Kündigung eines Vertrags mit einem Fitness-Center
Gericht
AG Rastatt
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
04. 04. 2002
Aktenzeichen
1 C 19/02
Der Mitgliedsvertrag mit einem Fitness-Center ist aus wichtigem Grund kündbar, wenn der Hausarzt des Mitglieds von der Teilnahme an Fitnessübungen für längere Zeit abrät; auf die Frage, ob der - in einem Attest dokumentierte - Rat des Hausarztes medizinisch berechtigt und sachlich begründet ist, kommt es nicht an.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Am 15. 3. 1999 schloss die Bekl. einen schriftlichen Vertrag ab, der die Bekl. zum Besuch des Fitness-Studios berechtigte gegen Zahlung einer monatlichen „Mitgliedsgebühr“. Unter dem 11. 10. 1999 attestierte der Hausarzt der Bekl., Dr. B, dieser schriftlich, sie könne „bis auf Weiteres aus ärztlicher Sicht nicht an Fitness-Übungen teilnehmen“. Die Bekl. erklärte daraufhin schriftlich am 25. 10. 1999 gegenüber dem Fitness-Studio, sie kündige den Vertrag „aus gesundheitlichen Gründen“. In der Folgezeit leistete die Bekl. keine monatlichen Beiträge mehr. Für die Zeit ab August 2000 wurden eventuelle Vergütungsansprüche des Centers unstreitig an die Kl. abgetreten, die die Monatsbeiträge bis Juni 2001 geltend macht. Sie hält die Kündigung des Vertrages durch die Bekl. für nicht wirksam. Sie bestreitet Umfang und Ausmaß der von der Bekl. angegebenen Erkrankungen.
Die Klage blieb erfolglos.
Auszüge aus den Gründen:
Der Kl. stehen - aus abgetretenem Recht - keine Vergütungsansprüche für die Zeit von August 2000 bis Juni 2001 aus dem Fitness-Studio-Vertrag zu. Denn der am 15. 3. 1999 abgeschlossene Vertrag war schon vor August 2000 durch die Kündigung der Bekl. vom 25. 10. 1999 beendet worden. Für die Zeit nach der Kündigung vom 25. 10. 1999 kommen Vergütungsansprüche des Studios (bzw. der Kl. aus abgetretenem Recht) nicht mehr in Betracht.
1. Der Vertrag mit dem Fitness-Center wurde wirksam gekündigt durch die schriftliche Erklärung der Bekl. vom 25. 10. 1999. Über den Zugang der Erklärung an den (im Rechtsstreit von den Parteien nicht konkretisierten) Inhaber des Studios besteht zwischen den Parteien kein Streit.
Die Bekl. war am 25. 10. 1999 zur Kündigung des Vertrages berechtigt aus wichtigem Grund. Der Dienstleistungsvertrag mit einem Fitness-Center, der die Inanspruchnahme von Leistungen des Fitness-Centers vorsieht gegen Zahlung einer monatlichen Vergütung, ist grundsätzlich aus wichtigem Grund kündbar gem. § 626 I BGB. Der schriftliche Vertrag zwischen der Bekl. und dem Fitness-Center enthält für eine derartige Kündigung und für die rechtlichen Folgen im Falle einer Erkrankung des Kunden keinerlei Regelungen; dementsprechend gelten im vorliegenden Fall die allgemeinen Grundsätze für eine Kündigung aus wichtigem Grund. Entscheidend ist, ob nach Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ein weiteres Festhalten am Vertrag für die Bekl. unzumutbar war unter Berücksichtigung der Interessen der beiderseitigen Vertragspartner (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 626 Rdnrn. 37ff.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
Der wichtige Grund für eine Berechtigung zur Kündigung ergibt sich aus dem von der Bekl. vorgelegten ärztlichen Attest. Dieses Attest beinhaltet den ausdrücklichen ärztlichen Rat des Hausarztes gegenüber der Bekl., aus bestimmten gesundheitlichen Gründen jegliche Fitness-Übungen gänzlich einzustellen. Es ist normal und üblich, dass man einem derartigen Rat seines Hausarztes folgt. Die Bekl. hatte nach dem ärztlichen Rat vom 11. 10. 1999 dementsprechend keine praktische Möglichkeit mehr, die Leistung des Fitness-Centers zu nutzen. Dementsprechend war ihr ein weiteres Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zumutbar. Auch unter Berücksichtigung der Interessen des Inhabers des Fitness-Centers erscheint eine sofortige Auflösung des Vertragsverhältnisses auf Grund der Kündigung der Bekl. angemessen.
Der ärztliche Rat des Hausarztes der Bekl. ist im Rechtsstreit unstreitig. Die Tatsache des ärztlichen Rates ergibt sich unmittelbar aus dem vorgelegten Attest. Die Kl. hat im Rechtsstreit nicht bestritten, dass es sich um einen ernsthaften Rat des Arztes aus medizinischen Gründen handelte; dass der Hausarzt der Bekl. dieser - in Absprache mit der Bekl. - lediglich ein „Gefälligkeitsattest“ erstellt hätte, ist von der Kl. nicht behauptet worden.
Auf Art und Ausmaß der Erkrankungen der Bekl. kommt es für das Recht zur fristlosen Kündigung nicht an. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob der Rat des Hausarztes der Bekl. zutreffend war, oder ob die Bekl. gegebenenfalls trotz ihrer Erkrankungen weiter an Fitness-Übungen hätte teilnehmen können. Im Verhältnis zwischen Patienten und Hausarzt ist es üblich, dass man sich auf den ausdrücklichen Rat des Arztes verlässt. Dementsprechend durfte die Bekl. auf die Richtigkeit des ärztlichen Rates vertrauen und hieraus die entsprechenden Konsequenzen für die Kündigung des Vertragsverhältnisses mit dem Fitness-Center ziehen. Die Bekl. war - im Hinblick auf den Vertrag mit dem Fitness-Center - nicht verpflichtet, den Rat ihres Arztes in Zweifel zu ziehen mit der Konsequenz, dass die Bekl. vor der Kündigung des Fitness-Vertrages etwa noch ein ausführliches ärztliches Gutachten einer Universitäts-Klinik hätte einholen müssen oder gegebenenfalls ein Beweissicherungsverfahren gegenüber dem Fitness-Center hätte einleiten müssen. Da die Bekl. - im Hinblick auf das Vertragsverhältnis mit dem Fitness-Center - dem ärztlichen Rat ihres Hausarztes vertrauen durfte, kommt es auf eine nachträgliche Überprüfung dieser ärztlichen Feststellungen im Hinblick auf den Fitness-Vertrag rechtlich nicht an.
2. Die Kündigung der Bekl. war nicht wegen Fristversäumung unwirksam. Die Frist zur Kündigung aus wichtigem Grund von zwei Wochen gem. § 626 II BGB spielt im vorliegenden Fall keine Rolle. Denn bei einem für die Kündigung maßgeblichen Dauerzustand fängt die Frist nicht an zu laufen vor Beendigung dieses Dauerzustandes (vgl. Palandt/Putzo, § 626 Rdnr. 27). Dementsprechend konnte die Frist gem. § 626 II BGB im vorliegenden Fall nicht zu laufen beginnen vor Beendigung der vom Hausarzt der Bekl. im Attest vom 11. 10. 1999 festgestellten ärztlichen Gründe. Dafür, dass diese ärztlichen Gründe vor dem 25. 10. 1999 bereits beendet gewesen wären, gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
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