Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau
Gericht
OLG Hamm
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
23. 08. 1993
Aktenzeichen
4 UF 418/92
Kann der neue Partner den Unterhalt der geschiedenen Ehefrau nicht sicherstellen, kommt die Annahme einer sozio-ökonomischen Gemeinschaft erst nach zwei bis drei Jahren in Betracht.
Der Pflichtige kann unter den Voraussetzungen der Härteregelung nach § 1579 Nr. 7 BGB nur insoweit von Unterhaltszahlungen freigestellt werden, als die Interessen des Kindes nicht entgegenstehen; es ist immer eine auf den Einzelfall bezogene Abwägung erforderlich. Die Wahrung der Kindesbelange hat um so größere Bedeutung, je geringer die monatliche Unterhaltsrente ist. Die subsidiär gewährte Sozialhilfe hat im Verhältnis der Parteien zueinander außer Betracht zu bleiben.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die am 7. 2. 1960 geborene Kl. zu 1 und der am 29. 7. 1958 geborene Bekl. heirateten einander am 15. 4. 1981. Aus ihrer Ehe ist die am 26. 2. 1984 geborene Tochter N., die Kl. zu 2, hervorgegangen. Die Kl. zu 1, gelernte Friseuse, hat während der Ehe wegen eines Hüftleidens eine Umschulung zur Fotolaborantin begonnen, diese jedoch wegen der Geburt der Tochter nicht abgeschlossen. Sie ist während der Ehe und durchgehend bis heute nicht erwerbstätig gewesen. Der Bekl. ist zunächst während der Ehe einer Erwerbstätigkeit als Lkw-Fahrer nachgegangen und dort 1990/91 ausgeschieden. Nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung vor dem ArbG hat der Bekl. im Juli 1991 ausweislich des Schreibens seiner früheren Arbeitgeberin v. 18. 7. 1991 eine Abfindung i. H. von 7.900 DM erhalten. Am 9. 9. 1991 hat der Bekl. sodann eine Erwerbstätigkeit als Lkw-Fahrer bei der R.-AG aufgenommen. Ausweislich des mit Schriftsatz v. 20. 8. 1992 überreichten Schreibens v. 28. 5. 1993 ist dem Bekl. gekündigt worden zum 30. 6. 1993. Ausweislich des ebenfalls mit diesem Schriftsatz überreichten Arbeitsvertrages hat der Bekl. nunmehr ab 1. 8. 1993 als Kraftfahrer eine Erwerbstätigkeit aufgenommen bei der Spedition E.
Nachdem die Parteien bzw. der Bekl. bereits i. J. 1980/81 bei der damaligen KKB-Bank einen Ratenkredit abgeschlossen hatten, ist am 10. 6. 1985 erneut ein Darlehensvertrag zwischen der Bank und den als Kreditnehmern ausgewiesenen Eheleuten W. und P. S. abgeschlossen worden. Dieser Darlehensvertrag trägt zweimal die Unterschrift des Bekl. Die Darlehenssumme hat sich auf 47.672,70 DM brutto belaufen. Nach dem Ratenzahlungsplan war die letzte Rate am 5. 6. 1991 zu zahlen (71 Raten à 662 DM und eine Rate à 670,70 DM). Am 10. 6. 1986 wurde erneut ein Darlehensvertrag zwischen der Bank und der Kl. zu 1 sowie dem Bekl. abgeschlossen. Auch diesen Vertrag unterschrieb nicht die Kl. zu 1, vielmehr der Bekl. als Vertreter für die Kl. zu 1. Die Darlehenssumme beläuft sich auf brutto 58.254,19 DM. Nach dem Ratenzahlungsplan ist die letzte Rate zu zahlen am 5. 10. 1993 (87 Raten ab 5. 7. 1986 à 662 DM, eine Rate am 5. 10. 1983 i. H. von 660,19 DM). Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese beiden Ratenkreditverträge mit Wissen und Wollen der Kl. zu 1 abgeschlossen worden und welchen Verwendungszwecken die Kreditsummen zugeführt worden sind. Schließlich hat der Bekl. am 11. 3. 1991 einen weiteren Kreditvertrag mit der Bank abgeschlossen über brutto 47.548,32 DM. Nach dem Ratenzahlungsplan sind ab 5. 4. 1991 71 Raten à 660 DM und am 5. 3. 1997 eine Rate von 688,32 DM zu zahlen.
Nachdem es bereits i. J. 1989 zur Trennung der Kl. zu 1 und des Bekl. gekommen war, die Kl. zu 1 ihren Scheidungsantrag zurückgenommen hatte, kam es zur endgültigen Trennung am 17. 9. 1990, nachdem zuvor die Kl. für kurze Zeit in die damalige ehel. Wohnung zurückgekehrt waren. Zwischenzeitlich leben die Kl. wieder in der im Hause B. in D. gelegenen Wohnung, nachdem gegen den Bekl. eine einstweilige Anordnung auf Räumung der Wohnung ergangen war.
Unstreitig ist, dass der Bekl. während der Zeit bis zur Rechtskraft der Scheidung der Ehe keinerlei Unterhalt für die Kl. zu 1 gezahlt hat.
Im vorliegenden Rechtsstreit haben die Kl. Unterhalt ab Dezember 1991 begehrt.
Der Bekl. ist verurteilt worden, für die Kl. zu 2 Unterhaltsrückstand für die Monate September 1991 bis Juni 1992 i. H. von 476 DM und fortlaufend ab 1. 7. 1992 monatlichen Kindesunterhalt von 415 DM zu zahlen. Er ist weiter verurteilt worden, an die Kl. zu 1 Unterhaltsrückstand i. H. von 5.600 DM (800 DM monatlich für die Zeit Dezember 1991 bis Juni 1992) zu zahlen, sowie ferner laufenden Unterhalt i. H. von 600 DM ab 1. 7. 1992.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Bekl. mit der Berufung, mit der er mit dem ursprünglichen Berufungsantrag erstrebt, keinerlei nachehel. Unterhalt und Kindesunterhalt i. H. von nicht mehr als 196 DM für die Zeit von Dezember 1991 bis Juni 1992 zahlen zu müssen.
Auszüge aus den Gründen:
Die Berufung des Bekl. hatte keinen Erfolg.
Die Anschlussberufung der Kl. zu 1 hatte in eingeschränktem Umfang Erfolg . . .
I. Der Bekl. stellt seine Unterhaltsverpflichtung zur Zahlung nachehel. Unterhalts dem Grunde nach nicht in Abrede. In Verzug geraten ist der Bekl. ab 12. 12. 1991, dem Tag des Zugangs des Schreibens seiner Anwälte v. 10. 12. 1991, durch das eine eindeutige und endgültige Verweigerung der Unterhaltszahlung für die Kl. zu 1 erfolgt ist, so dass dann eine Mahnung entbehrlich war (std. Rspr. des BGH, FamRZ 1983, 352, 354 = NJW 1983, 2318; FamRZ 1992, 920, 921 re. Sp., m.w.N.; Johannsen/Henrich/Graba, Eherecht, 2. Aufl., § 1613 BGB Rz. 3, m.w.N.).
Die vor Rechtskraft der Scheidung erfolgte Mahnung v. 28. 11. 1991 konnte dagegen den Verzug nicht auslösen (BGH, FamRZ 1992, 920).
II. 1. Entgegen der Auffassung des Bekl. kann die Kl. zu 1 Unterhalt in vollem Umfang nach den ehel. Lebensverhältnissen gemäß § 1570 BGB verlangen, weil von ihr wegen der Pflege und Betreuung der gemeinsamen Tochter N., die die vierte Grundschulklasse besucht, eine auch nur teilschichtige Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte bei gleichzeitiger Kinderbetreuung überhaupt, ggf. in welchem Umfang, eine Erwerbsobliegenheit hat, richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalles. Dabei kommt es insbesondere auf die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes, maßgeblich beeinflusst durch dessen Lebensalter, an (std. Rspr. des BGH, FamRZ 1982, 148, 150, m.w.N.; FamRZ 1990, 283, 285, 496, 497, 989, 1090; FamRZ 1991, 170, 171; FamRZ 1992, 423, 1045, 1046; vgl. auch Johannsen/Henrich/Voelskow, a.a.O., § 1570 BGB Rz. 8 u. 9, m.w.N.).
Diesen Grundsätzen entspricht die std. Rspr. des Senats, dass derjenige Elternteil, der ein gemeinsames Kind betreut, welches das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und/oder noch die Grundschule besucht, im Regelfall nicht auf eine Erwerbsobliegenheit verwiesen werden kann. Für die Abweichung von diesem Regelfall ist der Unterhaltspflichtige darlegungs- und beweisbelastet. Entsprechender Vortrag ist dem Vorbringen des Bekl. nicht einmal ansatzweise zu entnehmen.
Die Kl. zu 1 wird jedoch für die Zukunft zu beachten haben, dass sie bei abnehmender Betreuungsbedürftigkeit des gemeinsamen Kindes aufgrund dessen Älterwerdens und Veränderung der schulischen Situation eine Obliegenheit zu einer teilschichtigen, mit der Zeit auszudehnenden Erwerbstätigkeit trifft. Dann wird die Kl. zu 1 rechtzeitig, auch unter Einschaltung des zuständigen Arbeitsamtes und durch Wahrnehmung ggf. erforderlicher Umschulungsmaßnahmen, entsprechende Erwerbsbemühungen entfalten müssen.
2. Gemäß § 1578 I S. 1 BGB bestimmt sich das Maß des Unterhalts für die Kl. zu 1 nach den ehel. Lebensverhältnissen der Parteien. Diese wurden maßgeblich bestimmt durch die Erwerbseinkünfte als Lkw-Fahrer bei der R.-AG, gemindert um die anzuerkennenden Belastungen - dazu nachstehend - im Zeitpunkt der (rkr.) Scheidung (BGH, FamRZ 1987, 83, 85).
Bei der Berechnung des Bedarfs der Kl. zu 1 kann der Bekl. Raten aus dem Kreditvertrag v. 10. 6. 1986 nicht geltend machen. Hierzu sind nach Auffassung des Senats folgende Umstände maßgebend.
Zuzustimmen ist allerdings der Ausgangsüberlegung des Bekl. betreffend die von den Eheleuten gemeinsam begründeten Schulden. Denn einverständlich begründete und verwendete Verbindlichkeiten sind zu berücksichtigen, gleich, auf welchen Namen sie eingegangen sind und wer von ihnen profitiert hat (vgl. Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 5. Aufl., Rz. 1004, m.w.N. in Fn. 175).
Der Bekl. behauptet ein solches Einverständnis der Kl. zu 1, die ein solches bestreitet mit dem Vorbringen, überhaupt erst 1987 von diesem Kreditvertrag, ebenso wie von dem aus dem Jahre 1985 erfahren zu haben. Bei seiner Anhörung durch den Senat hat der Bekl. erklärt, bei der Kreditaufnahme 1986 sei die Kl. zu 1 bei der Arbeit und deshalb gehindert gewesen, den Kreditvertrag mit zu unterschreiben. Unstreitig ist aber nach dem gesamten Inhalt des vorliegenden Rechtsstreits, dass die Kl. zu 1 während der gesamten Ehe und durchgehend bis heute keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Davon abgesehen spricht aber auch der Umstand des Zustandekommens dieses Kreditvertrages gegen den Bekl. Dieser hat sowohl als erster als auch als zweiter Kreditnehmer seine Unterschrift geleistet. Diesen Vorgang kann der Senat nur als ganz ungewöhnlich beurteilen.
Von vorstehenden Ausführungen aber auch ganz abgesehen, steht der Berücksichtigung dieser Kreditrate für den Zeitraum ab Rechtskraft der Scheidung auch noch folgendes entgegen: Da das gesamte Unterhaltsrecht bestimmt wird durch die Grundsätze von Treu und Glauben, ist entscheidend, dass dem Bekl. ab der Trennung der Parteien im September 1990 bis zur Rechtskraft der Scheidung finanzielle Mittel zur Verfügung gestanden haben, die es jedenfalls bei wirtschaftlich vernünftiger Verhaltensweise dem Bekl. ermöglicht hätten, den Kredit aus dem Vertrag des Jahres 1986 zurückzuführen.
Bei Berücksichtigung der bis einschließlich September 1990 erfolgten monatlichen Ratenzahlung von 662 DM hat sich sodann im Oktober 1990 noch eine Restschuld von rund 25.000 DM ergeben. In den folgenden Monaten der nach seinen Angaben im Senatstermin gegebenen Sperrung des Girokontos bei der Bank, auf das sein monatlicher Lohn überwiesen worden ist, hatten sich dann erhebliche Beträge angesammelt: monatlicher Lohn abzüglich insgesamt 1.713 DM feste Kosten für die Kreditrate pp. Der Bekl. hat darüber hinaus nach seinen Angaben bei der Parteianhörung für die Kl. zu 1 keinerlei Trennungsunterhalt gezahlt. Er hat also erhebliche finanzielle Aufwendungen erspart, die er bei Beachtung der berücksichtigungswürdigen Belange der Kl. zu 1 zur Rückführung des Darlehens hätte einsetzen müssen. Auch die ihm i. J. 1991 zugeflossene Abfindung hatte er einzusetzen zur Rückführung des Darlehens. Dieses Geld in zeitlichem Zusammenhang mit seinem Umzug nach G. verbraucht zu haben, ist als unterhaltsrechtlich relevant nicht hinzunehmen. Für seinen Lebensunterhalt konnte er Arbeitslosengeld beanspruchen, es sei denn, es wäre eine Sperrfrist gegen ihn zu verhängen gewesen. Dies könnte er ebenso wenig der Kl. zu 1 entgegenhalten wie den nach seiner Erklärung gegebenen Umstand, dass er sich um Zahlung von Arbeitslosenunterstützung überhaupt nicht bemüht hat. Nach alledem verbietet es jedenfalls der Grundsatz von Treu und Glauben, dass sich der Bekl. auf diese noch bis Oktober 1993 zu zahlende Kreditrate berufen kann. Dann bedurfte es unter diesem Gesichtpunkt keiner Schriftsatzfrist für die Kl. zu 1 hinsichtlich des entsprechenden Vorbringens des Bekl. im Schriftsatz v. 20. 8. 1993.
Schon dem Grunde nach verwehrt ist dem Bekl. die Berufung auf die monatliche Kreditrate aus dem Kreditvertrag v. 11. 3. 1991 (ab April 1991 71 Raten à 660 DM, letzte Rate am 5. 3. 1987 i. H. von 688,32 DM, mit einem Gesamtbetrag von 47.548,32 DM). Somit bedurfte es einer Schriftsatzfrist für die Kl. zu 1 auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Ob vom Unterhaltsverpflichteten eingegangene Schulden unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen sind, ist unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen, wobei es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeit, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis des Unterhaltspflichtigen von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und alle Umstände des Einzelfalles ankommt. Die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die die Berücksichtigungswürdigkeit ergeben sollen, trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Unterhaltsschuldner, da er hierbei die Minderung seiner maßgeblichen Einkünfte geltend macht (BGH, FamRZ 1982, 157, 158; 1990, 283, 287. r. Sp.; Kalthoener/Büttner, a.a.O., Rz. 996-998, m.w.N.; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, Teil IV, Rz. 747).
Der Bekl. behauptet, die Kreditaufnahme im März 1991 sei erforderlich gewesen, weil die Kl. zu 1 die Saldostellung des Giro-Kontos mitverursacht habe. Schon ansatzweise fehlt es im bestrittenen Vorbringen des Bekl. daran, in welcher Höhe die Kl. zu 1 diese Saldostellung verursacht haben soll. Der Bekl. hat sich auch, wie er bei der Anhörung durch den Senat erklärt hat, im Dezember 1990 einen Pkw Opel-Monza für 1.000 DM gekauft. Er musste jedenfalls wissen, dass die Kl. zu 1 wegen der Pflege und Betreuung des gemeinsamen Kindes nicht in der Lage war, für ihren Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeiten auch nur ganz eingeschränkt selbst zu sorgen.
Der Senat ist daher der Auffassung, dass der Bekl. weder bei der Bemessung des Bedarfs der Kl. zu 1 nach den ehel. Lebensverhältnissen gemäß § 1578 I S. 1 BGB noch bei der Berechnung seiner Leistungsfähigkeit die Kreditrate geltend machen kann.
3. Der Anspruch der Kl. auf nachehel. Unterhalt nach den ehel. Lebensverhältnissen ist entgegen der Auffassung des Bekl., wie er es mit der aufrecht erhaltenen Berufung erstrebt, nicht gemäß § 1579 BGB wegen ihrer Beziehungen zum Zeugen St. herabzusetzen.
Die zwischen der Kl. zu 1 und dem Zeugen St. bestehende Beziehung kann derzeit bei Berücksichtigung der Belange des gemeinsamen Kindes eine Herabsetzung des ohnehin gering bemessenen nachehel. Unterhalts für die Kl. zu 1 gemäß § 1579 Nr. 7 BGB nicht rechtfertigen. Entgegen der Auffassung des darlegungs- und beweisbelasteten Bekl. (vgl. BGH, FamRZ 1991, 670, 672 = NJW 1991, 1290) kann nicht angenommen werden, der Zeitraum des Vorliegens der verfestigten Beziehung der Kl. zu 1 und dem Zeugen beginne vor Dezember 1991. Da aber der Zeuge St. aufgrund seiner glaubhaften Aussage vor dem Senat angesichts seiner festen Verbindlichkeiten den Unterhalt der Kl. zu 1 nicht sicherstellen kann, kann dann die Annahme einer sozio-ökonomischen Gemeinschaft zwischen dem bedürftigen geschiedenen Ehegatten und dem neuen Partner erst nach einer Spanne von zwei bis drei Jahren angenommen werden (vgl. BGH, FamRZ 1989, 487, 490 re. Sp., 491 li. Sp.; 1991, 542, 543; Schwab/Borth, a.a.O., Teil IV, Rz. 360 ff., m.w.N.).
Abgesehen vom erforderlichen Zeitablauf liegen allerdings die Voraussetzungen für eine solche Gemeinschaft vor . . .
Unabhängig von dem dann derzeit noch nicht gegebenen Zeitmoment aufgrund des Umstandes, dass wegen der engen finanziellen Verhältnisse des Zeugen St. dieser den Unterhalt der Kl. zu 1 nicht sicherstellen kann, steht angesichts der verhältnismäßig geringen monatlichen Unterhaltsrente - dazu nachstehend - jedenfalls die Wahrung der Belange des gemeinsamen Kindes der Anwendung des § 1579 Nr. 7 BGB entgegen. Entscheidend hierfür ist, dass nach dem Eingangssatz des § 1579 BGB es für die Beurteilung der groben Unbilligkeit entscheidend darauf ankommt, ob es auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, den Verpflichteten in Anspruch zu nehmen (vgl. BGH, FamRZ 1989, 1279 = NJW 1990, 253). Der Pflichtige kann unter den Voraussetzungen der Härteregelung nur insoweit von Unterhaltszahlungen freigestellt werden, als die Interessen des Kindes nicht entgegenstehen. Es ist sodann immer eine auf den Einzelfall bezogene Abwägung erforderlich (vgl. auch BVerfG, FamRZ 1989, 941; dazu auch Schwab/Borth, a.a.O., Teil IV, Rz. 286 ff., m.w.N.). Nach Auffassung des Senats kommt dann bei Berücksichtigung der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse des Zeugen St. neben der entsprechenden Anwendung des § 850h II ZPO - dazu nachstehend - eine weitergehende Herabsetzung der Unterhaltsrente der Kl. zu 1 nicht in Betracht, da die Kindesbelange dahin zu wahren sind, dass die Kl. zu 1 nicht auf eine überobligationsmäßige Erwerbstätigkeit zu verweisen wäre bzw. für ihren eigenen Unterhalt auf den Kindesunterhalt zugreifen müsste. Bei dieser Betrachtungsweise hat die subsidiär gewährte Sozialhilfe im Verhältnis der Parteien zueinander außer Betracht zu bleiben.
Für die Zukunft lässt der Senat es ausdrücklich offen, ob ab dem Zeitpunkt, ab dem die Kl. zu 1 eine Erwerbsobliegenheit hinsichtlich einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit trifft, die Kindesbelange dann die Anwendung des § 1579 Nr. 7 BGB zulassen.
4. Bei der Berechnung der Erwerbseinkünfte des Bekl. hat der Senat angesichts des Eintritts der Rechtskraft der Scheidung Ende des Jahres 1991 das durchschnittliche Erwerbseinkommen des Jahres 1992, berechnet nach der Verdienstabrechnung für Dezember 1992, zugrundegelegt.
Gleiches gilt hinsichtlich des Vorbringens des Bekl. zur PKH-Rate. Eine solche ist nach std. Rspr. des Senats nicht zu berücksichtigen. Sie ist vielmehr, wie es aus § 120 ZPO zu entnehmen ist, aus dem Selbstbehalt des Pflichtigen zu tragen.
III. Anschlussberufung der Kl. zu 1:
Das Rechtsmittel der Kl. zu 1 erweist sich als teilweise begründet.
Entgegen der Auffassung der Kl. zu 1 sind ihr allerdings in entsprechender Anwendung des § 850h II ZPO für hausfrauliche Versorgungsleistungen gegenüber dem Zeugen St. fiktive Einkünfte zuzurechnen. Die Kl. zu 1, die mit ihrem schriftlichen Vortrag jegliche Versorgungsleistungen für den Zeugen in Abrede gestellt hat, hat bei ihrer Parteianhörung durch den Senat solche jedenfalls dem Grunde nach eingeräumt. Danach und aufgrund der auch insoweit glaubhaften Aussage des Zeugen St. sind solche Versorgungsleistungen jedenfalls in einem Umfang gegeben, der nach Auffassung des Senats die Anrechnung von monatlich 250 DM rechtfertigt.
Zur Zahlung eines solchen Betrages wäre der Zeuge St. auch in der Lage. Dieser hat bei seiner Aussage bekundet, bei Zugrundelegung seiner Erwerbseinkünfte im Jahresdurchschnitt verfüge er dann auch bei Berücksichtigung seiner festen Verbindlichkeiten noch über frei verfügbare finanzielle Mittel von rund 1.000 DM monatlich. Da der Zeuge für seine Wohnung im angemieteten Hause seiner Eltern nichts und nur ein Kostgeld von monatlich 200 DM an seine Mutter zahlt, welches bereits bei der Berechnung seiner Belastungen berücksichtigt ist, ist er dann in der Lage, 250 DM an die Kl. zu 1 zu zahlen. Dabei hat der Senat insbesondere berücksichtigt, dass ausweislich der Aussage des Zeugen dieser auch bereit ist, zugunsten der Kl. zu 1 seine Situation hinsichtlich seiner finanziellen Belastungen zu verbessern.
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