienwohnpark, verbunden mit dem Recht, die Wohnung in der 19. Woche eines jeden Kalenderjahres selbst zu nutzen. Die Verkäufer verpflichteten sich, den veräußerten Anteil in einen „Tauschpool“ einzubringen; der hierfür zu zahlende Betrag für das Anschaffungsjahr sowie die nächsten vier Jahre, ferner die Tauschgebühr für die ersten zwei Jahre sind im Kaufpreis enthalten; ebenso Teil des Kaufpreises ist das zu zahlende Wohngeld für die ersten zwei Jahre. Bei der Beurkundung des Vertrages trat der Bekl. zu 2 für alle anderen Beteiligten als Vertreter auf, für den Bekl. zu 1 aufgrund einer bestehenden Vollmacht, für den Kl. als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Der Kl. genehmigte mit notariell beglaubigter Erklärung vom 28. 9. 1990 den Vertrag. Vor dem Vertragsschluss hatte der Kl. am 22. 9. 1990 eine Veranstaltung der Firma T besucht, die für den Vertrieb von Ferienwohnungen nebenberuflich tätige Handelsvertreter suchte. Er unterzeichnete dabei einen Handelsvertretervertrag u. a. mit bestimmter Provisionsregelung (Berater: 2 %; Gruppenleiter: 4 %; Organisationsleiter: 7 %) und der Absprache, er gelange in eine höhere Provision, z. B. vom Berater zum Gruppenleiter nach einem Mindestnettoumsatz von 10000 DM. Auf einer weiteren Veranstaltung dieser Firma wurden die zu vermittelnden Ferienwohnungen vorgestellt. Der Kl. unterzeichnete dabei einen „Reservierungsauftrag“, indem er die Bekl. „zur Bestellung eines notariellen Kaufvertrages" über den Erwerb eines Anteils bevollmächtigte. Für den Fall der Versagung der Genehmigung des notariellen Vertrages war ein pauschalierter Schadensersatz in Höhe von 12 % des Gesamtkaufpreises vorgesehen. Der Kl. hat den Kaufpreis im wesentlichen über einen Zwischenkredit aus einem abgeschlossenen Bausparvertrag finanziert und insgesamt 15600 DM bezahlt, die er mit der Klage nebst Zinsen zurückverlangt, weil er den Vertrag aus verschiedenen Gründen für unwirksam hält.
Das LG hat der Klage stattgegeben, das OLG hat sie abgewiesen. Die Revision des Kl. hatte Erfolg.
Auszüge aus den Gründen:
A. Die Revision ist unbeschränkt zulässig. Das BerGer. hat sie mit der Begründung zugelassen (§ 546 I 1 ZPO), dies geschehe zur Klärung der Rechtsfrage, ob die Genehmigung eines nach § 313 BGB formbedürftigen Rechtsgeschäfts ebenfalls der Beurkundungsform bedürfe. Ob daraus klar und eindeutig eine Beschränkung der Zulassung ersichtlich wird, kann offen bleiben, weil sie nach ständiger Rechtsprechung des BGH jedenfalls rechtlich nicht möglich und deshalb unbeachtlich wäre. Die Zulassung kann nur auf einen selbständigen, durch Teil- oder Grundurteil abtrennbaren Teil des Rechtsstreits, nicht aber auf einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt oder auf ein einzelnes Entscheidungselement beschränkt werden (vgl. z. B. BGH, NJW 1987, 324 = LM RabattG Nr. 40 = BGHRZPOO § 546 Abs. 1 Satz 1 - Revisionszulassung, beschränkte 1). Im Rahmen des vom Kl. geltend gemachten Rückforderungsanspruchs (§ 812 I 1 BGB) ist die Frage nach der Form der Genehmigung nur ein rechtlicher Gesichtspunkt, den der Kl. neben anderen Gründen für die Unwirksamkeit des Vertrages (Sittenwidrigkeit, Anfechtung) geltend macht.
B. Die Revision ist begründet.
I. Mit Recht nimmt das BerGer. allerdings an, dass die Genehmigungserklärung des Kl. (§ 177 I BGB) wirksam ist und nicht notariell beurkundet werden musste. Als nachträgliche Zustimmung (§ 184 I BGB) bedurfte sie nach § 182 II BGB „nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form“. Der Wortlaut dieser Bestimmung ist eindeutig.
1. a) Demgemäss war nach Inkrafttreten des BGB jahrzehntelang völlig unbestritten, dass eine teleologische Reduktion dieser Bestimmung nicht in Betracht kommt. Diese Auffassung entspricht auch heute noch der wohl herrschenden Meinung in der Literatur (Erman/Brox, BGB, 9. Aufl., § 182 Rdnr. 4; Schramm, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 177 Rdnr. 34, § 182 Rdnrn. 14 ff.; Kanzleiter, in: MünchKomm, 2. Aufl., § 313 Rdnr. 38; Palandt/Heinrichs, BGB, 53. Aufl., § 178 Rdnr. 7, § 182 Rdnr. 2; Soergel/Leptien, BGB, 12. Aufl., § 177 Rdnr. 23, § 182 Rdnr. 4; Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 313 Rdnr. 35; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 177 Rdnr. 110, § 182 Rdnr. 17; Staudinger/Wufka, BGB, 12. Aufl., § 313 Rdnr. 128; Brambring, in: Beck'sches Notarhdb. A I Rdnr. 331; ders., EWiR 1988, 1154; Grussendorf, DNotZ 1951, 34 (35); Hagen/Brambring, Der Grundstückskauf, 5. Aufl., Rdnr. 21; Hoffmann, DNotZ 1983, 709 ff.; Korte, Hdb. der Beurkundung von Grundstücksgeschäften, S. 157 ff.; Meikel/Lichtenberger, GrundbuchR, 7. Aufl., § 20 Rdnr. 162; Prölss, JuS 1985, 577 (585); Reithmann/Röll/Geßele, Hdb. der notariellen Vertragsgestaltung, 6. Aufl., Rdnr. 130; Ritzinger, BWNotZ 1987, 28 (34 ff.); Wufka, DNotz 1990, 339 (340 ff.)).
b) Das RG hat zwar für die Vollmacht eine einschränkende Auslegung der entsprechenden Regelung in § 167 II BGB praktiziert (RGZ 76, 182 f.; 108, 125 (126)), für die Genehmigung aber ständig an der grundsätzlichen Formfreiheit festgehalten (RGZ 110, 319 (322); 129, 284 (286 ff.); RG, LZ 1926, 438 (439); LZ 1926, 480; ebenso RG, JW 1927, 1363 für die Genehmigung einer Bürgschaftserklärung). Der BGH geht als selbstverständlich von dieser Auffassung aus (Senat, LM § 313 BGB Nr. 10 a. E.; BGHZ 79, 374 (377); Senat, WM 1981, 655; WM 1983, 712 (713)). Der III. Zivilsenat hat in seinem Urteil vom 23. 6. 1988 (WM 1988, 1418 (1420)) diese Frage beiläufig offengelassen (ebenso OLG Karlsruhe, NJW 1988, 2050 mit Tendenz zur Gegenauffassung). Im Rahmen der Formvorschrift des § 1410 BGB, der ebenfalls Warnfunktion zukommt, hat der BGH neuerdings ausdrücklich bestätigt, dass auch ein Ehevertrag formlos genehmigt werden könne ( WM 1989, 650). Auch in anderem Zusammenhang bejaht der BGH die Formfreiheit einer Genehmigung gem. § 182 II BGB; so der II. Zivilsenat zu § 2 I GmbHG ( = NJW 1980, 1842 = LM § 108 BGB Nr. 4 = WM 1980, 866 (867)), der VIII. Zivilsenat zu § 15 III, IV GmbHG .
2. In der Literatur wird teilweise eine teleologische Reduktion von § 182 II BGB dahingehend für erforderlich gehalten, dass die Genehmigung eines gem. § 313 S. 1 BGB formbedürftigen Rechtsgeschäfts ebenfalls der notariellen Form bedürfe. Dabei wird überwiegend eine generelle Beurkundungspflicht der Genehmigung angenommen (Ott, in: AK-BGB, § 182 Rdnr. 4; Bellinger, Die Bezugnahme in notariellen Urkunden, S. 217; Doris, Die rechtsgeschäftliche Ermächtigung bei Vornahme von Verfügungs-, Verpflichtungs- und Erwerbsgeschäften, S. 168 ff.; Göhler, BWNotZ 1985, 61 (62); Hänlein, JuS 1990, 737 (738); Hecksche, Die Formbedürftigkeit mittelbarer Grundstücksgeschäfte, S. 104; Müller-Freienfels, Die Vertretung beim Rechtsgeschäft, S. 281; Flume, AT des bürgerlichen Rechts II, 3. Aufl., S. 890 f.; Larenz, AT des deutschen bürgerlichen Rechts, 7. Aufl., S. 486; Medicus, BGB-AT, 5. Aufl., Rdnr. 1017; Reinicke/Tiedtke, KaufR, 4. Aufl., S. 40 f.; Stathopoulos, Die Einziehungsermächtigung, S. 144; Tiedtke, JZ 1990, 75 (76); Thiele, Die Zustimmungen in der Lehre vom Rechtsgeschäft, S. 136). Zumindest soll sie in den Fällen erforderlich sein, in denen nach der Rechtsprechung die Vollmacht zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages entgegen § 167 II BGB beurkundet werden muss (OLG München, DNotZ 1951, 31; Steffen, in: RGRK, 12.Aufl., § 182 Rdnr. 7; Jauernig, BGB, 6. Aufl., § 177 Anm. 3; ebenso für § 34 GWB OLG Saarbrücken, OLGZ 1968, 3 (6)).
3. Dem kann der Senat nicht folgen. Es geht darum, eine nunmehr über 90 Jahre alte Bestimmung gegen deren Wortlaut auszulegen, obwohl sie - wie dargestellt - durch eine jahrzehntelange ständige höchstrichterliche Rechtsprechung ihrem Wortsinn nach verstanden und angewendet worden ist. Die Praxis, insb. die der Notare, hat sich auf diese Rechtsprechung eingestellt; zahllose Grundstückskaufverträge wären betroffen. Im Rahmen der Folgenabschätzung ist von besonderem Gewicht, dass von einer Formunwirksamkeit der Genehmigung in vielen Fällen auch die Wirksamkeit der Auflassung ergriffen und somit zweifelhaft wäre, ob eine Heilung nach § 313 S. 2 BGB eintreten könnte (vgl. BGH, WM 1992, 1662 (1666); Brambring, EWiR 1988, 1153 (1154)). Bei dieser Sachlage treten die Rechtswerte der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes in den Vordergrund und verlangen im allgemeinen ein Festhalten an der eingeschlagenen Rechtsentwicklung. Ein Abgehen von der Kontinuität der Rechtsprechung kann nur ausnahmsweise hingenommen werden, wenn deutlich überwiegende oder sogar schlechthin zwingende Gründe dafür sprechen (BGHZ 85, 64 (66)). Der Senat hat diese Grundsätze besonders auch für den Bereich des § 313 BGB betont (BGHZ 87, 150 (155 ff). Er sieht auch im vorliegenden Fall keine deutlich überwiegenden Gründe für eine Änderung seiner Rechtsprechung.
a) § 182 II BGB ist das Ergebnis langer gesetzgeberischer Beratungen, in denen die Problematik einer Formbedürftigkeit der Genehmigung eingehend geprüft wurde. Der Gesetzgeber hat sich im Interesse der Rechtssicherheit und zur Vermeidung praktischer Schwierigkeiten bewusst für eine Formfreiheit auch in den Fällen entschieden, in denen das Vertretergeschäft beurkundungsbedürftig ist (vgl. die Nachw. bei Wufka, DNotZ 1990, 340 (341)). Es gibt deshalb keine Lücke, die über eine restriktive Auslegung gegen den Gesetzeswortlaut geschlossen werden müsste oder könnte. Es muss grundsätzlich dem Gesetzgeber überlassen bleiben, mit welcher Rigorosität er einen bestimmten Gesetzeszweck - hier den des § 313 S. 1 BGB - umfassend durchsetzen und dabei andere hochrangige Rechtswerte (z. B. Rechtssicherheit und Praktikabilität) hintansetzen will. Eine solche Abwägung hat er, wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, in § 182 II BGB im Sinne einer nur begrenzten Berücksichtigung von Formzwecken bewusst und damit verbindlich vorgenommen. Dementsprechend hat der Gesetzgeber in den Fällen, in denen die Interessenabwägung anders ausfiel und die Einhaltung einer Form für die Zustimmung deshalb ausnahmsweise notwendig und zweckmäßig erschien, dies auch ausdrücklich so geregelt (vgl. z. B. §§ 1516 II 3; 1517 I 2; 1730; 1750 I 2; 2120 S. 2 BGB).
b) Mit Recht verweist Wufka (DNotZ 1990, 340 (342/343)) darauf, dass der materiellrechtliche Schutz von § 313 S. 1 BGB auch im übrigen nur unvollkommen ausgestaltet ist (vgl. auch Senat, NJW 1972, 715). Nach § 313 S. 2 BGB werden formlose Verträge durch Auflassung und Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch geheilt, wobei es durchaus unter Verstoß gegen § 925a BGB zu einer wirksamen Auflassung kommen kann (Senat, NJW 1972, 715). § 128 BGB erlaubt die getrennte Beurkundung von Angebot und Annahme eines Grundstücksgeschäfts. Die Bezugnahme auf das Angebot dient lediglich seiner Identifizierung, das Angebot muss aber bei Beurkundung der Annahme nicht - erneut - mitbeurkundet werden. Eine Verlesung des Angebots gem. § 13 I 1 BeurkG ist nicht erforderlich (OLG Köln, JurBüro 1980, 1563; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG Teil B, 12. Aufl., § 13a BeurkG Rdnr. 8). Eine wirksame Beurkundung kann deshalb auch dann erfolgen, wenn der Annehmende die Angebotsurkunde nicht vorlegen kann oder will. Der Umfang der Belehrung durch den Notar reduziert sich in diesem Fall auf die rechtlichen Auswirkungen der Annahmeerklärung und damit abstrakt auf die Gefahren, die mit jedem Kaufvertrag verbunden sind.
Kraft Gesetzes begründete Verpflichtungen zur Übertragung oder zum Erwerb von Grundstückseigentum fallen nicht in den Schutzbereich des § 313 BGB (vgl. auch BGHZ 85, 245 (248 ff.)). Die Verpflichtung zur Abtretung eines Auflassungsanspruchs bedarf nicht der Form des § 313 BGB (BGHZ 89, 41); ebensowenig die Abtretung des Auflassungsanspruchs selbst (BGHZ 89, 41 (46)). Aus § 313 BGB kann demnach nicht der generelle Schluss gezogen werden, alle Vorgänge, die zu einer Änderung der Eigentumszuordnung an Grundstücken führen können, seien unter dem Gesichtspunkt der Warn- und Schutzfunktion beurkundungsbedürftig.
c) Auch die Rechtsprechung zur Beurkundungsbedürftigkeit bindender Vollmachten, die sich gegen den Wortlaut von § 167 II BGB entwickelt hat (vgl. dazu Hagen/Brambring, Rdnrn. 56/57 m. w. Nachw.), ist kein zwingendes Argument für eine Änderung der Rechtsprechung im Bereich des § 182 II BGB. Beide Problemkreise sind nur bedingt miteinander vergleichbar. Die Rechtsprechung zur Vollmacht konnte an die Tatsache der Vollmachtserteilung und deren Qualität anknüpfen und damit einen Kernbereich des § 167 II BGB unangetastet lassen. Da die Genehmigung stets sofort bindet, den Vertrag wirksam macht und unwiderruflich ist, wäre sie bei Anwendung des § 313 BGB ausnahmslos beurkundungsbedürftig und damit der Anwendungsbereich von § 182 II BGB auf Null reduziert. Eine Unterscheidung zwischen formbedürftigen und nicht formbedürftigen Genehmigungen ist unter diesem Gesichtspunkt nicht vorstellbar.
Für eine Beschränkung der Beurkundungspflicht auf die Fälle, in denen dem Vertragsschluss eine unwirksame (weil formbedürftige) Vollmacht vorausgegangen ist (vgl. etwa Steffen, in: RGRK, 12. Aufl., § 182 Rdnr. 7; OLG München, DNotZ 1951, 31), fehlt jede sachliche Rechtfertigung. Im Hinblick auf die Formzwecke des § 313 BGB ist es nämlich unerheblich, ob der Vertrag vom Vertreter aufgrund einer unwirksamen Vollmacht oder von vornherein ohne Vollmacht erfolgt ist. Konsequenterweise fordert deshalb auch die überwiegende Gegenmeinung generell die Beurkundung der Genehmigung von Verträgen nach § 313 BGB und würde so in diesem Bereich § 182 II BGB völlig außer Kraft setzen, was sich mit Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Norm nicht mehr vereinbaren lässt. Unpraktikabel ist schließlich auch die von der Revision vorgeschlagene Fallgruppenbildung mit einer Beurkundungspflicht der Genehmigung in den Fällen, in denen - wie hier - durch eine unwirksame Reservierungsvereinbarung ein gewisser Zwang zur Genehmigung ausgeübt worden ist.
d) Zuzugeben ist, dass die Warn- und Schutzfunktion des § 313 BGB unmittelbar allein den Vertreter erreicht, weil der Notar nur die Beteiligten belehren muss (§§ 6 II, 17 BeurkG). Nach der bestehenden Gesetzeslage ist der Schutz des Vertretenen aber bewusst nicht so ausgestaltet, als habe er selbst an der Beurkundung teilgenommen. Über eine nicht beurkundete bindende Vollmacht veräußert oder erwirbt der Vertretene praktisch bereits ein Grundstück, ohne notwendigerweise die Einzelheiten zu kennen und ohne dass sich in diesem Zeitpunkt die Belehrungspflicht des Notars auswirken konnte. Davon unterschieden ist die Lage desjenigen, der einen bereits beurkundeten Vertrag genehmigt, dessen Inhalt er jedenfalls kennen kann.
e) Im übrigen wäre auch im Falle einer Beurkundung der Genehmigungserklärung der Schutz des Vertretenen keineswegs in dem Umfang gewährleistet, als wäre dieser selbst an der Beurkundung des Vertrages beteiligt. Die Belehrungspflicht geht nämlich nach dem Sinn und Zweck von § 17 BeurkG nur so weit, als eine Belehrung für das Zustandekommen einer formgültigen Urkunde erforderlich ist, die den wahren Willen der Beteiligten vollständig und unzweideutig in der für das beabsichtigte Rechtsgeschäft richtigen Form wirksam enthält (vgl. BGH, NJW 1988, 1143 (1146)). Bei der Beurkundung einer Genehmigungserklärung bezöge sich die Belehrungspflicht grundsätzlich nur auf die Genehmigung und deren rechtliche Folgen, d. h. auf das Wirksamwerden des Geschäfts, nicht aber notwendigerweise auf Inhalt und Ausgestaltung des Vertretergeschäfts (vgl. auch Wufka, S. 346 ff.). Ein effektiver Schutz durch sachgerechte Belehrung und Beratung wäre deshalb entsprechend der Lage bei einer Beurkundung nach § 128 BGB nicht allein durch die Formbedürftigkeit der Genehmigung gewährleistet. Der Gefahr eines möglichen Missbrauchs dieser Gestaltungsform durch systematische Einschaltung eines vollmachtslosen Vertreters ohne sachliche Rechtfertigung lässt sich auf der Ebene des notariellen Standesrechts begegnen (vgl. BayObLGZ 83, 292 (300); BayObLG, NJW-RR 1993, 1429; Reithmann/Röll/Geßele, Hdb. der notariellen Vertragsgestaltung, 6. Aufl., Rdnr. 134; Rohs/Rohs, Die Geschäftsführung der Notare, 10. Aufl., Rdnr. 96; Seybold/Hornig, BNotO, 5. Aufl., § 14 Rdnr. 40).
f) Andererseits ist bei Formfreiheit der Genehmigung der Schutz des Vertretenen nicht so gering, wie die Vertreter einer Beurkundungspflicht befürchten. Aus grundbuchrechtlichen Gründen (§ 29 GBO) ist in den meisten Fällen zwar nicht eine Beurkundung, wohl aber eine Unterschriftsbeglaubigung erforderlich, die auch im vorliegenden Fall stattgefunden hat. In diesem Rahmen kann der Vertretene jedenfalls die Beratung des Notars in Anspruch nehmen, wenn dieser nicht ohnehin zur Belehrung wie bei einer zur Niederschrift aufgenommenen Urkunde verpflichtet sein sollte, weil er den Text der Genehmigungserklärung entworfen hat (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, BeurkG, 12. Aufl., § 40 Rdnr. 45 m. w. Nachw.).
4. Soweit die Revision aus dem vom Kl. unterschriebenen Reservierungsauftrag und den darin enthaltenen Nachteilen einen Formzwang für die Genehmigung ableiten will, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Der Formzwang erstreckt sich nur auf die Reservierungsvereinbarung selbst und zwar unter dem Gesichtspunkt, dadurch werde ein mittelbarer Druck auf den Kl. zum Eigentumserwerb ausgeübt. Rechte aus einer eventuellen Nichtigkeit des Reservierungsauftrags macht der Kl. aber nicht geltend.
II. Nicht zu beanstanden ist, dass das BerGer. eine wirksame Anfechtung des Vertrages wegen Täuschung (nur darauf bezieht sich die Rüge der Revision) verneint. Unabhängig von der Frage, ob und wie etwaige Täuschungshandlungen im Zusammenhang mit dem Handelsvertretervertrag auf den Verkauf des Miteigentumsanteils durchschlagen können, vermisst das BerGer. rechtsfehlerfrei konkrete und unter Beweis gestellte Behauptungen zu einer Täuschungshandlung.
Auch die Revision vermag insoweit nur auf die Vertragsgestaltung zu verweisen, aus der sich ergibt, dass ein Berater schon bei einem Nettoumsatz von 10000 DM zum Gruppenleiter aufstieg, was jedenfalls beim vorliegenden Ferienpark schon mit dem Verkauf eines Anteils erreicht war. Abgesehen davon, dass sich der Handelsvertretervertrag aber generell auf die Vermittlung von Ferienwohnrechten bezieht und die Nettoumsätze bei anderen Ferienparks anders gelagert sein können, lag für den Kl. die Provisionsregelung und ihre Folgen klar auf der Hand. Er hätte deshalb vorbringen und gegebenenfalls beweisen müssen, inwieweit er etwa durch besondere Behauptungen im Zusammenhang mit dieser Provisionsregelung getäuscht worden sein will. Daran fehlt es. Auch die Revision vermag entsprechenden Sachvortrag des Kl. in den Tatsacheninstanzen nicht aufzuzeigen.
III. Soweit das BerGer. eine Sittenwidrigkeit (§ 138 I BGB) des Vertrages verneint, halten seine Ausführungen revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
Es vermisst einen substantiierten Vortrag zum Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Unstreitig liege der Preis für das „veräußerte Nutzungsrecht“ unter dem Preis anderer Anbieter. Es könne daher nicht angenommen werden, dass der Marktpreis solcher Anteile den vorliegend vereinbarten Preis unterschreite. Soweit sich bei Veräußerung aller 52 Anteile ein Erlös von 832000 DM und damit ein Quadratmeterpreis von über 13 800 DM ergäbe, sei dies nicht erheblich, weil es nicht um die normale Veräußerung einer Eigentumswohnung, sondern um den Vertrieb von Anteilen und Nutzungsrechten im Time-Sharing-Modell gehe. Es komme daher allein auf den Marktpreis dieser Anteile an.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann von einem groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zulässt, bereits dann ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist, wie der Wert der Gegenleistung (vgl. z. B. Senat, WM 1992, 441 (442) m. w. Nachw.). Nach dem durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellten Vortrag des Kl. liegt ein Quadratmeterpreis von 13800 DM bei rund dem Sieben- bis Zehnfachen dessen, was in S. für Eigentumswohnungen marktüblich ist. Es ist zwar richtig, dass es nicht auf den Markt für normale Eigentumswohnungen ankommt, sondern auf den für die hier verkauften Anteile. Das BerGer. stellt aber schon in sich widersprüchlich fest, dass insoweit der Marktpreis nicht unter dem des vom Kl. gekauften Anteils liege. Es bezieht sich dabei ersichtlich auf den im Tatbestand seines Urteils wiedergegebenen unstreitigen Sachvortrag der Bekl., der M-Konzern verlange für seine Modelle noch höhere Preise. Dies allein rechtfertigt aber nicht die Feststellung, der vereinbarte Kaufpreis sei marktgerecht. Bei dem behaupteten exorbitanten Missverhältnis, verglichen mit dem Markt normaler Eigentumswohnungen, hätte das BerGer. auch Anlass gehabt, zu prüfen, inwieweit die zusätzlichen Leistungen im Rahmen des Time-Sharing-Modells eine solche Erhöhung rechtfertigen, wobei es berücksichtigen musste, dass der Erwerber eines Anteils nach der maßgeblichen Gemeinschaftsordnung ein - für die ersten zwei Jahre im Kaufpreis enthaltenes - Wirtschaftsgeld zu zahlen hat, das je Nutzungswoche für eine Sechs-Personen-Wohnung (unstreitig hat die vom Kl. gekaufte Wohnung diese Größe) 342 DM, mithin jährlich 17784 DM beträgt.
Verkauft ist zwar eine möblierte und mit vollständigem Hausrat versehene Wohnung, der Vertrag enthält aber keine Regelung darüber, ob und welche Ansprüche dem Erwerber hinsichtlich der sonstigen Nutzungsmöglichkeiten des Ferienparks zustehen und ob er von diesen Möglichkeiten ohne oder nur gegen besonderes Entgelt Gebrauch machen kann. Das BerGer. hätte schließlich prüfen müssen, ob und welche Ansprüche der Erwerber im Rahmen seiner Mitgliedschaft im „Tauschpool“ hat, die nicht bereits durch die erhobene Tauschgebühr (für die ersten fünf Jahre im Kaufpreis enthalten) abgegolten sind.
Nicht berücksichtigt hat das BerGer. schließlich, dass es für die Sittenwidrigkeit des Geschäfts nicht allein auf den objektiven Inhalt des Rechtsgeschäfts ankommt, vielmehr ein Sittenverstoß sich auch aus dem Gesamtcharakter, d. h. aus einer zusammenfassenden Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck des Rechtsgeschäfts ergeben kann (vgl. BGHZ 107, 92 (97)), wobei auch Umstände zu berücksichtigen sind, die zu seiner Vornahme geführt haben (vgl. BGH, NJW 1956, 585). Im vorliegenden Fall können vor allem die Vertriebsmethoden der Firma T Bedeutung gewinnen, die sich die Bekl. zurechnen lassen müssen, weil sie dieser Firma allein den gesamten Vertrieb überlassen haben. So hat der Kl. unstreitig bei dieser Firma die Reservierungsvereinbarung unterzeichnet, die schließlich zur Beurkundung des notariellen Vertrages geführt hat, und ist auch von einer Bezirksleiterin der Firma T begleitet worden, als er sich zum Notar begab, um den Vertrag zu genehmigen. Dem vorausgegangen war die Anwerbung des Kl. als Handelsvertreter, um ihm unter Hinweis auf die Provisionsregelung mit „Höherstufung“ zum Gruppenleiter sowie auf dessen „bessere“ Rechtsstellung zum Erwerb eines eigenen Anteils zu veranlassen; dabei musste der Kaufpreis nahezu vollständig über ein gleichzeitig abgeschlossenes Kreditgeschäft finanziert werden und der Kl. den pfändbaren Teil seiner Bezüge als Zeitsoldat zur Sicherheit abtreten. Der Kl. hätte kaum die Chance gehabt, einen eigenen Mitarbeiterstamm aufzubauen, weil ein Berater bereits mit dem Verkauf oder eigenem Erwerb eines einzigen Anteils zum Gruppenleiter „aufsteigt“. Diese Vertriebsmethode legt die Annahme nahe, dass die Anwerbung von nebenberuflichen Handelsvertretern nur dazu dient, nach Art eines Schneeballsystems (vgl. dazu BGH, WM 1978, 875 (877)) die geschäftliche Unerfahrenheit der geworbenen Personen dazu auszunützen, um ihnen überteuerte Eigentumswohnungen zu verkaufen. Hinzu kommt, dass dazu sog. Reservierungsvereinbarungen eingesetzt wurden, die formnichtig waren (§§ 313 S. 1, 125 BGB); denn durch die Vereinbarung einer empfindlichen Schadenspauschale von 12 % des Kaufpreises war ein ins Gewicht fallender Nachteil für den Fall der Genehmigungsverweigerung vorgesehen, der einen mittelbaren Zwang zum Erwerb des Anteils herbeiführte (vgl. BGHZ 76, 43 (46 ff.); BGHZ 103, 235 (239)). Diese Formnichtigkeit kann den professionellen Anbietern von Eigentumswohnungen kaum verborgen geblieben sein. Es liegt deshalb nicht fern anzunehmen, solche Vereinbarungen seien auch vorliegend nur abgeschlossen worden, um auf den Kl. den nötigen Druck zur Genehmigung des Vertrages auszuüben.
Das BerGer. wird deshalb entsprechend den vorstehenden Ausführungen die nötige Gesamtwürdigung nachholen müssen.
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