Zur beruflichen Veranlassung von Umzugskosten

Gericht

BFH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

27. 07. 1995


Aktenzeichen

VI R 17/9 5


Leitsatz des Gerichts

Bei der Abgrenzung, ob die Umzugskosten eines verheirateten Arbeitnehmers Aufwendungen für die Lebensführung oder deshalb nahezu ausschließlich beruflich veranlasst sind, weil sich die Fahrzeiten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte regelmäßig arbeitstäglich um insgesamt mindestens eine Stunde verkürzen, sind die Fahrzeitersparnisse der Ehegatten nicht zusammenzurechnen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kläger wohnten bis April 1992 in U. Beide Kläger waren als Arbeitnehmer in F. beschäftigt. Sie fuhren wegen unterschiedlicher Arbeitszeiten täglich getrennt mit dem Pkw von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück. Die Entfernung zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte betrug bei beiden Klägern jeweils rund 22 km. Im April 1992 zogen die Kläger nach Sch. bei F. um. Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätten verkürzte sich dadurch bei beiden Klägern auf rund 4 km. Beide Kläger fuhren weiterhin wie zuvor getrennt mit dem PKW zur Arbeitsstätte und zurück. Der Kläger machte die Umzugskosten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

Das FA lehnte dies mit der Begründung ab, dass die Fahrzeitersparnis des Klägers nicht eine Stunde betragen habe und die Fahrzeitersparnis beider Ehegatten nicht zu addieren sei. Das FG gab der Klage im wesentlichen statt. Die Revision des FA hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 16. 10. 1992 VI R 132/88, BFHE 170, 484, BStBl. II 1993, 610, 611, m.w.N.) können auch ohne Arbeitsplatzwechsel oder sonstige berufliche Veränderungen beruflich veranlasste Umzugskosten und nicht Kosten der Lebensführung i. S. des § 12 Nr. 1 EStG gegeben sein, wenn sich die Fahrzeiten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und zurück regelmäßig arbeitstäglich um insgesamt mindestens eine Stunde verkürzen. In dem Urteil in BFHE 170, 484, BStBl. Il 1993, 610 hat der Senat die Frage dahingestellt gelassen, ob bei beiderseits berufstätigen Ehegatten die sich jeweils ergebenden Fahrzeitersparnisse zusammengerechnet werden dürfen. Die Frage ist dahin zu beantworten, dass entgegen der Auffassung der Vorinstanz bei einem Umzug verheirateter Arbeitnehmer die jeweiligen Fahrzeitersparnisse der Ehegatten nicht zusammenzurechnen sind.

Die Frage, ob ein Aufwand - wie regelmäßig die Kosten für den Wechsel einer Wohnung - zu den Aufwendungen für die Lebensführung i. S. des § 12 Nr. 1 EStG gehört oder i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG nahezu ausschließlich beruflich veranlasst ist, ist für jeden Arbeitnehmer getrennt zu entscheiden. Dies gilt auch für zusammenveranlagte Ehegatten. Auch bei ihnen sind zunächst die Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 2 EStG zu ermitteln, die sie jeweils erzielt haben, und erst danach erfolgt eine Zusammenrechnung (vgl. §§ 26, 26 b EStG). Für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG) gelten insoweit auch keine Besonderheiten. So steht der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 2000 DM nur dem Ehegatten zu, der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt (vgl. § 9 a Satz 1 Nr. 1 EStG). Die Regelung, dass sich bei Ehegatten, die nach §§ 26, 26 b EStG veranlagt werden, der Pauschbetrag auf das Doppelte erhöht, gilt nur bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 9 a Satz 1 Nr. 2 EStG).

Sind bei der Abgrenzung der Aufwendungen für die Lebensführung i. S. des § 12 Nr. 1 EStG zu den Erwerbsaufwendungen die Indizien, die bei dem einzelnen Ehegatten für eine nahezu ausschließlich berufliche Veranlassung eines Aufwands sprechen, nicht ausreichend, so ist keine Gesamtwürdigung in der Weise vorzunehmen, dass den Ehegatten wechselseitig die jeweils in der Person des anderen Ehegatten vorliegenden und dort ebenfalls nicht ausreichenden Gründe für eine berufliche Veranlassung in der Weise zuzurechnen sind, dass die Gründe in ihrer Summe als ausreichend gewertet werden können. Dementsprechend vermag der Senat die Auffassung der Vorinstanz, bei der Entscheidung über das Vorliegen einer nahezu ausschließlich beruflichen Veranlassung seien das Indiz der Fahrzeitersparnis von einer Stunde bei einem Arbeitnehmer und das Indiz der Fahrzeitersparnis von jeweils einer halben Stunde bei zwei Arbeitnehmern gleichgewichtig, nicht zu teilen.

Die Vorentscheidung ist von anderen Voraussetzungen ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen. Die Kläger haben nicht geltend gemacht, dass die arbeitstägliche Fahrzeitersparnis bei einem von ihnen regelmäßig arbeitstäglich mindestens eine Stunde beträgt.

Rechtsgebiete

Steuerrecht