Rechtsunwirksame Einschränkungen von Gewinnzusagen in gesondertem Werbeprospekt

Gericht

OLG Oldenburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

07. 03. 2003


Aktenzeichen

6 U 173/02


Leitsatz des Gerichts

  1. Gewinnregeln, wonach die Höhe der zu vergebenden Preise im Ermessen des Veranstalters liegen, sind allgemeine Geschäftsbedingungen, auf die deutlich hingewiesen werden muss.

  2. Ein Gewinnversprechen nach § 651 a BGB kann durch Gewinnregeln nicht relativiert werden. Insoweit handelt es sich um eine überraschende Klausel.

  3. Bei Gewinnregeln, die in einem gesonderten Werbeprospekt und nicht in der Gewinnzusage enthalten sind, handelt es sich zudem um nicht wirksam einbezogene allgemeine Geschäftsbedingungen, weshalb die Gewinnzusage nach § 651 a BGB einklagbar ist.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. macht gegen die Bekl. einen Gewinnanspruch aus § 661a BGB geltend. Am 27. 7. 2001 erhielt die Kl. von der Bekl. die Mitteilung, dass ihr bei der Gewinnziehung am 25. 7. 2001 ein Bargewinn von 8000 DM zugeteilt worden sei. Der Ablauf der Gewinnziehung, der von einem Justiziar kontrolliert worden sein soll, wurde der Kl. im Einzelnen geschildert. Abschließend wurde sie aufgefordert, ihren Einlösescheck einzusenden, damit die Auszahlung vorgenommen werden könne. Der Gewinnmitteilung waren einige Werbeprospekte nebst einem Bestellformular für Produkte „fit in Form“ beigefügt. Auf der Rückseite des Bestellformulars befinden sich kleingedruckte Hinweise, überschrieben mit der Überschrift: „Einkaufen ganz einfach/freundliche Lieferbedingungen“. Die Kl. übersandte ihren Einlösescheck mit anwaltlichem Schreiben vom 1. 8. 2001 an die Bekl. Mit Schreiben vom 16. 8. 2001 lehnte die Bekl. eine Auszahlung des Gewinns mit der Begründung ab, dass die Zuteilung der Gewinne und die Höhe der zu vergebenden Preise ausweislich der Spielregeln im Ermessen der Firma liege und eine Entscheidung noch nicht getroffen sei. Mit ihrer Klage macht die Kl. ihren Gewinnanspruch in Höhe von 8000 DM (= 4090,33 Euro) geltend. ...

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. Die Berufung ist zulässig ...

1. Die Klage ist zulässig. Die Bekl. ist mit der Rüge, dass das AG seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht bejaht habe, nicht nach § 513 II ZPO ausgeschlossen (vgl. zu dem gleich lautenden § 545 II ZPO n.F. BGH, NJW 2003, 426 m.w. Nachw.; a.A. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 513 Rdnr. 8). Die Rüge ist allerdings nicht begründet. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich sowohl aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ als auch aus Art. 13 I Nr. 3 i.V. mit Art. 14 I Alt. 2 EuGVÜ. Insoweit verweist der Senat auf das bereits zitierte und der Bekl. bekannte Urteil des BGH (NJW 2003, 426; vgl. auch Lorenz, NJW 2000, 3305 [3309]).

2. Die Klage ist auch begründet. Das AG hat mit zutreffenden Erwägungen einen Anspruch der Kl. gegen die Bekl. aus § 661a BGB bejaht. Danach muss ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, dem Verbraucher diesen Preis auch leisten. Es besteht kein Zweifel, dass die Kl. Verbraucherin und die Bekl. Unternehmerin in diesem Sinne sind (§§ 13 , 14 BGB). Das zu den Akten gereichte Schreiben der Bekl. erweckt den Eindruck, dass die Kl., die in dem Schreiben namentlich aufgeführt ist und an die das Schreiben gerichtet ist, einen Geldpreis in Höhe von 8000 DM gewonnen hat. Der Wortlaut des Schreibens lässt hieran keinen vernünftigen Zweifel. Letztlich wird dies auch von der Bekl. nicht in Abrede gestellt. Dem danach gegebenen Anspruch aus § 661a BGB steht entgegen der Auffassung der Bekl. nicht entgegen, dass in den beigefügten Regeln darauf hingewiesen wurde, dass die Höhe der zu vergebenen Preise im Ermessen der Bekl. liege. Denn diese Klausel ist wegen Verstoßes gegen § 2 I , III AGBG (in der bis zum 31. 12. 2001 geltenden Fassung) unwirksam. Die Kl. ist auf die Existenz dieser Regeln weder deutlich hingewiesen worden noch hatte sie in zumutbarer Weise die Möglichkeit, von ihnen Kenntnis zu nehmen. Die Regeln befinden sich nämlich versteckt auf einem gesonderten Werbeprospekt, ohne dass in der Gewinnmitteilung selbst auf die Existenz von Gewinnregeln hingewiesen worden wäre. Vielmehr heißt es im letzten Absatz der Gewinnmitteilung sogar ausdrücklich: „Nun haben Sie alles über die Gewinnziehung erfahren“. Der Empfänger wird also sogar davon abgelenkt, dass darüber an anderer Stelle noch etwas stehen könnte. Außerdem ist die Klausel mit den Worten „Einkaufen ganz einfach/freundliche Lieferbedingungen“ überschrieben, so dass für den durchschnittlichen Leser gar nicht erkennbar ist, dass sich in dem kleingedruckten Text auch Regeln über die Gewinnziehung befinden könnten. Hinzu kommt auch noch, dass der Inhalt der Klausel, wonach die Höhe der Preise im Ermessen der Bekl. liege, für den Verbraucher völlig überraschend (§ 3 AGBG a.F.) ist, weil sie dem eigentlichen Text widerspricht, in dem mehrfach und unmissverständlich darauf hingewiesen wird, dass die Kl. einen Bargewinn von 8000 DM erzielt hat. Entgegen der Auffassung der Bekl. steht dem Anspruch aus § 661a BGB auch nicht entgegen, dass der Empfänger in der Gewinnmitteilung aufgefordert wird, den Einlösescheck einzuschicken. Zum einen ergibt sich aus dem unstreitig innerhalb der 7-Tage-Frist bei der Bekl. eingegangenen anwaltlichen Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kl. vom 1. 8. 2001, dass der Einlösescheck mit Zuteilungsnummer und aufgeklebtem Gewinnsiegel beigefügt war. Zum anderen entsteht der Gewinnanspruch aus § 661a BGB aber auch schon mit Zugang der Gewinnmitteilung (Palandt/Sprau, BGB, 62. Aufl., § 661a Rdnr. 4).

Rechtsgebiete

Allgemeines Zivilrecht

Normen

EuGVÜ Art. 5 Nr. 3, 13 Nr. 1; BGB § 661a