Aufnahmezwang für die IG Metall

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

10. 12. 1984


Aktenzeichen

II ZR 91/84


Leitsatz des Gerichts

Ein Anspruch auf Aufnahme in einen Verein kann nicht nur bei Monopolvereinigungen, sondern auch dann bestehen, wenn ein Verein oder Verband im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung innehat und ein schwerwiegendes Interesse von Beitrittswilligen am Erwerb der Mitgliedschaft besteht; das gilt auch für Gewerkschaften.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien streiten darüber, ob die verkl. IG Metall verpflichtet ist, den Kl. als Mitglied aufzunehmen. Der Kl. ist Maschinenschlosser bei der Firma G. Er war von Mitte 1976 bis 9. 3. 1980 Mitglied der von ihm selbst als maoistisch bezeichneten KPD, die sich an diesem Tage auflöste. Diese Partei hatte der Beirat der Bekl. durch Beschluss vom 16. 4. 1973 zur gegnerischen Organisation und die Zugehörigkeit zu ihr als unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der IG Metall erklärt. Der Kl. beantragte am 20. 3. 1980, als Mitglied der Bekl. aufgenommen zu werden. Die Verwaltungsstelle der Bekl. lehnte den Aufnahmeantrag am 8. 5. 1980 mit der Begründung ab, der Kl. habe das Mitglied der Bekl. B am 1. 5. 1978 tätlich angegriffen und beleidigt. Der Einspruch des Kl. wurde vom Vorstand der Bekl. am 18. 8. 1980 wegen der Mitgliedschaft des Kl. in der KPD bis zu deren Auflösung und des Vorganges am 1. 5. 1978 zurückgewiesen. Der Kl. bestreitet, an einer Auseinandersetzung mit B am 1. 5. 1978 beteiligt gewesen zu sein und meint, dies sei nur ein Vorwand für die Ablehnung seines Aufnahmeantrags. In Wirklichkeit wolle ihn die Bekl. wegen seiner Zugehörigkeit zur KPD nicht aufnehmen. Dies sei aber nicht berechtigt. Er habe an der Auflösung dieser Partei aus der Erkenntnis heraus selbst mitgewirkt, dass die bis dahin vertretenen politischen Auffassungen und Grundsätze gescheitert seien. Die gewerkschaftsfeindlichen Ziele der KPD verfolge er nicht weiter. Die Bekl. habe also keinen Grund, ihn abzulehnen. Deshalb sei sie zu verurteilen, ihn als Mitglied aufzunehmen. Die Bekl. ist der Ansicht, ihre Feststellungen über die Auseinandersetzung des Kl. mit B am 1. 5. 1978 könnten gerichtlich nicht überprüft werden. Zudem seien sie richtig. Im Übrigen bestreitet sie, dass der Kl. seine gewerkschaftsfeindliche Einstellung aufgegeben habe. Diese sei am 1. 5. 1981 offenbar geworden. An diesem Tage sei auf einer DGB-Veranstaltung ein politisch radikaler Türke bei dem Versuch, das Mikrofon zu erobern, von Ordnungskräften abgedrängt worden. Daraufhin habe sich der Kl. zu Wort gemeldet und gemeint, man hätte den Türken reden lassen sollen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat nach Beweisaufnahme die Bekl. verurteilt, den Aufnahmeantrag des Kl. vom 20. 3. 1980 neu zu verbescheiden; die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Die Revision des Kl. und die Anschlussrevision der Bekl. waren begründet.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt zunächst davon ab, ob die Bekl. überhaupt von Rechts wegen verpflichtet ist, beitrittswillige Arbeitnehmer aufzunehmen. Dem BerGer. ist zuzustimmen, dass das grundsätzlich der Fall ist. Zwar ergibt sich ein Aufnahmeanspruch, wie der Senat kürzlich entschieden hat (Urt. v. 1. 10. 1984 - II ZR 292/83, NJW 1985, 1214 (in diesem Heft)), nicht schon aus der Satzung der Bekl. Er ist aber aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen herzuleiten.

Einen Aufnahmezwang hat der BGH bislang für Monopolverbände angenommen (BGHZ 63, 282 (284) = NJW 1975, 771 m. w. Nachw.). Ein Monopolverband im strengen Sinne ist die Bekl. nicht. Nach den Feststellungen des BerGer. gibt es vielmehr für Beschäftigte im Metallbereich noch andere Gewerkschaften, freilich mit so geringer Mitgliederzahl, dass sie im statistischen Jahrbuch nicht registriert sind. Die Monopolstellung eines Vereins oder Verbands ist aber für sich genommen auch gar nicht der innere Grund, an den der Aufnahmezwang anzuknüpfen ist. Dieser besteht vielmehr darin, dass die Rechtsordnung mit Rücksicht auf schwerwiegende Interessen der betroffenen Kreise die grundsätzliche Selbstbestimmung des Vereins über die Aufnahme von Mitgliedern nicht immer ohne weiteres hinnehmen kann. Das ist - was allerdings bei monopolartigen Vereinigungen häufig in Betracht kommen wird - ganz allgemein der Fall, wenn der Verein oder Verband im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung innehat und ein wesentliches oder grundlegendes Interesse am Erwerb der Mitgliedschaft besteht (so andeutungsweise BGH, NJW 1980, 186 = LM § 38 BGB Nr. 7). Das ist im Falle der Bekl. anzunehmen. Wie das BerGer. schon aus der verhältnismäßig geringen Mitgliederzahl anderer einschlägiger Organisationen geschlossen hat und im Übrigen allgemein bekannt ist, nimmt die Bekl. im Metallbereich eine schlechthin überragende Stellung ein. Die Bedeutung der Mitgliedschaft für beitrittswillige Metall-Arbeitnehmer liegt ebenso auf der Hand. Das BVerfG hat dazu zusammenfassend ausgeführt (BVerfGE 38, 281 (305) = NJW 1975, 1265), dass die Gewerkschaften allgemein über ihre Zielsetzung - die Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Arbeitnehmer - weit hinausgewachsen sind und die Repräsentation der Arbeitnehmerinteressen in Staat und Gesellschaft in umfassender Weise wahrnehmen; sie bilden heute einen bestimmenden Faktor im Sozialleben. Es lässt sich nicht leicht eine die Arbeitnehmerinteressen auch nur mittelbar berührende Maßnahme denken, bei der ihnen nicht ein Mitspracherecht eingeräumt wird. Soweit sie Aufgaben in diesem Bereich nicht selbst an sich ziehen, besitzt ihr Votum in der Öffentlichkeit und auch bei den staatlichen Stellen, bei Legislative und Exekutive erhebliches Gewicht (vgl. dazu die Zusammenstellung der von den Gewerkschaften wahrgenommenen Aufgaben bei Teubner, Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung, S. 46, 47). Dazu kommen noch die für den einzelnen Arbeiter mit der Mitgliedschaft unmittelbar verbundenen wirtschaftlichen Vorteile wie die Zahlung von Streikgeld während eines Arbeitskampfes, die Gewährung von Rechtsschutz und weitere soziale Leistungen.

Was damit für die Gewerkschaften allgemein ausgesagt ist, gilt für die Bekl. in besonderem Maße. Ein Metall-Arbeiter ist daher auf die Mitgliedschaft bei der Bekl. angewiesen, wenn er im sozialen Bereich angemessen und schlagkräftig repräsentiert sein will. Die Bekl. ist nach alledem einem Aufnahmezwang für beitrittswillige Bewerber ihres Wirkungskreises unterworfen; für sie gelten infolgedessen dieselben Regeln, die bislang für bestimmte Monopolverbände entwickelt worden sind (BGHZ 63, 282 = NJW 1975, 771). Dieser Rechtslage entspricht es, dass sich die Bekl. mit ihrer Anschlussrevision nicht gegen die Ansicht des BerGer. zur Wehr gesetzt hat, sie unterliege einem Aufnahmezwang. Nach ständiger Senatsrechtsprechung gilt jedoch dieser Aufnahmezwang mit Rücksicht auf das Interesse des Vereins oder Verbands an seinem Bestand und an seiner Funktionsfähigkeit nicht uneingeschränkt. Ob er im Einzelfall durchgreift, ist vielmehr nach der (an die Vorschrift des § 826 BGB und an die Tatbestandsmerkmale des § 27 GWB angelehnten) Formel zu bestimmen, dass die Ablehnung der Aufnahme nicht zu einer - im Verhältnis zu bereits aufgenommenen Mitgliedern - sachlich nicht gerechtfertigten ungleichen Behandlung und unbilligen Benachteiligung eines die Aufnahme beantragenden Bewerbers führen darf. Danach spielen nicht nur die berechtigten Interessen des Bewerbers an der Mitgliedschaft und die Bedeutung der damit verbundenen Rechte und Vorteile eine Rolle, die ihm vorenthalten werden würden. Es kommt vielmehr auch auf eine Bewertung und Berücksichtigung der Interessen des Vereins oder Verbandes an, die im Einzelfall dahin gehen können, den Bewerber von der Mitgliedschaft fernzuhalten. Nur wenn deren sachliche Berechtigung zu verneinen und die Zurückweisung des Bewerbers unbillig ist, besteht in der Regel ein Anspruch auf Aufnahme (BGHZ 63, 282 (284, 285) = NJW 1975, 771 m. w. Nachw.).

Ob die Bekl. sachlich gerechtfertigte Gründe hat, die Bewerbung des Kl. zurückzuweisen, lässt sich nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand weder feststellen noch ausschließen. Nach der rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Feststellung des BerGer., die die Anschlussrevision hinnimmt, ist nicht erwiesen, dass der Kl. das Mitglied B der Bekl. tätlich angegriffen und beleidigt hat. Rechtliche Bedenken dagegen, dass das BerGer. darüber Beweis erhoben und zu einer von der Tatsachenfeststellung der Bekl. abweichenden Würdigung des Sachverhalts gelangt ist, bestehen nicht. Die Gründe, die der Senat im Urteil vom 30. 5. 1983 (BGHZ 87, 337 (343 f.) = NJW 1984, 981) dafür angeführt hat, dass die Tatsachenermittlung im vereinsrechtlichen Disziplinarverfahren der Nachprüfung durch die staatlichen Gerichte unterliegen muss, gelten ebenso für die Überprüfung des Sachverhalts, auf den die Ablehnung eines Aufnahmegesuchs gestützt wird. Da das BerGer. aufgrund der Beweisaufnahme nicht feststellen konnte, dass der Kl. den B tätlich beleidigt hat, muss zugunsten des Kl. davon ausgegangen werden, er sei in diese Auseinandersetzung nicht verwickelt gewesen. Die Bekl. trägt grundsätzlich die Beweislast dafür, dass sie sachlich gerechtfertigte Gründe für die Ablehnung eines Mitgliedschaftsbewerbers hat. Entgegen der Ansicht des BerGer. und der Anschlussrevision würde als Ablehnungsgrund für sich allein der bestehen gebliebene Verdacht der Beteiligung des Kl. an der Tätlichkeit gegen B nicht ausreichen. Es könnte schon zweifelhaft sein, ob eine im Jahre 1978 vom Kl. als Nichtmitglied an dem Mitglied B, das der DKP angehörte, begangene Tätlichkeit die Ablehnung des Aufnahmeantrags rechtfertigen würde, zumal über den Hintergrund der Auseinandersetzung nichts festgestellt ist und von der Bekl. dazu auch nichts vorgetragen werden konnte. Der bloße Verdacht, den B angegriffen zu haben, kann die schwerwiegende Benachteiligung, die in der Nichtaufnahme des Kl. liegen würde, nicht rechtfertigen. Auf den Vorfall mit dem Türken im Jahre 1981 kommt die Anschlussrevision - mit Recht - nicht mehr zurück.

Soweit die Bekl. die Ablehnung der Aufnahme des Kl. mit dessen Mitgliedschaft in der KPD begründet, ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Gewerkschaften zum Schutze ihres Rechts auf Selbstbewahrung berechtigt sind, in ihren Satzungen die Beendigung der Mitgliedschaft vorzusehen, wenn ein Gewerkschaftsmitglied einer gegnerischen politischen Partei angehört (vgl. Senat, NJW 1973, 35 = LM Art. 9 GrundG Nr. 4). Dann ist es nur folgerichtig, dass eine Gewerkschaft nicht verpflichtet ist, einen Mitgliedschaftsbewerber aufzunehmen, der einer solchen Partei angehört. Auf die objektive Zugehörigkeit des Kl. zu einer mit der Mitgliedschaft in der Bekl. unvereinbaren Organisation kann sich die Bekl. allerdings hier nicht berufen. Das BerGer. hat festgestellt, dass der Kl. nicht Mitglied einer denkbaren Untergrundorganisation der im März 1980 aufgelösten KPD ist. Zutreffend geht das BerGer. aber davon aus, dass es der Bekl. auch nicht zuzumuten ist, jemand als Mitglied aufzunehmen, der einer gegnerischen politischen Partei angehört hat, sofern er sich nicht glaubhaft von seiner früheren Haltung abgewendet hat.

Bei der KPD hat es sich unstreitig um eine gewerkschaftsfeindliche politische Partei gehandelt. Die 1971 gegründete Partei betrieb auf dem gewerkschaftlichen Sektor den Aufbau einer antigewerkschaftlichen Organisation, der „revolutionären Gewerkschaftsopposition“, die zum Ziel hatte, die Gewerkschaften in der bestehenden Form zu zerschlagen. Dieses Ziel hat die KPD jedenfalls bis 1977 verfolgt. Es war der Anlass für den Unvereinbarkeitsbeschluss des Beirats der Bekl. vom 14. 4. 1973. Nach Ansicht des BerGer. hat der Kl. jedoch seine Abkehr von dieser gewerkschaftsfeindlichen Linie bewiesen. Aufgrund seiner Parteivernehmung gem. § 448 ZPO ist das BerGer. zu der Überzeugung gelangt, dass die Mitgliedschaft in der KPD eine abgeschlossene Episode im Leben des Kl. sei, der - jedenfalls nach seiner jetzigen Auffassung - bei aller Kritik in Einzelpunkten die Gewerkschaftsbewegung in ihrer bestehenden Form bejahe.

Ob es überhaupt Sache der Gerichte sein kann, sich durch eine Parteivernehmung gem. § 448 ZPO mit einer für den Verein verbindlichen Weise von der künftig zu erwartenden Vereinstreue eines Bewerbers ein Bild zu machen, ist zweifelhaft, kann aber aus nachfolgenden Erwägungen offen bleiben. Für die Gewerkschaft ist es schwierig festzustellen, ob sich ein Mitgliedschaftsbewerber, der einer gewerkschaftsfeindlichen Partei angehört hat, glaubhaft von deren Zielen abgewandt hat und nunmehr der Gewerkschaftsbewegung grundsätzlich positiv gegenüber steht. Eine Gesinnungsprüfung kommt nach Sachlage nicht in Betracht; ein verbales Bekenntnis des Bewerbers reicht grundsätzlich nicht aus, um davon ausgehen zu können, dass sich der Aufnahmebewerber künftig in die Gewerkschaft einfügt, wie sie sich im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung selbst versteht. Dieser Umstand erschwert es aber auch dem Bewerber, den Wandel seiner Einstellung zu der Gewerkschaft glaubwürdig zu machen. Eine sachgerechte, für beide Teile angemessene Lösung ist es deshalb, wenn die Zugehörigkeit zu einer mit der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft unvereinbaren politischen Partei wie der KPD für eine gewisse (Karenz-) Zeit zwischen Beendigung der Mitgliedschaft und Aufnahme in die Gewerkschaft als sachlich gerechtfertigter Grund für die Ablehnung der Aufnahme anerkannt wird. Welcher Zeitraum dafür in Betracht kommt, kann nicht generell bestimmt werden; dies hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalles ab. Je nach Art und Intensität der gewerkschaftsfeindlichen Betätigung in der Vergangenheit kann sie länger oder kürzer sein. Sie muss auf jeden Fall so bemessen werden, dass bei Anlegung eines objektiven Maßstabes nach ihrem Ablauf aufgrund des Verhaltens des Bewerbers keine vernünftigen Zweifel an dessen Abkehr von seinen früher verfolgten Zielen übrig bleiben. Nach dieser Zeit, die in Fällen der vorliegenden Art kaum unter 3 Jahren liegen könnte, kann sich die Gewerkschaft nur weigern, den Bewerber aufzunehmen, wenn sie Tatsachen behauptet und beweist, aus denen geschlossen werden kann, dass dieser seinen früheren Zielen noch anhängt.

Das BerGer. hätte also prüfen müssen, ob im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung die der Bekl. zuzubilligende Karenzzeit, während der sie die Aufnahme des Kl. allein wegen seiner Zugehörigkeit zu KPD und ohne Rücksicht auf seine Distanzierungserklärung ablehnen konnte, schon verstrichen war. Wenn dies der Fall war, hätte mit den Parteien erörtert und gegebenenfalls geprüft werden müssen, ob die Bekl. Tatsachen beweisen kann, die bei objektiver Beurteilung weiterhin den berechtigten Zweifel begründen, ob der Bewerber tatsächlich seine frühere Haltung aufgegeben hat oder sie vielleicht in anderer Weise innerhalb der Gewerkschaft weiter verfolgen will. Diese Prüfung kann, entgegen der Ansicht des BerGer., nicht im Wege der erneuten Entscheidung über das Aufnahmegesuch des Kl. der Bekl. übertragen werden. Wie der Senat im Urteil vom 1. 10. 1984 (NJW 1985, 1214 (in diesem Heft)) ausgeführt hat, ist Streitgegenstand nicht die förmliche Entscheidung der Gewerkschaft, mit der sie den Aufnahmeantrag abgelehnt hat, sondern die Frage, ob ein materiellrechtlicher Anspruch des Bewerbers auf Aufnahme besteht. Diesen Anspruch haben die Gerichte nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen aufgrund des Sachverhalts zu prüfen, der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz festzustellen ist. Rechtfertigt er den mit der Klage geltend gemachten Aufnahmeanspruch, ist die Bekl. zu verurteilen, den Kl. als Mitglied aufzunehmen. Ist der Anspruch nach dem festgestellten Sachverhalt nicht begründet, muss die Klage abgewiesen werden. Keine Partei hat Anspruch darauf, dass der Entscheidung über den als Ablehnungsgrund noch in Betracht kommenden Sachverhalt ein förmliches Vereinsverfahren voraus geht.

Nach allem muss das Berufungsurteil aufgehoben werden. Damit die Parteien Gelegenheit haben, ihren Sachvortrag den vorstehenden neuen rechtlichen Gesichtspunkten anzupassen, muss die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das BerGer. zurückverwiesen werden.

Bei seiner Entscheidung wird das BerGer. berücksichtigen müssen, dass der Gewerkschaft bei der Beurteilung der Frage, ob das bisherige Verhalten des Mitgliedschaftsbewerbers ein sachlich gerechtfertigter Grund für die Nichtaufnahme ist, ein Beurteilungsspielraum zusteht, da die Ablehnung des Aufnahmeantrags unbillig sein muss. Da dies um so eher der Fall ist, je wichtiger für den Betroffenen die Zugehörigkeit zu einer Organisation ist (vgl. BGHZ 47, 381 (385) = NJW 1967, 1657; Senat, NJW 1980, 443), sind aus den gleichen Erwägungen, die zur Begründung des Aufnahmezwangs führen, dem Ermessen der Gewerkschaft enge Grenzen gesetzt. Das Gericht kann jedoch nicht ohne weiteres seine eigene Überzeugung an die Stelle der Wertung der Gewerkschaft setzen, wenn ihm die Ablehnungsgründe aufgrund eines gerichtlich in vollem Umfange nachprüfbaren Sachverhalts plausibel gemacht werden und sie nicht unbillig sind.

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht