Keine ortsüblichen Einfriedungen: Hohlblocksteinmauer als Einfriedigung bei fehlender Ortsüblichkeit

Gericht

OLG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

24. 11. 1993


Aktenzeichen

9 U 128/93


Leitsatz des Gerichts

Hat sich in dem zu beurteilenden Stadtgebiet hinsichtlich Einfriedigungen keine Ortsüblichkeit herausgebildet, so kann der Nachbar die Beseitigung einer den Erfordernissen des § 35 I S. 2 NWNachbG entsprechenden ausschließlich auf dem Grundstück des Beklagten errichteten Einfriedigung (hier: Mauer aus Hohlblocksteinen) selbst dann nicht verlangen, wenn diese Art der Einfriedigung ästhetisch unschön und ansonsten nirgends vertreten ist.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien sind Brüder und Eigentümer benachbarter Grundstücke in W. Ende Juli 1992 hat der Bekl. auf seinem Grundstück unmittelbar neben die Grenze im Gartenbereich eine Mauer aus Hohlblocksteinen gesetzt. Der Kl. hat geltend gemacht: Der Bekl. sei verpflichtet, die eigenmächtig von ihm errichtete Anlage zu beseitigen. Die einschließlich des Sockels 1,70m hohe Mauer sei als Einfriedigung nicht ortsüblich und biete einen hässlichen Anblick.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Bekl. hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Der vom Kl. mit seinem Haupt- und Hilfsantrag verfolgte Beseitigungsanspruch ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt.

Der Bekl. ist auch nicht nach § 1004 I 1 BGB i.V. mit §§ 50, 32 NWNachbG zur Beseitigung der Mauer verpflichtet. Er hat durch die Maßnahme nicht unmittelbar in das Eigentum des Kl. eingegriffen; denn er hat die Anlage auf seinem Grundstück errichtet, und der Grundstückseigentümer kann gem. § 903 BGB grundsätzlich nach seinem Belieben mit dem Grundstück verfahren. Der Bekl. könnte aber durch die Errichtung der Mauer einen aus dem Eigentum abgeleiteten Anspruch des Kl. nach § 32 NWNachbG auf Mitwirkung bei der Herstellung einer ortsüblichen Einfriedigung auf der Grenze beeinträchtigt haben, wenn nämlich wegen der auf dem Grundstück des Bekl. vorhandenen Mauer die Errichtung einer gesetzmäßigen Einfriedigung auf der Grenze aus technischen Gründen unmöglich wäre oder eine gesetzmäßige Einfriedigung infolge der vorhandenen Mauer in ihrem ortsüblichen Erscheinungsbild völlig verändert würde (vgl. BGHZ 73, 272 = NJW 1979, 1408 (1409) = LM § 1004 BGB Nr. 153). Voraussetzung für einen sich daraus ergebenden Beseitigungsanspruch ist aber jedenfalls, dass die auf dem Grundstück errichtete Grenzeinrichtung als Einfriedigung nicht ortsüblich und nicht gesetzmäßig ist. Denn es ist anerkannt, dass der Eigentümer dann, wenn der Nachbar auf seinem Grundstück bereits eine solche Anlage errichtet hat, nicht allein deshalb deren Beseitigung verlangen kann, weil der Nachbar sie nicht nach vorheriger Absprache und nicht auf der Grenze errichtet hat (vgl. BGH, NJW 1992, 2569 (2570) = LM H. 2/1993 § 1004 BGB Nr. 203). Mit Rücksicht darauf ist auch der geltend gemachte Beseitigungsanspruch des Kl. ausgeschlossen. Zwar dürfte die vom Bekl. errichtete Mauer nicht als Einfriedigung ortsüblich sein. Nach der vom LG bei der Ortsbesichtigung durchgeführten Beobachtung kommt eine Mauer der vom Bekl. ausgeführten Art in dem Vergleichsgebiet nicht häufig vor. Den Bekl. trifft aber deshalb keine Beseitigungspflicht, weil es in dem zum Vergleich heranzuziehenden Gebiet ortsübliche Einfriedigungen überhaupt nicht gibt und die vorhandene Mauer den Erfordernissen des § 35 I 2 NWNachbG entspricht, somit eine gesetzmäßige Einfriedigung ist:

Das LG hat bei der Augenscheinseinnahme eine Vielzahl von Einfriedigungen in dem hier interessierenden Gebiet beobachtet. Es befinden sich dort zwar überwiegend Hecken und Zäune; diese sind aber von unterschiedlicher Beschaffenheit: Die Hecken bestehen zum Teil aus Rotdorn, zum Teil aus Ilex und sind etwa 0,50m, 0,70m bzw. 1,50m hoch. Die Zäune bestehen aus Maschendraht, Holzlamellen, Holzbalken (Jägerzäune) oder aus Holzflechtwerk und sind zum Teil 0,80m, zum Teil aber auch etwa 2m hoch. Darüber hinaus hat das LG ein verzinktes Eisengitter und eine Betonmauer als Grenzanlage vorgefunden.

Bei solcher Sachlage kann nicht gesagt werden, dass eine oder mehrere Einfriedigungen in dem zum Vergleich heranzuziehenden Gebiet häufiger vorkommen, also ortsüblich sind. In einem solchen Fall greift § 35 I 2 NWNachbG ein, der vorschreibt, dass, wenn sich eine ortsübliche Einfriedigung nicht feststellen lässt, eine etwa 1,20m hohe Einfriedigung zu errichten ist. Diesem Erfordernis entspricht die vom Bekl. hergestellte Mauer. Nach den vom LG durchgeführten Messungen hat die Mauer eine maximale Höhe von 1,28 m. Wie sich aus den zu den Akten gereichten Fotografien ergibt, liegt der Stützsockel ganz im Erdreich; er ist daher in die Abmessung der Höhe der Mauer nicht einzubeziehen. Aus dem Vorstehenden folgt, dass das Beseitigungsverlangen des Kl. unbegründet ist. Ebenso wenig wie der Eigentümer Beseitigung einer vom Nachbarn auf dessen Grundstück errichteten ortsüblichen Grenzeinrichtung verlangen kann, hat er einen Anspruch darauf, dass der Nachbar eine zwar nicht ortsübliche, aber den Erfordernissen des § 35 I 2 NWNachbG entsprechende Einfriedigung beseitigt.

Rechtsgebiete

Nachbarrecht; Garten- und Nachbarrecht