30 % Schadenspauschale in AGB eines Möbelversandhändlers AGB-Gesetz § 11 Nr. 5a

Gericht

OLG Frankfurt


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

15. 06. 1982


Aktenzeichen

11 U 1/82


Leitsatz des Gerichts

  1. Bei der Beurteilung einer Schadenspauschale nach § 11 Nr. 5a AGB-Gesetz kommt es nur auf die Vereinbarung an. Eine Teilwirksamkeit durch spätere Herabsetzung seitens des Verkäufers oder des Gerichts kommt nicht in Betracht.

  2. Im Möbelversandhandel ist eine Schadenspauschale von 30 % nicht zu beanstanden.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Bekl. unterzeichnete am 27. 3. 1980 einen vorgedruckten Bestellschein der Kl. für Einrichtungsgegenstände. Von dem vereinbarten Barpreis in Höhe von 25000 DM verpflichtete sich der Bekl., bis zum 27. 7. 1980 unabhängig von der Lieferung der Möbel eine Anzahlung über 7500 DM zu leisten. Weiterhin sollte er die Einrichtungsgegenstände bis September 1980 abrufen. Nr. 7 der AGB der Kl. lautet: „Verlangt die Firma Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so beträgt der zu ersetzende Schaden 30 % des Kaufpreises. Der Schadensbetrag ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn die Firma einen höheren oder die Käufer einen niedrigeren Schaden nachweisen." Der Bekl. nahm die bestellten Möbel nicht ab und leistete die vereinbarte Anzahlung von 7500 DM nicht. Die Kl. erklärte, sie habe an der Abwicklung des Kaufgeschäftes kein Interesse mehr und forderte Schadensersatz in Höhe von 7500 DM. Diesen Betrag hat sie zunächst auch klageweise geltend gemacht.

Nach Teilrücknahme hat das LG den Bekl. antragsgemäß zur Zahlung der geforderten Schadenspauschale (25 % des Kaufpreises = 6250 DM) verurteilt. Die Berufung des Bekl. blieb ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Entgegen der Auffassung des Bekl. verstößt die Regelung in Nr. 7 der Verkaufs- und Lieferbedingungen auch nicht gegen § 11 Nr. 5a AGB-Gesetz. Allerdings ist bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Klausel nach Ansicht des Senats nicht auf die von der Kl. tatsächlich verlangten 25 % des Kaufpreises abzustellen, sondern auf die in den Geschäftsbedingungen vorgesehene Schadenspauschale in Höhe von 30 % (Palandt-Heinrichs, BGB, 41. Aufl., § 11 AGB-Gesetz, Anm. 5; Schlosser-Coester-Waltjen, AGB-Gesetz, § 11 Nr. 5 a AGB-Gesetz Rdnr. 38; Ulmer-Hensen, AGB-Gesetz, 3. Aufl., § 11 Nr. 5 Rdnr. 22). Insofern kommt der Klagerücknahme keine Bedeutung zu. Der abweichenden Meinung (Kötz, in: MünchKomm, § 11 AGB-Gesetz Rdnr. 39), nach der die Schadenspauschale von dem Richter auf einen Betrag herabgesetzt werden kann, der den Anforderungen des § 11 Nr. 5a AGB-Gesetz genügt, wenn sie den gewöhnlich zu erwartenden Schaden nicht krass übersteigt, kann nicht gefolgt werden. Diese Auffassung steht im Widerspruch zu dem Wortlaut der Norm, der eine Differenzierung nach dem Maß des Überschreitens nicht vorsieht. Ferner wird nach Auffassung des Senats auch die außergerichtliche Situation zwischen Verkäufer und Käufer verkannt. Jede Beschränkung der Sanktionen gegen die Verwendung einer unangemessenen Klausel erhöht naturgemäß nicht nur den Anreiz ihrer Verwendung, sondern damit auch nach allgemeiner Erfahrung die Gefahr der außergerichtlichen Durchsetzung. Hierbei ist auch von Bedeutung, dass die Gegenansicht die aus ihr folgenden beschränkenden Auswirkungen für das Verfahren nach §§ 13 ff. AGB-Gesetz offenbar nicht berücksichtigt.

Die Kl. hat auch den ihr obliegenden Beweis erbracht (BGHZ 67, 312 = NJW 1977, 381), dass die in Nr. 7 ihrer allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen als Schadenspauschale festgesetzten 30 % dem nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartenden Schaden entsprechen. Zwar kann sie sich nicht auf die von ihr vorgelegte Stellungnahme der IHK B. vom 5. 3. 1979 berufen. Nach diesem Gutachten beläuft sich der zu erwartende Schaden „in etwa“ auf 28,9 % des Kaufpreises und liegt damit immer noch unter der von der Kl. festgelegten Schadenspauschale. Das BAG hat jedoch bereits 1966 bei fabrikneuen Möbeln einen Schadensbetrag von 25 % als angemessen erachtet (BAG, NJW 1967, 751). Die Kl. weist nun mit Recht darauf hin, dass zwischenzeitlich die Kosten im Lohnsektor erheblich gestiegen sind. Zudem hat sie ihre nach § 87 III HGB weiter bestehenden Provisionskosten offen gelegt, die zwischen 25,1 % und 12,1 % liegen. Nimmt man den von der IHK B. für den insoweit vergleichbaren Einzelhandel errechneten allgemeinen Unkostenanteil (ohne Lohnkosten) in Höhe von 14,9 % und einen Gewinnanteil von nur 3% hinzu, so sind die vereinbarten 30 % nachgewiesen. Dabei kommt es entgegen der insoweit unzutreffenden Berechnung der Kl. nicht darauf an, dass ihre Personalkosten nicht mit denen des Einzelhandels gleichgesetzt werden können und deshalb nicht einfach zu den Provisionskosten addiert werden dürfen.

Nr. 7 der allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen der Kl. verstößt auch nicht gegen § 11 Nr. 5b AGB-Gesetz, da die in dieser Klausel getroffene Regelung ausdrücklich vorsieht, dass dem Käufer die Möglichkeit offen steht, den Nachweis eines geringeren Schadens zu erbringen. Diesen kann der Bekl. allerdings nicht mit dem Hinweis führen, mit der Herstellung der Möbel sei nicht begonnen worden. Wie dargelegt, ist der Schaden der Kl. von ganz anderen Faktoren abhängig.

Der Bekl. ist seiner vertraglichen Verpflichtung zur Leistung der Anzahlung in Höhe von 7500 DM und zur Annahme der Möbel bis September 1980 trotz mehrfacher Mahnungen der Kl. nicht nachgekommen und deshalb in Verzug geraten. Einer Ablehnungsandrohung seitens der Kl. bedurfte es nicht, da dieses Erfordernis nach ihren Geschäftsbedingungen zulässigerweise abbedungen war (Palandt-Heinrichs, § 11 AGB-Gesetz Anm. 4; BGHZ 67, 312 = NJW 1977, 381). Nach Nr. 7 war die Kl. berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder von dem Vertrag zurückzutreten. Mit Anwaltsschreiben vom 9. 12. 1980 hat sie die Alternative des Schadensersatzes gewählt.

Rechtsgebiete

Kaufrecht; Schadensersatzrecht; Verbraucherschutzrecht