Räum- und Streupflicht des Grundstückseigentümers bei Vermietung gegenüberliegender Räume hinsichtlich des Straßenübergangs
Gericht
OLG München
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
11. 01. 2002
Aktenzeichen
8 U 3477/01
Ein Grundstückseigentümer hat auch dann nicht den Schneewall am Gehwegrand zu beseitigen, wenn sein Mieter zur gegenüberliegenden Garage die Straße überqueren muss.
Auszüge aus den Gründen:
... Die Kl verlangt von der Bekl als ihrer ehemaligen Vermieterin und aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung Schadensersatz, weil die Bekl bei winterlichen Verhältnissen den Gehweg vor dem Haus und den Übergang auf die Straße (zum Weiterweg zu der mitverrnieteten Garage) so unzureichend gesichert habe, dass sie gestürzt sei und sich schwer durch einen Bruch des rechten oberen Sprunggelenks verletzt habe.
In der Wohnanlage der Bekl habe sie Wohnung und Garage gemietet gehabt. Als sie am 17.1.1997 gegen 8.30 Uhr die Wohnung verlassen habe, habe sie die Absicht gehabt, die Straße zu überqueren und jenseits der Fahrbahn zur Garage zu gehen. Sie habe von der Haustür über den Zuweg und dann die aufwärts führende Treppe den Gehsteig erreicht und sich auf ihm nach rechts gewandt. Noch bevor sie den Schneewall am Gehwegrand betreten gehabt habe, um nach geparkten Autos und vor einem Schneehaufen auf der Fahrbahn die Straße zu überqueren, sei sie, so schildert sie schließlich in der mündlichen Verhandlung vor dem LG den Unfall, noch auf dem Gehsteig auf einen durch Schneemehl verdeckten Schneezahn, eine Art Eiswall, getreten, ausgerutscht und gestürzt. Die Bekl habe nicht, wie es geboten gewesen wäre, am frühen Morgen mit abstumpfenden Mitteln streuen lassen und habe pflichtwidrig nicht dafür gesorgt, dass ein sicherer Durchgang auf der Straße gegenüber der Garageneinfahrt zur Verfügung stehe. ...
Das LG hat die Klage nach einer Beweisaufnahme abgewiesen. Die Berufung der KI hatte keinen Erfolg.
Die KI hat weder aus dem Gesichtspunkt positiver Vertragsverletzung des Mietvertrages noch aus dem Recht der unerlaubten Handlung einen Schadensersatzanspruch gegen die Bekl. Eine Haftung käme zwar in Betracht, wenn die Bekl die aus § 823 BGB abgeleitete allgemeine Verkehrssicherungspflicht oder die vertragliche Verkehrssicherungspflicht verletzt hätte.
Aus beiden rechtlichen Gesichtspunkten traf die Bekl eine Räum- und Streupflicht für den Gehsteig, nicht aber eine Verpflichtung, gegenüber der Garageneinfahrt eine ausreichend breite Furt durch den Randschnee offenzuhalten und zu streuen. Eine solche Pflicht würde der Senat an Straßenmündungen bejahen, um dem Mieter den Übertritt auf die Fahrbahn zu ermöglichen oder auch an einer Zufahrt, wie sie mit abgesenktem Randstein bei der Garageneinfahrt anzunehmen ist. Entlang der Straße im Bereich der gegenüberliegenden Einfahrt auf dem Gehsteig den Rand bis zur Fahrbahn freizuräumen, würde aber dazu führen, dass die Bekl den Zutritt zur Fahrbahn eröffnen und damit eine Gefahrenquelle schaffen würde, weil der Weg der Mieter auf diesen Bereich kanalisiert werden würde, ohne aber den jenseits des Gehweges am Fahrbahnrand liegenden Bereich einzubeziehen, der schnee- oder eisglatt oder mit Schneehäufen von der Fahrbahnräumung eingedeckt sein kann. Auch diesen Bereich des Fahrbahnrandes zu räumen und zu streuen, kann jedenfalls von der Bekl nicht verlangt werden. Demgegenüber liegt es näher, die Mieter der Wohnanlage darauf zu verweisen, je selbstständig den nach den Straßen- und Witterungsverhältnissen geeigneten Zugang zur Fahrbahn zu suchen und sei es in einer Richtung bis zur M-Straße oder in der anderen bis zur K-Straße. Die Mieter werden hierdurch auf zumutbare eigene Sorgfalt verwiesen. Das schließt, wie in mündlicher Verhandlung erörtert, auch den Weg bis zu den bezeichneten Straßen ein. ...
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