Ersatzanspruch des Scheinvaters
Gericht
KG
Art der Entscheidung
Beschluss über Beschwerde
Datum
15. 03. 1999
Aktenzeichen
18 WF 740/99
Zum Ersatzanspruch des „Scheinvaters" nach § 1607 III BGB.
Die Schutzklausel des § 1607 IV BGB zugunsten des Unterhaltsberechtigten ist jedenfalls dann bereits im Erkenntnisverfahren anzuwenden, wenn die Leistungsunfähigkeit des Verpflichteten deutlich zutage tritt.
Die Schutzklausel des § 1607 IV BGB ist auch gegenüber dem familienrechtlichen Ausgleichsanspruch des „Scheinvaters" auf Ersatz von Kosten des Vaterschaftsanfechtungsprozesses anzuwenden.
Die Schutzklausel des § 1607 IV BGB besteht auch gegenüber einem etwaigen Bereicherungsanspruch.
Gründe:
Die Beschwerde ist nicht begründet. Prozeßkostenhilfe kann dem Kl. nicht bewilligt werden, weil seine Klage keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).
Die Unterhaltsansprüche der 1981 und 1983 geborenen S. und E. W. gegen den Bekl. sind zwar nach § 1607 III BGB auf den Kl. übergegangen. Der Berechnung dieser Ansprüche in der Klageschrift kann jedoch nur eingeschränkt gefolgt werden.
Die Regreßforderung des Kl. bemißt sich zunächst nach der Höhe der Unterhaltsansprüche der Kinder gegen den Bekl. Dafür sind dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse maßgebend, die der Kl. darzulegen hat. Allerdings ist er davon befreit, soweit lediglich der Regelunterhalt (§ 1615f BGB a. F.) verlangt worden ist. Soweit der Kl. für die Zeit nach dem 1. 5. 1990 höhere auf ihn übergegangene Unterhaltsansprüche gegen den Bekl. geltend macht, fehlt es folglich an einem schlüssigen Vortrag. Etwaige Unterhaltsansprüche, die auf den Kl. übergegangen sind, reduzieren sich dadurch für jedes Kind um etwa 1.000 DM.
Des weiteren hat der Kl. für die Zeiträume, in denen er für die übergegangenen Ansprüche den Regelunterhalt zugrunde gelegt hat, zu Unrecht das Kindergeld unberücksichtigt gelassen. Nach § 1615g I S. 1 BGB a. F. ist das auf das Kind entfallende Kindergeld auf den Regelbedarf zur Hälfte anzurechnen. Es stellt sich folglich als bedarfsmindernde Sozialleistung dar (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 57. Aufl., § 1615g Rz. 1; s. auch AmtsG Göttingen, FamRZ 1985, 199). Anhaltspunkte dafür, daß die Mutter der Kinder im fraglichen Zeitraum kein Kindergeld erhielt, sind nicht erkennbar. Dies wird im übrigen auch vom Kl. nicht behauptet. Vielmehr ergibt sich aus seiner Berechnung für den Zeitraum seit der Trennung des Bekl. von der Mutter der Kinder, daß diese Kindergeld bezog.
Für das Kind S. betrug das Kindergeld zwischen dem 17. 8. 1981 und dem 30. 4. 1990 (50 x 105) 5.250 DM sowie zwischen dem 1. 1. und 31. 7. 1996 insgesamt (7 x 200) 1.400 DM. Für das Kind E. belief sich das Kindergeld zwischen dem 13. 5. 1983 und dem 30. 4. 1990 auf (84 "x 100) 8.400 DM (vgl. Brudermüller/Klattenhoff, Tz FamR, S. 145). Zusammen ergibt das 15.050 DM. Die geltend gemachte Forderung würde sich um die Hälfte davon, also um weitere 7.525 DM verringern.
Die Klage trägt auch nicht dem vom Bekl. erhobenen Einwand einer fehlenden Leistungsfähigkeit (§ 1603 I BGB) Rechnung. Dessen Angaben im Klageabweisungsschriftsatz v. 18. 5. 1998 ist der Kl. nur mit Rechtsausführungen entgegengetreten. Zwar trifft es zu, daß der Unterhaltsanspruch nur in dem Umfang auf ihn übergegangen ist, wie er selbst Unterhalt geleistet hat (§ 1607 III S. 1 = § 1615b I S. 1 BGB a. F.). Dies bedeutet jedoch nicht, daß die vom „Scheinvater" erbrachten Unterhaltsleistungen unabhängig vom Anspruch des Kindes gegen den Vater zu ersetzen wären. Voraussetzung ist vielmehr - wie vorstehend erläutert - die Ermittlung dieses Unterhaltsanspruchs. Allerdings folgt aus der vom Kl. bisher nicht bestrittenen Aufstellung des Bekl. über seine Einkünfte in den Jahren 1981 bis 1990, daß er zumindest in den Jahren 1981, 1982 und weitgehend 1983 voll leistungsfähig war.
Für diesen Zeitraum belaufen sich die insoweit vom Kl. richtig ermittelten Unterhaltsansprüche der Kinder - ohne Kindergeldausgleich - auf 6.210,09 DM für S. und 1.575,87 DM für E. Das Kindergeld betrug i. J. 1981 50 DM für das erste und 120 DM für das zweite sowie in den Jahren 1982 und 1983 50 DM für das erste und 100 DM für das zweite Kind (vgl. Brudermüller/Klattenhoff, a.a.O.). Folglich wurden für S. in der Zeit von August 1981 bis Dezember 1983 (50 x 29) 1.450 DM und für E. (8 x 100) 800 DM Kindergeld gezahlt, zusammen also 2.250 DM. Rechnet man die Hälfte davon, nämlich 1.125 DM, auf den Unterhaltsanspruch für beide Kinder in dem genannten Zeitraum i. H. von 7.785,96 DM an, verbleibt ein Anspruch i. H. von 6.660,95 DM.
Soweit der Bekl. die Unterhaltsleistungen des Kl. bestreitet, kann dem nicht gefolgt werden. Die Kinder lebten seinerzeit im Haushalt des noch mit ihrer Mutter verheirateten Kl. Daß er damals für den Barunterhalt der Kinder aufgekommen ist, hat er unter Beweisantritt schlüssig dargetan.
Die Geltendmachung der vom Kl. aufgewandten Kosten für die Erstellung eines DNA-Gutachtens i. H. von 4.800 DM rechtfertigt sich als familienrechtlicher Ausgleichsanspruch (BGH, FamRZ 1988, 387).
Der an sich schlüssige Klageanspruch i. H. von über 11.000 DM darf allerdings nicht zum Nachteil der Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden (§ 1607 IV BGB). Zumindest derzeit steht fest, daß der Bekl. - sofern er zur Befriedigung eines solchen Anspruchs überhaupt in der Lage wäre - die laufenden Unterhaltsansprüche der Kinder nicht erfüllen könnte. Er ist seit Anfang 1996 arbeitslos und seit Juni 1996 wegen eines Herzinfarkts erkrankt. Seine Einkünfte hat er im Schriftsatz v. 18. 5. 1998 mit etwa 1.963 DM angegeben und später ausgeführt, daß sich daran nichts geändert habe. Der Kl. hat dazu keine Stellung genommen. Diese Einkünfte reichen nicht einmal aus, um den Unterhalt der Kinder auch nur annähernd zu befriedigen. Wie das AmtsG zu Recht ausgeführt hat, ist die Leistungsunfähigkeit des Verpflichteten jedenfalls dann bereits im Erkenntnisverfahren zu berücksichtigen, wenn sie wie hier deutlich zutage tritt (s. auch OLG Koblenz, FamRZ 1977, 68). Dabei geht der Senat davon aus, daß § 1607 IV BGB (§ 1615b I S. 2 BGB a. F.) auch für den aus § 1615b BGB a. F. abgeleiteten familienrechtlichen Ausgleichsanspruch gilt. Unter den gegebenen Umständen bedarf es keiner weiteren Erörterung, ob der Geltendmachung des Anspruchs auch die Bestimmung des § 1613 III BGB entgegensteht. Danach kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde.
Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag scheiden aus, weil sie einen Fremdgeschäftsführungswillen des Unterhaltsleistenden voraussetzen. Der Kl. hatte indes die Unterhaltsleistungen nicht für den Bekl., sondern als eigene Verpflichtung erbracht. Ebensowenig kommt ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung in Betracht. Soweit der Bekl. seine fehlende Leistungsfähigkeit hinreichend dargetan hat, bestand auch keine Unterhaltsverpflichtung, so daß er davon auch durch die Leistungen des Kl. nicht befreit werden konnte. Im übrigen müßte ein Bereicherungsanspruch an die Schutzklausel des § 1607 IV BGB (§ 1615b I S. 2 BGB a. F.) angebunden werden. Diese wäre anderenfalls gegenstandslos, da der Anspruch des § 1607 III BGB in aller Regel auch die Voraussetzungen für einen Bereicherungsanspruch erfüllt (vgl. auch Nehlsen-v.Stryk, FamRZ 1988, 225, 228).
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen