Zustandekommen eines Anwaltsvertrags durch Anruf des Geschäftsführers

Gericht

AG München


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

14. 11. 2003


Aktenzeichen

191 C 26286/03


Leitsatz des Gerichts

  1. Holt der Geschäftsführer einer Gesellschaft telefonisch eine rechtliche Auskunft bei einer Rechtsanwaltskanzlei ein, wird konkludent ein Anwaltsvertrag zwischen Gesellschaft und Kanzlei geschlossen.

  2. Der Anwalt ist nicht verpflichtet, den Mandanten vor der Beantwortung einer Rechtsfrage darauf hinzuweisen, dass die Auskunft kostenpflichtig ist.

  3. Ein geschäftskundiger Mandant kann nicht davon ausgehen, dass Rechtsanwälte kostenlos arbeiten.

Tenor


Endurteil gemäß § 495a ZPO

  1. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 77,14 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 2.4.2003 zuzüglich EUR 13,31 vorgerichtliche Kosten zu bezahlen.

  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagtenpartei.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Fehlhammer
Richterin am Amtsgericht

Tatbestand


Tatbestand:

(Entfällt gemäß § 313 a I Satz 1 ZPO)

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig; insbesondere ist das Amtsgericht München zur Entscheidung örtlich zuständig geworden.

Zwar hat die Beklagte ihren allgemeinen Gerichtsstand nicht im Bezirk des Amtsgerichts München und das Gericht erkennt auch keinen sogenannten gemeinsamen Erfüllungsort auch für die Gebührenklagen des Rechtsanwalts am Kanzleisitz an.

Die Beklagte hat sich jedoch trotz rechtlichen Hinweises hierzu auf die Klage vor dem Amtsgericht München schriftlich eingelassen, so dass sich nunmehr eine Zuständigkeit des Amtsgerichts München aufgrund rügeloser Einlassung gemäß § 39 ZPO ergibt.

Die Klage ist auch begründet.

Dem Kläger steht gemäß § 611, § 675 BGB i.V.m. der BRAGO die mit der Kostenrechnung vom 18.3.2003 eingeforderte Beratungsgebühr nebst Mehrwertsteuer vor.

Die Höhe der Gebühr nach dem angesetzten Gegenstandswert und der Wahl der bestimmten Gebühr innerhalb des Rahmens wird von der Beklagten nicht beanstandet.

Da der Geschäftsführer der Beklagten in der klägerischen Kanzlei angerufen hat und beraten werden wollte in einer Angelegenheit, die die Beklagte betraf, ist auch davon auszugehen, dass die Beklagte durch den Anruf ihres Geschäftsführers verpflichtet worden ist, § 164 I Satz 1 und Satz 2 BGB.

Ein Rechtsrat kann auch mündlich, d.h. auch telefonisch, erteilt werden. Dass der Geschäftsführer der Beklagten in seiner Sache rechtlich beraten worden ist, hat er zunächst persönlich eingeräumt und mit nachfolgendem Anwaltsschriftsatz auch nicht substantiiert bestritten; denn wenn er "lediglich oberflächliche allgemein gültige" Informationen zu dem von ihm geschilderten arbeitsrechtlichen Problem erhalten hat, so hat er damit eingeräumt, eine rechtliche Auskunft erhalten zu haben, mag die ihm auch letztlich nicht genügt haben. Der Anwaltsvertrag kommt konkludent dadurch zustande, dass der Mandant eine rechtliche Frage stellt und der Anwalt diese beantwortet.

Der Anwalt ist nicht verpflichtet, vor Auskunftserteilung bzw. vor Beantwortung der Rechtsfrage den Mandanten darauf hinzuweisen, dass diese Auskunft kostenpflichtig ist. Dass der Anwalt für seine Tätigkeit als Anwalt Gebühren erhebt bzw. sogar erheben muss, ergibt sich aus der BRAGO.

Einem Irrtum hierüber kann der Geschäftsführer der Beklagten als Geschäftsmann auch schlechterdings nicht unterlegen sein. Er konnte nicht davon ausgehen, dass Rechtsanwälte kostenlos arbeiten, auch nicht im Hinblick auf ein eventuell später zu erteilendes weitergehendes Mandat.

Es mag schon so gewesen sein, dass die Beklagte dem Kläger wegen dessen Kostenvorstellungen für die weitere Zusammenarbeit ein weitergehendes Mandat nicht erteilt hat. Das ändert jedoch nichts daran, dass das geführte Telefonat als Beratungsgespräch zu vergüten ist. Denn wenn die Beklagte in diesem Telefonat tatsächlich nur hätte wissen wollen, ob der Kläger im Falle einer Mandatierung nach der BRAGO oder wie sonst abrechnet, dann hätte er auch nur diese Frage stellen dürfen und sich nicht Informationen in der arbeitsrechtlichen Angelegenheit erteilen lassen dürfen - wie tiefschürfende auch immer.

Es war deshalb zu entscheiden wie geschehen.

Zinsen und Mahnauslagen: §§ 286, 288 BGB.

Kostenentscheidung: § 91 I ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.


Fehlhammer
Richterin am Amtsgericht

Rechtsgebiete

Gesellschaftsrecht