Balkon als teilungserklärungsbedingtes Sondereigentum

Gericht

BayObLG


Art der Entscheidung

Beschluss über weitere Beschwerde


Datum

01. 10. 1998


Aktenzeichen

2Z BR 144/98


Leitsatz des Gerichts

Wird in der Teilungserklärung bei der Beschreibung eines Sondereigentums auch der Balkon aufgezählt, so verstößt dies unbeschadet des Umstands, dass das Balkongeländer oder die Balkonbrüstung zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum steht, nicht gegen unabdingbares Recht.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Ast. und die Ag. sind die Wohnungseigentümer einer aus zwei Wohnungen bestehenden Wohnanlage. Den Ast. gehört die Wohnung im Obergeschoss und den Ag. die Erdgeschosswohnung. In § 2 II der Teilungserklärung (TE) vom 24. 11. 1986 ist das Wohnungseigentums der Ast. beschrieben als „Miteigentumsanteil zu ½, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Obergeschoss gelegenen Wohnung nebst Diele, Flur und Balkon, den zwei Kellerräumen samt Flur, dem Abstellraum und Trockenraum im Dachgeschoss nebst Balkon sowie der Garage.„ § 3 III 3, 4 der Gemeinschaftsordnung (GO) lauten wie folgt: „Die Kosten für die Reparatur und Wartung der Heizungsanlage sind entsprechend den Miteigentumsanteilen von der Wohnungseigentümergemeinschaft zu tragen; dies gilt auch für Reparaturen am Dach, für Reparaturen und Schönheitsmaßnahmen an der Außenfassade und für Reparaturen an der Wasser-, Strom- und eventuell Gasversorgung. Die Unterhaltung der Terrasse und der Balkone unterliegt ausschließlich demjenigen Sondereigentümer, welcher die Terrasse oder die Balkone benützt.„ Die Ast. ließen die Holzbrüstung des von ihnen genutzten Balkons ersetzen und wendeten dafür 9324,44 DM auf. Die Hälfte davon machen sie gegen die Ag. geltend.

Das AG hat den Antrag abgewiesen. Das LG hat die sofortige Beschwerde der Ast. zurückgewiesen. Dagegen richtete sich deren sofortige weitere Beschwerde ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. 1. Das LG hat ausgeführt: Nach § 3 GO obliege die Unterhaltung der Terrassen und Balkone ausschließlich dem Sondereigentümer, welcher die Terrasse oder die Balkone benütze. Damit sei für den gesamten Balkon eine Regelung getroffen, die die Tragung der Unterhaltungskosten den Ast. zuweise. Die Regelung gelte unabhängig davon, wem die Balkone gehörten. Ein Verstoß gegen zwingende Regeln des Wohnungseigentumsrechts sei nicht erkennbar.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Nach dem Eingangssatz von § 3 GO bestimmt das WEG, was Gegenstand des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums ist, sofern in der Gemeinschaftsordnung nicht abweichende oder ergänzende Regelungen getroffen sind. Solche Regelungen enthält die Gemeinschaftsordnung nicht. Balkone werden grundsätzlich als sondereigentumsfähig angesehen. Dies wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass diejenigen Teile eines Balkons, die für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind, zwingend im Gemeinschaftseigentum stehen (§ 5 II WEG). Desgleichen können gem. § 5 I WEG die Teile eines Balkons nicht Sondereigentum sein, durch deren Veränderung, Beseitigung oder Einfügung die äußere Gestalt des Gebäudes verändert würde (vgl. Weitnauer, WEG, 8. Aufl., § 5 Rdnrn. 11, 16; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Aufl., § 5 Rdnrn. 4, 27, 30; Haegele/Schöner/Stöber, GBR, 12. Aufl., Rdnr. 2820; Meikel/Morvilius, GBR, 7. Aufl., Einl. Rdnr. C 97; Albrecht, in: Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBR, 4. Aufl., Einl. Rdnr. E 31, jew. m. w. Rspr.-Nachw.). Die Balkonbrüstung oder ein Balkongeländer gehört danach jedenfalls zum Gemeinschaftseigentum (BayObLG, NJW-RR 1990, 784; NJWE-MietR 1996, 231 = WuM 1997, 187; Bärmann/Pick/Merle, § 5 Rdnr. 4). Die Beschreibung des Sondereigentums der Ag. in der Teilungserklärung unter Einbeziehung der Balkone, ohne hinsichtlich der einzelnen Teile der Balkone zu unterscheiden, steht nicht in Widerspruch zu zwingendem Recht. Insoweit gilt nichts anderes als bei der Aufzählung einzelner Räume der Wohnung, z.B. des Flurs, die ebenfalls zwingend dem gemeinschaftlichen Eigentum zuzuordnende Bestandteile, z.B. tragende Zwischenwände, enthalten können (vgl. § 5 II letzter Halbs. WEG).

b) Die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums ist Teil der ordnungsmäßigen Verwaltung, die den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich obliegt (§ 21 I, III, V Nr. 2 WEG). Die Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung bestimmter Teile des gemeinschaftlichen Eigentums kann in Abweichung von der gesetzlichen Regelung durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer anderweitig geregelt werden; insbesondere kann sie einem einzelnen Wohnungseigentümer auferlegt werden (§ 10 I 2 WEG; BayObLG, WuM 1993, 562; 1997, 187; Weitnauer, § 5 Rdnr. 6). Dies ist hier in zulässiger Weise in § 3 III 4 GO hinsichtlich der gesamten Balkone geschehen. Der Senat teilt die Auslegung dieser Bestimmung durch die Vorinstanzen dahin, dass der „Unterhalt„ auch die Instandsetzung im gemeinschaftlichen Eigentum stehender Teile des Balkons, insbesondere der Balkonbrüstung, umfasst. Dies ist jedenfalls die nächstliegende Bedeutung der Bestimmung für einen unbefangenen Leser auch unter Berücksichtigung der Beschreibung des Sondereigentums in der Teilungserklärung unter Nennung der Balkone.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht