Kündigung eines Vertrags mit einem Fitness-Center

Gericht

AG Rastatt


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

25. 04. 2002


Aktenzeichen

1 C 398/01


Leitsatz des Gerichts

Die Kündigung des Mitgliedsvertrages mit einem Fitness-Center aus wichtigem Grund setzt nicht voraus, dass das Mitglied (gänzlich) sportunfähig wird; im Regelfall ist eine Kündigung vielmehr schon dann möglich, wenn ein - aus der Sicht des Mitglieds - wichtiger Teil der Übungen (z.B. Krafttraining) aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Am 3. 12. 1997 schloss der Bekl. mit einem Fitness-Center (Zedentin) einen „Trainings-Anmeldung-Mietvertrag“ ab, der den Bekl. zur Nutzung der Leistungen und Einrichtungen des Fitness-Centers berechtigen sollte gegen Zahlung einer monatlichen Vergütung in Höhe von 99,90 DM. Der Vertrag sollte zum 1. 2. 1998 beginnen und sich nach dem ersten Vertragsjahr um jeweils sechs Monate verlängern, wenn er nicht mindestens einen Monat vor Ablauf gekündigt wurde. Außerdem war in dem - vom Fitness-Center vorformulierten - Vertrag festgehalten: „In Fällen vorübergehender Verhinderung kann der Vertrag in gegenseitigem Einvernehmen für einen bestimmten Zeitraum ausgesetzt werden. In diesem Fall verlängert sich der Vertrag um die Zeitspanne, in welcher er geruht hat. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt.“ Zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt nach dem 1. 2. 1999 und vor Juni 1999 begab sich der Bekl. zur Zedentin und erklärte, er kündige das Vertragsverhältnis mit dem Fitness-Center aus gesundheitlichen Gründen. Er legte hierbei der Zedentin ein entsprechendes ärztliches Attest vor. Die Zedentin erklärte sich mit einer vorzeitigen Vertragsbeendigung vor dem 31. 7. 1999 nicht einverstanden. Die monatliche Vergütung für Juni und Juli 1999 wurde von dem Bekl. an die Zedentin nicht bezahlt. Am 16. 12. 1999 trat die Zedentin die Vergütungsforderungen einschließlich Nebenforderungen unstreitig an die Kl. ab. Die Kl. behauptet, der Bekl. sei zu der Zeit jedenfalls nicht gänzlich sportunfähig gewesen; er wäre in dem genannten Zeitraum zumindest in der Lage gewesen, spezielle, ärztlich empfohlene Übungen zum Aufbau der Rückenmuskulatur durchzuführen.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Der Kl. stehen aus abgetretenem Recht keine Vergütungsansprüche gegen den Bekl. zu für Juni und Juli 1999 im Hinblick auf den Fitness-Vertrag vom 3. 12. 1997. Die Zahlungsverpflichtung des Bekl. aus dem Fitness-Vertrag ist für Juni und Juli 1999 entfallen durch die Kündigungserklärung des Bekl. gegenüber der Zedentin im Hinblick auf die bei dem Bekl. vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Bandscheibenvorfall). Der Bekl. war aus gesundheitlichen Gründen im Juni und Juli 1999 nicht in der Lage, die wesentlichen Leistungen des Fitness-Centers in Anspruch zu nehmen.

1. Es kann dahinstehen, ob die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Bekl. im Juni und Juli 1999 als „vorübergehende Verhinderung“ im Sinne der AGB der Zedentin anzusehen sind. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Bekl. stehen einer Vergütungspflicht für Juni und Juli 1999 in jedem Fall entgegen, sowohl dann, wenn es sich eventuell lediglich um vorübergehende Beeinträchtigungen handelte als auch dann, wenn es sich um endgültige - dauerhafte - Beeinträchtigungen gehandelt haben sollte.

a) Bei einem vorübergehenden Hindernis für den Bekl., die Leistung der Zedentin in Anspruch zu nehmen, steht der Zahlungsklage für Juni und Juli 1999 der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegen. Bei einer vorübergehenden gesundheitlichen Verhinderung des Bekl. im Juni und im Juli 1999 war die Zedentin nach dem abgeschlossenen Fitness-Vertrag verpflichtet, einer „Aussetzung“ des Vertrages zuzustimmen. D.h., die Zedentin hätte im Hinblick auf das ausdrücklich von dem Bekl. gegenüber der Zedentin ausgesprochene Verlangen nach Vertragsaufhebung zumindest einer Aufhebung der Zahlungsverpflichtung für die entsprechenden Monate zustimmen müssen. Der Bekl. könnte die Zustimmungsverpflichtung der Zedentin klageweise durchsetzen; nach einer Durchsetzung der Zustimmungsverpflichtung der Zedentin wäre die Kl. gegebenenfalls zur Rückgewähr der gezahlten Vergütung für Juni und Juli 1999 verpflichtet. Hieraus ergibt sich der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung („Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr, vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl. [2002], § 242 Rdnr. 52). Gem. § 404 BGB kann der Bekl. den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung auch der Kl. als Zessionarin entgegenhalten.

b) Sollte es sich bei den gesundheitlichen Hindernissen bei dem Bekl. um einen dauerhaften (nicht nur vorübergehenden) Zustand gehandelt haben, war der Bekl. zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt. In diesem Fall wäre die Zahlungsverpflichtung für Juni und Juli 1999 unmittelbar durch die von dem Bekl. gegenüber der Zedentin ausgesprochenen Kündigung erloschen.

2. Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass auf Seiten des Bekl. im Jahr 1999 erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen vorlagen, die den Bekl. zu einem Verlangen nach Vertragsaussetzung (falls vorübergehend) oder zur fristlosen Kündigung berechtigten. Entscheidend ist, dass der Bekl. aus gesundheitlichen Gründen jedenfalls die für ihn wichtigsten Leistungen des Fitness-Centers nicht mehr in Anspruch nehmen konnte. Auf die Frage, ob der Bekl. im Juni und Juli 1999 gänzlich sportunfähig war, kommt es hierbei nicht an.

Die Zedentin und der Bekl. schlossen den Fitness-Vertrag im Dezember 1997 zu einem Zeitpunkt ab, als der Bekl. unstreitig noch gesund war. Der schwerwiegende Bandscheibenvorfall, der zu längerer Arbeitsunfähigkeit und längerer ärztlicher Behandlung führte, trat erst erheblich später ein (der Bekl. stellte sich im Jahr 1999 erstmals bei dem Zeugen Dr. B vor). Bei einem Fitness-Vertrag mit einem Gesunden gehen die Vertragsparteien davon aus, dass dem Kunden des Fitness-Centers sämtliche Trainingsmöglichkeiten grundsätzlich offen stehen. Hierzu gehörten insbesondere die von der Zedentin angebotenen Formen des Krafttrainings und andere Trainingsmöglichkeiten, die entsprechende körperliche Belastungen verursachen. Wenn diese - für jedes Fitness-Center essenziellen - Trainingsmöglichkeiten für den Kunden aus gesundheitlichen Gründen entfallen, verliert der Fitness-Vertrag für den Kunden in der Regel jegliche Bedeutung. Der Umstand, dass ein Kunde nach einem Bandscheibenvorfall im Fitness-Center möglicherweise bestimmte krankengymnastik-ähnliche Übungen (beispielsweise zur Stärkung der Rückenmuskulatur) durchführen kann, ändert daran nichts. Ein gesunder Mensch schließt einen Fitness-Vertrag normalerweise nicht ab, um im Falle der Erkrankung gänzlich andere, auf ganz geringe Möglichkeiten reduzierte Trainingsmöglichkeiten wahrzunehmen. Die Erkrankung stellt für den Kunden des Fitness-Centers eine völlig neue Situation dar. Eine Erkrankung, die für den - vorher gesunden - Kunden jegliches Krafttraining (und sonstiges Training mit entsprechenden körperlichen Belastungen) ausschließt, ist als vorübergehende Verhinderung im Sinne der AGB der Kl. bzw. (bei einem dauerhaften Zustand) als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung anzusehen.

Die Voraussetzungen einer derartigen Verhinderung des Kl. in dem angegebenen Zeitraum sind vorliegend nachgewiesen. Aus der ärztlichen Stellungnahme des Dr. B, die insoweit auch von der Kl. nicht angegriffen wird, ergibt sich, dass der Bekl. an einer schwerwiegenden Bandscheibenprotrusion der Lendenwirbelsäule litt. Der Bekl. war von Januar 1999 bis April 2000 mit lediglich kurzen Unterbrechungen arbeitsunfähig. Der Zeuge Dr. B hatte dem Bekl. - jedenfalls für die hier maßgebliche Zeit - Krafttraining und anderes Training mit entsprechenden körperlichen Belastungen aus gesundheitlichen Gründen ausdrücklich untersagt.

Rechtsgebiete

Verbraucherschutzrecht