Erhebung einer Zweitwohnungssteuer

Gericht

OVG Koblenz


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

26. 04. 2002


Aktenzeichen

6 A 11634/01


Leitsatz des Gerichts

  1. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, eine Zweitwohnung in einem bauplanungsrechtlich festgesetzten Ferienhausgebiet nach dem jährlichen Mietaufwand zur Zweitwohnungssteuer zu veranlagen, obwohl die Ferienhäuser nur zum vorübergehenden Aufenthalt, zum Zwecke der Erholung und nicht zum zeitlich unbegrenzten Aufenthalt als Dauerwohnung genutzt werden dürfen.

  2. Der der Zweitwohnungssteuererhebung zu Grunde zu legende jährliche Mietaufwand kann bezüglich einer Ferienwohnung auf der Grundlage des in einem Mietspiegel ausgewiesenen Mietwerts von Dauerwohnungen geschätzt werden.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. wenden sich gegen ihre Heranziehung zu einer Zweitwohnungssteuer für das Jahr 1999. Sie sind Eigentümer eines 1984 in dem bauplanungsrechtlich festgesetzten Ferienhausgebiet „S.“ errichteten Hauses. Für dieses Objekt wurden sie durch Bescheid der Bekl. vom 26. 6. 2000 zu einer Zweitwohnungssteuer in Höhe von 366 DM herangezogen. Dabei ging die Bekl. durch Reduzierung des im Mietspiegel des Finanzamts D. für ihr Gebiet angegebenen maßgeblichen Mietwerts von 7,60 DM/qm für Mietwohnungen von einer fiktiven monatlichen Miete in Höhe von 6,50 DM/qm aus und brachte von dem so errechneten fiktiven Jahresmietbetrag für eine 47 qm große Wohnung in Höhe von 3666 DM 10% in Ansatz. Das VG hat den streitgegenständlichen Bescheid aufgehoben. Die von der Bekl. hiergegen eingelegte Berufung hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Das VG hätte die Klage abweisen müssen, weil der angefochtene Bescheid über die Heranziehung zu einer Zweitwohnungssteuer für das Jahr 1999 rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Entgegen der Auffassung der Kl. steht die Satzung der Bekl. über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer (Zweitwohnungssteuersatzung - ZWStS) vom 18. 12. 1998, die ihre Rechtsgrundlage in § 5 II RhPfKAG vom 20. 7. 1995 (GVBl S. 175) findet, in Einklang mit höherrangigem Recht. Dies gilt insbesondere für § 2 ZWStS, der die Steuerpflicht und den Steuergegenstand definiert, für § 3 ZWStS, der den Steuermaßstab regelt, und für § 4 ZWStS, der den Steuersatz auf jährlich 10% des jährlichen Mietaufwandes festsetzt.

§ 2 II 1 ZWStS bestimmt, dass eine Zweitwohnung jede Wohnung ist, die jemand neben seiner Hauptwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs inne hat, insbesondere zu Erholungs-, Berufs- und Ausbildungszwecken. Die genannte Vorschrift enthält keine Beschränkung der Steuerpflicht auf solche Wohnungen, die zum zeitlich unbegrenzten Aufenthalt als Dauerwohnungen genutzt werden können. Vielmehr bestimmt § 2 II 2 ZWStS ausdrücklich, dass eine Wohnung ihre Eigenschaft als Zweitwohnung nicht dadurch verliert, dass ihr Inhaber sie nur kurzfristig für einen nicht völlig unerheblichen Zeitraum nutzt, ansonsten aber anderweitigen Zwecken zuführt (bspw. vermietet). Somit erfasst § 2 ZWStS auch solche Wohnungen, bei denen die Eigennutzungsmöglichkeit während eines Jahres nicht ununterbrochen gegeben ist, die also nur zum vorübergehenden Aufenthalt, zum Zweck der Erholung und nicht zum zeitlich unbegrenzten Aufenthalt als Dauerwohnung genutzt werden dürfen. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Zweitwohnungssteuer ist als Aufwandsteuer i.S. von Art. 105 IIa GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird (BVerfGE 65, 325 [346] = NJW 1984, 785 = NVwZ 1984, 302 L). Derartige örtliche Aufwandsteuern erfassen den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung. Deshalb kann das Innehaben einer weiteren Wohnung neben der Hauptwohnung zum Zwecke der persönlichen Nutzung grundsätzlich - und zwar ohne Rücksicht auf die Dauer und den konkreten Zweck des persönlichen Gebrauchs - Gegenstand einer Aufwandsteuer sein (BVerwG, NVwZ 1998, 178 = KStZ 1998, 14). Demnach ist es zulässig, solche Zweitwohnungen der Besteuerung nach Art. 105 IIa GG zu unterwerfen, die von ihrer Ausstattung her zumindest zu zeitweisem Wohnen geeignet sind (vgl. Driehaus, KommunalabgabenR, § 3 Rdnr. 217). Somit ist es nicht zu beanstanden, dass § 2 ZWStS auch Zweitwohnungen im Gebiet der Bekl. erfasst, die auf Grund bauplanungsrechtlicher Festlegungen nur zum vorübergehenden Aufenthalt, zum Zwecke der Erholung und nicht zum zeitlich unbegrenzten Aufenthalt als Dauerwohnung genutzt werden können.

Weiterhin ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass gem. § 3 I ZWStS die Zweitwohnungssteuer nach dem jährlichen Mietaufwand berechnet wird, ohne die im Bebauungsplan Ferienhausgebiet „S.“ enthaltene Textfestsetzung zu berücksichtigen, wonach die Ferienhäuser nur zum vorübergehenden Aufenthalt, zum Zwecke der Erholung und nicht zum zeitlich unbegrenzten Aufenthalt als Dauerwohnung genutzt werden dürfen. Zwar hat das BVerwG entschieden, dass Wohnungen als Gegenstand einer örtlichen Aufwandsteuer ausscheiden, die als reine Geld- oder Vermögensanlage gehalten werden, also nicht der Einkommensverwendung (privatem Aufwand), sondern allein der Einkommenserzielung dienen (vgl. BVerwGE 58, 230 [235] = NJW 1980, 796). Hiervon ausgehend ist es von Verfassungswegen allerdings nicht generell geboten, bei einer Mischnutzung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Zweitwohnung teilweise selbst genutzt, teilweise vermietet wird, die nach der Jahresrohmiete bemessene Zweitwohnungssteuer bei lediglich zeitweiliger Vermietung nur anteilig zu erheben. Vielmehr ist lediglich bei einem eklatanten Missverhältnis zwischen von vornherein vertraglich befristeter Eigennutzungsmöglichkeit und Vermietung die Zugrundelegung der gesamten Jahresrohmiete für die Berechnung der Zweitwohnungssteuer unverhältnismäßig und steht nicht mehr im Einklang mit der grundsätzlichen Trennung des steuerpflichtigen privaten Aufwandes und der Vermietung zur Einkommenserzielung. Wenn also eingangs des Steuerjahres eindeutig feststeht, dass eine Eigennutzungsmöglichkeit nur einen erheblich geringeren zeitlichen Umfang haben kann, ist das Festhalten an dem Jahresbetrag als Bemessungsgröße für diesen Aufwand unangemessen (BVerwGE 109, 188 [191, 192] = NJW 2000, 375 = NVwZ 2000, 204 L).

Diese Rechtsprechung des BVerwG ist nicht auf das in Rede stehende bauplanungsrechtliche Verbot der Dauernutzung der Ferienwohnungen im Ferienhausgebiet „S.“ übertragbar. Zum einen ändert diese Nutzungseinschränkung für sich gesehen nichts daran, dass die Zweitwohnungen über das ganze Jahr zu Zwecken der persönlichen Lebensführung inne gehabt und nicht etwa durch dauerhafte Vermietung ganz oder teilweise der Eigennutzung entzogen werden. Somit stellen die Objekte jedenfalls nicht auf Grund der bauplanungsrechtlichen Festsetzung eine Kapitalanlage dar. Zum anderen, d.h. wenn in derartigen bauplanungsrechtlichen Festsetzungen eine Einschränkung der Eigennutzungsmöglichkeiten zu sehen wäre, fallen die im vorliegenden Fall durch den einschlägigen Bebauungsplan bewirkten Unterbrechungen der Wohnnutzung nicht derart ins Gewicht, dass sie bezogen auf das Steuerjahr als rechtlich erhebliche Beschränkung der Eigennutzungsmöglichkeit im Rahmen des Steuermaßstabes des § 3 ZWStS zu berücksichtigen wären. Im Blick auf die bereits erwähnte Mischnutzung einer Zweitwohnung hat das BVerwG ausgeführt, dass ein eklatantes Missverhältnis zwischen Eigennutzungsmöglichkeit und den Zeiträumen, in denen diese nicht besteht, erst dann festgestellt werden kann, wenn die Eigennutzungsmöglichkeit weniger als zwei Monate im Jahr besteht. Deshalb kann es nicht als unverhältnismäßig beanstandet werden, die Zweitwohnungssteuer nach dem vollen Jahresbetrag zu veranlagen, wenn der Inhaber der Wohnung über eine rechtlich gesicherte Eigennutzungsmöglichkeit von mindestens zwei Monaten verfügt (vgl. BVerwG, NVwZ 2002, 728 = DÖV 2002, 246). Im vorliegenden Fall wird die Eigennutzungsmöglichkeit durch die von den Kl. ins Feld geführten bauplanungsrechtlichen Festsetzungen nicht in einem Umfang eingeschränkt, dass sie weniger als zwei Monate beträgt. Das Gegenteil ist der Fall. Insoweit verweist der Senat lediglich darauf, dass bereits die Nutzungsmöglichkeiten, die an den Wochenenden im Laufe des Steuerjahres vorhanden sind und denen der Bebauungsplan nicht entgegensteht, sich über einen deutlich längeren Zeitraum als zwei Monate erstrecken.

Bereits auf Grund der zitierten Rechtsprechung des BVerwG vermag der Senat entgegen der Auffassung der Kl. in der Erhebung des vollen Jahressteuerbetrages auch keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 I GG zu sehen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass der Aufwand für das Vorhalten einer Zweitwohnung auch dann ganzjährig betrieben wird, wenn die Eigennutzungsmöglichkeit lediglich zwei Monate beträgt.

Dass die in Rede stehenden Zweitwohnungen wegen der bauplanungsrechtlichen Festsetzungen nicht ganzjährig vermietet werden können und deshalb ein „jährlicher Mietaufwand“ nicht erzielbar ist, führt ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit des § 3 I ZWStS. Insoweit verkennen die Kl., dass es für die Ermittlung der Zweitwohnungssteuer nicht auf den aus dem Steuerobjekt zu erwirtschaftenden Ertrag ankommt. Vielmehr stellt der jährliche Mietaufwand, der gem. § 3 IV ZWStS unter entsprechender Anwendung des § 79 I BewG auch für Ferienwohnungen ermittelt werden kann, lediglich die Bemessungsgrundlage für die Höhe der Zweitwohnungssteuer dar.

Schließlich bedarf es keiner weiteren Vertiefung, dass der in § 4 I ZWStS festgesetzte Steuersatz in Höhe von 10% des jährlichen Mietaufwandes nicht unverhältnismäßig hoch ist. Weder die relative Höhe noch der absolute Betrag hat erdrosselnde Wirkung oder begegnet sonstigen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Folgt aus dem Vorstehenden, dass die Zweitwohnungssteuersatzung der Bekl. rechtlich nicht zu beanstanden ist, greifen auch die von dem Kl. und dem VG angenommenen Bedenken gegen die Festsetzung der Steuer nicht durch.

Die veranlagte Wohnung der Kl. ist eine Zweitwohnung i.S. des § 2 II ZWStS, da die Kl. sie neben ihrer Hauptwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs, insbesondere zu Erholungszwecken inne haben. Sie ist demnach dem Grunde nach zweitwohnungssteuerpflichtig. Da die Eigennutzungsmöglichkeit der Kl. - wie bereits ausgeführt - durch die in Rede stehenden planungsrechtlichen Festsetzungen nicht in rechtserheblicher Weise eingeschränkt ist, hat die Bekl. der Berechnung der Zweitwohnungssteuer zu Recht den jährlichen Mietaufwand zu Grunde gelegt. Schließlich ist der für die Wohnung der Kl. geschätzte Mietaufwand rechtlich nicht zu beanstanden.

Gem. § 3 III ZWStS gilt als jährlicher Mietaufwand die übliche Miete für solche Wohnungen, die u.a. - wie im vorliegenden Fall - eigengenutzt sind. Sie wird in Anlehnung an die Jahresrohmiete geschätzt, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Diesen satzungsrechtlichen Anforderungen wurde die Bekl. gerecht, indem sie die sich aus dem Mietspiegel des Finanzamtes D. ergebende Quadratmetermiete von Objekten, die zwischen 1980 und 1989 errichtet worden sind, in Höhe von 7,60 DM um 1,10 DM vermindert hat. Zwar trifft die Auffassung des VG zu, dass ein derartiger Mietspiegel der Steuererhebung nur dann zu Grunde gelegt werden kann, wenn bei seiner Erstellung nach Art, Lage und Ausstattung vergleichbare Objekte berücksichtigt wurden. Deshalb war die Bekl. gehindert, den im Mietspiegel des Finanzamtes D. für Dauerwohnungen ermittelten Mietwert unbesehen auf Ferienwohnungen zu übertragen, weil diese mit den im Mietspiegel berücksichtigten Objekten nicht vergleichbar sind. Allerdings durfte die Bekl. den im Mietspiegel ausgewiesenen o.g. Wert als Grundlage für die Ermittlung des Mietwertes von Ferienwohnungen verwenden und durch Berücksichtigung der Besonderheiten solcher Objekte die übliche Miete schätzen. Durch diese Verfahrensweise hat die Bekl. entgegen der Auffassung des VG und der Kl. den Mietspiegel gerade nicht der Steuererhebung zu Grunde gelegt. Vielmehr wurde dieser lediglich als Hilfsmittel für die Schätzung der üblichen Miete für eine Ferienwohnung im Bereich der Bekl. herangezogen, was insbesondere nicht im Hinblick auf die von dem VG zitierten Entscheidungen des BFH zu beanstanden ist.

Steht demnach die Art und Weise der Schätzung der üblichen Miete mit § 3 III ZWStS in Einklang, ist die Höhe des Abschlages von der Schätzungsbefugnis der Bekl. gedeckt. Sofern die Kl. insoweit vortragen, der Abschlag sei völlig willkürlich, verkennen sie, dass die Schätzungsbefugnis auf Seiten der Bekl. einen Beurteilungsspielraum beinhaltet, der nur dann überschritten ist, wenn die Schätzung völlig unangemessen ist. Hierfür liegen Anhaltspunkte nicht vor. Der Abschlag beträgt immerhin 14,47% von der im Mietspiegel ausgewiesenen Miete. Dass hierdurch die Besonderheiten des Ferienhauses, wie dessen Bauweise, Lage und Ausstattung nicht hinreichend berücksichtigt wurden, ist weder ersichtlich noch wird dies von den Kl. substanziiert begründet. Vielmehr erschöpft sich ihr Vorbringen in dem Hinweis auf die oben genannten Umstände, ohne dass im Einzelnen erläutert wird, welche weitere über die von der Bekl. vorgenommene Reduzierung zwingend geboten wäre. Auch wenn dies nach der Satzung der Bekl. nicht Grundlage der Schätzung der jährlichen Miete ist, spricht im Übrigen für die Angemessenheit des Abschlages der Umstand, dass ausweislich des von der Bekl. vorgelegten Ferienkatalogs „Oberes K.“ vergleichbare Wohnungen im Ferienhausgebiet „S.“ für einen Tagespreis von 50 DM zur Vermietung an Feriengäste angeboten werden. Der der Besteuerung zu Grunde gelegte Mietpreis könnte demnach bereits mit sieben Vermietungen pro Monat erzielt werden, so dass die lediglich zur Bewertung des von den Kl. betriebenen Aufwands der persönlichen Lebensführung geschätzte jährliche Miete nicht als überhöht angesehen werden kann.

Ist demnach die übliche Miete von der Bekl. zutreffend ermittelt worden, steht die gegenüber den Kl. festgesetzte Steuer auch im Übrigen mit der Zweitwohnungssteuersatzung der Bekl. in Einklang. Bei typisierender Betrachtung ist es insbesondere nicht zu beanstanden, dass der Steuerfestsetzung je nach Alter der Zweitwohnungen im Ferienhausgebiet „S.“ unterschiedlich hohe Bemessungsgrundlagen zu Grunde gelegt wurden.

Rechtsgebiete

Steuerrecht