Tragung der Beerdigungskosten

Gericht

VGH Mannheim


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

05. 12. 1996


Aktenzeichen

1 S 1366/96


Leitsatz des Gerichts

Veranlasst die zuständige Behörde die Bestattung eines Verstorbenen, weil der Bestattungspflichtige nicht oder nicht rechtzeitig für sie sorgt, so kann sie unbeschadet der zivilrechtlichen Vorschriften über die Tragung der Beerdigungskosten den Bestattungspflichtigen zu den entstandenen Kosten heranziehen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. wandte sich gegen die Inanspruchnahme für die Kosten der Bestattung seiner verstorbenen Mutter. Die Mutter des Kl. verstarb am 19. 12. 1994 in S. Nach Bekanntwerden des Todesfalls forderte die Bekl. den Kl. als Sohn der Verstorbenen auf, die Bestattung zu veranlassen. Der Kl. lehnte dies ausdrücklich, zuletzt fernmündlich am 23. 12. 1994, ab und teilte außerdem mit, sein Rechtsanwalt habe ihm geraten, die Erbschaft auszuschlagen. Nachdem weitere Angehörige der Verstorbenen nicht festgestellt werden konnten und auch mit einer Bestattung durch Dritte nicht zu rechnen war, veranlasste die Bekl. die Bestattung der Verstorbenen. Dies wurde dem Kl. unter Hinweis auf seine Kostentragungspflicht mit Schreiben vom 27. 12. 1994 mitgeteilt. Daraufhin erfolgte Feuerbestattung und eine anschließende Beisetzung in einem Gemeinschaftsgrab. Nach der Beisetzung forderte der Bekl. mit Bescheid vom 30. 8. 1995 die Erstattung der - nach Zahlung des Sterbegeldes durch die Krankenkasse - noch offenen Kosten in Höhe von 2010 DM vom Kl. an. Hiergegen erhob der Kl. Widerspruch mit der Begründung, er sei nicht zur Kostentragung verpflichtet, da er mit der Verstorbenen nie Kontakt gehabt habe; zwar habe er die Erbschaft angenommen, der Nachlass sei jedoch überschuldet, so dass er die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses erhebe. Im übrigen sei es nicht erforderlich gewesen, für die Bestattungsfeier die Feierhalle zu benutzen und einen Organisten spielen zu lassen. Nach erfolglosem Widerspruch gab das VG der Klage statt.

Auf die Berufung der Bekl. wies der VGH die Klage ab.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Nach § 30 I BadWürttBestattungsG muss jede Leiche bestattet werden. Für die Bestattung müssen die Angehörigen sorgen (§ 31 I 1 BadWürttBestattungsG). In Betracht kommen der Ehegatte, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister und Enkelkinder des Verstorbenen in der genannten Reihenfolge (vgl. § 21 I Nr. 1 BadWürttBestattungsG). Wird durch die Angehörigen nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt, so hat die zuständige Behörde sie anzuordnen oder auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht die Leiche einem anatomischen Institut zugeführt wird (§ 31 II BadWürttBestattungsG). Die Bestattung muss grundsätzlich spätestens 96 Stunden nach dem Eintritt des Todes erfolgt sein (§ 37 I BadWürttBestattungsG).

Im vorliegenden Fall hat die Bekl. entsprechend diesen gesetzlichen Vorgaben gehandelt. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, dass nicht bzw. nicht rechtzeitig für die Bestattung der Mutter gesorgt werden würde (vgl. § 31 II BadWürttBestattungsG). Nach den Ermittlungen der Bekl. war der Kl. einziger Angehöriger und daher als Sohn verpflichtet, für die Bestattung der Verstorbenen zu sorgen (vgl. § 31 I ,§ 21 I Nr. 1 BadWürttBestattungsG). Entgegen der Auffassung des VG liegt auch kein Ermessensausfall vor. Da der Bekl., wie sie im Berufungsverfahren belegt hat, seit Jahren bekannt war, dass das ihrem Zuständigkeitsbereich zugeordnete anatomische Institut der Universität Tübingen (vgl. den Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung über die Ablieferung von Leichen an die anatomischen Institute der Landesuniversitäten v. 16. 5. 1974 Nr. II 2, GABl 1974, 656) - ebenso wie andere Institute des Landes - nur noch tote Körper übernimmt, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten eine Körperspende mit dem Institut schriftlich vereinbart hat (vgl. I Nr. 1a des Erlasses), bestand für die Bekl., da eine solche Vereinbarung nicht vorlag, keine Veranlassung, die Zuführung der Leiche an ein anatomisches Institut in Betracht zu ziehen. Für eine Ermessensbetätigung war bei dieser Sach- und Rechtslage kein Raum. Die Bekl. war daher berechtigt, die Bestattung zu veranlassen und vom Kl. als dem Bestattungspflichtigen Ersatz der Auslagen für die Bestattung zu verlangen.

Der Kostenforderung kann von seiten des Kl. auch nicht die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses gem. § 1990 BGB entgegengehalten werden. Die öffentlichrechtliche Pflicht, für die Beerdigung eines Verstorbenen zu sorgen, ist nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch, die Beerdigungskosten zu tragen. Die zivilrechtlichen Vorschriften über die Kostentragungspflicht enthalten keine rechtliche Vorgabe für den Kreis der öffentlichrechtlichen Bestattungspflichtigen. Sie begründen einen Anspruch auf Ersatz der für die Beerdigung aufgewendeten Kosten oder auf Befreiung von zum Zwecke der Beerdigung begründeten Verbindlichkeiten. Ebenso wie die zivilrechtliche Kostentragungspflicht die von dem Bestattungspflichtigen gegenüber einem Beerdigungsunternehmen eingegangene Verpflichtung nicht berührt, schließt sie auch öffentlichrechtliche Ansprüche, die sich aus einem ordnungsbehördlichen Einschreiten gegenüber dem Bestattungspflichtigen ergeben, nicht aus, und zwar unbeschadet eines etwaigen Ersatzanspruches des Bestattungspflichtigen gegenüber dem zivilrechtlich zur Kostentragung Verpflichteten. Derartige öffentlichrechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilgericht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund. Demgemäss kann die öffentlichrechtliche Kostenerstattungspflicht an die Pflicht, den Verstorbenen zu bestatten, anknüpfen, ohne dass es auf eine Erbenstellung ankommt (BVerwG, Buchholz 408.1 BestattungsR Nr. 2 = NVwZ-RR 1995, 283)..

Falls dem Bestattungspflichtigen die Übernahme der Bestattungskosten nicht zugemutet werden kann, hat er gegebenenfalls einen Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Kosten durch den Sozialhilfeträger des Bestattungsorts (§ 15 BSHG).

Soweit die zuständige Behörde auf Kosten des Bestattungspflichtigen die Bestattung selbst veranlasst, hat sie grundsätzlich eine angemessene Bestattung in einfacher, aber würdiger und ortsüblicher Form zu gewähren. Diesem Erfordernis hat die Bekl. entsprochen.

Rechtsgebiete

Sozialrecht