Schenkungswiderruf wegen verweigerter Bewilligung einer Grundschuldbestellung

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

05. 02. 1993


Aktenzeichen

V ZR 181/91


Leitsatz des Gerichts

Die hartnäckige Weigerung des Beschenkten, ein bei der Schenkung vorbehaltenes Recht später zu erfüllen, kann eine schwere Verfehlung i. S. des § 530 I BGB sein.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Aufgrund notariellen Übergabevertrages vom 7. 9. 1972 übertrug die Kl. ihrer einzigen Tochter, der Bekl., "mit Rücksicht auf ihr künftiges Erbrecht" ihren Grundbesitz mit Wohnhaus und Garage lastenfrei. Sie behielt sich den lebenslangen Nießbrauch vor (§ 2 des Vertrages) und verpflichtete die Übernehmerin, auf Verlangen der Übergeberin ein Grundpfandrecht von 50000 DM für einen Kredit der Mutter zu bestellen, "ohne dass die Mutter die Inanspruchnahme des Kredits gegenüber der Tochter begründen muss" (§ 6 des Vertrages). Einer Aufforderung der Mutter vom 14. 9. 1988 zur Bestellung der Grundschuld kam die Bekl. nicht nach. In dem daraufhin angestrengten Prozess machte sie in ihrer Klageerwiderung vom 26. 1. 1989 erstmals im wesentlichen geltend, die Mutter leide an paranoid anmutenden Befürchtungen und habe jeglichen Überblick verloren. Es bestehe auch weder ein finanzielles Bedürfnis, einen Kredit aufzunehmen, um die Lebenskosten zu bestreiten, noch die Notwendigkeit von Unterhaltungsarbeiten am Haus. Die Bekl. ließ im März 1989 beim AG S unter Vortrag von Vorfällen aus den Jahren 1983 bis 1986 die Errichtung einer Gebrechlichkeitspflegschaft für ihre Mutter beantragen. Nach Einholung eines Gutachtens des Staatlichen Gesundheitsamts K. wies das AG den Antrag der Bekl. zurück. Auf die Beschwerde der Bekl. hörte der Amtsrichter in ihrer Gegenwart und in Gegenwart einer Ärztin des Gesundheitsamtes die Kl. und die Gutachterin an und half der Beschwerde nicht ab; das LG K. wies die Beschwerde zurück. Es verurteilte die Bekl., eine Grundschuld wie von der Mutter verlangt, zu bestellen. Mit Schreiben vom 5. 10. 1989 ließ die Kl. die Schenkung gegenüber der Bekl. wegen groben Undanks, gestützt auf diese Vorfälle, widerrufen. Sie fordert von der Bekl. Rückauflassung des geschenkten Grundbesitzes und Eintragungsbewilligung.

Das LG hat der Klage stattgegeben; das BerGer. hat sie abgewiesen. Die Revision der Kl. hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

1. Das BerGer. geht mit dem LG, zu Recht, davon aus, dass hier eine Schenkung vorliegt. Dies wird von der Revisionserwiderung zu Recht nicht in Frage gestellt. Der von der Schenkerin vorbehaltene Nießbrauch stellt, anders als die Vorinstanzen meinen, nicht einmal eine Gegenleistung dar, sondern mindert lediglich den Wert des Geschenkes (BGHZ 107, 156 ff. = NJW 1989, 2122 = LM § 530 BGB Nr. 11).

2. Das Berufungsurteil kann jedoch deshalb nicht bestehen bleiben, weil es, wie die Revision zu Recht rügt, eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem Prozessstoff, insbesondere dazu vermissen lässt, ob die Behauptung der Bekl., sie habe lediglich aus familiärer Fürsorge gehandelt, durch ihr tatsächliches Vorbringen gestützt wird. Das BerGer. hat in diesem Zusammenhang auch, was die Revision ebenfalls rügt, angebotene Beweise nicht erhoben.

a) Ein grundloser Entmündigungsantrag, das sieht wohl auch das BerGer. so, kann eine als grober Undank zu wertende schwere Verfehlung i. S. des § 530 1 BGB darstellen (Senat, NJW 1980, 1970). Dies könnte hier insbesondere deshalb gelten, weil die Bekl. nicht nur Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrages eingelegt, sondern diese selbst dann noch weiterverfolgt hat, als der Amtsrichter nach Einholung eines Gutachtens des staatlichen Gesundheitsamtes die Mutter und die Gutachterin in ihrer Gegenwart persönlich angehört und der Beschwerde dann nicht abgeholfen hatte.

Das BerGer. sieht demgegenüber die Behauptung der Bekl. als nicht widerlegt an, sie habe aus familiärer Fürsorge gehandelt. Es hat dabei aber schon nicht berücksichtigt, dass die Bekl- den Antrag erst gestellt hat, nachdem die Kl. mit Ansprüchen an sie herangetreten war und obwohl sie, die Bekl., den Antrag nur mit Vorfällen begründen konnte, die sich in den Jahren 1983-1986 ereignet haben sollen. Wenn das BerGer. zudem das weitere hartnäckige Festhalten der Bekl. an ihrem Pflegschaftsantrag damit rechtfertigen will, dass die begutachtende Ärztin lediglich "zum gegenwärtigen Zustand der KI." Stellung genommen habe, verkennt es, dass es für die Bestellung einer Pflegschaft gerade auf den Zustand im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommt. Im übrigen hatte die KI., worauf die Revision ebenfalls zu Recht hinweist, zusätzlich Beweis dafür angetreten, dass der Richter im Termin zur Anhörung die Bekl. ausdrücklich darauf hingewiesen habe, ihr Verhalten gegenüber ihrer Mutter sei nach dem Ergebnis dieser Anhörung rechtsmissbräuchlich. Die Revision rügt zu Recht auch noch, die Kl. habe in dem vom BerGer. als unerheblich eingestuften Schriftsatz vom 17. 4. 1991 Beweis dafür angetreten, dass die von der Bekl. zur Begründung des Pflegschaftsbedürfnisses gebrachten Behauptungen, insbesondere zu dem für Weihnachten 1986 geltend gemachten Vorfall, nicht den Tatsachen entsprochen hätten.

b) Das BerGer. setzt sich zudem nicht ausreichend damit auseinander, dass die Kl. ihren Schenkungswiderruf auch auf die Weigerung der Bekl. gestützt hat, die im Schenkungsvertrag zugesagte Bewilligung zur Eintragung einer Grundschuld auf dem geschenkten Grundstück zu erteilen. Anders als die Bekl. meint, ist offensichtlich, dass die Frist des § 532 BGB bei Widerruf der Schenkung Anfang Oktober 1989 noch nicht abgelaufen war. Denn die Bekl. hat erst mit dem Klageerwiderungsschriftsatz vom 30.1. 1989 die Bewilligung verweigert und in diesem Schriftsatz auch erstmals geltend gemacht, die Kl. benötige die Mittel nicht.

aa) Die hartnäckige Weigerung, ein bei der Schenkung vorbehaltenes Wohnrecht zu erfüllen, hat der Senat ebenso schon als schwere Verfehlung gewertet (z. B. Urt. v. 30. 3. 1984 - V ZR 241/82) wie die Weigerung, eine dem Schenker vorbehaltene Nutzung des Gartens zu gewähren (Senat, NJW 1992 183 = LM H. 6/1992 § 286 [A) ZPO Nr. 60 = WM 1992, 71 ff.). Nicht anders stellt sich wie hier die Weigerung dar, der Schenkerin auf Verlangen, wie bei der Schenkung zugesagt, auf dem geschenkten Grundstück die Eintragung einer Grundschuld zu bewilligen. Dass diese Weigerung ebenfalls aus familiärer Fürsorge geschehen sein könnte, ist weder dem Vortrag der Bekl. noch dem Inhalt der beigezogenen Akten zu entnehmen.

bb) Die Bekl. hat im Vorprozess die Weigerung zwar in erster Linie mit der mangelnden Prozessfähigkeit der Kl. begründet; sie hat aber nicht etwa für den Fall der nach ihrer Behauptung nötigen Pflegerbestellung die Abgabe der Bewilligung zugesagt oder' auch nur in Aussicht gestellt. Sie hat ihre Weigerung vielmehr, worauf die Kl. in den Vorinstanzen und in der Revisionsinstanz auch ausdrücklich abgehoben hat, darauf gestützt, die Kl. habe noch keinen Kredit in Anspruch genommen; zudem bestehe für die Bewilligung weder ein finanzielles Bedürfnis zur Bestreitung von Lebenskosten der Kl. noch die Notwendigkeit irgendwelcher Unterhaltungsarbeiten am Haus. Dies legt die Erwägung nahe, die Bekl. habe nicht aus Sorge um die Mutter gehandelt, sondern aus dem eigenen Interesse, die Zusage nicht einhalten zu müssen (vgl. dazu auch Senat, LM § 530 BGB Nr. 6 a. E. zum Gesichtspunkt berechtigter Interessenwahrnehmung).

cc) Die Revision rügt ferner zu Recht, dass das BerGer. den von der Kl. in diesem Zusammenhang angebotenen Beweis dazu nicht erhoben hat, die Bekl. habe in erster Instanz im Termin vom 23. 5. 1990, zu diesem Komplex befragt, erwidert, dass die Bekl. als alte Frau die Grundschuld nicht mehr benötige, zumal sie Sozialhilfe beziehe und Schenkungen mache.

3. Das angefochtene Urteil kann danach nicht bestehen bleiben. Die Sache ist zur Nachholung der dem Tatrichter vorbehaltenen Würdigung, ob hier grober Undank vorliegt, an das BerGer. zurückzuverweisen. Das BerGer. wird, sofern es für die unter Beachtung der vorstehenden Gesichtspunkte nunmehr vorzunehmende Würdigung noch darauf ankommen sollte, auch die unterlassenen Beweise erheben müssen.

Rechtsgebiete

Schenkungsrecht