Mithaftung des verbotswidrig parkenden Geschädigten

Gericht

AG Witten


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

28. 11. 2002


Aktenzeichen

3 C 375/02


Leitsatz des Gerichts

Wer verbotswidrig parkt, haftet grundsätzlich in Höhe von 25 % mit, wenn ein Fahrzeug in das parkende Auto fährt.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl hatte am Unfalltag ihren PKW schräg gegenüber der Ausfahrt des Unternehmens, bei dem sie beschäftigt ist, abgestellt, da der Mitarbeiterparkplatz wegen Handwerksarbeiten gesperrt war. Der Bekl zu 1) fuhr mit einem bei der Bekl zu 2) haftpflichtversicherten LKW aus dem Betriebsgelände aus und stieß mit der rechten hinteren Ecke des Sattelaufliegers gegen das gegenüber der Ausfahrt im gekennzeichneten Halteverbot stehende Fahrzeug der KI, das hierbei total beschädigt wurde. Die Bekl erstattete der Kl bis auf einen Betrag von 3,42 EUR die aus dem Unfall entstandenen Schäden (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert, Sachverständigenkosten und Kostenpauschale).

Die Klage auf Erstattung der Differenz zu einer Abrechnung auf der Grundlage von 100 % blieb bis auf den Betrag von 3,42 EUR erfolglos.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Die Klage ist lediglich in dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Kl hat gegen die Bekl einen Anspruch auf Zahlung von 3,42 EUR gem. § 7 StVG, § 823 BGB, § 3 Nr. 1 Pflichtversicherungsgesetz infolge des streitgegenständlichen Verkehrsunfalles.

Für die KI stellte der Unfall kein unabwendbares Ereignis i.S.d. § 7 Abs. 2 StVG dar. Nach dem unstreitigen Sachverhalt befand sich das Fahrzeug der KI zumindestens in einem nicht unerheblichen Teil seines Umfanges im Halteverbotsbereich, welcher gegenüber der Ausfahrt des Firmengeländes befindlich ist. Insoweit verstieß die Kl gegen § 12 Abs. 1 Nr. 6, möglicherweise auch gegen § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO. Infolge dieses nicht verkehrsgerechten Verhaltens hat sich die Kl nicht wie ein idealer Autofahrer verhalten. Dem kann die KI auch nicht entgegenhalten, die Bekl träfe deshalb die volle Haftung an dem streitgegenständlichen Unfall, da ein Überraschungseffekt für den Bekl zu 1) nicht vorhanden gewesen sei. Insoweit ist der Kl in tatsächlicher Hinsicht zuzustimmen, als der Bekl zu 1) nach seiner eigenen Einlassung eine Sicht von 200 Metern hatte und demgemäß auch das Fahrzeug der KI erkennen konnte. In rechtlicher Hinsicht ist allerdings demgegenüber zu berücksichtigen, dass das Halteverbot, welches sich genau gegenüber der Ausfahrt zum Betriebsgelände befindet, offensichtlich dem Zweck dient, aus- bzw. einfahrenden Lkw dies zu ermöglichen, ohne dass schwierige Rangiermanöver erforderlich sind oder möglicherweise eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer besteht, Ansonsten ist es für das Gericht nicht ersichtlich, warum über das gesetzliche normierte Verbot des § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO hinaus eine zusätzliche Halteverbotszone auf der Siemensstraße gegenüber der Einfahrt errichtet worden sein sollte. Der Schutzzweck dieses Halteverbotes erstreckt sich genau auf den vorliegenden Fall. Vor diesem Hintergrund ist eine Haftung der KI für die von ihrem Fahrzeug durch das falsche Abstellen ausgehende Betriebsgefahr in jedem Fall gegeben. Die Höhe der Betriebsgefahr nimmt das Gericht hier mit 25 % an. Insoweit schliesst sich das Gericht, was die Höhe der Haftung angeht, der Entscheidung des OLG Köln NJW 1987, S. 478, an.

Demgegenüber kann sich die KI auch nicht zu ihrer Entlastung auf die Entscheidung des Kammergerichts, VM 1991, S. 52, berufen. Die der Entscheidung des Kammergerichts zugrunde liegende Situation war eine völlig andere. Zwar hat das Kammergericht in der vorgenannten Entscheidung eine Betriebsgefahr des Pkw abgelehnt, der verbotswidrig im Einmündungsbereich einer Straße im absoluten Halteverbot stand. Allerdings war hier als Besonderheit zu beachten, dass es sich um eine 11 Meter breite Straße handelte, der Unfallgegner also ohne weiteres die Möglichkeit hatte, den Unfall entsprechend abzuwenden.

Diese Besonderheit ist vorliegend nicht gegeben.

Nach den vorherigen Ausführungen hat die Kl einen Anspruch auf Erstattung von 75 % der ihr entstandenen Kosten ...

Rechtsgebiete

Straßenverkehrs- und Straßenrecht