Anspruch auf Erstattung von Unterhaltsleistungen des Scheinvaters gegen den Erzeuger

Gericht

AmtsG Köln


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

30. 05. 1990


Aktenzeichen

382 C 49/90


Leitsatz des Gerichts

Zum Anspruch des Scheinvaters gegen den Erzeuger des Kindes auf Erstattung erbrachter Unterhaltsleistungen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. nimmt als Scheinvater (Ehemann der Mutter) des am 25. 04. 1986 geborenen Kindes M. den Bekl. als tatsächlichen Vater auf Erstattung von ihm geleisteten Unterhalt sowie auf Schadensersatz in Anspruch. Der Bekl. hat seine Vaterschaft am 28. 9. 1989 anerkannt. Der Kl. hat ein monatl. Nettoeinkommen von über 7000 DM. Der Bekl. verdient ebensoviel.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Der Kl. hat gegen den Bekl. nach § 1615 b II BGB einen übergegangenen Unterhaltsanspruch auf Zahlung von 8520 DM ...

Die vom Kl. für die Zeit vom 25. 4. bis 31. 8. 1987 geltend gemachten monatl. Unterhaltsbeträge von 600 DM sind nicht zu beanstanden. Gemäß § 1615 b BGB kann der Kl. den Übergang der Unterhaltsansprüche nur in der Höhe geltend machen, wie sie vom Vater des Kindes (Bekl.) geschuldet werden, nicht dagegen im Umfang, in dem der Kl. als Scheinvater tatsächlich Unterhalt geleistet hat. Da der Kl. den Unterhalt an das Kind nicht bis zum 31. 8. 1987 bar bezahlt hat, sind die Unterhaltsbeträge zu schätzen. Hierbei können die Beträge zugrundegelegt werden, die in den "Kölner Unterhaltsrichtlinien" erarbeitet worden sind. Nach den Unterhaltsrichtlinien nach dem Stand v. 1. 1. 1985 [FamRZ 1985, 24] ist der Bekl. mit einem monatl. Nettoeinkommen von über 7000 DM tabellarisch nicht mehr erfaßt. Der Unterhaltsbetrag in der Gruppe 9 beträgt 545 DM. Da nicht ersichtlich ist, daß der Bekl. außer gegenüber dem Kind noch weitere Unterhaltsverpflichtungen hat, sieht das Gericht einen monatl. Unterhaltsbetrag von 600 DM für angemessen an. Dieser Betrag ist nur der Anteil des Vaters, nicht aber der gesamte Unterhaltsanspruch des Kindes, so daß dieser Betrag nicht auf die Kindesmutter und den Kindesvater aufgeteilt werden kann. Auch kann der Ansicht des Bekl. nicht gefolgt werden, daß für das Kind allenfalls 150 DM erstattet werden können, da er insoweit übersieht, daß außer Krankenversicherungsbeiträgen, Sonderbedarf (§ 1613 II BGB) und erhöhtem Bedarf diese Unterhaltsbeträge alle Aufwendungen abdecken sollen, die für ein Kind entstehen. Diese enthalten außer den Aufwendungen für Essen, Trinken und Kleidung weitere Aufwendungen wie zum Beispiel anteilige Mietzahlungen.

...

Der Kl. hat gegen den Bekl. einen weiteren übergegangenen Anspruch von 502,24 DM, der sich aus den noch nicht erstatteten Krankenkassenbeiträgen der ... i. H. von 461,49 DM und der Prämien für die stationäre Zusatzversicherung der ... i. H. von 40,75 DM ergibt. Der Bekl. ist der Ansicht, daß er nur zur hälftigen Erstattung der Versicherungsbeiträge verpflichtet ist, da die Kindesmutter Kontovollmacht gehabt hat. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden, da die Kindesmutter nicht substantiiert dargelegt hat, daß auf das gemeinschaftliche Konto auch Gelder der Kindesmutter eingezahlt worden sind. Es mag zwar sein, daß nach Abhebung die Kindesmutter an dem Geld Eigentum erlangt hat, es ist aber nicht dargelegt worden, daß sie die Versicherungsbeiträge anteilig bezahlt hat.

Wegen der weitergehenden geltendgemachten Beträge ist die Klage mit Ausnahme der Kosten für die Umstandskleider und der Haushaltshilfe während der Schwangerschaft von 800 DM bzw. 300 DM abzuweisen, da der Kl. gegen den Bekl. insoweit keinen Anspruch hat.

Der Kl. hat gegen den Bekl. keinen übergegangenen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Kinderzimmereinrichtung i. H. von 1779,41 DM und der Lampen i. H. von 400 DM sowie der Telefonkosten von 50 DM, die beim Kauf entstanden sind. Ebenfalls hat der Kl. keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Neubezug des Kinderwagens i. H. von 150 DM. Diese Aufwendungen sind nicht als Sonderbedarf i. S. des § 1613 II BGB anzusehen. Unter Sonderbedarf versteht das Gesetz einen unregelmäßigen und außergewöhnlich hohen Bedarf. Als unregelmäßig sind dabei Kosten anzusehen, mit denen von vornherein nicht gerechnet werden konnte und die deshalb bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt worden sind und berücksichtigt werden konnten; denn Sonderbedarf tritt im allgemeinen plötzlich und unvorhersehbar ein. Außergewöhnlich hoch ist der Unterhaltsbedarf dann, wenn es dem Unterhaltsberechtigten unmöglich oder unzumutbar ist, die Sonderausgabe aus der laufenden Unterhaltsrente zu bestreiten. Die Kosten für die Neueinrichtung eines Zimmers und für den Neubezug eines Kinderwagens sind aber nicht plötzlich und unvorhersehbar entstanden. Sie stellen keinen unregelmäßigen Bedarf dar; solche Aufwendungen fallen vielmehr regelmäßig an. Sie müssen daher, eventuell in Raten, von der laufenden Unterhaltsrente aufgebracht werden. Da der Unterhaltsbetrag, den der Bekl. dem Kl. zu erstatten hat, nach den "Kölner Unterhaltsrichtlinien" bemessen worden ist und in den darin aufgeführten Unterhaltssätzen die angemessenen Kosten für die Anschaffung altersgemäßer Einrichtungsgegenstände schon enthalten sind, und zwar ratenweise verteilt, ist ein weitergehender Erstattungsanspruch des Kl. ausgeschlossen.

Auch hat der Kl. gegen den Bekl. keinen übergegangenen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die im Rahmen der Taufe, Entbindung und Schwangerschaft entstanden sind mit Ausnahme der Kosten für Umstandskleider und für die Haushaltshilfe während der Schwangerschaft. Gemäß § 1615 k BGB sind nur die Kosten zu erstatten, die notwendig entstanden sind. Hierunter fallen aber nicht die Aufwendungen für den Pastor i. H. von 100 DM, für das Taufessen i. H. von 50 DM, für die Blumen für die Kindesmutter i. H. von 100 DM, für die Telefonkosten i. H. von 50 DM und für die Fahrtkosten i. H. von 288 DM. Hierbei handelt es sich nicht um notwendige Kosten, sondern um freiwillige Aufwendungen, die der Kl. anläßlich der Entbindung und der Taufe sowie der Schwangerschaft der Kindesmutter getätigt hat.

Die Kosten für den Babysitter i. H. von 500 DM kann der Kl. weder nach § 1615 k BGB noch nach § 1615 I BGB von dem Bekl. ersetzt verlangen, da diese nicht von den Vorschriften erfaßt werden. Es handelt sich weder um "Entbindungskosten" noch um Kosten, die die Kindesmutter aus Anlaß der Geburt getätigt hat.

Auch steht dem Kl. wegen der abgewiesenen Kosten weder ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag noch aus Schadensersatz zu. Die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag sind nicht einschlägig, da der Kl. ein eigenes Geschäft geführt hat und es somit zumindest an der subjektiven Seite einer Geschäftsführung ohne Auftrag fehlt. Deliktische Schadensersatzansprüche aus den §§ 8231 oder 826 BGB wegen schuldhaften Eingriffs in den absolut geschützten Ehekern der Verbindung der Ehegatten zu geschlechtlicher Treue können auch keinen Kostenerstattungsanspruch begründen, da der Schutzzweck des § 823 I BGB nicht störende Eingriffe Dritter in den familienrechtlichen Bereich der Ehe umfaßt. Die Voraussetzungen des § 826 BGB liegen nicht vor, da nicht davon ausgegangen werden kann, daß der Bekl. bei dem von ihm begangenen Ehebruch mit dem Vorsatz gehandelt hat, dem Kl. die jetzt geltend gemachten Schäden zuzufügen.

Rechtsgebiete

Unterhaltsrecht

Normen

BGB §§ 1615b, 1615k, 1613 II, 823