Die Ausschlussfrist nach § 21 BAT-O

Gericht

BAG 4. Senat


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

26. 04. 2000


Aktenzeichen

4 AZR 124/99


Leitsatz des Gerichts

Die Ausschlussfrist des § 21 BAT-O wird in Lauf gesetzt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Zuge des Antrags auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten i.S. des § 19 BAT-O unter Hinweis auf § 21 BAT-O auffordert, den beruflichen Werdegang einschließlich Ausbildung lückenlos darzustellen und als richtig zu versichern.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien streiten darüber, ob der bekl. Freistaat verpflichtet ist, dem Kl. ab 5. 3. 1995, hilfsweise ab 20. 12. 1996 Vergütung nach Vergütungsgruppe I b BAT-O zu zahlen. Dabei geht es vor allem darum, ob dem Kl. die Zeit vom 5. 3. 1980 bis 2. 10. 1990 als Beschäftigungszeit i.S. des § 19 BAT-O anzurechnen ist oder ob der Kl. insoweit die Ausschlussfrist des § 21 BAT-O versäumt hat.

Der am 4. 10. 1948 geborene Kl. ist französischer Staatsangehöriger. Seit 1961 hielt er sich in der ehemaligen DDR auf und legte dort 1967 das Abitur an einer erweiterten Oberschule in Ost-Berlin ab. 1972 schloss er ein vierjähriges Hochschulstudium an der Bergakademie Freiberg Fachrichtung „Gewinnungs- und Aufbereitungsmaschinen“ erfolgreich als Diplom-Ingenieur für Maschinenbau ab. Außerdem verfügt der Kl. über den am 1. 7. 1986 erworbenen postgradualen Fachabschluss für Hochschulpädagogik und wurde 1993 zum Dr. phil. promoviert. Seit dem 5. 3. 1980 wird er an der Universität beschäftigt. Bis zum 31. 8. 1988 übte er die Tätigkeit eines Lehrers im Hochschuldienst aufgrund des Arbeitsvertrages vom 5. 3. 1980 in der „Sektion theoretische und angewandte Sprachwissenschaften“ zunächst befristet, dann ab 1. 4. 1980 unbefristet aus. Vom 1. 9. 1988 bis 19. 6. 1990 absolvierte er eine planmäßige Aspirantur, die ursprünglich bis 31. 8. 1991 vorgesehen war. Während der Aspirantur widmete sich der Kl. in erster Linie seiner Dissertation mit einem linguistischen Thema aus dem Bereich der Fremdsprachenforschung und erhielt kein Gehalt, sondern ein Stipendium. Sie wurde vorzeitig mit Änderungsvertrag vom 24. 4. 1990 „Wiedereinstellung nach Aspirantur“ als „wissenschaftlicher Assistent“ mit Wirkung vom 15. 6. 1990 beendet. Als Assistent war er mit wissenschaftlichen Tätigkeiten mit Lehr- und Eigenqualifikationsaufgaben betraut. Seit dem 1. 9. 1992 erfolgte seine Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter/Lektor mit Lehraufgaben (Translationsorientierte Textanalyse und Textproduktion; Übersetzen Deutsch/Französisch; Fachübersetzen Deutsch/Französisch; Literarisches Übersetzen; Fachtextlinguistik) sowie Forschungstätigkeit. Aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit sowie einzelarbeitsvertraglicher Vereinbarung im „Änderungsvertrag“ vom 1. 10. 1991 „bestimmt sich“ das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10. 12. 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung (§ 2). Nach § 1 Abs. 1 des Änderungsvertrages verlieren alle bisherigen Regelungen des Arbeitsvertrages vom 5. 3. 1980 einschließlich erfolgter Änderungen ihre Gültigkeit und werden durch die Regelungen des BAT-O ersetzt. Dies gilt insbesondere für die Zuordnung zu einer Gehaltsgruppe, für die Zahlung von Zulagen, Zuschlägen etc. In § 3 heißt es:

„Der/die Angestellte ist in der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1a/1b zum BAT-O eingruppiert (§ 22 Abs. 3 BAT-O).“

Der Kl. bezog und bezieht dementsprechend Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT-O.

Am 29. 5. 1992 erhielt der Kl. vom Bekl. das Antragsformular zur Anerkennung der Beschäftigungszeiten mit einem Hinweis auf die Ausschlussfristenregelung des § 21 BAT-O. Der Antrag des Kl. auf Anerkennung gemäß § 19 BAT-O ging mit Schreiben vom 9. 2. 1993 bei dem Bekl. ein. Inzwischen hatte der Bekl. durch die Universität mit Bescheid vom 3. 2. 1993 den Beginn der Beschäftigungszeit von Amts wegen auf den 3. 10. 1990 festgesetzt.

Mit dem bei dem Bekl. am 18. 1. 1996 eingegangenen Schreiben vom 15. 1. 1996 verlangte der Kl. erfolglos Vergütung nach Vergütungsgruppe I b BAT-O ab März 1995. Mit der am 2. 4. 1996 beim ArbG eingegangenen Klage begehrt der Kl. weiter Vergütung nach Vergütungsgruppe I b BAT-O ab 5. 3. 1995, hilfsweise ab 20. 12. 1996.

Der Kl. hat vorgetragen:

Wegen Erfüllung der 15-jährigen Bewährungszeit sei er in Vergütungsgruppe I b BAT-O eingruppiert. Hinsichtlich des Antrages auf Festsetzung der anrechnungsfähigen Beschäftigungszeiten habe er das Datum der Übergabe des Formblattes als „Beginn des Ablaufes einer - [ihm] bis dahin unbekannten - Ausschlussfrist nicht erkannt“, sondern sich den Stichtag 31. 12. 1994 gemerkt. Dieses Versehen sei durch eine Missdeutung des „Merkblattes zum Vollzug der Tarifverträge über die Anerkennung von Beschäftigungszeiten“ S. 2, „bis zum 31. 12. 1994 hat der Beschäftigte die anrechnungsfähigen Beschäftigungszeiten ...“ entstanden. Zudem habe er sich zu diesem Zeitpunkt anderen Prioritäten gewidmet, nämlich der ernsthaft erkrankten Ehefrau und dem bevorstehenden Abschluss der Promotion. Die Regelung des § 21 Satz 2 BAT-O ziele im übrigen lediglich darauf ab, dass solche Zeiten, die sich nicht aus den Personalakten ergäben oder aber vom Arbeitgeber bestritten würden, durch den Arbeitnehmer nachzuweisen seien. Dies sei hier nicht der Fall. Die entsprechenden Unterlagen seien in der Personalakte gewesen. Der Arbeitgeber habe die Möglichkeit gehabt, die Beschäftigungszeiten zu erfassen und zu überprüfen.

Er sei nicht in der Zeit von 1980 bis 1988 als „Hochschullehrer“ und damit als Lehrkraft i.S. der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung des BAT-O tätig gewesen. In Wirklichkeit seien auf die reine Lehrtätigkeit nur 19 Wochenstunden entfallen, auf die forschungsbezogenen und dominanten Tätigkeiten aber 24 Wochenstunden.

Im übrigen könne er sich hilfsweise arbeitsvertraglich auf die Anwendung der Vergütungsordnung gemäß Anlage 1a zum BAT-O berufen. Im Änderungsvertrag vom 1. 10. 1991 sei eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass auf das Arbeitsverhältnis die Eingruppierungsvorschriften der Anlage 1a zum BAT-O Anwendung finden sollten. Außerdem wende der Bekl. für vergleichbare Lehrkräfte an Hochschulen keine anderweitige tarifliche Regelung als die Anlage 1a zum BAT-O an. Die Aspirantur habe die Bewährungszeit nicht unterbrochen. Der Kl. hat zuletzt beantragt:

Es wird festgestellt, dass der Bekl. verpflichtet ist, an den Kl. ab dem 5. 3. 1995, hilfsweise ab dem 20. 12. 1996 Vergütung nach Vergütungsgruppe I b BAT-O zuzüglich 4% Zinsen auf die rückständigen Nettodifferenzbeträge ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Bekl. hat beantragt: Die Klage wird abgewiesen. Er hat vorgetragen, wegen fehlender 15-jähriger Bewährungszeit sei der Kl. nicht in Vergütungsgruppe I b aufgestiegen. Die Berücksichtigung der Zeiten vor dem 1. 7. 1991 komme wegen § 2 Nr. 1 des Änderungstarifvertrages zum BAT-O nur dann als Bewährungszeit in Betracht, wenn sie gemäß § 19 BAT-O anerkannt worden wäre. Der Kl. habe jedoch die Frist versäumt, den Anspruch auf Anerkennung der Beschäftigungszeiten rechtzeitig innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist geltend zu machen. Er habe auch nicht vor Fristablauf einen Verlängerungsantrag nach § 21 Satz 2 BAT-O gestellt. Dem Arbeitgeber obliege es nicht, die Zeiten selbst auf ihre Anerkennungsfähigkeit zu überprüfen. Aus der Personalakte des Kl. ergebe sich ausschließlich eine Tätigkeit als Lehrer an einer Hochschule. Der Kl. behaupte dagegen, wissenschaftlich tätig gewesen zu sein. Dies soll sich aber aufgrund seiner eigenen Darstellung nicht aus den Personalakten ergeben, sondern es werde insoweit Zeugenbeweis angeboten. Im übrigen behaupte der Kl. zwar, er habe zwischen 1980 und 1988 zu einem überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit wissenschaftliche Tätigkeiten und keine Lehrtätigkeiten ausgeübt. Aufgrund seiner eigenen Darstellung ergebe sich aber, dass 25 Stunden von 43 3/4 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit mit Lehrtätigkeit belegt sei. Zudem sei der wissenschaftliche Anteil seiner Arbeitszeit in Wahrheit ebenfalls als Lehrtätigkeit einzuordnen. Außerdem sei die nicht anerkannte Beschäftigungszeit des Kl. auch durch seine Aspirantur im Hinblick auf § 23a BAT-O schädlich unterbrochen gewesen. Soweit der Kl. meine, er könne sich hinsichtlich seiner Eingruppierung aufgrund einzelarbeitsvertraglicher Vereinbarung auf die Anlage 1a BAT-O berufen, so könne dies allenfalls nur für die Zeit ab dem 1. 10. 1991 gelten. Die Zeit zuvor richte sich allein nach den tariflichen Bestimmungen des BAT-O.

Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Die Klage sei deswegen unbegründet, weil der Kl. von 1980 bis jedenfalls 1988 als Hochschullehrer beschäftigt gewesen sei und damit zu den Lehrkräften gehört habe, auf die nach der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen die Vergütungsordnung des BAT gerade nicht anzuwenden sei. Das LAG hat die Berufung des Kl. zurückgewiesen. Beschäftigungszeiten vor dem 1. 7. 1991 habe der Bekl. unberücksichtigt bleiben lassen können, weil der Kl. die tarifliche Ausschlussfrist des § 21 BAT-O versäumt habe. Die vom LAG zugelassene Revision des Kl. hat keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I.

Die Revision des Kl. ist unbegründet. Der Kl. hat keinen Anspruch darauf, bereits ab 5. 3. 1995 oder ab 20. 12. 1996 nach Vergütungsgruppe I b BAT-O vergütet zu werden, weil die Zeit vom 5. 3. 1980 bis 2. 10. 1990 nicht als Beschäftigungszeit i.S. des § 19 BAT-O anzurechnen ist. Der Kl. hat die Ausschlussfrist des § 21 BAT-O versäumt.

Die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kl. hat in der Zeit vom 5. 3. 1980 bis 4. 3. 1995 oder bis 19. 12. 1996 nicht die von dem Eingruppierungsmerkmal der Vergütungsgruppe I b Fallgruppe 2 der Anlage 1a zum BAT-O/BL aufgestellte Voraussetzung der 15-jährigen Bewährung in der Vergütungsgruppe II a erfüllt. Seine Beschäftigung bei dem Bekl. bzw. seinem Rechtsvorgänger in der Zeit vom 5. 3. 1980 bis 2. 10. 1990 kann bei der Berechnung der Bewährungszeit nicht berücksichtigt werden.

1.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der BAT-O vom 10. 12. 1990 und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Dessen uneingeschränkte Geltung haben die Parteien überdies in ihrem Arbeitsvertrag vom 1. 10. 1991 (§ 2) vereinbart.

2.

Der Kl. hat nur dann Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe I b BAT-O, wenn er aus der Vergütungsgruppe II a im Wege der Bewährung in die Vergütungsgruppe I b aufgestiegen ist, also ein mit dem Hinweiszeichen * gekennzeichnetes Tätigkeitsmerkmal der Vergütungsgruppe II a erfüllt, die volle Bewährungszeit bei Beginn der fraglichen Zeitpunkte abgelaufen ist und der Kl. sich tatsächlich bewährt hat.

Danach kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die nachfolgenden Tarifbestimmungen der Anlage 1a zum BAT-O an:

Vergütungsgruppe II a

1.

a)

Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.*

...

Vergütungsgruppe I b

...

2.

Angestellte, die nach mit dem Hinweiszeichen * gekennzeichneten Tätigkeitsmerkmalen in der Vergütungsgruppe II a eingruppiert sind, nach 11-jähriger Bewährung in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe II a, wenn sie eine zweite Staatsprüfung abgelegt haben, im übrigen nach 15-jähriger Bewährung in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe II a. ...

3.

Auf die Erfüllung einer Bewährungszeit können nach § 2 Nr. 1 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vom 8. 5. 1991 auch Zeiten angerechnet werden, die vor Inkrafttreten der Anlage 1a zum BAT-O liegen, und zwar Zeiten, die auch nach § 19 BAT-O zu berücksichtigen sind.

Diese Bestimmung lautet:

„Übernahme der Vergütungsordnung des BAT

Die Anlage 1a für die Bereiche des Bundes und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ... und die Anlage 1b zum BAT sind mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1. Sofern in Tätigkeitsmerkmalen Bewährungszeiten, Tätigkeitszeiten, Zeiten einer Berufsausübung usw. gefordert werden, werden diejenigen vor dem 1. 7. 1991 zurückgelegten und nach § 19 Abs. 1 und 2 BAT-O und den Übergangsvorschriften hierzu als Beschäftigungszeit anerkannten Zeiten berücksichtigt, die zu berücksichtigen gewesen wären, wenn der Abschnitt VI und die Vergütungsordnung des BAT-O bereits vor dem 1. 7. 1991 gegolten hätten.

2. ...“

4.

Die Berücksichtigung dieser Zeiten setzt also voraus, dass sie als Beschäftigungszeiten nach § 19 Abs. 1 und 2 BAT-O und den dazu ergangenen Übergangsvorschriften berücksichtigt worden sind. Das ist bei dem Kl. für die Zeit vom 5. 3. 1980 bis 2. 10. 1990 nicht der Fall. Frühere Beschäftigungszeiten i.S. des § 19 BAT-O hat der Bekl. mit dem Bescheid vom 3. 2. 1993 erst am 3. 10. 1990 anerkannt, womit die 15-jährige Bewährungszeit frühestens mit Ablauf des 2. 10. 2005 endet.

a)

Das LAG hat dazu ausgeführt, Beschäftigungszeiten vor dem 1. 7. 1991 habe der Bekl. unberücksichtigt lassen dürfen, weil der Kl. im Rahmen des Feststellungsverfahrens die tarifliche Ausschlussfrist des § 21 BAT-O versäumt habe. Das hält einer Überprüfung durch das Revisionsgericht stand.

b)

§ 21 BAT-O lautet:

Ausschlussfrist

Der Angestellte hat die anrechnungsfähigen Beschäftigungszeiten innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Aufforderung durch den Arbeitgeber nachzuweisen. Zeiten, für die der Nachweis nicht fristgemäß erbracht wird, werden nicht angerechnet. Kann der Nachweis aus einem vom Angestellten nicht zu vertretenden Grunde innerhalb der Ausschlussfrist nicht erbracht werden, so ist die Frist auf einen vor Ablauf der Ausschlussfrist zu stellenden Antrag angemessen zu verlängern.

(Bis zum 31. 12. 1994 betrug die Ausschlussfrist sechs Monate).

Der Kl. erhielt am 29. 5. 1992 eine entsprechende Aufforderung des Bekl. zusammen mit dem Vordruck auf Anerkennung der Beschäftigungszeiten und einen Hinweis auf die Ausschlussfrist des § 21 BAT-O. Diese Mitteilung ist als Aufforderung anzusehen, die anrechnungsfähigen Beschäftigungszeiten nachzuweisen. Die zum damaligen Zeitpunkt geltende Ausschlussfrist von sechs Monaten wäre zwar am 30. 11. 1992 abgelaufen. Der Bekl. gewährte jedoch allgemein eine Nachfrist bis zum 31. 12. 1992. Bis zu diesem Zeit punkt ist jedoch keine Erklärung des Kl. beim Bekl. eingegangen. Vielmehr gab der Kl. den ausgefüllten Vordruck erst am 9. 2. 1993 ab, also verspätet. Einen möglichen persönlichen Antrag auf Verlängerung der Ausschlussfrist hat der Kl. nicht gestellt. Darauf hat das LAG zutreffend hingewiesen.

c)

Das greift die Revision mit der Erwägung an, § 21 Satz 1 BAT-O verlange nicht, dass der Angestellte von sich aus einen Antrag stellen müsse, um die maßgeblichen Beschäftigungszeiten anerkennen zu lassen. Weiterhin müsse der Angestellte auch nicht von sich aus den etwaigen Beginn der Beschäftigungszeit und die Dauer der Beschäftigungszeit innerhalb bestimmter Fristen geltend machen. Gefordert sei vielmehr ausdrücklich nur die Beibringung von Nachweisen für die Beschäftigungszeiten, für die eine entsprechende „Aufforderung durch den Arbeitgeber“ ergangen sei. Dementsprechend würden nur die Zeiten, für die der Nachweis nicht fristgerecht erbracht werde, nicht angerechnet. Die Ausschlussfrist des § 21 BAT-O beginne erst dann zu laufen, wenn der Arbeitgeber den Angestellten zum Nachweis von konkreten offenen Verdienstzeiten auffordere. Lägen die Voraussetzungen des § 19 BAT-O vor und habe der Arbeitgeber die erforderlichen Unterlagen, um dies zu erkennen, sei er grundsätzlich auch bereits ohne einen darauf gerichteten „Antrag“ oder eine schriftliche Geltendmachung des Arbeitnehmers verpflichtet, die Beschäftigungszeit zutreffend nach Aktenlage festzusetzen. Dem ist nicht zu folgen.

d)

Es ist zwar richtig, dass nicht ein Antrag auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten der Ausschlussfrist des § 21 BAT-O unterliegt, sondern der „Nachweis“ von Beschäftigungszeiten nach „Aufforderung“. Eine solche „Aufforderung“ ist an den Kl. ergangen, mit der der Kl. der Sache nach lediglich um eine Auskunft gebeten wurde, wenn er den beruflichen Werdegang lückenlos darstellen sollte. Auch eine Auskunft ist als „Nachweis“ i.S. der Tarifvorschrift zu qualifizieren mit der Folge, dass dann, wenn die Auskunft nicht innerhalb der tariflichen Nachweisfrist erbracht wird, die betreffenden Zeiten nicht auf die Beschäftigungszeit des Arbeitnehmers anzurechnen sind (LAG Sachsen-Anhalt vom 19. 3. 1996 - 8 Sa 1541/94 - ZTR 1996, 409, 410; Bredemeier/Neffke/Cerff BAT/BAT-O § 21 BAT-O Rn. 3). Zwar heißt es bei Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr(BAT Stand März 2000 § 21 Rn. 2), i.d.R. seien dem Arbeitgeber die für die Anrechnung grundsätzlich in Frage kommenden Zeiten bekannt (aus dem Lebenslauf, der Übersicht über den beruflichen Werdegang, den Personalfragebogen u.a. Einstellungsunterlagen). Die Ausschlussfrist beginne dann erst zu laufen, wenn der Arbeitgeber dem Angestellten die Zeiten, für die der Nachweis erbracht werden müsse, konkret benenne. Von dem Angestellten könne nicht erwartet werden, dass er wisse, welche Zeiten als „anrechnungsfähig“ anzusehen seien. Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Der Wortlaut der Tarifnorm lässt es nicht zu, sie auf bestimmte offene Vordienstzeiten zu reduzieren. Vielmehr bleibt es dem Arbeitgeber unbenommen, generell den Nachweis zu fordern, und sei es zunächst in der Form der Auskunft. Der tarifvertragliche Begriff des Nachweises ist nicht i.S. des Beweisrechts der ZPO zu verstehen. Er umfasst nicht nur Belege, sondern auch z.B. eine dienstliche Versicherung, wie sie hier unter Ziff. 4 in dem „Antrag auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten“ verlangt wurde, aber auch lückenlose Auskünfte über den bisherigen beruflichen Werdegang, wie hier in dem „Antrag auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten“ erbeten, zu dessen wahrheitsgemäßer Angabe der Kl. unabhängig von der „Versicherung der Beschäftigten“ unter Ziff. 4 verpflichtet ist. Der Arbeitgeber kann diese Angaben des Arbeitnehmers der festzusetzenden Beschäftigungszeit zugrunde legen und damit als Nachweis i.S. von § 21 BAT-O behandeln (vgl. LAG Sachsen-Anhalt vom 19. 3. 1996 - 8 Sa 1541/94 - aaO).

5.

Es verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, etwa in seiner Erscheinungsform des Rechtsmissbrauchs, wenn sich der Bekl. auf die Nichteinhaltung der Ausschlussfrist beruft.

a)

Die Revision führt aus, der bekl. Freistaat oder die personalverwaltende Stelle der Universität habe in dem Formular „Antrag auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten“ keine Frage zu Ziff. 1 bis 3 der Übergangsvorschrift gemäß ÄndTV Nr. 2 zum BAT-O vom 12. 11. 1991 gestellt. Das ist so nicht richtig. Denn in dem „Merkblatt zum Vollzug des Tarifvertrages über die Anerkennung von Beschäftigungszeiten“ ist Ziff. 4 der Übergangsvorschriften für Zeiten vor dem 1. 1. 1991 ausdrücklich genannt, dessen lit. c) sich auf die Übertragung von Tätigkeiten jedweder Art bezieht, und insoweit die Spalten 8 und 9 des Formulars für Angaben zu einer besonderen Systemnähe oder zur Widerlegung der Vermutung der Übertragung einer Tätigkeit aufgrund besonderer Systemnähe vorgesehen sind. Die Revision trägt weiter vor, der Kl. habe im Zusammenhang mit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach dem 3. 10. 1990 unter dem 25. 4. 1991 einen umfangreichen Fragebogen ausgefüllt gehabt, der Bestandteil der Personalakte gewesen sei. Der Kl. habe in diesem Fragebogen die maßgeblichen Fragen nach offiziellen oder inoffiziellen Kontakten zu dem MfS/AfNS oder nach Mandaten und Funktionen in oder für politische Parteien oder Massenorganisationen mit „nein“ beantwortet. Der Bekl. habe bei der Festsetzung der Beschäftigungszeit gerade auf diesen Fragebogen zurückgreifen müssen. Dabei verkennt die Revision, dass der am 25. 4. 1991 ausgefüllte Fragebogen sich nicht auf die erst später ergangenen Übergangsvorschriften für Beschäftigungszeiten vor dem 1. 1. 1991 bezieht. Die „Erklärung“ vom 25. 4. 1991 befasst sich mit „Systemnähe“ überhaupt, ein Bezug zur bisherigen Beschäftigungszeit ist nur dadurch gegeben, dass von im öffentlichen Dienst tätig gewesenen Arbeitnehmern das Einverständnis abverlangt wurde, die Personalakten/Kaderakten beizuziehen. Um die Frage der Anrechnung vor dem 1. 1. 1991 liegender Beschäftigungszeiten ging es nicht.

b)

Die Revision führt aus, es habe insoweit kein Aufklärungsbedarf vorgelegen, da der Kl. bereits nach damaliger Kenntnis des Bekl. ausweislich der Personalakten seit dem 5. 3. 1980 an der Universität tätig gewesen sei. Die entsprechenden Feststellungen hätten aufgrund der Personalakte unter Anwendung der Vorschrift des § 19 Abs. 1 BAT-O seitens des Bekl. unschwer „von Amts wegen“ getroffen werden können. Näherer Aufklärungsbedarf habe insoweit nicht bestanden. Damit beanstandet der Kl. die Aufforderung des Bekl. als reinen Formalismus, reine Förmelei. Es verstoße gegen Treu und Glauben, wenn der Bekl. Angaben verlange, die er ohnehin schon habe.

Dabei verkennt der Kl., dass § 21 BAT-O erst durch § 1 Nr. 3 des ÄndTV Nr. 2 vom 12. 11. 1991 mit Wirkung ab 1. 12. 1991 in den BAT-O eingefügt worden ist. Bei einem Massengeschäft wie bei dem der Anerkennung von Beschäftigungszeiten für zahllose Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes im Beitrittsgebiet brauchte sich der bekl. Freistaat nicht darauf verweisen zu lassen, selbst die Personalakten durchzuforsten, sondern durfte auf Auskünfte des einzelnen Arbeitnehmers, auch des Kl. abstellen, um auf dieser Basis die Beschäftigungszeiten i.S. des § 19 BAT-O zu ermitteln. Hinzu kommt, dass aufgrund des sog. Modrow-Erlasses aus dem Jahre 1990 (vgl. Verordnung zur Arbeit mit Personalunterlagen vom 22. 2. 1990 § 4 Abs. 1 GBl. DDR I S. 84, 85) die Personalakten nicht selten unvollständig waren und sind, weil die Arbeitnehmer die Personalakten ganz oder teilweise einfordern konnten, wovon auch in nicht unerheblichem Umfange Gebrauch gemacht worden ist. Darauf hat der Bekl. zutreffend hingewiesen. Der Kl. kann daher nicht damit gehört werden, er sei bereits im Vorfeld seiner Auskunftspflicht im erforderlichen Umfange nachgekommen. Jedenfalls hätte er darauf fristgemäß hinweisen können und müssen.

6.

Nachdem nach § 21 Abs. 2 BAT-O Zeiten, für die der Nachweis nicht fristgerecht erbracht wird, zwingend nicht angerechnet werden, braucht der Senat auf die weiteren Fragen nicht mehr einzugehen. Insbesondere kann dahinstehen, ob die in der Zeit vom 5. 3. 1980 bis 2. 10. 1990 vom Kl. ausgeübte Tätigkeit der Vergütungsgruppe entspricht, aus der er im Wege der Bewährung aufgestiegen sein will. Ferner kann unentschieden bleiben, ob die planmäßige Aspirantur, die der Kl. vom 1. 9. 1988 bis 14. 6. 1990 durchlaufen hat, eine schädliche Unterbrechung der Bewährungszeit i.S. des § 23a BAT-O ist.

Vorinstanzen

LAG Sachsen

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Normen

§ 21 BAT-O