Betriebsübergang – Hotelbetrieb

Gericht

BAG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

14. 12. 2000


Aktenzeichen

8 AZR 694/99


Tenor


Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 14. Juli 1999 – 4 Sa 82/99 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Übergang eines Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger war seit 1993 bei der T. (T. GmbH) beschäftigt. Er arbeitete als Restaurantleiter/Ausbilder im Hotel T. in E. Die T. GmbH hatte das Hotel von der Eigentümerin gepachtet. Im Pachtvertrag ist unter anderem folgendes geregelt:

"Die Betreibergesellschaft verpflichtet sich, die zum Hotelbetrieb gehörenden Arbeitskräfte gem. § 613 a BGB zum Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages zu übernehmen und weitestgehend unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Effizienz zu erhalten. Bei Ablauf oder Beendigung des Pachtverhältnisses vereinbart die Eigentümergesellschaft mit dem nachfolgenden Pächter bzw. Käufer die Übernahme der Arbeitsverhältnisse gem. § 613 a BGB."

Die T. GmbH betrieb ein zweites Hotel in E., (Hotel II), in dem der Kläger nicht eingesetzt wurde. Für beide Hotels bestand ein gemeinsamer Betriebsrat, dessen Mitglied der Kläger war.

Am 29. März 1994 kaufte die Beklagte das Hotel T. Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr sollten am Tag der Kaufpreiszahlung auf sie übergehen. Die Beklagte verpflichtete sich, innerhalb von 3½ Jahren einen Umbau durchzuführen, 66 Vollarbeitsplätze zu schaffen und während der Umbauphase Ersatzarbeitsplätze anzubieten. Von der T. GmbH ließ sie sich ein jederzeitiges Recht zur Kündigung des Pachtvertrags zum Monatsende einräumen. Die T. GmbH verpflichtete sich, bis zur "Übergabe des Pachtvertrags" kein Pacht- und Betriebsinventar zu veräußern und zum Auflösungszeitpunkt das gesamte derzeitige Inventar an die Beklagte zu übergeben.

Nach dem die T. GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, wurde im September 1994 ihre Liquidation beschlossen. Am 21. Oktober 1994 wurde die Sequestration angeordnet. Der Sequester teilte der Beklagten am 27. Oktober 1994 mit, er beabsichtige, den Geschäftsbetrieb stillzulegen; zugleich bat er, die etwaige Weiterführung zu klären.

Die Beklagte zahlte am 9. November 1994 den Kaufpreis und kündigte am 11. November 1994 den Pachtvertrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Mit Schreiben vom 13. November 1994 teilte der Sequester der Beklagten mit, die betriebliche Tätigkeit im Hotel T. sei zum 13. November 1994 vollständig eingestellt worden. Er schickte die Arbeitnehmer, soweit möglich, in Urlaub und setzte sie im übrigen reihum im Hotel II ein. Am 28. November 1994 wurde das Hotel T. an die Beklagte übergeben, die den Hotelbetrieb nicht fortführte.

Am 1. Januar 1995 wurde über das Vermögen der T. GmbH das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet. Der Gesamtvollstreckungsverwalter kündigte noch am selben Tage allen Arbeitnehmern. Der Hotelbetrieb im Hotel II wurde fortgeführt, ab dem 1. April 1995 von einem neuen Betreiber.

Auf die Kündigungsschutzklage des Klägers hat das Landesarbeitsgericht – inzwischen rechtskräftig – festgestellt, das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Gesamtvollstreckungsverwalter sei durch die Kündigung vom 1. Januar 1995 nicht aufgelöst worden. Außerdem hat der Kläger den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten geltend gemacht. Er hat vorgetragen, die vertragsgemäße Rückgabe des verpachteten Betriebs am 28. November 1994 stelle einen Betriebsübergang auf die Beklagte dar. Der Betrieb hätte nahtlos fortgeführt werden können, da die Immobilie, alle notwendigen Einrichtungsgegenstände, die Arbeitnehmer, das know-how und die Energielieferungsverträge vorhanden gewesen seien. Der Betrieb sei auch nicht bereits stillgelegt gewesen.

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergegangen sei.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, der Hotelbetrieb sei am 13. November 1994 stillgelegt worden. Wesentliche Betriebsmittel seien schon im September 1994 veräußert oder endgültig in das Hotel II verbracht worden. Ein Betriebsübergang sei nicht erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klagantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis des Klägers sei nicht durch Betriebsübergang auf die Beklagte übergegangen. Die Beklagte habe den Betrieb des Hotels T. unstreitig nicht fortgeführt. Die bloße Möglichkeit, den Betrieb selbst unverändert fortführen zu können, erlaube nicht die Annahme eines Betriebsübergangs. Ob die Beklagte Ersatzarbeitsplätze anbieten müsse, könne dahingestellt bleiben. Nach dem Kaufvertrag bestehe allenfalls eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Abgabe eines Vertragsangebots, die nicht streitgegenständlich sei.

II. Dem schließt sich der Senat an.

1. Ein Übergang des Arbeitsverhältnisses kommt nach dem Vortrag der Parteien nur auf Grund eines Betriebsübergangs oder Teilbetriebsübergangs gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht. Das Hotel T., in dem der Kläger beschäftigt war, stellte eine übergangsfähige wirtschaftliche Einheit dar. Diese Einheit ist aber nicht auf die Beklagte als neue Inhaberin übergegangen.

2. Ein Teilbetriebsübergang liegt ebenso wie ein Betriebsübergang vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung von deren Identität fortführt. Ob ein im wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit "Teilbetrieb" oder "Betrieb" bei dem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falles. Zu den maßgeblichen Tatsachen hierfür zählen insbesondere die Art der betreffenden Einheit, der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit. Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebs ein. Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb oder Betriebsteil einstellen. Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es daneben nicht. Ein Wechsel der Inhaberschaft tritt nicht ein, wenn der neue "Inhaber" den Betrieb nicht führt. Der Übergang durch Rechtsgeschäft erfasst alle Fälle einer Fortführung der wirtschaftlichen Einheit im Rahmen vertraglicher oder sonst rechtsgeschäftlicher Beziehungen, ohne dass unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber bestehen müssen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur 12. November 1998 – 8 AZR 282/97 – BAGE 90, 163, 166 f.; 18. März 1999 – 8 AZR 159/98 – BAGE 91, 121, 126 ff.; 26. August 1999 – 8 AZR 827/98 – AP BGB § 613 a Nr. 197 = EzA BGB § 613 a Nr. 187, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu I 3 a, c der Gründe; 23. September 1999 – 8 AZR 166/99 – nv., zu II 1 der Gründe; 25. Mai 2000 – 8 AZR 416/99 – AP BGB § 613 a Nr. 209, zu II 1 a der Gründe).

3. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Abwägung aller Umstände einschließlich der rechtsgeschäftlich übernommenen Pflichten und der bestehenden Absichten ergibt, dass kein Übergang der wirtschaftlichen Einheit vorliegt. Die Beklagte hat nicht etwa den (Teil)betrieb übernommen und dann stillgelegt.

a) Die Beklagte hat das Hotel T. nicht fortgeführt. Dessen Identität blieb mit der Übergabe am 28. November 1994 bei der Beklagten nicht gewahrt. Die Beklagte hat zwar die materiellen Betriebsmittel erhalten, die für den Betrieb eines Hotels von wesentlicher Bedeutung sind. Sie hätte auch die Organisation übernehmen, die Arbeitnehmer, die sämtlich ungekündigt waren, weiterbeschäftigen und den Hotelbetrieb nach einer unwesentlichen Unterbrechung von zwei bis drei Wochen fortführen können. Gerade das hat sie aber nicht getan. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, erlaubt die Möglichkeit, den Betrieb unverändert fortführen zu können, noch nicht die Annahme eines Betriebsübergangs.

b) Die Beklagte hatte sich nicht im Kaufvertrag verpflichtet, die wirtschaftliche Einheit zu übernehmen und fortzuführen. Vielmehr sollte sie Arbeitsplätze nach einem mehrjährigen Umbau schaffen und zwischenzeitlich für anderweitigen Ersatz sorgen. Damit war nicht die Übernahme, sondern die Stillegung und spätere Eröffnung eines neuen Betriebs vorgesehen. Eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung, alle Arbeitsverhältnisse fortzuführen, kann unter diesen Umständen nicht angenommen werden. Im Pachtvertrag war nur die T. GmbH zur Übernahme der Arbeitnehmer verpflichtet worden. Die hier vorgesehene Vereinbarung der Eigentümerin mit einem späteren Käufer ist so nicht zustande gekommen. Vielmehr sollte es nur allgemein um Ersatzarbeitsplätze oder Ausbildungs- und sonstige Überbrückungsmaßnahmen gehen.

c) Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, die Beklagte habe erklärt, das Hotel selbst betreiben zu wollen. Vielmehr führt auch die Revision des Klägers aus, es habe sich um Großinvestitionen in der Stadt E. und darum gehandelt, das Hotel mit einem international renommierten Hotelunternehmen zu betreiben. Wenn die Revision dann eine Absicht der Beklagten annimmt, den Hotelbetrieb selbst fortzuführen, steht das mit den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht im Einklang.

III. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Normen

BGB § 613a