Bemessung des nachehelichen Unterhaltsanspruches bei höherem Einkommen

Gericht

OLG Köln


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

16. 03. 2001


Aktenzeichen

25 UF 222/00


Leitsatz des Gerichts

Erzielt ein Berufskraftfahrer nach Trennung der Eheleute durch einen Wechsel seines Einsatzes vom Nahverkehr in den Fernverkehr höheres Einkommen, so ist dies für die Bemessung des nachehelichen Unterhaltsanspruches auch dann maßgeblich, wenn Anlass für diesen Wechsel die Trennung der Eheleute war.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Berufung richtet sich nur gegen die erstinstanzliche Verurteilung des Bekl. zur Zahlung nachehel. Unterhalts an die Kl. zu 2. Das Rechtsmittel hat nur in geringem Umfang Erfolg.

Sachlicher Teilerfolg ist ihm nur bezüglich des vom FamG für den Zeitraum vom 1. 3. 1999 bis 31. B. 2000 ausgeurteilten Rückstandsbetrages, und auch insoweit nur teilweise, beschieden.

Das FamG hat ausgeführt, Anspruchsgrundlage sei § 1570 BGB. Die Kl. zu 2 könne angesichts der von beiden geschiedenen Elternteilen allein ihr obliegenden Versorgung, Beaufsichtigung und Betreuung der minderjährigen Kl. zu 1 ihren eheangemessenen Lebensbedarf nicht in vollem Umfang durch eigene Erwerbseinkünfte decken. Darauf beruhe ihr Unterhaltsanspruch gegenüber dem Bekl.

Das hält - dem Grunde nach - der Überprüfung durch den Senat stand. Der Klagezeitraum beginnt mit dem 1. 3. 1999. Damals war die Kl. zu 18 Jahre alt. Bezogen auf den gegenwärtigen Zeitpunkt hat sie ihr 10. Lebensjahr vollendet. Angesichts dessen kann von der Kl. zu 2 keinesfalls verlangt werden, ihre Tätigkeit, die seit dem Beginn des Klagezeitraums fortwährend jedenfalls mehr als das Pensum einer Halbtagsstelle ausmacht, auf eine vollschichtige Tätigkeit aufzustocken. Das ist derart selbstverständlich, dass sich dazu weitere Ausführungen erübrigen. Durch das von ihr erzielte Einkommen kann sie ihren eheangemessenen Unterhaltsbedarf i. S. des § 1578 1 S. 1 BGB nicht decken. Deshalb muss der Bekl. das Fehlende durch seine Unterhaltszahlungen ausgleichen.

Des Weiteren sind in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil der Unterhaltsberechnung die vollen Einkünfte des Bekl. und die Differenzmethode zugrunde zu legen. Der gegenteiligen Rechtsauffassung des Bekl. kann nicht gefolgt werden.

Der Zeitpunkt für die Feststellung der ehel. Lebensverhältnisse, nach denen sich der angemessene Bedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten bestimmt, ist der Zeitpunkt der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils (BGH, FamRZ 1999, 367); vorliegend der 29. 12. 1998. Zu diesem Zeitpunkt war der Bekl. unstreitig als Fernfahrer tätig. Ausweislich der Gehaltsabrechnungen ist er am 19. 10. 1998 als solcher in die Dienste der Fa. F getreten. Das ist, wie er zutreffend geltend macht, erst geraume Zeit nach der Trennung der Parteien geschehen, die gemäß ihrem übereinstimmenden Vorbringen im Ehescheidungsverfahren im April 1997 erfolgt ist. Daraus leitet der Bekl. her, diese erst nach der Trennung eingetretene Veränderung in seinem Erwerbsleben sei nicht zu berücksichtigen; vielmehr seien der Unterhaltsberechnung nur seine unstreitig niedrigeren Einkünfte bis zur Trennung zugrunde zu legen. Dem kann nicht gefolgt werden, denn solche Veränderungen nach der Trennung bis zur Rechtskraft der Ehescheidung dürfen nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn sie auf einer unerwarteten Entwicklung beruhen (BGH, FamRZ 1983, 353; OLG Frankfurt, NJW RR 2000, 369) oder nur infolge der Trennung eingetreten sind (BGH, FamRZ 1988, 909, 929; 1994, 87). Beides ist nicht der Fall. Der Bekl. war bis Ende 1995, also lange Zeit nach der am 19. 12. 1984 erfolgten Verehelichung der Parteien, als Seiler tätig und ließ sich vor der Trennung der Parteien, ab 1. 6. 1996, erfolgreich zum Berufskraftfahrer umschulen. Damit aber war seine ab 19. 10. 1998 ausgeübte Tätigkeit als Fernfahrer in der Ehe der Parteien angelegt, ist es doch nicht ungewöhnlich, dass ein Berufskraftfahrer im Verlaufe seines Arbeitslebens zunächst im Nahverkehr, dann im Fernverkehr und umgekehrt arbeitet. In beiden Fällen handelt es sich um die gleiche Tätigkeit, wobei natürlich klar ist, dass ein Fernfahrer mehr verdient als ein in seinem häuslichen Umfeld tätiger Kraftfahrer, weil der Fernfahrer länger arbeitet. Mit einem sog. Karrieresprung, mit einem unerwarteten beruflichen Aufstieg hat das indessen nichts zu tun, und der Bekl. hat auch nicht plausibel gemacht, seine jetzige Tätigkeit sei nur wegen der Trennung erfolgt, was in solchen Fällen zutreffen mag, wo ein Arbeitnehmer sich wegen oder nach der Trennung zu einer totalen Veränderung im beruflichen Bereich entschließt, indem er entweder auf Dauer ins Ausland geht oder einen völlig neuen Beruf ergreift. Demgegenüber ist der Bekl. das geblieben, was er schon vor der Trennung war, nämlich Berufskraftfahrer.

Rechtsgebiete

Unterhaltsrecht