Höhergruppierung angestellter Lehrer im öffentlichen Dienst

Gericht

BAG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

21. 07. 1993


Aktenzeichen

4 AZR 394/92


Leitsatz des Gerichts

In Bestimmungen über die Eingruppierung angestellter Lehrer im öffentlichen Dienst kann eine Höhergruppierung von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die für die Beförderung vergleichbarer Beamter gelten, z.B. von der Teilnahme an einem der Bestenauslese dienenden Bewerbungsverfahren.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien streiten darüber, ob die Kl. nach VergGr. IIa oder Ib BAT eingruppiert ist. Die Kl. hat 1963 die zweite Staatsprüfung für das Gewerbelehramt abgelegt. Seit 1974 ist sie an der T-Berufs- und Berufsfachschule des bekl. Landes in E. als Lehrkraft beschäftigt. Seit 1979 liegt ihrer Beschäftigung ein Arbeitsvertrag zugrunde, in dem u.a. folgendes vereinbart ist:

§ 1. ... als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis, in der Tätigkeit einer Studienrätin (Runderlass des Kultusministers vom 30. 3. 1976 Ziff. I.5.1) eingestellt.

§ 2. Die Einstufung erfolgt in Vergütungsgruppe IIa BAT, zuzügl. 100 DM Zulage.

§ 4. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) ...

Die Kl. erhält seither Vergütung nach VergGr. IIa BAT, zuzügl. einer monatlichen Zulage von 100 DM. Eine dienstliche Beurteilung der Tätigkeit der Kl. ist bisher nicht erfolgt. Ihre Leistungen sind nicht beanstandet worden.

Mit Schreiben vom 10. 9. 1990 beantragte die Kl. beim Regierungspräsidenten K ihre Höhergruppierung in VergGr. Ib BAT. Zu diesem Zeitpunkt war an der T-Berufs- und Berufsfachschule eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 frei. Der Regierungspräsident teilte der Kl. daraufhin mit, dass eine Höhergruppierung die Teilnahme an einem Bewerbungsverfahren voraussetze, aufgrund dessen über die Besetzung der zur Verfügung stehenden Beförderungsstelle entschieden werde. Er fasste den Höhergruppierungsantrag der Kl. als Bewerbung auf und leitete ihn an den für das Auswahlverfahren zuständigen Oberkreisdirektor des Kreises E. weiter. Daraufhin antwortete die Kl., dass sie sich nicht um die ausgeschriebene Beförderungsstelle nach A 14 beworben, sondern lediglich eine Höhergruppierung erbeten habe. Daher könne und solle aufgrund ihres Antrags die Beförderung des Studienrats, der sich um die freie Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 beworben hatte, nicht verzögert werden. Dieser erhielt die Stelle auch. Die Kl. hat die Auffassung vertreten, nach dem einschlägigen Eingruppierungserlass des bekl. Landes sei für die Höhergruppierung eine Teilnahme an einem Auswahlverfahren nicht erforderlich. Das Bestenausleseprinzip des Beamtenrechts gelte nicht im Angestelltenbereich. Sie sei allein schon deswegen höher zu gruppieren gewesen, weil sie sich in der geforderten Tätigkeit bewährt und eine entsprechende Planstelle zur Verfügung gestanden habe. Die Kl. hat zuletzt beantragt,

(1) festzustellen, dass das bekl. Land verpflichtet ist, sie ab dem 1. 11. 1990 aus der Vergütungsgruppe Ib BAT zu vergüten;

(2) festzustellen, dass das bekl. Land verpflichtet ist, die jeweiligen Differenzbeträge zwischen der Vergütungsgruppe IIa BAT zuzüglich Zulage und der Vergütungsgruppe Ib BAT ab Fälligkeit mit 4 % zu verzinsen.

Das ArbG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des bekl. Landes hat das LAG die Klage abgewiesen. Die Revision der Kl. blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Kl. hat keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Ib BAT.

I. Die Klage ist zwar auch mit dem Feststellungsantrag zu 1 zulässig. Die Kl. hat insoweit eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage erhoben, gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des BAG keine Bedenken bestehen (vgl. Senat, AP Nr. 114 zu §§ 22 BAT1975).

II. Die Klage ist aber nicht begründet.

1. Aus dem Runderlass des Kultusministeriums vom 30. 3. 1978 über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllen (Erfüllererlass - NW GABl S. 133), lässt sich der von der Kl. geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht herleiten.

a) Das LAG ist davon ausgegangen, dass nach dem Arbeitsvertrag der Erfüllererlass insgesamt für die Vergütung der Kl. maßgeblich und nicht lediglich eine nach diesem Erlass berechnete Vergütung nach VergGr. IIa BAT vereinbart sein sollte. Ob diese Auslegung des Arbeitsvertrags zutreffend ist, kann hier dahinstehen, denn die Kl. erfüllt nicht die sich aus dem Erfüllererlass ergebenden Voraussetzungen für eine Höhergruppierung nach VergGr. Ib BAT.

Für die Eingruppierung der Kl. sind folgende Bestimmungen des Erlasses maßgeblich:

5. Lehrer an beruflichen Schulen VergGr. des BAT Widerrufliche Zulage
5.1 Lehrer mit der Befähigung für das Lehramt an beruflichen Schulen IIa 100 DM
5.3 Wie zu 5.1, wenn sie die Funktion eines Oberstudienrats wahrnehmen, nach Erlangung der Befähigung eine mindestens siebenjährige entsprechende Unterrichtstätigkeit ausgeübt haben und eine Planstelle mindestens der Besoldungsgruppe A 14 zur Verfügung steht. Ib -
9.4 Bei der Eingruppierung der Lehrer nach den Nummern 4.3, 5.3, 5.6, 5.8, 5.9 und 5.11 ist nach denselben Grundsätzen zu verfahren, die bei der Beförderung der entsprechenden Lehrer im Beamtenverhältnis angewandt werden.

b) Zwar erfüllt die Kl. die Voraussetzungen der Nr. 5.3 des Erfüllererlasses. Sie ist Lehrerin mit der Befähigung für das Lehramt an beruflichen Schulen. Sie hat mehr als sieben Jahre die Tätigkeit einer Studienrätin ausgeübt. Damit hat sie auch, wie in Nr. 5.3 des Erlasses gefordert, die Funktion eines Oberstudienrats wahrgenommen. Hierfür bedarf es keiner über die Unterrichtstätigkeit einer Studienrätin hinausgehenden Funktion, denn mit der Dienstbezeichnung Oberstudienrat wird lediglich ein Beförderungsamt bezeichnet, das keine vom Amt eines Studienrats abweichende Tätigkeit voraussetzt. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, hat an der T-Berufs- und Berufsfachschule auch eine freie Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 zur Verfügung gestanden.

c) Die Kl. hat aber nicht die Anforderungen erfüllt, die sich nach Nr. 9.4 des Erlasses aus den Grundsätzen ergeben, die bei der Beförderung der entsprechenden Lehrer im Beamtenverhältnis angewandt werden, denn sie hat sich nicht dem Auswahlverfahren gestellt.

aa) Zu den für die Beförderung entsprechender beamteter Lehrer geltenden Grundsätzen gehört nach §§ 25 V i.V. mit 7 I des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen, dass sie aufgrund einer Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen ist. Kommen mehrere Beamte für eine Beförderung in Betracht oder haben sich mehrere Beamte hierum beworben, so setzt diese Auslese eine vergleichende Wertung voraus. Da eine Beförderung nicht gegen den Willen des betroffenen Beamten möglich ist, sind freilich solche Beamte nicht in die Auslese einzubeziehen, die erklären, sie wollten sich - z.B. aus Rücksichtnahme auf einen Kollegen - nicht bewerben. Folgerichtig kann ein solcher Beamter, der auf seinen Wunsch nicht in die Auswahl einbezogen wird, auch nicht befördert werden.

bb) Entgegen der Auffassung der Revision bestehen dagegen, dass nach Nr. 9.4 des Erlasses für bestimmte Höhergruppierungen auf die dargestellten beamtenrechtlichen Grundsätze zurückzugreifen ist, keine Bedenken. Sinn und Zweck des an die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis anknüpfenden Erfüllererlasses ist es nämlich, im Beamten- und Angestelltenverhältnis jeweils gleichwertige Lehrkräfte zu beschäftigen (vgl. Senat, AP Nr. 13 zu §§ 22 BAT Lehrer). Daraus folgt aber gleichzeitig, dass die nach der fachlichen Qualifikation gleichwertigen Lehrkräfte möglichst auch die gleiche Vergütung für ihre Tätigkeit erhalten sollen, ohne Rücksicht darauf, ob sie als Beamte oder Angestellte beschäftigt werden (Senat, AP Nr. 26 zu §§ 22 BAT Lehrer = NZA 1990, 568 L). Durch diesen Regelungszweck ist es gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber eine Höhergruppierung von einer auf vergleichender Bewertung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung beruhenden Auslese unter mehreren Bewerbern abhängig macht.

cc) Dem hiernach für die Besetzung der freien Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 erforderlichen Ausleseverfahren hat sich die Kl. nicht gestellt. Zwar hat sie weiter den von ihr geltend gemachten Höhergruppierungsanspruch verfolgt, aber gleichzeitig betont, dass sie sich um die freie Planstelle nicht bewerben und nicht der Beförderung eines Kollegen auf diese Planstelle im Wege stehen wolle. Damit hat sie deutlich gemacht, dass sie sich einem wertenden Vergleich mit ihrem Mitbewerber nicht unterziehen wollte. Erfolglos hat die Kl. insoweit geltend gemacht, dass sie bisher nie dienstlich beurteilt worden sei. Unabhängig vom Vorliegen von Regelbeurteilungen kann es nämlich sachlich geboten sein, für die Entscheidung über die Vergabe einer Beförderungsstelle erneut eine Leistungsbewertung der Bewerber vorzunehmen.

2. Der von der Kl. geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

a) Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist es dem Arbeitgeber verwehrt, einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen im Arbeitsverhältnis auszuschließen und schlechterzustellen. Dieser Grundsatz gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Er ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden lässt (BAG, AP Nr. 83 zu § 242 BGB Gleichbehandlung (zu II 1); und AP Nr. 144 zu §§ 22 BAT1975). Zwar hat bei der Festlegung der Vergütung der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies gilt aber nur für individuell vereinbarte Arbeitsentgelte. Dagegen beansprucht der Gleichbehandlungsgrundsatz nach st. Rspr. des BAG uneingeschränkt Geltung, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip festlegt (z.B. BAG, NZA 1993, 215 = AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung(zu B I 2b (3)), auch zur Veröffentlichung in der Amtl. Slg. vorgesehen; BAG, NZA 1993, 171 = AP Nr. 102 zu § 242 BGB Gleichbehandlung (zu II 3a); BAG, Urt. v. 10. 3. 1993 - 4 AZR 204/92 -, unveröff. (zu II 2c aa)). So verhält es sich hier. Das bekl. Land hat im Erfüllererlass generelle Festlegungen für die Vergütung von im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrern festgelegt.

b) Die Revision kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Kl. werde beim Arbeitsentgelt gegenüber den Beamten benachteiligt, da diese vor einer Beförderung nicht die mindestens siebenjährige Unterrichtstätigkeit ausgeübt haben müssten, die in Nr. 5.3 des Erfüllererlasses für die Höhergruppierung von Angestellten vorausgesetzt wird. Im Vergleich zwischen Beamten und Angestellten kommt nämlich die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes schon deshalb nicht in Betracht, weil wegen des grundlegenden Unterschieds des Status von Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes eine vollständige Gleichbehandlung bei der Vergütung nicht verlangt werden kann (st. Rspr. des Senats, z.B. BAGE 56, 59 (70) = AP Nr. 137 zu §§ 22 BAT1975).

c) Auch soweit die Kl. geltend macht, sie werde gegenüber angestellten Lehrern, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht erfüllen, benachteiligt, muss die Revision erfolglos bleiben. Zwar kommt es nach Nr. 4.2 des zur Vergütung dieser Lehrer ergangenen Erlasses des Kultusministers vom 22. 3. 1978 (NW GABl S. 135, 138) für eine Höhergruppierung nach VergGr. Ib BAT nicht auf das Vorhandensein einer entsprechenden freien Planstelle und auch nicht auf die Teilnahme an einem Ausleseverfahren an. Vielmehr erfolgt nach dieser Bestimmung die Höhergruppierung nach fünfzehnjähriger Bewährung in der Tätigkeit eines Studienrats nach VergGr. IIa BAT. Die Kl. hat aber nichts dafür vorgetragen, dass sie aufgrund dieser unterschiedlichen Regelungen gegenüber vergleichbaren "Nichterfüllern" benachteiligt sei. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Erfordernis einer freien Planstelle und der Bestenauslese regelmäßig dazu führten, dass die unter den Erfüllererlass fallenden Lehrer in der Tätigkeit von Studienräten erst nach mehr als fünfzehnjähriger Tätigkeit in die VergGr. Ib BAT höhergruppiert werden.

Vorinstanzen

LAG Köln, 2 Sa 88/92, 03.06.1992

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht