Keine Stimmrechtsvertretung durch Angestellten des Eigentümer-Verwalters bei Abwahl

Gericht

OLG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Beschluss über weitere Beschwerde


Datum

20. 07. 2001


Aktenzeichen

3 Wx 174/01


Leitsatz des Gerichts

  1. Ein Wohnungseigentümer, der zugleich das Verwalteramt innehat, ist nicht stimmberechtigt und auch nicht befugt, einen anderen Wohnungseigentümer bei der Stimmabgabe zu vertreten, wenn seine Abberufung als Verwalter aus wichtigem Grund zur Beschlussfassung steht.

  2. Ein Nichtwohnungseigentümer kann einen Wohnungseigentümer dann nicht bei der Stimmabgabe wirksam vertreten, wenn der Vertreter (hier: der Verwalter) - wäre er selbst Wohnungseigentümer - einem Stimmverbot unterläge.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die auf den 27. 7. 2000 einberufene Eigentümerversammlung war nicht beschlussfähig, weil in ihr nur zwei stimmberechtigte Wohnungseigentümer bzw. bevollmächtigte Vertreter, insgesamt 17895/100000 Miteigentumsanteile, vertreten waren. Es wurde deshalb einvernehmlich eine Wiederholungsversammlung auf den 29. 8. 2000 terminiert. In der Versammlungsniederschrift vom 27. 7. 2000 heißt es hierzu: „Der Verwalter wird nach Belegprüfung, die am 14. 8. 2000 stattfinden wird, erneut zur Wohnungseigentümerversammlung einladen mit den weiteren Tagesordnungspunkten: Abwahl des Verwalters, Bestellung eines neuen Verwalters.“ In der Versammlung vom 29. 8. 2000, zu der der Verwalter unter dem 21. 8. 2000 eingeladen hatte, und in der lediglich der Bet. zu 1, versehen mit Vollmachten der Bet. zu 11 und 12, anwesend war, stellte der Versammlungsleiter, ein Angestellter des Bet. zu 2, die Beschlussfähigkeit mit 54868/100000 Miteigentumsanteilen fest. Denn der Versammlungsleiter selbst verfügte über Vollmachten verschiedener Miteigentümer, die insgesamt 29210/100000 Miteigentumsanteile darstellten. Der Bet. zu 1 stimmte zu TOP 10 mit den von ihm vertretenen 25658 Miteigentumsanteilen dagegen. Der Versammlungsleiter stellte sodann fest, dass die Abberufung mangels Mehrheit nicht zu Stande gekommen sei.

Das AG hat den Vertreter der Verwaltung bei der Abstimmung über die Verwalterabwahl wegen vorhandener Interessenkollision für mit einem Stimmverbot belegt gehalten. Deshalb seien die von ihm abgegebenen Stimmen nicht mitzuzählen und nur Ja-Stimmen zu verzeichnen gewesen, weshalb der Verwalter C - entgegen der vom Versammlungsleiter getroffenen Feststellung - abgewählt worden sei. Das LG hat die amtsgerichtliche Entscheidung geändert und den auf Feststellung der Verwalterabwahl gerichteten Antrag des Bet. zu 1 zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. 2. Das LG ist ohne Rechtsfehler zu der Beurteilung gelangt, dass der Bet. zu 2 in der Eigentümerversammlung vom 29. 8. 2000 nicht als Verwalter abgewählt worden ist. Dass die Wohnungseigentümerversammlung vom 29. 8. 2000 zu TOP 10 (Abwahl des Verwalters) nicht beschlussfähig war, weil die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer nicht mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, berechnet nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile, sondern nur 25658/100000 Miteigentumsanteile vertraten (§ 25 III WEG) und die Zusammenkunft in Bezug auf diesen Punkt nicht als ohne Rücksicht auf die vertretenen Anteile beschlussfähige Wiederholungsversammlung i.S. des § 25 IV WEG anzusehen war, hat die Kammer rechtlich einwandfrei festgestellt. Die fehlende Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung, die nicht wegen Bestandskraft einer Abwahlentscheidung nach § 23 IV WEG der Überprüfung durch die Kammer entzogen war (unten b), liegt darin begründet, dass weder der Bet. zu 2 noch sein von ihm unterbevollmächtigter Angestellter als Versammlungsleiter selbst oder als Vertreter nicht erschienener Wohnungseigentümer zum TOP „Abwahl des Verwalters“ stimmberechtigt waren (sogleich a).

a) aa) Der Wohnungseigentümer, der zugleich das Verwalteramt inne hat, ist nach heute einhelliger Meinung nicht stimmberechtigt, wenn seine Abberufung als Verwalter aus wichtigem Grund zur Beschlussfassung steht (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl. [2000], § 25 Rdnr. 107). Nach der Rechtsprechung und herrschenden Lehre ist ein vom Stimmverbot betroffener Wohnungseigentümer auch nicht befugt, einen anderen Wohnungseigentümer bei der Stimmabgabe zu vertreten (Bärmann/Pick/Merle, § 25 Rdnr. 121 m.Nachw.). Hierbei ist unerheblich, ob die Begründung für den Stimmrechtsausschluss darin liegt, dass niemand Richter in eigener Sache sein soll oder dem Rechtsgedanken der §§ 712 I, 737 BGB, §§ 117, 127, 140 HGB, § 47 IV GmbHG zu entnehmen ist, wonach ein Gesellschafter immer dann nicht stimmberechtigt ist, wenn ihm eine Rechtsposition aus wichtigem Grund entzogen werden soll, weil es gleichermaßen unerträglich erscheint, dass ein Gesellschafter mit der eigenen Stimme in seiner Rechtsposition verbleiben kann, obwohl er eine schwere Pflichtverletzung begangen hat wie auch dass ein Wohnungseigentümer und Verwalter trotz Vorliegens eines wichtigen Grundes mit seiner eigenen Stimme im Verwalteramt verbleiben könnte (Bärmann/Pick/Merle, § 25 Rdnr. 121). Der Sinn des Stimmrechtsausschlusses des Verwalters liegt jedenfalls darin, dass er wegen seiner privaten Sonderinteressen nicht auf die Beschlussfassung einwirken soll, wobei es unerheblich ist, ob diese Einwirkung in eigenem oder in fremdem Namen erfolgt. Denn auch der Wohnungseigentümer, der in fremdem Namen handelt, gibt eine eigenen Willenserklärung (Stimme) ab. Hiernach unterliegt auch der von einem Wohnungseigentümer bevollmächtigte Verwalter (und demnach auch ein von jenem unterbevollmächtigter Angestellter) dem Stimmverbot, wenn ein Beschluss über die Abwahl als Verwalter aus wichtigem Grund gefasst werden soll.

bb) Etwas anderes kann nicht gelten, wenn der - hier durch einen unterbevollmächtigten Angestellten als Versammlungsleiter seinerseits vertretene - Verwalter zwar als Nichtwohnungseigentümer keinem Stimmverbot nach § 25 V WEG unterliegt, sondern als solcher von vornherein nicht stimmberechtigt war. Denn bei ihm kollidieren in gleicher Weise Gemeinschafts- und Privatinteressen und auch er gibt - obgleich in fremdem Namen handelnd - eine eigene Willenserklärung (Stimme) ab. Festzuhalten ist hiernach, dass auch ein Nichtwohnungseigentümer einen Wohnungseigentümer dann nicht bei der Stimmabgabe wirksam vertreten kann, wenn der Vertreter - wäre er selbst Wohnungseigentümer - einem Stimmverbot unterläge.

cc) Die Frage, ob der Bet. zu 2 nur dann vom Stimmrechtsverbot betroffen ist, wenn tatsächlich ein wichtiger Grund für die Abwahl des Bet. zu 2 als Verwalter gegeben war (Bärmann/Pick/Merle, § 25 Rdnr. 107), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn bei Vorliegen eines wichtigen Grundes scheitert die Abwahl des Bet. zu 2 - wie ausgeführt - an der fehlenden Beschlussfähigkeit der Eigentümergemeinschaft zu TOP 10 vom 29. 8. 2000. Lag ein wichtiger Grund indes nicht vor, so kam eine Abwahl des Bet. zu 2 der Sache nach ohnehin nicht in Betracht.

b) Zu Unrecht rügt der Bet. zu 1, dass die Kammer die Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung vom 29. 8. 2000 zu TOP 10 nicht mehr hätte überprüfen dürfen, sondern die Abwahl des Bet. zu 2 als bestandskräftig beschlossen hätte behandeln müssen, weil der Bet. zu 2 seine Abwahl als Verwalter nicht rechtzeitig angefochten habe. Letzteres trifft nicht zu. Am 29. 8. 2000 wurde durch den Versammlungsleiter festgestellt, dass eine Abwahl des Bet. zu 2 in Ermangelung einer entsprechenden Mehrheit nicht zu Stande gekommen sei. Das festgestellte Ergebnis dieses durch eine nicht beschlussfähige Eigentümerversammlung gefassten ohnehin nicht anfechtbaren „Nichtbeschlusses“ (vgl. Staudinger/Bub, BGB, 12. Aufl. [1997], § 23 Rdnrn. 147ff.) beschwerte den Bet. zu 2 überdies nicht, so dass er aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anlass hatte, hiergegen vorzugehen. Erst nach Zustellung des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 18. 12. 2000 am 12. 1. 2001 musste der Bet. zu 2 unter Zugrundelegung dieser Entscheidung davon ausgehen, dass er - ungeachtet der anderslautenden Feststellung durch den Versammlungsleiter - am 29. 8. 2000 möglicherweise als Verwalter abgewählt worden war.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht