Verkauf von baurechtlich nicht genehmigten Wohnräumen

Gericht

OLG Hamm


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

30. 05. 1996


Aktenzeichen

22 U 16/95


Leitsatz des Gerichts

  1. Die Veräußerung eines Hauses mit ohne Baugenehmigung ausgebauten Wohnungen begründet einen Sachmängelvorwurf.

  2. Hat der Verkäufer Kenntnis von der fehlenden Baugenehmigung, so hat er es nach der Lebenserfahrung auch gebilligt, dass der Käufer diesen verborgenen Mangel vielleicht nicht kennt und bei Kenntnis den Vertrag nicht so abgeschlossen hätte.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Bekl. verkaufte einen bebauten Grundbesitz an den Erblasser der späteren Kl. In dem Bauwerk befanden sich zwei Appartements im Spitzboden und eine Souterrainwohnung. Diese Teile waren baurechtlich nicht genehmigt. Das fiel nachträglich auf, als der Erwerber das Bauwerk in Eigentumswohnungen aufteilte und dazu die erforderlichen behördlichen Genehmigungen einholen wollte. Die Erben des Erwerbers klagten daraufhin auf Schadensersatz. Im Kaufvertrag war die Gewährleistung ausgeschlossen. Sie behaupteten, der Bekl. habe arglistig gehandelt.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Der Bekl. haftet aus arglistiger Verletzung einer Hinweispflicht/Verschweigen eines Mangels. Die Veräußerung eines Hauses mit einem ohne Baugenehmigung ausgebautem Speicher begründet einen Sachmangelvorwurf (BGH, NJW 1991, 2138). Unstreitig war die Umgestaltung des Trockenspeichers zu Wohnzwecken genehmigungspflichtig. Gleiches galt für den Ausbau des Kellergeschosses zu einer Wohnung. Gleichfalls unstreitig zwischen den Parteien ist, dass der Bekl. ohne erforderliche Baugenehmigung zwei Appartements im Spitzbodenbereich eingerichtet hat. Auch im Keller hat er eine ungenehmigte Wohnung installiert...

Das Fehlen der Genehmigung stellt einen Sachmangel dar unabhängig davon, ob eine Genehmigung unter Zulassung einer Ausnahme vom Erfordernis einer bestimmten lichten Höhe hätte erteilt werden können (BGH, NJW 1991, 2138). Denn jedenfalls bis zur Erteilung der Baugenehmigung und der Durchführung der Bauzustandsbesichtigung war die Baubehörde berechtigt, die Nutzung der ohne Baugenehmigung veränderten Anlage zu untersagen. Ein Fehler läge nur dann nicht vor, wenn im Zeitpunkt des Gefahrübergangs von der Baubehörde eine künftige Duldung des bauordnungswidrigen Zustandes im Spitzboden- und im Kellerbereich zugesagt worden wäre (BGH, NJW-RR 1987, 457). Dieses hat zwar der Bekl. behauptet. Seine streitige Behauptung hat er jedoch nicht beweisen können, da der von ihm benannte Zeuge unter der angegebenen Anschrift nicht zu laden war.

Der Bekl. wusste vom Fehlen der Baugenehmigung für den Ausbau des Spitzbodens und des Kellers. Er bestreitet seine Kenntnis nicht. Er trägt selbst vor, er habe den Rechtsvorgänger der Kl. darüber informiert; allerdings hat der Bekl. trotz Bestreitens der Kl. in der Berufungsinstanz diese Hinweiserteilung nicht nach Ort und Zeit substantiiert. Nur eine derartig substantiierte Behauptung setzte die Kl. in den Stand, die Behauptung des Bekl. er habe bezüglich des Fehlens der Baugenehmigung Hinweise erteilt, zu bestreiten und zu widerlegen.

Der Bekl. hielt es auch für möglich und nahm es billigend in Kauf, dass der Erblasser den Fehler nicht kannte und bei Offenbarung - zu der der Bekl. verpflichtet gewesen war - den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH, NJW 1990, 42). Dass der Kl. bzw. der Erblasser seinerzeit von der fehlenden Genehmigung wussten, hat sich aus der Beweisaufnahme nicht ergeben. Die Aussage des Zeugen P in erster Instanz ergab bereits nicht nachvollziehbar, dass sich aus den überreichten Zeichnungen (wobei die Frage blieb, wann die Zeichnungen überreicht worden sind, ob nach Vertragsschluss oder vor Vertragsschluss) die fehlende Genehmigung des Ausbaus des Spitzbodens und des Kellers zur Kenntnis des Erblassers ergab. Eine Vorlage der Baugenehmigungsunterlagen ist nach der Aussage des Zeugen B nicht erfolgt. Aus dem Umstand allein, dass dem Erblasser eine Zeichnung über den Spitzboden nicht vorgelegt wurde, konnte dieser nicht auf das Fehlen einer Baugenehmigung für diesen schließen. Darüber hinaus ergibt sich aus der Aussage der Zeugin F, dass der Erblasser die Aktenordner samt Zeichnungen erst nach Abschluss des Verkaufs erhielt. Zudem hat der Zeuge B ausgesagt, die Unterlagen und Zeichnungen seien nicht vollständig gewesen. Nach der Lebenserfahrung kann aus der Kenntnis des Verkäufers von einem schwerwiegenden verborgenen Mangel auf die Einsicht und Billigung geschlossen werden, dass der Käufer den Mangel vielleicht nicht kennt und bei Kenntnis den Vertrag nicht so abgeschlossen hätte.

Darauf, dass der Mangel vom Erblasser sowie der Bauordnungsbehörde nur deshalb entdeckt wurde, weil der Erblasser eine Abgeschlossenheitsbescheinigung zum Umwandeln des Hauses in Eigentumswohnungen beantragte, kann der Bekl. nicht mit Erfolg verweisen. Dieser Umstand ändert nichts an der Bauordnungswidrigkeit des im Spitzboden und im Keller ausgebauten Wohnraums. Dem Käufer bleibt im Übrigen überlassen, wie er sein Eigentum nutzt und verwertet.

Rechtsgebiete

Baurecht