Unterhaltsbedarf bei überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen

Gericht

OLG Köln


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

13. 01. 1994


Aktenzeichen

14 UF 206/93


Leitsatz des Gerichts

Bei überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen ist der Unterhaltsanspruch nicht nach einer Quote des Gesamteinkommens der Parteien zu bemessen, sondern es ist der konkrete, den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechende Unterhaltsbedarf festzustellen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien sind Eheleute. Sie leben seit November 1991 getrennt. Die Kl. bewohnt mit den Töchtern K., geboren 1978, und M., geboren 1981, das den Parteien zu je 1/2 gehörende Haus in F.-K., aus welchem der Bekl. ausgezogen ist. Den Kapitaldienst für dieses Objekt ebenso wie für ein weiteres den Parteien zu je 1/2 gehörendes Haus trägt der Bekl. Weiterhin zahlt er die Grundbesitzabgaben und den Beitrag der Gebäudeversicherung.

Der Bekl. ist als Arzt Mitinhaber einer röntgenologischen Praxis.

Die Kl., gelernte medizinisch-technische Assistentin, ist seit 1978 nicht mehr erwerbstätig. Nachdem der Bekl. während des Trennungsjahres 1992 noch höhere Zahlungen an die Kl. für diese und die Kinder erbracht hatte, zahlt er ab Februar 1993 monatliche Beträge von 6.200 DM für die Kl. und von insgesamt 2.000 DM für die beiden Kinder. Mit der Klage begehrt die Kl. höheren Trennungs- und Kindesunterhalt.

Die Kl. trägt vor, der Bekl. habe aus seiner Beteiligung am Röntgeninstitut im Durchschnitt der Jahre 1990 bis 1992 ein Jahresnettoeinkommen von rund 520.000 DM erzielt. ...

Durch Urteil v. 23. 7. 1993 hat das AmtsG die Klage abgewiesen.

Gegen das Urteil hat die Kl. Berufung eingelegt.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. ...

Der Bekl. ist der Kl. zu Unterhaltsleistungen verpflichtet gemäß § 1361 BGB. Unterhaltsansprüche der Kinder, welche gemäß § 1629 III BGB von der Kl. im eigenen Namen geltend zu machen sind, folgen aus §§ 1601 ff. BGB.

Den Unterhaltsbedarf der Kl. und der Kinder hat der Bekl. in vollem Umfang zu decken, wobei davon ausgegangen wird, dass die Kl. ohne eigenes Einkommen ist, auch Mieteinkünfte nicht anzurechnen sind. Ihr steht gemäß § 1361 I S. 2 BGB auch Altersvorsorgeunterhalt zu, nachdem das Scheidungsverfahren seit Februar 1993 rechtshängig ist. Angesichts der bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse ist die Kl. jedenfalls während der Trennungszeit auch nicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit zu verweisen, welche sie seit 1978 nicht mehr ausgeübt hat. Das Maß des zu fordernden Unterhalts bestimmt sich für die Kl. nach den ehel. Lebensverhältnissen, die von den Einkünften des Bekl. und durch das Wohnen im Hause der Parteien geprägt waren. Für die Kinder ist deren Lebensstellung maßgebend, die sich wiederum nach derjenigen des barunterhaltspflichtigen Vaters richtet.

Bei den hier gegebenen Einkommensverhältnissen ist der Ehegattenunterhalt nicht mit einer quotenmäßigen Beteiligung des Unterhaltsberechtigten an den Einkünften des Unterhaltspflichtigen zu bemessen. Dies ist nur so lange gerechtfertigt, wie die erzielten Einkünfte wenigstens ganz überwiegend für den Lebensbedarf verbraucht werden. Ist dies wegen der überdurchschnittlichen Höhe der Einkünfte nicht der Fall, muss der konkrete, den ehel. Lebensverhältnissen entsprechende Unterhaltsbedarf festgestellt werden. Gleiches gilt für den Kindesunterhalt, für den nicht auf Tabellensätze abgestellt werden kann.

In die Bedarfsermittlung ist einzubeziehen der Bereich des Wohnens, der Nahrung, der Kleidung und Kosmetik, der sportlichen Betätigung und des Urlaubs. Bei der Kl. sind außerdem Vorsorgeaufwendungen anzusetzen, die sie mit Versicherungsbeiträgen geltend macht. Ausgangspunkt für die Bemessung ist zwar der von den Parteien gepflegte Lebensstil. Dabei ist jedoch eine Objektivierung geboten. Es ist bedarfsmäßig auf dasjenige abzustellen, was für eine anerkennenswerte Lebensführung sinnvoll ausgegeben werden kann. Auch ist zu berücksichtigen, dass von den Eheleuten gemachte Aufwendungen gerade aus einer gemeinsamen Lebensgestaltung heraus getätigt sein können, für welche die Grundlage mit der Trennung entfällt, was hier insbesondere für die von der Kl. angeführten erheblichen Urlaubsaufwendungen von Bedeutung ist (BGH, FamRZ 1992, 322; 1993, 64).

Bei der Unterhaltsbemessung für die Kinder ist zwar ebenso die gehobene Lebensstellung des Bekl. zu beachten, jedoch haben sie keinen Anspruch auf Teilhabe am Luxus, bestimmend für ihren Bedarf bleibt vielmehr das Kindsein (BGH, FamRZ 1983, 473; 1987, 58).

Entsprechend solchen Bewertungen ist der vom Bekl. zu zahlende Unterhalt für die Kl. und die Kinder nach einem konkret festzustellenden Bedarf zu ermitteln, wovon die Parteien auch übereinstimmend ausgehen, ebenso wie die Leistungsfähigkeit des Bekl. außer Streit ist.

...

Nach allem ergibt sich zusammenfassend folgende Unterhaltsbemessung:

Ehegattenunterhalt:

Heizölkosten Jahresbetrag 5.000 DM

Monatsaufwand 420 DM.

Gärtner Jahresbetrag 3.000 DM

Monatsaufwand 250 DM.

Wachdienst Monatsaufwand 90 DM.

Haushaltshilfe Monatsaufwand 900 DM.

Fensterputzer Jahresbetrag 700 DM

Monatsaufwand 60 DM.

Pkw-Kosten Monatsaufwand 500 DM.

Golfspiel Monatsaufwand 460 DM.

Tennisspiel Jahresbetrag rund 11.000 DM

Monatsaufwand 900 DM.

Urlaub Jahresbetrag 20.000 DM

Monatsaufwand 1.660 DM.

Kleidung und Kosmetik Jahresbetrag

rund 28.000 DM Monatsaufwand 2.300 DM.

Lebensmittel und Putzmittel

Monatsaufwand 1.600 DM.

Lebensversicherungen und BfA-Beitrag

Jahresbetrag 19.836 DM

Monatsaufwand 1.650 DM.

andere Versicherungsbeiträge und Steuern (KfZ, Unfall, Hausrat, Reise, Rechtschutz und Haftpflicht)

Jahresbetrag 6.930 DM

Monatsaufwand 570 DM.

Summe 11.360 DM.

Unterhalt der Kinder:

Lebensmittel Monatsaufwand 500 DM.

Kleidung Monatsaufwand 300 DM.

Urlaub Monatsaufwand 400 DM.

Klavierunterricht Monatsaufwand 140 DM.

Tennisspiel Monatsaufwand 300 DM.

Taschengeld Monatsaufwand 100 DM.

Summe 1.740 DM;

bei K. zusätzlich Nachhilfeunterricht 210 DM.

Summe 1.950 DM.

Rechtsgebiete

Unterhaltsrecht