Anrechnung von Einkünften der Unterhaltsberechtigten

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

24. 11. 1982


Aktenzeichen

IVb ZR 310/81


Leitsatz des Gerichts

  1. § 1577 II BGB ist auf die Anrechnung von Einkünften aus zumutbarer Erwerbstätigkeit nicht anzuwenden.

  2. Die Anwendung von § 1577 II BGB auf Einkünfte aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten hängt nicht davon ab, dass die Aufnahme der Erwerbstätigkeit durch die Nichterfüllung der Unterhaltspflicht des Schuldners veranlasst worden ist.

  3. Für den Umfang der nach § 1577 II 1 BGB anrechnungsfrei bleibenden Einkünfte ist maßgebend, inwieweit eine Unterhaltsleistung des Schuldners - zusammen mit etwaigen anderweitigen Einkünften des Berechtigten - hinter dessen vollem Unterhalt zurückbleibt. Das insoweit verbleibende Defizit bildet den Rahmen, innerhalb dessen die Einkünfte nach jener Vorschrift von einer Anrechnung ausgenommen bleiben, während sich die Anrechnung der darüber hinausgehenden Einkünfte nach § 1577 II 2 BGB bestimmt.

  4. Bei der Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse, die für den vollen Unterhaltsbedarf des Unterhaltsgläubigers nach § 1577 II, 1578 I BGB maßgeblich sind, haben Einkünfte aus einer während des Getrenntlebens der Ehegatten aufgenommenen unzumutbaren Erwerbstätigkeit außer Betracht zu bleiben: indessen ist der trennungsbedingte Mehrbedarf bei der Bestimmung des vollen Unterhalts zu berücksichtigen.

  5. Der zur Anrechnung kommende Teil des Einkommens aus unzumutbarer Tätigkeit ist nicht im Wege der sog. Differenzmethode in die abschließende Unterhaltsbemessung einzubeziehen, sondern von dem Unterhaltsbetrag, den der unterhaltspflichtige Ehegatte ohne Berücksichtigung des Einkommens aus unzumutbarer Tätigkeit schulden würde, abzurechnen (sog. Direktabzug).

  6. Ist der unterhaltspflichtige Ehegatte außerstande, den nachehelichen Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu decken, so ist in die nach § 1581 BGB vorzunehmende Entscheidung auch die Frage einzubeziehen, ob es die Billigkeit erfordert, die Einkünfte aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit über das in § 1577 II 1 BGB vorgesehene Maß hinaus anzurechnen.

  7. Leben die Ehegatten getrennt, so ist es auch im Rahmen der Unterhaltsbemessung nach § 1361 BGB notwendig, die Anrechnung von Einkünften, die der unterhaltsberechtigte Ehegatte aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit erzielt, nach den Grundsätzen zu beurteilen, die sich aus § 1577 II BGB ergeben.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien streiten um Trennungs- und nachehelichen Unterhalt. Sie haben am 11. 6. 1965 die Ehe geschlossen, aus der der am 3. 4. 1967 geborene Sohn M und die am 23. 1. 1970 geborenen Zwillinge K und B hervorgegangen sind. Seit 4. 12. 1977 leben die Parteien getrennt. Durch Urteil vom 29. 4. 1980, rechtskräftig seit 17. 6. 1980, ist ihre Ehe geschieden worden. Die Kinder leben im Haushalt der Kl., der auch die elterliche Sorge obliegt. Der 1941 geborene Bekl. betrieb bis 1975 zusammen mit einem Geschäftspartner ein Elektroinstallationsgeschäft, in dem die Kl. (geb. 1946) als Angestellte die anfallenden Büroarbeiten erledigte. Im Jahre 1975 erlitt der Bekl. einen Unfall und ist seitdem erwerbsunfähig. Aus der Elektroinstallationsfirma schied er nach dem Eintritt der Erwerbsunfähigkeit aus. Auch die Kl. ist seitdem nicht mehr dort beschäftigt. Der Bekl. bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente von 1468,80 DM und eine Unfallrente von 1932,49 DM zuzüglich einer monatlichen Kinderzulage von 579,75 DM. Er lebt mit einer neuen Lebensgefährtin zusammen, die ihm den Haushalt führt. Für die drei Kinder zahlt er freiwillig monatlich 1195 DM Unterhalt. Auch die Kl. hat sich einem neuen Lebensgefährten zugewandt, mit dem sie in eheähnlicher Gemeinschaft zusammenlebt. Dieser hilft ihr im Haushalt und beaufsichtigt die Hausaufgaben der Kinder. Die Hauptlast der Haushaltsführung liegt jedoch bei der Kl. Diese hat 1978 eine Berufstätigkeit aufgenommen, die sie zuletzt ganztägig ausgeübt hat. Bis Juni 1980 hat ihr monatlicher Nettoverdienst 1381,65 DM und von Juli bis September 1980 1700 DM betragen. Nach Verlust ihrer Arbeitsstelle hat sie von Oktober bis Dezember 1980 Arbeitslosengeld von 277,20 DM wöchentlich bezogen. Seit Januar 1981 verdient sie monatlich etwa 1700 DM netto. Die Kl. hat den Bekl. ab Januar 1980 auf Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente von 500 DM in Anspruch genommen, nachdem der Bekl. diesen Betrag bis September 1979 aufgrund einer im Scheidungsverfahren ergangenen einstweiligen Anordnung und sodann bis Dezember 1979 freiwillig gezahlt hatte. Das AG hat ihr für die Zeit vom 24. 3. bis 31. 5. 1980 monatlich 181,52 DM und ab Juni 1980 monatlich 113,29 DM zugesprochen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Hiergegen hat die Kl. Berufung eingelegt, mit der sie für die Zeit vom 1. 2. bis 30. 9. 1980 ihr ursprüngliches Klagebegehren weiterverfolgt und ab 1. 10. 1980 monatlich 700 DM Elementarunterhalt und 100 DM Vorsorgeunterhalt verlangt hat. Das OLG, dessen Urteil in FamRZ 1981, 362 veröffentlicht ist, hat der Berufung teilweise stattgegeben und der Kl. neben einem Vorsorgeunterhalt von monatlich 75 DM für Oktober bis Dezember 1980 und von monatlich 88 DM ab Januar 1981 eine monatliche Rente von 500 DM für die Zeit vom 24. 3. bis 30. 6. 1980, von 461,03 DM vom 1. 7. bis 30. 9. 1980, von 347,78 DM vom 1. 10. bis 31. 12. 1980 und von 409,73 DM ab 1. 1. 1981 zugebilligt. Die zugelassene Revision der Bekl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Das BerGer. hat den Anspruch der Kl. auf Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB und den auf nachehelichen Unterhalt nach § 1570 BGB beurteilt. In beiden Fällen steht ein Anspruch nur demjenigen zu, der sich nicht selbst aus einzusetzenden Eigenmitteln nach dem Maßstab des § 1361 I 1, bzw. § 1578 I BGB zu unterhalten vermag (vgl. §§ 1602 I, 1577 I BGB). Fehlt es an einer derartigen Bedürftigkeit, so scheidet ein Unterhaltsanspruch des getrenntlebenden sowie des geschiedenen Ehegatten aus, auch wenn der andere Ehegatte über höhere Mittel verfügt.

I. Das BerGer. hat sowohl für die Zeit der Trennung als auch für die Zeit nach Rechtskraft des Scheidungsurteils die Unterhaltsbedürftigkeit der Kl. bejaht. Es hat die Auffassung vertreten, dass die Arbeitseinkünfte der Kl. nicht in vollem Umfang anzurechnen seien, weil eine Erwerbstätigkeit von der Kl. wegen der Betreuung der drei minderjährigen Kinder nicht erwartet werden könne.

Gegen die Beurteilung der Erwerbstätigkeit der Kl. als unzumutbare berufliche Leistung wendet sich die Revision ohne Erfolg. Allerdings hat der BGH zur Frage der Erwerbsobliegenheit getrennt lebender und vor allem geschiedener Ehegatten wiederholt entschieden, dass schulpflichtige minderjährige Kinder den betreuenden Elternteil nicht ohne weiteres an der Aufnahme jeglicher Beschäftigung hindern, vielmehr nach den Umständen des Einzelfalles eine Teilzeitarbeit bis hin zur Halbtagsbeschäftigung in Betracht kommt (vgl. zuletzt Senatsurt., NJW 1981, 2804 = FamRZ 1981 1159 (1160 f.) und NJW 1982, 326 = FamRZ 1982, 148 (149 f.) m. w. Nachw.). Erst recht ist die Zumutbarkeit einer derartigen Erwerbstätigkeit zu bejahen, wenn diese bereits in der Ehe neben der Kindesbetreuung ausgeübt worden ist und es darum geht, ob die Tätigkeit beizubehalten ist. So hat der Senat in dem bereits erwähnten Urteil (NJW 1981, 2804) in einem Fall, in dem die Mutter zwei Kinder im Alter von 11 und knapp 7 Jahren zu betreuen hatte, aber schon vor der Trennung mit halber Arbeitskraft als Lehrerin tätig gewesen war und diese Tätigkeit nach der Trennung fortgesetzt hatte, die Beibehaltung dieser Tätigkeit für zumutbar erachtet. Er hat ausgeführt, dass eine Erwerbstätigkeit, die nicht aus Not wegen unzureichender Versorgung durch den unterhaltspflichtigen Ehegatten, sondern aus freien Stücken aufgenommen wird, im allgemeinen Anlass zu der Frage ist, ob nicht die Grenzen des Zumutbaren zunächst zu eng gezogen worden sind. Die Ausübung der Berufstätigkeit kann in diesem Zusammenhang ein bedeutsames Indiz sein (NJW 1981, 2804 = FamRZ 1981, 1159 (1161)).

Mit diesen Grundsätzen steht die Beurteilung des BerGer. indessen nicht in Widerspruch. Dieses hat zunächst zu Recht hervorgehoben, dass es hier drei Kinder im schulpflichtigen Alter sind, die die Kl. zu versorgen hat. Darüber hinaus ist die Arbeitsaufnahme der Kl. erst erfolgt, als der Bekl. aus der ehelichen Wohnung ausgezogen war und die Trennung der Parteien vollzogen hatte. Dass aus der Tatsache der bis 1975 erfolgten Mitarbeit der Kl. im Betrieb des Bekl. keine Schlüsse auf die Zumutbarkeit der 1978 aufgenommenen, schließlich ganztägig ausgeübten Erwerbstätigkeit und ihrer Fortsetzung gezogen werden können, hat das BerGer. vor allem unter Hinweis darauf dargelegt, dass die Kl. jene Mitarbeit umfangs- und zeitmäßig selbst habe gestalten und mit ihren Pflichten als Hausfrau und Mutter habe abstimmen können, so dass diese Tätigkeit mit der später aufgenommenen Berufstätigkeit an einem fremden Arbeitsplatz nicht vergleichbar sei. Wenn das OLG unter diesen Umständen zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die von der Kl. erzielten Arbeitseinkünfte aus einer Erwerbstätigkeit resultieren, die von ihr nicht erwartet werden kann, so ist das revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

II. Das BerGer. hat im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung weiter ausgeführt, der Umstand, dass der Kl. eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden könne, führe nicht ohne weiteres dazu, die von ihr dennoch erzielten Einkünfte völlig unberücksichtigt zu lassen.

1. Zum Trennungsunterhalt hat das BerGer. den Standpunkt eingenommen, dass die Frage der Anrechenbarkeit der betreffenden Bezüge nach Treu und Glauben zu beurteilen sei. Danach erscheine es angemessen, der Kl. den halben Arbeitsverdienst als Einkommen anzurechnen.

a) Dieser Ausgangspunkt steht an sich in Einklang mit den Grundsätzen, nach denen der BGH die Frage der Anrechnung von Einkünften aus einer über das gebotene Maß hinaus ausgeübten Erwerbstätigkeit des unterhaltsbedürftigen Ehegatten unter der Geltung alten Rechts (vgl. BGH, FamRZ 1979, 210 (211) sowie Senatsurt., NJW 1980, 2081 = FamRZ 1980, 771 (772)) sowie generell die Berücksichtigung derartiger Einkünfte auf seiten des unterhaltspflichtigen Ehegatten bei der Unterhaltsbemessung beurteilt hat (vgl. etwa Senatsurt., NJW 1980, 2251 = FamRZ 1980, 984 sowie vom NJW 1982, 2664 = FamRZ 1982, 779 (780)). Für die nach neuem Recht zu beurteilenden Sachverhalte hat das 1. EheRG jedoch in § 1577 II BGB geregelt, inwieweit das Einkommen aus einer unzumutbaren Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten anzurechnen ist (vgl. unten zu 2). Die Vorschrift hat zwar ihren Platz im Recht des Geschiedenenunterhalts; ihre Grundsätze können aber auch bei der Beurteilung des Trennungsunterhalts nicht außer acht gelassen werden. Vor allem muss gewährleistet sein, dass bei an sich gleicher Sachlage der Anspruch auf Trennungsunterhalt nicht niedriger ausfällt als derjenige für die nacheheliche Zeit. Aus diesem Grunde ist es auch im Rahmen von § 1361 BGB notwendig, die Anrechnung der betreffenden Einkünfte nach den Grundsätzen zu beurteilen, die sich aus § 1577 II BGB ergeben.

b) Neben dem halben Verdienst aus der für unzumutbar erachteten Tätigkeit hat das BerGer. der Kl. als erzielbares Einkommen den Geldwert der Versorgung ihres Lebensgefährten H zugerechnet, der mit im Haushalt der Kl. lebt, ohne einen Mietanteil oder ein Entgelt für die Haushaltsführung der Kl. zu zahlen. Das BerGer. hat ausgeführt, wenn H der Kl. auch gelegentlich im Haushalt helfe und die Hausaufgaben der Kinder beaufsichtige, so liege doch das Schwergewicht der Haushaltsführung bei der Kl. Gestützt auf die Rechtsprechung des BGH, auch des Senats (vgl. BGH, NJW 1980, 124 = FamRZ 1980, 40 (42); Senatsurt. NJW 1980, 1686 = FamRZ 1980, 665 (668) und FamRZ 1980, 879 (880)), hat das BerGer. dargelegt, dass sich die Kl. im Verhältnis zum Bekl. als Einkommen den Wert der dem Lebensgefährten geleisteten Dienste zurechnen lassen müsse. Diesen Wert hat das OLG unter Berücksichtigung der geschilderten Aufgabenverteilung zwischen der Kl. und H auf 300 DM monatlich geschätzt.

Dass das BerGer. bei dieser Schätzung die Vermögensverhältnisse des Lebensgefährten der Kl. berücksichtigt und damit letztlich doch nicht auf den objektiven Wert der von ihr erbrachten Versorgung abgestellt hätte, kann entgegen der Auffassung der Revision nicht angenommen werden. Wie der Zusammenhang der Urteilsausführungen ergibt, hat sich das BerGer. erst im Anschluss an die Bewertung der erbrachten Leistungen versichert, dass der Zeuge H zur Zahlung des so bestimmten Betrages auch in der Lage ist. Eine dahingehende Feststellung war notwendig, um den Betrag als erzielbares Einkommen der Kl. berücksichtigen zu können.

Indessen ergibt sich ein anderes Bedenken gegen den vom BerGer. geschätzten Wert der Versorgungsleistungen. Das Gericht hat bei seiner Beurteilung vor allem auf die zuvor festgestellte „Aufgabenverteilung“ zwischen der Kl. und dem Zeugen H abgestellt und damit offensichtlich auch den Umstand, dass der Zeuge H die Hausaufgaben der Kinder beaufsichtigt, in die Bewertung mit einbezogen. Diese Leistung des Zeugen führt jedoch nicht dazu, dass der Wert der Versorgungsleistung, welche die Kl. dem Zeugen gegenüber erbringt, im Verhältnis zum Bekl. entsprechend niedriger angesetzt werden kann. Zwar trifft es zu, dass die Kl. für ihre Leistungen von dem Zeugen wegen dessen im Gegenzuge erbrachter Betreuungsleistungen gegenüber den Kindern nur ein entsprechend geringeres Entgelt verlangen kann. Im Verhältnis zum Bekl., den unterhaltsrechtlich keine Verpflichtung trifft, dem Dritten die Beaufsichtigung der Kinder zu entgelten, kann diese Kompensation jedoch keine Berücksichtigung finden. Insoweit ist der Wert der von der Kl. gegenüber H erbrachten Versorgungsleistungen daher in vollem Umfang und ohne Abzug wegen der Betreuungsleistungen des H gegenüber den Kindern zu ermitteln und als Einkommen der Kl. zugrunde zulegen. Damit bestehen Bedenken gegen die Höhe des der Kl. zugerechneten Gesamteinkommens, die es erforderlich machen, den Trennungsunterhalt der Kl. neu zu bemessen.

2. Bei der Bemessung des nach § 1570 BGB zugebilligten nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Kl. hat das BerGer. die Anrechenbarkeit der Einkünfte der Kl. aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit nach der Regelung des § 1577 II beurteilt. Nach dieser Vorschrift sind derartige Einkünfte nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§ 1578) leistet (S. 1). Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht (S. 2). Über das Verständnis dieser Vorschrift herrscht Streit.

a) Weitgehende Einigkeit besteht allerdings darüber, dass § 1577 II BGB nicht die Anrechnung von Einkünften aus zumutbarer Erwerbstätigkeit regelt (vgl. BT-Dr 7/4361, S. 32; OLG Schleswig, SchlHA 1979, 18; OLG Hamm, FamRZ 1981, 558 (559); Empfehlungen des 3. Dt. Familiengerichtstages, FamRZ 1980, 1173 unter A II b bb Nr. 1; Derleder, in: AKBGB, § 1577 Rdnr. 6; Dieckmann, FamRZ 1977, 98; Erman-Ronke, BGB, 7. Aufl., § 1577 Rdnr. 6; Göppinger, UnterhaltsR, 4. Aufl., Rdnr. 1007; Griesche, FamRZ 1981, 848 f.; Richter, in: MünchKomm, § 1577 Rdnr. 13; Mutschler, FamRZ 1982, 105; Schwab, Brühler Schriften zum FamilienR I, S. 23, 26 f.; Soergel-Häberle, BGB, 11. Aufl., § 1577 Rdnr. 12 - a. A. OLG Frankfurt, FamRZ 1979, 438). Davon geht auch der Senat aus.

b) Gestützt auf die im Regierungsentwurf zum 1. EheRG vorgesehene Fassung der Regelung, wonach dem Berechtigten die Vergünstigung der Nichtanrechnung gewährt werden sollte, wenn sich der Verpflichtete der Unterhaltspflicht entzieht oder trotz Aufforderung den Unterhalt nicht gewährt (§ 1578 II RegE), wird zum Teil die Auffassung vertreten, § 1577 II 1 BGB stelle eine Sanktionsvorschrift zu Lasten des säumigen Unterhaltsschuldners dar (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1981, 558; Palandt-Diederichsen, BGB, 41. Aufl., § 1577 Anm. 3a; Kalthoener-Haase=Becher-Büttner, Rspr. zur Höhe des UnterhaltsR, 2. Aufl., Rdnr. 222). Danach wird für die Anwendung der Vorschrift verlangt, dass der Unterhaltsschuldner seine Unterhaltsverbindlichkeit nicht oder nicht vollständig erfüllt und die Ausübung der unzumutbaren Erwerbstätigkeit durch den Unterhaltsberechtigten im Zusammenhang mit der Nichterfüllung der Unterhaltsschuld steht (vgl. Ambrock, Ehe und Ehescheidung, § 1577 Anm. III 1; Derleder, in: AKBGB, § 1577 Rdnrn. 6 ff.; Schwab, Hdb. des ScheidungsR, Rdnr. 305, der diese Ansicht in Brühler Schriften S. 29 f. jedoch aufgegeben hat). Das in § 1577 II BGB vorgesehene Merkmal des „vollen Unterhalts" wird dabei im Sinne des Unterhaltsbetrages verstanden, den der Unterhaltsverpflichtete zu erbringen hat, so dass der Umfang, innerhalb dessen die Einkünfte gegebenenfalls anrechnungsfrei bleiben, durch die Differenz zwischen der erbrachten und der geschuldeten Unterhaltsleistung bestimmt wird. Soweit die Einkünfte des Berechtigten über diesen Umfang hinausgehen, soll der Grund für die Anrechnungsfreiheit nach § 1577 II 1 BGB entfallen und die Billigkeitsanrechnung nach Satz 2 der Vorschrift Platz greifen, auch soweit die Erwerbstätigkeit nur den zur Deckung des vollen Unterhaltsbedarfs fehlenden Betrag erbracht hat (vgl. Derleder, in: AKBGB, § 1577 Rdnr. 12 f.).

Demgegenüber liegt der Beurteilung des OLG die wohl überwiegend vertretene Ansicht zugrunde, wonach die Anwendung des § 1577 II BGB nicht davon abhängt, dass der Unterhaltsschuldner die Aufnahme jener Erwerbstätigkeit durch seine Säumnis oder sonst eine unvollständige Erfüllung seiner Unterhaltspflicht veranlasst hat. Überhaupt kommt es nach dieser Ansicht nicht darauf an, ob die Unterhaltsleistung des Schuldners seine jeweilige Unterhaltsverpflichtung erfüllt oder nicht. Für den Umfang der Nichtanrechnung der Einkünfte ist vielmehr maßgebend, inwieweit eine Unterhaltsleistung des Schuldners - zusammen mit etwaigen Einkünften des Berechtigten aus anderweitiger, zumutbarer Erwerbstätigkeit - hinter dessen vollem Unterhalt zurückbleibt. Das insoweit verbleibende Defizit bildet den Rahmen, innerhalb dessen die betreffenden Einkünfte des Berechtigten nach § 1577 IIa BGB von einer Anrechnung ausgenommen bleiben, während sich die Anrechnung der darüber hinausgehenden Einkünfte nach § 1577 II 2 BGB bestimmt (vgl. OLG Schleswig, SchlHA 1979, 18; Göppinger, Rdnr. 107; Griesche, FamRZ 1981, 849 f.; Rolland, 1. EheRG, 2. Aufl., § 1577 Rdnr. 10 ff.; Schwab, Brühler Schriften, S. 29 ff.; Soergel-Häberle, § 1577 Rdnrn. 13 ff.; Empfehlungen des 3. Dt. Familiengerichtstages, FamRZ 1980, 1173; vgl. auch Dickmann, FamRZ 1977, 100 f.).

c) Mit der zuletzt genannten Auffassung hält es der Senat nicht für gerechtfertigt, dem Berechtigten die Vergünstigung des § 1577 II BGB nur für solche Einkünfte aus unzumutbaren Tätigkeiten zu eröffnen, die durch die Nichterfüllung der Unterhaltspflicht des Schuldners veranlasst sind, und andere Einkünfte aus einer nicht gebotenen Arbeit, die etwa aus Neigung, zum Abbau drückender Lasten, zur Erhöhung des eigenen Lebensstandards oder (auch) zur Verbesserung der Lebensverhältnisse sorgebefohlener Kinder übernommen worden ist, nach § 1577 I BGB uneingeschränkt zur Anrechnung heranzuziehen. Eine derartige restriktive Anwendung der Vorschrift stände im Gegensatz zu den oben (unter II. 1. a) bereits dargelegten Grundsätzen, nach denen der Senat in ständiger Rechtsprechung die Berücksichtigung entsprechender Einkünfte auf seiten des Unterhaltspflichtigen beurteilt, und wäre so geeignet, die „Waffengleichheit“ zwischen Unterhaltsgläubiger und Unterhaltsschuldner zu beeinträchtigen. Eine solche Anwendung ist nach der - freilich schwer verständlichen und auslegungsbedürftigen - Gesetzesfassung auch nicht geboten. Allerdings ergibt die Entstehungsgeschichte, dass die im Regierungsentwurf ursprünglich vorgesehene Regelung eine solche Einschränkung enthalten hat. Im Zuge des weiteren Gesetzgebungsverfahrens, insbesondere durch die Behandlung im Rechtsausschuss, hat die Regelung jedoch die heutige abweichende Fassung erhalten. Zwar geben die Gesetzesmaterialien keine klaren Aufschlüsse über die mit der Neufassung verfolgten Absichten. Immerhin erscheint es aber nicht ausgeschlossen, dass die Umformulierung der Vorschrift den Sinn hatte, über den Fall der Unterhaltsweigerung hinaus auch in anderen Fällen eine Freistellung von der Anrechnung vorzusehen (vgl. Schwab, Brühler Schriften, S. 28). Unter diesen Umständen erscheint es gerechtfertigt, sämtliche Einkünfte aus nicht zumutbarer Erwerbstätigkeit in der Frage der Anrechnung auf seiten des Unterhaltsberechtigten gleichermaßen nach den Regeln des § 1577 II BGB zu behandeln.

d) Hiernach ist es nicht zu beanstanden, dass das BerGer. ohne weitere Feststellungen über Grund und Anlass für die Aufnahme der Erwerbstätigkeit durch die Kl. die Anrechnung der Arbeitseinkünfte geprüft hat.

e) Zur Feststellung des Freibetrages nach § 1577 II 1 BGB hat das BerGer. den vollen Unterhaltsbedarf der Kl. bestimmt und diesen mit 2000 DM bemessen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass als maßgebende eheliche Lebensverhältnisse i. S. von § 1578 BGB die Verhältnisse zugrunde zu legen seien, die sich - unter Einschluss der Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit - aus dem Gesamteinkommen der Parteien im Zeitpunkt der Scheidung ergeben. Das der gesamten fünfköpfigen Familie zur Verfügung stehende Einkommen habe sich in jenem Zeitpunkt und auch bereits längere Zeit zuvor auf 5662,69 DM netto im Monat belaufen. Davon seien den Parteien - nach Abzug der für den Unterhalt der Kinder anzusetzenden Beträge - 4112,69 DM für ihren vollen Unterhalt verblieben. Da der Bekl. den größeren Teil zu den Gesamteinkünften beigesteuert habe und wegen seiner unfallbedingten Behinderung im Rahmen seiner persönlichen Versorgung erhöhten Aufwand habe, erschiene es angemessen, von einem vollen Unterhaltsbedarf der Kl. in Höhe von 2000 DM auszugehen. Dieser Bedarf verringere sich allerdings um den Betrag von 300 DM, der der Kl. für die Versorgung ihres Lebensgefährten zuzurechnen sei. Der sich danach ergebende (Rest-) Bedarf von 1700 DM monatlich stellt nach Ansicht des BerGer. den Betrag dar, bis zu dem die vom Bekl. geschuldete monatliche Unterhaltsrente durch die Erwerbseinkünfte anrechnungsfrei aufzustocken ist. Dieser Beurteilung kann nicht in allen Punkten gefolgt werden.

aa) Zunächst greifen auch hier die Bedenken ein, die bereits oben unter II. 1. b) im Rahmen des Trennungsunterhalts gegen die Höhe der für die Versorgung des Zeugen H angesetzten Vergütung erhoben worden sind.

bb) Nicht zu beanstanden ist hingegen, dass das BerGer. diesen Betrag von dem zunächst ermittelten Unterhaltsbetrag abgesetzt hat. Wie das BerGer. zutreffend ausgeführt hat, ist die Versorgung des Zeugen für die Kl. durchaus mit der Betreuung der Kinder in Einklang zu bringen. Damit besteht der Unterhaltsanspruch der Kl. nach § 1570 BGB von vornherein nur insoweit, als ihr voller Unterhalt nicht durch die Vergütung für jene einer zumutbaren Erwerbstätigkeit gleich zu erachtende Versorgung gedeckt ist (vgl. auch BGH, NJW 1980, 124 = FamRZ 1980, 40, (43)). Einer solchen unterhaltsmindernden Berücksichtigung jenes Betrages steht § 1577 II BGB nicht entgegen, weil sich, wie unter II 2 a) dargelegt, die Anrechnung von Einkünften aus zumutbarer Erwerbstätigkeit nicht nach dieser Vorschrift bestimmt.

cc) Bedenken bestehen dagegen, dass das BerGer. bei der Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse, die für den vollen Unterhaltsbedarf der Kl. nach § 1578 I BGB maßgeblich sind, auch die Einkünfte der Kl. aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit herangezogen hat. Allerdings hat die Kl. diese Tätigkeit nicht erst nach der Scheidung, sondern bereits während des Getrenntlebens der Parteien, mithin zu einer Zeit aufgenommen, als Veränderungen in den Einkommensverhältnissen der Parteien die ehelichen Lebensverhältnisse grundsätzlich noch beeinflussen konnten (st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt NJW 1982, 2439 = FamRZ 1982, 892 m. w. Nachw. - zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Scheidung vgl. etwa Senatsurt., NJW 1982, 1873 = FamRZ 1982, 255 (257)). Indessen ist anerkannt, dass der Unterhaltsbedarf nur an solchen Lebensverhältnissen während der Ehe ausgerichtet werden kann, die dauernden Bestand gewonnen haben oder wenigstens die Gewähr der Stetigkeit in sich tragen. Soweit es hierbei auf das Einkommen der Ehegatten ankommt, kann nur auf nachhaltig erzielte, dauerhafte Einkünfte abgestellt werden, die den ehelichen Lebensstandard prägen (vgl. Senatsurt., NJW 1982, 1873 = FamRZ 1982, 255 (257) und NJW 1982, 1870 = FamRZ 1982, 576 (577); Göppinger-Wenz, UnterhaltsR, 4. Aufl., Rdnrn. 676, 678).

Von derartigen Einkünften kann bei der Aufnahme einer unzumutbaren Erwerbstätigkeit nicht ausgegangen werden. Die Beurteilung einer Tätigkeit als unzumutbar bedeutet zugleich, dass derjenige, der sie ausübt, unterhaltsrechtlich nicht gehindert ist, sie jederzeit zu beenden, gleichgültig, ob er Unterhaltsschuldner ist und möglicherweise seine Leistungsfähigkeit herabsetzt oder ob er sich in der Rolle des Unterhaltsgläubigers befindet und seine Bedürftigkeit erhöht. Nimmt ein unterhaltsbedürftiger Ehegatte nach der Trennung eine unzumutbare Erwerbstätigkeit auf, so geschieht das er in aller Regel nicht zur Verbesserung der beiderseitigen Lebensverhältnisse oder zur Entlastung des unterhaltspflichtigen Partners, sondern zur Erhöhung des eigenen Lebensstandards oder sonst zur Erlangung zusätzlicher Mittel. Diese Möglichkeit wird ihm durch die vom Gesetz vorgesehene Einschränkung der Anrechnung von Einkünften aus solcher Tätigkeit eröffnet. Deshalb kann sich ein Unterhaltsschuldner, dessen getrenntlebender Partner eine derartige Tätigkeit aufnimmt, bei der Gestaltung seiner eigenen Lebensverhältnisse weder auf die Fortdauer dieser Tätigkeit noch darauf einrichten, durch die aus der Tätigkeit fließenden Einkünfte des Gläubigers nachhaltig entlastet zu werden. Bei dieser Sachlage können jene Einkünfte nicht als ein die Lebensverhältnisse beider Ehegatten dauerhaft prägender Umstand gewertet werden. Zu demselben Ergebnis führt der in der Senatsrechtsprechung hervorgetretene Gesichtspunkt, dass Veränderungen im Einkommen der Ehegatten während der Trennung die ehelichen Lebensverhältnisse dann nicht mehr beeinflussen, wenn sie auf einer unerwarteten, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Entwicklung beruhen (vgl. Senatsurt. NJW 1982, 1870 = FamRZ 1982, 576 und NJW 1982, 2063 = FamRZ 1982, 575 (576)). Als eine derartige, aus objektiver Sicht nicht zu erwartende, außergewöhnliche Entwicklung ist auch die Aufnahme einer unzumutbaren Erwerbstätigkeit anzusehen (vgl. auch Senatsurt., NJW 1982, 2439 = FamRZ 1982, 892 (893)).

Gegen die Berücksichtigung der daraus resultierenden Einkünfte im Rahmen der ehelichen Verhältnisse spricht schließlich auch ein schwerwiegender praktischer Grund. Würden die ehelichen Lebensverhältnisse und damit der volle Unterhaltsbedarf (§ 1578 I BGB) durch Einkünfte aus einer während des Getrenntlebens aufgenommenen unzumutbaren Erwerbstätigkeit beeinflusst, so hätte es ein getrenntlebender Unterhaltsgläubiger in der Hand, durch einen entsprechenden Einsatz seinen unterhaltsrechtlich anzuerkennenden Lebensbedarf zu erhöhen mit der Folge, dass ihm bei einer - jederzeit möglichen - Beendigung der Erwerbstätigkeit ein entsprechend höherer Unterhaltsanspruch zustände. Unter diesem Umständen erscheint es geboten, derartige Einkünfte des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei der Bemessung seines vollen Unterhaltsbedarfs unberücksichtigt zu lassen (im Ergebnis ebenso OLG Frankfurt, FamRZ 1982, 818 (820)). Ob andererseits Einkünfte aus zumutbarer Tätigkeit stets die ehelichen Lebensverhältnisse prägen, braucht hier nicht entschieden zu werden.

Danach sind als maßgebend die Lebensverhältnisse zugrunde zu legen, die sich aus dem verbleibenden Einkommen der Ehegatten ergeben. Die Aufteilung dieses Einkommensbetrages auf die Ehegatten bietet allerdings noch keine Gewähr, dass die auf den Unterhaltsberechtigten entfallende Quote ausreicht, um dessen vollen Unterhaltsbedarf zu decken. Ein Zurückbleiben jener Quote hinter dem Betrag des vollen Unterhalts ist insbesondere im Hinblick auf etwaige Mehrkosten möglich, die den Ehegatten infolge ihrer Trennung erwachsen und dazu führen können, dass der Berechtigte mit den Mitteln der Unterhaltsquote den ehelichen Lebensstandard nicht mehr aufrechterhalten kann. Ein solcher Mehrbedarf ist bei der Bestimmung des vollen Unterhalts zu berücksichtigen. Seine Höhe ist vom Tatrichter unter Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Falles zu ermitteln, wobei es diesem nicht verwehrt ist, unter Zuhilfenahme allgemeiner Erfahrungssätze nach § 287 ZPO zu verfahren (vgl. Senatsurt. NJW 1982, 1873 = FamRZ 1982, 255 (257)).

III. Hiernach ist das Urteil im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das BerGer. zurückzuverweisen. Dazu weist der Senat auf folgendes hin:

1. Da es sich bei dem Einkommen des Bekl. allein um Renteneinkünfte handelt, sind bei der Aufteilung dieser Bezüge die Grundsätze zu berücksichtigen, die der Senat im Urteil vom 7. 7. 1982 (NJW 1982, 2442 = FamRZ 1982, 894 (895)) dargelegt hat.

2. Soweit die Einkünfte der Kl. aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit den nach § 1577 IIa BGB anrechnungsfrei zu belassenden Betrag übersteigen und sie nach Maßgabe des S. 2 der Vorschrift anzurechnen sind, ist dieser Betrag nicht wie das sonstige Einkommen der Kl. in die Differenzberechnung des beiderseitigen Einkommens einzubeziehen, sondern von dem Unterhaltsbetrag, den der Bekl. - ohne Berücksichtigung der Einkünfte der Kl. aus unzumutbarer Tätigkeit - an sich schulden würde, abzurechnen. Das ergibt sich aus dem dargelegten Verständnis der für die Bestimmung des vollen Unterhalts maßgebenden ehelichen Verhältnisse. Insoweit gelten für die Berücksichtigung des anzurechnenden Teiles des Einkommens aus unzumutbarer Tätigkeit die gleichen Erwägungen wie für die Anrechnung von Einkünften aus einer nach der Ehescheidung einsetzenden Erwerbstätigkeit, die die ehelichen Lebensverhältnisse gleichfalls nicht beeinflussen (vgl. Senatsurt., NJW 1982, 1873 = FamRZ 1982, 255 (257) - für den „Direktabzug“ des für die Anrechnung verbleibenden Betrages des Einkommens aus nicht gebotener Tätigkeit auch Schwab, Brühler Schriften, S. 32 ff., 40).

3. Das BerGer. ist - auf der Grundlage seiner bisherigen Bemessung des vollen Unterhalts - zu dem Ergebnis gelangt, dass der Bekl. außerstande sei, den Unterhaltsbedarf der Kl. ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu decken. Deshalb sei er nur nach Maßgabe einer Billigkeitswertung nach § 1581 BGB zur Unterhaltszahlung verpflichtet. Sollte das Gericht auch bei der neuen Verhandlung und Entscheidung zu dem Ergebnis gelangen, dass der Bekl. gem. § 1581 S. 1 BGB nur insoweit Unterhalt zu leisten braucht, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der Parteien der Billigkeit entspricht, so hat es in die nach § 1581 BGB vorzunehmende Entscheidung auch die Frage einzubeziehen, ob es die Billigkeit erfordert, die Einkünfte der Kl. aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit über das in § 1577 IIa BGB vorgesehene Maß hinaus anzurechnen (vgl. Schwab, Brühler Schriften, S. 33; Göppinger, Rdnr. 107; Soergel-Häberle, Rdnr. 19).

4. Bei der Bemessung des Trennungsunterhalts hat das BerGer. dem einzusetzenden Einkommen des Bekl., das es in rechtlich nicht zu beanstandender Weise mit monatlich 2349,04 DM festgestellt hat, das monatliche Einkommen der Kl. einschließlich der zur Anrechnung herangezogenen Hälfte des Verdienstes aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit (1/2 von 1381,65 DM zuzüglich 300 DM) gegenübergestellt und den Unterhalt im Wege der Differenzmethode mit 45 % des Unterschiedsbetrages berechnet. Damit hat es bei den Lebensverhältnissen der Ehegatten, nach denen sich der Unterhaltsbedarf gem. § 1361 I 1 BGB bemisst, die Summe des beiderseitig angesetzten Einkommens zugrunde gelegt. Soweit damit auf seiten der Kl. auch die Einkünfte aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit - wenn auch nur zur Hälfte - einbezogen sind, bestehen dagegen die gleichen Bedenken wie gegen die Heranziehung dieser Einkünfte bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts (vgl. oben unter II 2 e cc und III 2).

Rechtsgebiete

Unterhaltsrecht