Voraussetzungen für Verbreitungsverbot bei der Schufa gespeicherter Daten

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

23. 01. 1987


Aktenzeichen

11 W 96/86


Leitsatz des Gerichts

Auch wenn bei der Schufa gespeicherte belastende Daten den Zusatz „Identität nicht feststellbar" tragen, kann der Betroffene die Weitergabe der Daten verbieten lassen. Denn nach § 35 II BDSG dürfen auch Daten, die nur möglicherweise eine bestimmte Person betreffen, möglicherweise aber auf diese Person bezogen unrichtig sind, nicht verwendet werden.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Ast. hat von der Ag. (Schufa) im Verfahren der einstweiligen Verfügung verlangt, die über ihn als Betroffenen gespeicherten Angaben über zwei im Jahre 1985 ergangene Haftbefehle zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung (§§ 900 , 901 ZPO) nicht im Zusammenhang mit seiner Person an andere weiterzugeben. Er hat bestritten, mit der in den Haftbefehlen bezeichneten Person identisch zu sein. Die bei der Ag. gespeicherten Angaben waren jeweils mit dem Zusatz versehen: „Identität nicht feststellbar". Nach Erlass der einstweiligen Verfügung am 22. 8. 1986 haben die Parteien in der Folge das Verfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt. Das LG hat die Kosten des Verfahrens gem. § 91a ZPO der Ag. auferlegt. Die von ihr hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Das LG hat im Ergebnis zu Recht nach § 91a ZPO die Verfahrenskosten der Ag. auferlegt, da die am 22. 8. 1986 erlassene einstweilige Verfügung ohne die Ereignisse im Verhandlungstermin vom 1. 10. 1986, die zu den beiderseitigen Erledigungserklärungen geführt haben, voraussichtlich zu bestätigen gewesen wäre.

Allerdings ist es fraglich, ob mit dem LG davon ausgegangen werden kann, es sei schon vor Verfahrensbeginn klar gewesen, dass die beanstandeten Daten sich nicht auf den Ast. bezogen haben könnten ... Indes kann das dahingestellt bleiben. Anders als in der Entscheidung des BGH in NJW 1978, 2151 = BB 1978, 1278, die noch einen Sachverhalt vor Inkrafttreten des Bundesdatenschutzgesetzes betraf, kommt hier nämlich dem Ast. die Regelung in § 35 II 1 BDSG zu Hilfe mit der Folge, dass er Anspruch auf Unterlassung hatte, die betreffenden Daten im Zusammenhang mit Auskünften über seine Person an Dritte weiterzugeben. Diese Daten hatten zwar nicht positiv zum Inhalt, dass es der Ast. sei, gegen den im Jahre 1985 in zwei Fällen ein Haftbefehl nach § 901 ZPO ergangen sei; vielmehr trugen die Daten den Zusatz „Identität nicht feststellbar". Wenn sie aber bei Auskunftsersuchen, die den Ast. betreffen, mitgeteilt werden, so enthält die Mitteilung auch die Aussage, dass die Identität mit dem Ast. nicht ausgeschlossen, möglicherweise also gegeben sei. Hierbei verkennt der Senat nicht, dass die Auskünfte - für sich gesehen - nicht unrichtig waren, da sie der Wahrheit entsprechend Angaben über zwei ergangene Haftbefehle wiedergaben. Doch kann nicht davon abgesehen werden, dass diese Daten im Zusammenhang mit dem Ast. als ihn möglicherweise betreffend geführt wurden. Insoweit mag offen bleiben, ob diese Sachlage bereits in unmittelbarer Anwendung von § 35 II 1 BDSG die Sperrung dieser Daten nach sich ziehen muss. Jedenfalls fordert der Rechtsgedanke der Vorschrift ihre zumindest sinngemäße Anwendung: Er hat zum Inhalt, dass Daten, die nur möglicherweise auf eine bestimmte Person zutreffen, möglicherweise aber auf diese Person bezogen unrichtig sind, nicht verarbeitet und verwendet werden dürfen. Diese Rechtsfolge darf nicht dadurch umgangen werden, dass die Daten nach Auftreten von Richtigkeitszweifeln etwa mit einem einschränkenden Zusatz, ihre Richtigkeit stehe nicht fest, nun doch weiterverwendet werden; sie unterliegen vielmehr schlechthin der Sperrung. Dies gilt aber nicht nur, wenn sich nachträgliche Bedenken gegen die Richtigkeit von Daten ergeben, sondern notwendigerweise auch, wenn die Daten von vornherein mit einem Vorbehalt, ob sie sich auf eine bestimmte betroffene Person beziehen, versehen sind, dann aber von dem Betroffenen bestritten wird, dass diese Möglichkeit in Betracht komme. Nur so lässt sich vermeiden, dass eine Datenverarbeitungsstelle die gesetzliche Folge in § 35 II 1 BDSG durch Anfügung von Vorbehalten an bestimmte Daten leerlaufen lässt.

Rechtsgebiete

Verbraucherschutzrecht; Datenschutzrecht