Beschränkung des Anspruches auf Beseitigung eines Grenzüberbaues; ordentlicher Rechtsweg für Anspruch des Wohnungseigentümers auf Beseitigung von Kraftwagen-Stellplätzen

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

21. 06. 1974


Aktenzeichen

V ZR 164/72


Leitsatz des Gerichts

  1. Die Beseitigung eines Grenzüberbaues, den der Nachbar weder kraft Gesetzes (§ 912 Abs. 1 BGB) noch auf Grund vertraglichen Übereinkommens zu dulden braucht, kann gleichwohl nicht verlangt werden, wenn sie für den Überbauenden mit unverhältnismäßig großen, ihm bei Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen sowie aller sonstigen Umstände billigerweise nicht zuzumutenden Aufwendungen verbunden wäre.

  2. Steht einem Wohnungseigentümer gegen den früheren Grundstückseigentümer (Veräußerer des Wohnungseigentums) ein vertraglicher Anspruch auf Beseitigung von Kraftwagen-Stellplätzen zu, so scheitert die Geltendmachung dieses Anspruchs im ordentlichen Rechtsweg weder an der Verwaltungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft noch an etwaigen Duldungspflichten anderer Wohnungseigentümer gegenüber dem Veräußerer.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Beklagte plante auf ihm gehörigem Gelände die Errichtung von fünf großen Wohngebäuden, von denen er die drei mittleren mit Eigentumswohnungen auf einem durch Vermessung neu zu bildenden Grundstück erstellen wollte, während die beiderseits verbleibenden Teilflächen mit je einem Mietwohnhaus bebaut werden sollten. Nachdem er eine entsprechende Teilungserklärung (§ 8 WEG) abgegeben hatte, ließ er die ursprüngliche Grundfläche in der Weise neu vermessen, dass drei selbständige Grundstücke entstanden; das mittlere Grundstück teilte er nach Maßgabe der genannten Erklärung in Miteigentumsanteile auf, wobei mit jedem Anteil das Sendereigentum an einer Wohnung verbunden war. Noch ehe die Vermessung erfolgt war und die neu gebildeten Grundstücke sowie die geschilderte Aufteilung des mittleren in das Grundbuch eingetragen wurden, schloss der Beklagte mit einer Anzahl von Interessenten notarielle Kaufverträge über die Eigentumswohnungen; u. a. verkaufte er den klagenden Eheleuten einen bestimmten Eigentumsanteil an dem - später gebildeten - mittleren Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an einer daselbst zu erstellenden Wohnung. Einige Eigentumswohnungen auf diesem Grundstück behielt der Beklagte für sich selbst. Er blieb auch Eigentümer der beiden flankierenden Grundstücke. Ebenfalls noch vor der Neuvermessung des Gesamtgeländes errichtete der Beklagte auf einem der flankierenden Grundstücke eine Tiefgarage; diese ragt mit einer etwa 20 qm großen Teilfläche in das mittlere Grundstück hinein. Nachdem die Kläger und die übrigen Wohnungsinteressenten die gekauften Miteigentumsanteile, verbunden mit dem Sondereigentum an den Wohnungen, aufgelassen erhalten hatten und als Wohnungseigentümer in das Grundbuch eingetragen worden waren, legte der Beklagte auf dem mittleren Grundstück eine Anzahl von Kraftwagen-Stellplätzen an, die er den Bewohnern der flankierenden Grundstücke zur Benutzung überließ.

Die Kläger begehren vom Beklagten die Beseitigung des Tiefgaragenüberbaues und eines Teils der Stellplätze. Während die Klage vor dem Landgericht hinsichtlich der Stellplätze Erfolg hatte, hat das Oberlandesgericht sie im vollen Umfang abgewiesen. Auf die Revision der Kläger wurde das Berufungsurteil, unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen, insoweit aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, als der Klageanspruch auf Beseitigung der Stellplätze abgewiesen worden war.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

1. Der Streit um die Grunddienstbarkeiten, den Tiefgaragen-Überbau und die Kraftwagen-Stellplätze ist, wie das angef. Urteil zutreffend darlegt, im Wege des Zivilprozesses auszutragen (§ 13 GVG) und nicht etwa nach Maßgabe der §§ 43 ff. WEG vor den Gerichten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Zwar gehört der Beklagte (ursprünglicher Grundstückseigentümer), da er unstreitig 12 Wohnungen sowie eine Anzahl Boxen in der Tiefgarage für sich behalten hat, mit zum Kreise der Wohnungs- und Teileigentümer (§ 1 Abs. 2 und 3 WEG). Aber nicht in dieser Eigenschaft wird er hier in Anspruch genommen, sondern das Klagebegehren richtet sich gegen ihn als Vertragspartner der Kläger (der übrigen Wohnungseigentümer) und als Eigentümer der beiden Nachbargrundstücke. Es geht also im vorliegenden Verfahren um keine "Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander", die sich aus ihrer Gemeinschaft oder aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergeben haben (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG).

2. Hinsichtlich der Grunddienstbarkeiten sind die Kläger in den Vorinstanzen mit ihren Ansprüchen auf materiellrechtliche Aufhebung (§ 875 BGB) und formelle Löschungsbewilligung (§ 19 GBO) erfolgreich geblieben. Das Berufungsgericht bejaht ihre Befugnis, als einzelne Miteigentümer diese Ansprüche mit Wirkung zugleich für die übrigen an der Wohnungseigentümergemeinschaft Beteiligten gerichtlich geltend zu machen, und es erachtet die Klage insoweit auch für begründet: Die Dienstbarkeiten seien vom Beklagten, der im Zeitpunkt ihrer Eintragung Eigentümer sowohl der beiden herrschenden Grundstücke als auch des dienenden Grundstücks gewesen sei, rechtswirksam begründet worden; die - zu Unrecht gelöschten und daher weiter geltenden - Auflassungsvormerkungen hätten wegen ihrer bloß relativen Wirkung (§ 883 Abs. 2 BGB) keine Grundbuch-Unrichtigkeit zur Folge gehabt. Schuldrechtlich sei jedoch der Beklagte als Verkäufer nach § 434 BGB verpflichtet, den Klägern den verkauften Gegenstand frei von Rechten Dritter zu verschaffen, und er müsse, da zwischen den Parteien vertraglich nichts Abweichendes vereinbart worden sei, die Dienstbarkeiten wieder aufgeben und im Grundbuch löschen lassen.

Hiergegen wendet sich die Revision des Beklagten. Nach ihrer Meinung hätte, obgleich die Dienstbarkeiten im Kaufvertrag der Parteien unter den von den Klägern zu übernehmenden Grundstücksbelastungen nicht mit aufgeführt, sondern erst nach Vortragsabschluss einseitig vom Beklagten bestellt worden seien, der Klage trotzdem nicht stattgegeben werden dürfen.

a) Aufhebung und Löschung der den Überbau betreffenden Grunddienstbarkeit, so macht die Revision geltend, könnten die Kläger nicht verlangen, weil sie das Herübergreifen der unterirdischen Hotelgarage auf das Gelände der Wohnungseigentümer gemäß § 912 Abs. 1 BGB dulden müssten. Diese Vorschrift finde - wie auch das angefochtene Urteil in anderem Zusammenhang richtig und im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Hinweis u. a. auf die Entscheidung des erk. Senats in LM Nr. 9 zu § 912 BGB) ausgeführt habe - entsprechende Anwendung bei so genanntem Eigengrenzüberbau, und in solchen Fällen kämen schon begrifflich Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit, die nach der genannten Vorschrift eine Duldungspflicht des Nachbarn ausschlössen, mangels Eingreifens in fremdes Eigentum nicht in Betracht. Dann fehle es aber für das Klagebegehren, soweit es die den Überbau sichernde Grunddienstbarkeit betreffe, bereits am Rechtsschutzbedürfnis. Die gesetzliche Duldungspflicht würde sich, auch wenn die Klage Erfolg hätte, im Ergebnis nicht ändern; durch das Bestehenbleiben der Dienstbarkeit würden die Kläger nicht stärker beschwert als ohne sie.

Das ist indessen nicht richtig. Einmal würde, sollten die Kläger kraft Gesetzes (§ 912 Abs. 1 BGB) den Überbau zu dulden haben und sollte ihnen infolgedessen (vgl. § 1004 Abs. 2 BGB) kein dinglicher Beseitigungsanspruch nach §§ 1011, 1004 BGB zustehen, dies nicht ausschließen, dass sie auf Grund des Vertragsverhältnisses der Parteien, also schuldrechtlich, Beseitigung verlangen könnten; das verkennt die Revision, soweit sie geltend macht, auf vertragliche Ansprüche der Kläger komme es angesichts der Duldungspflicht des § 912 Abs. 1 BGB nicht an. Vor allem aber wird, selbst wenn die Kläger kein irgendwie geartetes Recht darauf hätten, dass der übergebaute Garagenteil wieder vom Grundstück der Wohnungseigentümer entfernt wird, dadurch der Streit um das rechtliche Schicksal der Grunddienstbarkeit nicht berührt. Könnten sich die Kläger gegen das Weiterbestehen des Überbaues als solchen nicht mit Erfolg zur Wehr setzen, so besagt das nicht, dass sie auch die Dienstbarkeit, deren Bestellung und Eintragung laut tatrichterlicher Vertragsauslegung den Abmachungen der Parteien zuwiderlief, widerspruchslos hinzunehmen und sich mit ihrem Weiterbestehen abzufinden hätten. Ihre Aufhebung und Löschung können sie vielmehr auf jeden Fall fordern. Im Grundbuch eingetragene Belastungen beeinträchtigen erfahrungsgemäß den Verkehrswert des betreffenden Grundstücks, so dass schon deshalb der Einwand nicht zutrifft, nach erfolgreicher Durchsetzung dieses Anspruchs stünden die Kläger und die übrigen Miteigentümer nicht günstiger da als zuvor. Auch ist dann der Beklagte, was die Revision übersieht, möglicherweise gemäß § 912 Abs. 2 BGB zur Zahlung einer Geldrente verpflichtet, während er, wenn die Dienstbarkeit bestehen bliebe, den Überbau "unentgeltlich" auf dem Grundstück der Wohnungseigentümer belassen dürfte.

b) Dass die Bestellung und Eintragung der Parkplatz-Dienstbarkeiten mit der vertraglichen Pflicht des Beklagten zur Verschaffung lastenfreien Miteigentums (§ 434 BGB) nicht vereinbar war, räumt auch die Revision ein. Soweit sie aber geltend macht, ungeachtet dessen könnten die Kläger aus dem Grunde keine Aufgabeerklärung und Löschungsbewilligung verlangen, weil das Berufungsgericht ihnen als einzelnen Wohnungseigentümern einen Anspruch auf Beseitigung der 22 Kraftwagen-Stellplätze, deren Benutzung dinglich gesichert werden soll, ausdrücklich aberkannt habe, unterliegt sie dem gleichen Rechtsirrtum wie hinsichtlich der Überbau-Dienstbarkeit (vgl. oben zu a): Wenn die Kläger in der Tat keine rechtliche Möglichkeit haben sollten, das weitere Verbleiben der Stellplätze auf dem Grundstück der Wohnungseigentümer zu verhindern, brauchen sie jedenfalls keine vertragswidrig eingetragenen dinglichen Belastungen zu dulden. Der Beklagte muss daher - ohne dass es in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt, ob die Klage auf Parkplatzbeseitigung mit Recht abgewiesen worden ist (darüber unten zu 3b) - die streitigen Dienstbarkeiten aufgeben und im Grundbuch löschen lassen. Für die Durchsetzung dieses im Verhältnis zwischen den Parteien begründeten Anspruchs kommt es entgegen der Meinung der Revision nicht darauf an, ob einige andere Wohnungseigentümer auf Grund ihrer eigenen vertraglichen Beziehungen zum Beklagten verpflichtet sein mögen, den Parkplatz auf dem gemeinschaftlichen Grundstück zu dulden.

Ebenso wenig scheitert der eingeklagte Löschungsanspruch daran, dass nach rechtskräftiger Verurteilung des Beklagten die Dienstbarkeiten nicht bloß auf den beiden Grundbuchblättern der Kläger (§ 7 WEG), sondern zugleich auf denen aller übrigen Wohnungseigentümer gelöscht werden müssen. Das folgt, wie das angef. Urteil zutreffend ausführt, aus der Rechtsnatur der Dienstbarkeiten, die das gemeinschaftliche Grundstück in seiner Gesamtheit und nicht das einzelne Wohnungseigentum als solches belasten (WEITNAUER-WIRTHS, WEG, 4. Aufl., § 7 Anm. 16; vgl. § 4 Grundbuchverfügung zum WEG). Aber diese über die Prozessbeteiligten hinausgreifende Urteilswirkung verwehrt es den Klägern nicht, ihr vertragliches Recht auf lastenfreie Eigentumsverschaffung gegen den Beklagten geltend zu machen.

c) Hiernach erweist sich die Revision des Beklagten als unbegründet.

3. Die Kläger bekämpfen mit ihrer Revision die Abweisung der Ansprüche auf Beseitigung des Tiefgaragen-Überbaues und eines Teiles der Kraftwagen-Stellplätze.

a) Dass sie den Überbau dulden müssten und daher trotz ihres Miteigentums am überbauten Grundstück keinen dinglichen Anspruch nach §§ 1011, 1004 Abs. 1 BGB hätten, hat das OLG aus § 912 Abs. 1 BGB gefolgert, der bei Eigengrenzüberbau entsprechend anwendbar sei; ein hiervon unabhängiger vertraglicher Anspruch, der nicht nach Kauf-, sondern nach Werklieferungsgrundsätzen zu beurteilen und infolgedessen auf Mängelbeseitigung gerichtet wäre (§§ 651 Abs. 1, 633 Abs. 2 Satz 1 BGB), führe ebenfalls nicht zum Erfolg, weil unter den vorliegenden besonderen Umständen die Beseitigung des Überbaues einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde (§ 633 Abs. 2 Satz 2 BGB). Die Revision beanstandet, dass das Berufungsgericht in der Person des Beklagten, weil er bei Errichtung der Tiefgarage noch als Eigentümer auch des überbauten Grundstücks eingetragen gewesen sei, die Möglichkeit eines Vorsatzes i. S. von § 912 Abs, 1 BGB verneint habe. Ihm seien, so macht sie geltend, in seiner Eigenschaft als planender Architekt und Bauherr die neuen Grundstücksgrenzen, die sich bei der Vermessung ergeben mussten, bekannt gewesen, und er habe auf Grund des Vertragsverhältnisses der Parteien die Pflicht gehabt, zugleich die Vermögensinteressen der Kläger wahrzunehmen. Wenn er stattdessen noch kurz vor Stellung der Eigentumsumschreibungsanträge den "tatsächlichen Akt eines Überbaues" vorgenommen habe, liege darin ein Vertragsbruch sowie ein Verstoß gegen § 823 Abs. 2 BGB i. Verb. in. § 266 StGB, und das wiederum habe zur Folge, dass eine Duldungspflicht der Kläger entfalle.

Die Rüge dringt nicht durch. Inwieweit bei Bebauung eines einheitlichen, noch ungeteilten Grundstücks (also nicht zweier, im Eigentum derselben Person stehender Nachbargrundstücke) von "Eigengrenzüberbau" gesprochen werden kann, mag ebenso dahinstehen wie die weitere Frage, ob im Falle eines Eigengrenzüberbaues, wie das Berufungsgericht angenommen hat, ein Verschulden des Überbauenden i. S. von § 912 Abs. 1 BGB von vornherein ("begrifflich") ausscheidet (so wohl auch MEISNER-STERNHODES, Nachbarrecht, 5. Aufl., § 24 VII Fußn. 147, S. 496, m. w. Nachw.), oder ob vorsätzlicher Überbau vorliegt, wenn der gegenwärtige Eigentümer eines zur Aufteilung vorgesehenen Grundstücks in Kenntnis des späteren, bereits vertraglich festgelegten Grenzverlaufs unter Verletzung seiner Vertragspflichten bewusst so baut, dass das Gebäude auf beiden Seiten der künftigen Grundstücksgrenze zu stehen kommt (über den Vorsatzbegriff in § 912 BGB und die Bedeutung des Bewusstseins, zu der tatsächlich durchgeführten Bebauung nicht befugt zu sein, vgl. Urt. des Senats v. 22. 12. 1967, V ZR 150/64, WM 68, 432, und MEISNER-STERN-HODES, aaO § 24 1 6, S. 473). Denn auch wenn die Kläger nicht kraft Gesetzes zur Duldung des Tiefgaragen-Überbaues verpflichtet sein sollten, könnten sie gleichwohl dessen Beseitigung nicht verlangen, weil sie für den Beklagten mit einem unverhältnismäßig großen, ihm billigerweise nicht zuzumutenden Aufwand verbunden wäre. Letzteres stellt das angef. Urteil unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse fest, wobei es auch die beiderseitigen Interessen gegeneinander abwägt.

Diese Würdigung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Allerdings hat das Berufungsgericht sie nicht im Zusammenhang mit den §§ 1011, 1004 BGB vorgenommen, sondern gegenüber einem vertraglichen Mängelbeseitigungsanspruch, den es aus den Vorschriften über den Werklieferungsvertrag herleitet, und es hat seine klageabweisende Entscheidung auf § 633 Abs. 2 Satz 2 BGB gestützt. Aber dieser Vorschrift liegt ein allgemeiner Rechtsgedanke zugrunde, wie er auch in der schadensersatzrechtlichen Bestimmung des § 251 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommt. Danach erweist sich das Verlangen nach Herstellung eines an sich gebotenen Zustandes dann als rechtsmissbräuchlich, wenn ihm der in Anspruch Genommene nur unter unverhältnismäßigen, vernünftigerweise nicht zumutbaren Aufwendungen entsprechen könnte. Nach der Rechtsprechung des erk. Senats, an der festgehalten wird, gilt dieser Grundsatz insbesondere auch für den gesetzlichen Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB (Urt. v. 21. 12. 1973, V ZR 107/ 72, WM 74, 572, 573 = Betr. 74, 673). Seiner Anwendung auf den vorl. Fall steht unter den hier gegebenen besonderen Umständen nicht entgegen, dass der Beklagte, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, den streitigen Garagenteil bewusst jenseits der künftigen Grundstücksgrenze erbauen ließ; das Urt. des Senats in NJW 70, 1180 betraf einen in den entscheidenden Punkten anders liegenden Sachverhalt.

Der Beklagte ist mithin weder vertraglich noch gesetzlich zur Beseitigung des Überbaues verpflichtet, so dass die Revision der Kläger in diesem Punkt erfolglos bleibt.

b) Soweit die Kläger die Kraftwagen-Stellplätze beseitigt wissen wollen, geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Beklagte mit der Anlegung dieser Plätze gegen den Vertrag der Parteien verstoßen habe, der an der betreffenden Grundstücksstelle eine Rasenfläche vorsehe, und dass der rechtswidrig angelegte Parkplatz auch eine fortdauernde Eigentumsstörung darstelle. Es ist jedoch der Auffassung, die Kläger könnten ihren an sich berechtigten Beseitigungsanspruch nicht im Klagewege durchsetzen, weil damit in die Verwaltungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft (§§ 20 ff. WEG) eingegriffen würde. Nach § 21 Abs. 3 und 4 WEG sei die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums durch Mehrheitsbeschluss zu regeln. Im vorl. Fall fehle es an einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer darüber, wie die streitige Grundstücksfläche gestaltet werden solle; sie werde zudem in den verschiedenen Kaufverträgen keineswegs übereinstimmend als Rasenfläche ausgewiesen, vielmehr sähen Verträge anderer Wohnungseigentümer, die später als die Kläger gekauft hätten, dort bereits die Anlegung des Parkplatzes vor. Bei dieser Sachlage müsse die Entscheidung, ob der jetzige Zustand beizubehalten sei oder nicht, der Eigentümerversammlung vorbehalten bleiben.

Diese Erwägungen rechtfertigen die klageabweisende Entscheidung nicht, weil sie auf einer Verkennung des Rechts der einzelnen Wohnungseigentümer beruhen, ihnen persönlich gegenüber Dritten zustehende Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Der Beklagte wird im vorl. Prozess als Kaufvertragspartner der Kläger in Anspruch genommen; dass er selbst mit zum Kreise der Wohnungs- und Teileigentümer gehört, spielt für die Rechtsbeziehungen der Parteien, wie das angef. Urteil in anderem Zusammenhang zutreffend ausgeführt hat (vgl. dazu oben Nr. 1), keine Rolle. Da die übrigen Wohnungseigentümer am Rechtsstreit nicht beteiligt sind, wirkt das ergehende Urteil nicht für und gegen sie, sondern allein zwischen den Parteien (§ 325 ZPO; vgl. WEITNAUER-WIRTHS, WEG, 4. Aufl., § 13 Anm. 9). Fände gleichwohl die Durchsetzung individueller Ansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers gegen Dritte stets und, wie das Berufungsgericht ersichtlich annimmt, ohne Rücksicht auf die Rechtsnatur der jeweils geltend gemachten Forderung in der Befugnis sämtlicher Eigentümer zur gemeinschaftlichen Verwaltung "auch nach außen eine Schranke", so liefe das im Ergebnis darauf hinaus, dass der in Anspruch Genommene sich in jedem Falle erfolgreich mit Einwendungen verteidigen könnte, die ihren Ursprung in den Beziehungen zwischen dem Gläubiger und anderen Personen haben. Das ist, mindestens in dieser allgemeinen Form, nicht richtig.

Nicht abschließend entschieden zu werden braucht hier, ob das Recht der Kläger, gemäß §§ 1011, 1004 BGB, d. h. in ihrer Eigenschaft als Miteigentümer, vom Beklagten Beseitigung eines Teiles der Stellplätze zu verlangen, in der vom Berufungsgericht angenommenen Weise durch das Miteigentum der übrigen Gemeinschafter eingeschränkt sein könnte. Es trifft aber jedenfalls nicht zu, dass ihnen auch die gerichtliche Verfolgung schuldrechtlicher Ansprüche, die aus dem Vertragsverhältnis der Parteien hervorgegangen sind, mit Rücksicht auf die Verwaltungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft verwehrt wäre. Die sich aus dieser Befugnis möglicherweise ergebende Beschränkung bei der Durchsetzung solcher Ansprüche gilt, wie der erk. Senat zu einem vertraglichen Nachbesserungsanspruch ausgeführt hat, nur für das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer (LM Nr. 1 Bl. 3 zu § 21 WEG = WM 71, 958, 960), so dass der Beklagte als Außenstehender sich darauf im vorl. Prozess nicht berufen kann. Für seine Pflicht, die vertragswidrig auf dem gemeinschaftlichen Grundstück angebrachte Teerfläche wieder zu entfernen, ist es ohne Belang, falls die Kläger später bei dem Versuch, aus einem zu ihren Gunsten ergangenen rechtskräftigen Urteil gegen den Beklagten zu vollstrecken, auf den Widerstand anderer Wohnungseigentümer stoßen sollten, die den gegenwärtigen Zustand beibehalten möchten.

Eine abweichende Beurteilung wäre allenfalls dann geboten, wenn feststünde, dass die Kläger einen ihnen zuerkannten Beseitigungsanspruch unter keinen Umständen durchzusetzen vermöchten; denn zu einer Leistung, die unstreitig nicht möglich ist, darf niemand verurteilt werden BGH, NJW 72, 152 = LM Nr. 2 zu § 283 BGB; BGH, NJW 74, 943, 944; PALANDT-HEINRICHS, BGB, 33. Aufl., § 275 Anm. 8). Diese Voraussetzungen hat der Beklagte jedoch nicht dargetan. Wenn er, wie er behauptet, den streitigen Parkplatz auf lange Jahre unkündbar an eine Brauerei verpachtet haben sollte, schließt das nicht aus, dass er sich mit dieser, um seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Klägern erfüllen zu können, gütlich einigt und sie erforderlichenfalls unter finanziellen Opfern, die ihm bei den gegebenen Umständen zuzumuten wären - zu einer vorzeitigen Lösung des Pachtverhältnisses veranlasst (vgl. BGH, NJW 67, 246). Ebenso wenig kann den tatrichterlichen Feststellungen entnommen werden, dass die Vollstreckung eines dem Beseitigungsanspruch der Kläger stattgebenden Urteils aus sonstigen Gründen scheitern würde.

c) Lässt sich hiernach die klageabweisende Entscheidung, soweit es um die Kraftwagen-Stellplätze geht, nicht aufrechterhalten, so vermag indessen der Senat nicht selbst gemäß § 565 Abs. 3 ZPO abschließend zu entscheiden. Die Sache bedarf vielmehr noch weiterer Aufklärung nach der Richtung, ob die Beseitigung für den Beklagten etwa mit unverhältnismäßigen, ihm billigerweise nicht zuzumutenden Aufwendungen verbunden wäre (vgl. oben zu a). Hierüber hat das Berufungsgericht bis lang keine Feststellung getroffen. Es wird nunmehr die Frage der Zumutbarkeit unter Würdigung aller Umstände zu prüfen und dabei insbesondere auch zu berücksichtigen haben, dass der Beklagte die Stellplätze bewusst vertragswidrig und - anders als bei der Tiefgarage - erst zu einem Zeitpunkt angelegt hat, als er nicht mehr Eigentümer des Grundstücks war.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht