Hundehaltung trotz mietvertraglichen Verbots - Nachbarliches Einverständnis

Gericht

AG Hamburg-Bergedorf


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

01. 04. 2003


Aktenzeichen

409 C 517/02


Leitsatz des Gerichts

  1. Eine Klausel im Mietvertrag, wonach ein Hund nur gehalten werden darf, wenn der Vermieter ausdrücklich zustimmt, ist wirksam.

  2. Der Vermieter darf die Zustimmung nicht verweigern, wenn alle anderen Mieter des Hauses einverstanden sind, dass ein kleiner Hund von 25 Zentimeter Schulterhöhe gehalten wird.

  3. Bei veränderter Sachlage kann der Vermieter die Zustimmung stets widerrufen und verlangen, dass der Hund entfernt wird.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die durch ein Mietverhältnis verbundenen Parteien streiten über die Berechtigung der Bekl. zur Hundehaltung in ihrer gemieteten Wohnung. Hierzu heißt es in dem zu Grunde liegenden Formularmietvertrag vom 8. 5. 1996:

§ 24. Tierhaltung. Tiere dürfen nicht gehalten werden mit Ausnahme. … Sofern die Parteien etwas anderes wollen, bedarf es einer Vereinbarung. …

Die Bekl. hält in ihrer Mietwohnung einen Hund der Rasse Lhahsa Apso mit einer Schulterhöhe von 25 cm. Die mit Schreiben der Kl. vom 29. 10. 2002 an sie gerichtete Aufforderung zur Abschaffung des Hundes lehnte die Bekl. ab und legte ein Schriftstück vor, in dem die anderen fünf Mietparteien des Hauses durch ihre Unterschrift bestätigen, sich durch den Hund nicht gestört zu fühlen. Die im Nachbarhaus wohnenden sechs Mietparteien haben ebenfalls bestätigt, der Hund störe den Hausfrieden nicht.

Die Klage auf Abschaffung des Hundes hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Allerdings ist das in § 24 Mietvertrag enthaltene grundsätzliche Tierhaltungsverbot wirksam. Es stellt insbesondere keine überraschende Klausel i.S. des § 3 AGBG dar, der gem. Art. 229 § 5 EGBGB auf den im Jahre 1996 geschlossenen Mietvertrag noch Anwendung findet. Dass Tierhaltung von den Vermietern in aller Regel nicht uneingeschränkt zugelassen wird, ist jedem auch nur durchschnittlich informierten Mieter bewusst. Im Übrigen ist die Klausel auch nicht im sog. Kleingedruckten versteckt, sondern drucktechnisch, insbesondere mittels der fettgedruckten Überschrift „Tierhaltungsverbot“ so gestaltet, dass sie bereits beim bloßen Durchblättern des Formularvertrags ins Auge fällt. Eine Überrumpelungseffekt, wie ihn § 3 AGBG voraussetzt, entfaltet § 24 Mietvertrag nicht. Der Wirksamkeit des Tierhaltungsverbots steht auch § 9 AGBG nicht entgegen. Die Mieter werden durch die Klausel nicht unangemessen benachteiligt. Zum einen schließt § 24 Mietvertrag die Tierhaltung nicht schlechthin aus, sondern lässt die Haltung von Kleintieren in der Mietwohnung genehmigungsfrei zu. Zum anderen ist auch die Haltung anderer Tiere nicht absolut ausgeschlossen. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt, dass der Vermieter einem entsprechenden Wunsch des Mieters seinerseits zustimmen muss. Dieses Zustimmungserfordernis findet jedenfalls in den Fällen, in denen es um Tierhaltung in einem Mehrfamilienhaus geht, seine Rechtfertigung in der vertraglichen Bindung der Kl. gegenüber sämtlichen Mietparteien. Wie das erkennende Gericht bereits in seinen Entscheidungen vom 9. 3. 1990 und 5. 2. 1991 (AG Hamburg-Bergedorf, NJW-RR 1991, 461 u. 1413) ausgeführt hat, ist grundsätzlich ein berechtigtes Interesse des Vermieters an einer Entscheidungsprärogative in Fragen der Haustierhaltung anzuerkennen. Der Vermieter hat nämlich sowohl den Bedürfnissen der Mieter, die ein Tier halten wollen, als auch denjenigen Belangen derjenigen Mieter, die sich durch ein Tier im Mietshaus belästigt fühlen, Rechnung zu tragen. Schon damit er sich vor Minderungsansprüchen der Mieter wegen etwaiger Störungen durch ein Haustier schützen kann, muss ihm grundsätzlich gestattet sein, die Entscheidung über die Zulassung der Tierhaltung allein zu treffen. Eine unangemessene Benachteiligung des Mieters stellt dies nicht dar, zumal das gedeihliche Zusammenleben der Mietergemeinschaft auch in seinem Interesse liegt. So hat auch das OLG Hamm in einem Rechtsentscheid in NJW 1981, 1926, ein „freies Ermessen“ für das Einräumen einer Erlaubnis zur Tierhaltung dem Vermieter zugestanden.

Im vorliegenden Fall stellt sich die Berufung der Kl. auf die Verbotsklausel des § 24 Mietvertrag jedoch als rechtsmissbräuchlich dar. Missbräuchlich und damit wegen Verstoßes gegen das Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB unzulässig ist die Ausübung einer formalen Rechtsposition insbesondere dann, wenn ihr kein schutzwürdiges Eigeninteresse zu Grunde liegt. Schutzwürdige Belange der Kl., die die Durchsetzung der Klausel unter den jetzt gegebenen, heutigen Umständen erforderlich machen, liegen nicht vor. Die Kl. begnügt sich mit der Behauptung, von der Tierhaltung gingen regelmäßig Probleme aus und es fänden Beeinträchtigungen statt, die durch die Hausbewohner nicht mehr zu dulden seien.

In Anknüpfung an die Entscheidungsgründe der Urteile dieses Gerichts in NJW-RR 1991, 461 und 1413 sieht der erkennende Richter darin keinen konkreten dargelegten Grund. Denn die Bekl. hat durch die Bestätigung vom 12. 11. 2002 nachgewiesen, dass sämtliche Mietparteien des Hauses mit der Haltung des Hundes einverstanden sind. Eine Störung des Hausfriedens steht gegenwärtig nicht zu befürchten. Alle Mietparteien bestätigen, dass der Hund nicht frei herumläuft, noch in irgendeiner Weise den Hausfrieden stört oder beeinträchtigt. Der Hund der Bekl. ist auch mit einer Schulterhöhe von 25 cm so klein, dass eine übermäßige Abnutzung oder Beschädigung der Mietwohnung nicht zu erwarten ist. Angesichts der geringeren Größe des Tieres ist mit einer Gefährdung der Bewohner benachbarter Häuser ebenfalls nicht zu rechnen. Alle Mieter des Nachbarhauses haben ebenfalls mit Schreiben vom 25. 2. 2003 bestätigt, dass der Hund in keiner Weise den Hausfrieden stört oder beeinträchtigt. Schließlich ist auch davon auszugehen, dass das Bellen des Hundes außerhalb des Mietshauses nicht hörbar ist, so dass eine Lärmbelästigung von Mietern außerhalb der Hausgemeinschaft ausscheidet.

Soweit die Kl. darauf abstellt, hinsichtlich des Verstoßes gegen § 24 Mietvertrag sei noch zu beachten, dass sehr häufig in den Häusern eine Flukation stattfinde, führt auch das zu einer anderen Betrachtung nicht. Die Kl. begeben sich nicht ihrer in § 24 Mietvertrag ausbedungenen prinzipiellen Regelungsbefugnis bezüglich der Tierhaltung, wenn sie zur Zeit die Haltung des Hundes in der Wohnung der Bekl. dulden müssen. Die Schaffung eines Präzedenzfalles, auf den sich andere Mieter berufen könnten, kommt nur in Betracht, wenn - wie hier - keine berechtigten Interessen der Kl. in ihrer Eigenschaft als Vermieter verletzt werden, die Geltendmachung der Klausel also ohnehin nach § 242 BGB unzulässig wäre.

Die Duldung des Hundes führt nicht zu einer Verwirkung des Genehmigungsvorbehalts im Verhältnis zu der Bekl. Dass die Haltung ihres Hundes entscheidend von der Zustimmung der Hausgemeinschaft abhängt, ist wohl der Bekl. bewusst und wird auch durch das vorliegende Urteil bestätigt. Bei einer Änderung der Sachlage, insbesondere bei einem Zuzug neuer Mieter, die Einwände gegen die Hundehaltung erheben, kann der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs, der die Kl. zur Zeit an der Durchsetzung des Verbots aus § 24 Mietvertrag hindert, ohne weiteres wieder entfallen. Für die Entstehung eines Vertrauenstatbestands auf Seiten der Bekl. als Voraussetzung der Verwirkung bleibt daher kein Raum.

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

BGB §§ 242, 535; AGBG §§ 3, 9