Gemeinsam angeschaffte Vermögenswerte bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Gericht
OLG Köln
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
22. 07. 1992
Aktenzeichen
11 U 50/92
Hinsichtlich gemeinsam angeschaffter Vermögenswerte haben sich Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zwar nicht als Gesellschafter, aber wie Gesellschafter in entsprechender Anwendung von §§ 730, 731, 732 BGB auseinanderzusetzen.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der Kl. lebte von März 1978 bis Ende 1987 mit der Bekl. in nichtehelicher [ne.] Lebensgemeinschaft zusammen. Sie bewohnten zunächst das Haus der Bekl. in G. Im Jahr 1980 veräußerte die Bekl. dieses Haus. Der Erlös betrug nach Abzug der Lasten 260.000 DM. Von diesem Betrag erwarb sie 1981 ein Grundstück in G. zu Alleineigentum zum Preis von 75.000 DM. Dieses Grundstück bebauten die Parteien mit einem Doppelhaus. Die zur Errichtung des Doppelhauses erforderlichen finanziellen Mittel brachte die Bekl. zum einen durch Eigenkapital und zum anderen durch Finanzierung von Fremdkapital auf, während der Kl., gelernter Hochbaupolier, größere Teile der Bauarbeiten in Eigenleistung und mit Hilfe von Bekannten durchführte. Im August 1983 zogen die Parteien in eine Doppelhaushälfte ein. Der Kl. verlangte zu diesem Zeitpunkt keinen Lohn für seine Arbeitsleistung. Auch wollte er kein Eigentum an einem der beiden Häuser erwerben, da er zu diesem Zeitpunkt von seiner damaligen Ehefrau noch nicht geschieden war.
Der Kl. hat behauptet, die Erstellung der beiden Häuser sei erfolgt, um eine Sicherung für das Alter zu schaffen und ihm nach seiner Scheidung den Aufbau einer neuen Existenz zu ermöglichen. Aus diesem Grunde habe jede Partei eine Haushälfte erhalten sollen. Zu diesem Zweck habe eines der Häuser nach der Scheidung auf ihn umgeschrieben werden sollen. Bis zu seiner Eintragung im Grundbuch sei ihm von der Bekl. ein Wohnrecht in einem der beiden Häuser eingeräumt worden. Erklärungen in diesem Sinne habe die Bekl. auch gegenüber anderen Personen abgegeben. Nur im Vertrauen darauf habe er die beiden Häuser nahezu vollständig in Eigenleistung errichtet. Seine Arbeitsleistung sei auf mindestens 263.750 DM zu schätzen. Der Gebäudewert belaufe sich auf etwa 750.000 DM, so daß sich unter Abzug eventueller Wertverluste und der noch bestehenden restlichen Verbindlichkeiten ein Nettowert von mindestens 527.500 DM errechne.
Der Kl. hat beantragt, die Bekl. zu verurteilen, an ihn 263.750 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 5. 1. 1988 zu zahlen.
Das LG hat durch Grundurteil v. 23. 1. 1992 der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kl. stehe ein auf Wertersatz für die von ihm geleisteten Arbeiten an dem im Eigentum der Bekl. stehenden Doppelhaus in G. gemäß §§ 812 I S. 2 Alt. 2, 818 II BGB zu, da der mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eingetreten sei.
Gegen dieses Grundurteil hat die Bekl. Berufung eingelegt.
Auszüge aus den Gründen:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet, denn das LG hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch des Kl. gegen die Bekl. dem Grunde nach für gerechtfertigt gehalten.
Allerdings ergibt sich dieser Anspruch nicht aus §§ 812 I S. 2 Alt. 2, 818 II BGB. Denn Voraussetzung eines solchen Bereicherungsanspruchs wegen Zweckverfehlung ist, daß die Beteiligten über die Zweckbestimmung der Leistung eine tatsächliche Willensübereinstimmung erzielt haben. Einseitige Erwartungen genügen nicht (BGH, FamRZ 1992, 160 = NJW 1992, 427, 428; OLG Hamm, FamRZ 1990, 625 = NJW-RR 1990, 1223). Diese Voraussetzung ist vorliegend aber nicht erfüllt. Eine ausdrückliche Vereinbarung darüber, daß Zweck der Leistung des Kl. beim Bau des Doppelhauses die Eigentumsübertragung einer Doppelhaushälfte an ihn war, haben die Parteien hier nicht getroffen. Es liegt insoweit auch keine stillschweigende Einigung vor. Denn eine solche kann nur angenommen werden, wenn der eine Teil mit seiner Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt, und der andere Teil dies erkennt und die Leistung annimmt, ohne zu widersprechen. Dabei reicht bloßes Kennenmüssen nicht aus. Vielmehr ist die positive Kenntnis von der Zweckvorstellung des anderen Teils erforderlich. Dabei kommt es allein auf den Zeitpunkt der fraglichen Leistung an (vgl. BGH, FamRZ 1992, 160 = NJW 1992, 427). Dies ist hier die Bauphase i. J. 1982/83. Bezogen auf diesen Zeitpunkt ist jedoch eine derartige Willensübereinstimmung nicht festzustellen. Dies folgt schon daraus, daß der Kl. zu diesem Zeitpunkt noch nicht geschieden war, und er aus diesem Grunde nicht daran interessiert war, daß seine Ehefrau an einem Eigentumserwerb im Rahmen eines Zugewinnausgleichs teilnahm. Aber auch aufgrund der vom LG durchgeführten Beweisaufnahme ergibt sich nichts anderes. . .
Danach ist aber davon auszugehen, daß die Parteien durch gemeinsame Leistungen einen erheblichen Vermögensgegenstand erwarben und hierbei die Absicht verfolgten, einen wirtschaftlich gesehen gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der von ihnen nicht nur gemeinsam genutzt, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören sollte (vgl. BGHZ 84, 388, 390 = FamRZ 1982, 1065). Die Bekl. als diejenige Partnerin, in deren Eigentum hier das gemeinsam geschaffene Doppelhaus steht, hat daher den Kl. abzufinden.
Dies hat hier im Rahmen der §§ 730 ff. BGB zu geschehen. Denn nach der Rspr. des BGH, der der Senat folgt, haben sich die Parteien einer ne. Lebensgemeinschaft zwar nicht als Gesellschafter, aber wie Gesellschafter in entsprechender Anwendung von §§ 730 ff. BGB auseinanderzusetzen.
Daß die Bekl. formal Eigentümerin des Grundstücks ist, steht einer solchen Auseinandersetzung nicht entgegen, wobei es vom Einzelfall abhängt, welches Gewicht diesem Umstand zukommt (vgl. BGH, FamRZ 1992, 408 = NJW 1992, 906). Für den alleinigen Erwerb des Grundstücks durch die Bekl. war maßgeblich, daß ihr dafür aus dem Verkauf des Hauses in G. entsprechende Barmittel zur Verfügung standen und der Kl. noch verheiratet war. Zudem wurde das Grundstück nach den Vorstellungen des Kl. ausgesucht. Wie unstreitig ist, war es der Wunsch des Kl., den Wohnsitz in G. aufzugeben und in die Nähe seiner Freunde und Bekannten zu verziehen. Die Parteien nahmen dafür sogar in Kauf, für eine Zwischenzeit in einer Mietwohnung zu leben. Beim Ausbau des Hauses dominierte der Kl. Insoweit ist unstreitig, daß er das Haus in einem überwiegenden Teil in Eigenleistung errichtet hat und er sich auch um die übrigen Gewerke kümmerte. Dieser Umstand verdeutlicht zugleich, daß sich der Kl. an dem Bauvorhaben wie ein Miteigentümer beteiligte.
Auch wenn strittig ist, wie die Leistungen des Kl. zu bewerten sind, so kann doch festgestellt werden, daß sie nicht so geringfügig waren, daß ein Ausgleich nicht in Betracht käme. Insbesondere der Kl. hat hier durch seine Bauleistungen eigene Vermögenswerte geschaffen. Da das Eigentum an dem Hausgrundstück der Bekl. verbleibt und der Sachverständige P. auf der Grundlage eines Sachwertes von 489.499 DM eine Wertsteigerung des Grundstücks durch die Arbeiten des Kl. i. H. von 308.099 DM annimmt, kommt ein vermögensrechtlicher Ausgleich hinsichtlich des Mehrwertes in Betracht, wobei auch noch der Wert des Grundstücks einzubeziehen ist. Denn in den Mehrwert sind auch die Leistungen des Kl. eingeflossen, wie seine intensive Tätigkeit bei der Erstellung des Doppelhauses zeigt.
Das bedeutet allerdings nicht, daß ihm ohne weiteres ein Zahlungsanspruch i. H. des Wertes seiner Leistungen zusteht. Vielmehr müssen sich diese in dem Mehrwert wiederfinden. Sie sind sodann in Beziehung zu setzen zu den Beiträgen der Bekl. wie etwa die tatsächlich für den Bau aufgewandten Barmittel und die Tilgung der Fremdfinanzierung bis zur Trennung der Parteien. Auch wird sich dabei das LG mit den Einwendungen der Bekl. auseinandersetzen müssen, also auch insbesondere mit den von der Bekl. im Schriftsatz v. 19. 12. 1991 behaupteten Mängel und Schäden, die zu einer Minderbewertung der Ansprüche des Kl. führen können. Denn mangelhafte Einlagen sind mit ihrem tatsächlichen Wert anzusetzen.
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, daß das LG zu Recht ein Grundurteil erlassen hat. Denn dazu ist es ausreichend, daß der Klageanspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht und zu erwarten ist, daß im sog. Betragsverfahren dem Kl. im Ergebnis in irgendeiner Höhe zugesprochen werden wird (BGH, NJW-RR 1988, 1405). Auf eine sichere Erkenntnis darüber kommt es nicht an.
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