Kautionsrückzahlungsanspruch gegenüber Zwangsverwalter - Aufrechnung und Zurückbehaltungsrecht

Gericht

LG Mannheim


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

14. 04. 1999


Aktenzeichen

4 S 227/98


Leitsatz des Gerichts

Ein Anspruch gegenüber dem Zwangsverwalter auf Rückzahlung der geleisteten Kaution ist nur begründet, wenn dem Zwangsverwalter der Kautionsbetrag auch ausgehändigt wurde. Ist dies nicht der Fall, steht dem Mieter weder die Aufrechnung noch ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber Forderungen des Zwangsverwalters zu.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Das AG, gegen dessen Entscheidung sich das Rechtsmittel richtet, hat dieser folgenden Tatbestand zu Grunde gelegt: Gegenstand der Klage sind Mietzinsforderungen in Höhe von jeweils 1800 DM für die Monate Januar 1998 bis einschließlich März 1998. Durch Beschluss des AG Mannheim vom 10. 10. 1996 wurde das Zwangsverwaltungsverfahren über den Miteigentumsanteil an dem Erbbaurecht an dem Grundstück W., verbunden mit dem Sondereigentum an der in dem Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten Einheit angeordnet und den Kl. zum Zwangsverwalter bestellt. Die Bekl. waren im streitigen Zeitraum nach Maßgabe des mit der Voreigentümerin am 9. 4. 1989 abgeschlossenen Mietvertrags Mieter dieser gewerblich genutzten Räumlichkeiten. Die monatliche Miete betrug zuletzt mindestens 1800 DM. Die Bekl. haben die Mieten für die Monate Januar, Februar und März 1998 nicht bezahlt. „Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ haben die Bekl. nach Rechtshängigkeit 2500 DM an den Kl. gezahlt. Sie tragen vor, als Zwangsverwalter sei der Kl. nicht berechtigt, Leistung an sich zu verlangen. Das Mietverhältnis sei zum 31. 3. 1998 beendet worden und somit der Kl. verpflichtet, die zu Beginn des Mietverhältnisses geleistete Kaution von 2400 DM nebst Zinsen an die Bekl. auszuzahlen. Insoweit werde die Aufrechnung erklärt.

Das AG gab der Klage im vollen Umfang statt. Auf die Berufung der Bekl. wurde das Urteil abgeändert und die Klage teilweise abgewiesen.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

2. Im Übrigen ist die eingeklagte Mietzinsforderung weder durch Aufrechnung erloschen noch steht ihr ein Zurückbehaltungsrecht entgegen.

a) Wie das AG zutreffend entschieden hat, steht den Bekl. gegen den Kl. als Zwangsverwalter kein Anspruch auf Rückzahlung der von ihnen unstreitig an ihre erste Vermieterin geleisteten Kaution zu. Denn eine Rückzahlungsverpflichtung des Kl. wäre in direkter oder entsprechender Anwendung des § 572 S. 2 BGB nur gegeben, wenn dem Kl. als Zwangsverwalter die Kaution ausgehändigt worden wäre (so die wohl h.M.; vgl. Reismann, WuM 1998, 387ff. [390 unter 9] m. zahlr. Nachw.). Auch wenn man, weil im Falle der Zwangsverwaltung ein Erwerbsfall nicht vorliegt, die Vorschrift nicht unmittelbar anwenden will, so rechtfertigt sich jedoch aus der vergleichbaren Sach- und Interessenlage jedenfalls eine entsprechende Anwendung. Zu Recht hat das AG darauf hingewiesen, dass der Eintritt des Zwangsverwalters in den Mietvertrag gem. § 152 II ZVG nur so weit geht, als dies nicht zu einer Benachteiligung der Interessen der übrigen Gläubiger führt. Müsste der Zwangsverwalter einem Mieter eine Kaution zurückzahlen, die ihm, dem Zwangsverwalter, nicht ausgehändigt worden ist, so müsste dies aus den Erträgen der Zwangsverwaltung geschehen, die dadurch gegenüber den anderen Gläubigern geschmälert werden würden.

Dass die Kaution an den Kl. ausgehändigt worden ist, müssen, da es sich um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt, die Bekl. vortragen und beweisen. In der Berufungsbegründung tragen sie zwar erstmals vor, dass der Kl. „die streitgegenständliche Mietkaution erhalten“ habe, treten hierfür aber trotz des Bestreitens des Kl. keinen Beweis an. Ein aufrechenbarer Anspruch steht den Bekl. gegen den Kl. daher nicht zu.

b) Zu Unrecht berufen sich die Bekl. für ihre Meinung, der Kl. sei als Zwangsverwalter ungeachtet einer Aushändigung der Kaution zu deren Rückzahlung verpflichtet, auf die Entscheidung des LG Stuttgart, NJW 1977, 1885 (1886). Auch diese Entscheidung wendet § 572 S. 2 BGB an, hat aber im entschiedenen Fall die Aufrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch gegenüber dem Zwangsverwalter mit der Begründung zugelassen, dass § 572 S. 2 BGB eine einmal gegebene Aufrechnungslage nicht berühre, weil er keinen über die allgemeinen Vorschriften hinausgehenden Aufrechnungsausschluss beinhalte; da im entschiedenen Fall die beiden Forderungen gleichzeitig fällig geworden waren, griff § 392 BGB nicht ein.

c) Die Bekl. können mit dem ihnen gegenüber ihrem Vermieter zustehenden Kautionsrückzahlungsanspruch nicht gegenüber dem Kl. aufrechnen. Dies ergibt sich, wie das AG zutreffend ausgeführt hat, aus den §§ 392 , 1125 , 1124 II BGB, § 148 I 1 ZVG. Denn der Kautionsrückzahlungsanspruch der Bekl. ist, wenn nicht gar erst nach der Beschlagnahme entstanden, so jedenfalls erst danach und später als die beschlagnahmten Mietzinsforderungen fällig geworden.

d) Den Bekl. steht gegenüber dem Kl. auch kein Zurückbehaltungsrecht gegen die noch offenen Mietzinsansprüche zu. Denn zwar schließt das gesetzliche Aufrechnungsverbot des § 392 nicht generell auch das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB aus. Im vorliegenden Fall, in dem beide Forderungen auf Geld gerichtet und fällig sind (wobei zu Gunsten der Bekl. die Fälligkeit ihres Kautionsrückzahlungsanspruchs unterstellt wird), ist das Zurückbehaltungsrecht aber ausgeschlossen, weil seine Ausübung hier der (unzulässigen) Aufrechnung gleichkommt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 273 Rdnr. 14 m. Nachw. der BGH-Rechtsprechung).

Rechtsgebiete

Mietrecht