Strohmann als Störer bei rechtswidriger Telefax-Werbung
Gericht
LG Frankfurt
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
27. 11. 2002
Aktenzeichen
2/6 O 401/02
Nach § 1 UWG ist es zu unterlassen, zur Förderung des Absatzes gewerblicher Leistungen außerhalb bestehender Geschäftsbeziehungen mit einer Werbung per Telefax Kontakt zu möglichen Kunden aufzunehmen, es sei denn, dass deren Einverständnis vorliegt oder konkrete Anhaltspunkte bestehen, die das Einverständnis der Adressaten vermuten lassen.
Wer eine EDV-Anlage betreibt, über die geschäftsmäßig Telefax-Werbung verschickt wird, unterliegt selbst dem Verbot unaufgeforderter Telefaxwerbung. Er leistet mit der Übersendung der Telefaxschreiben einen eigenen unmittelbaren Tatbeitrag und ist daher als Mittäter unmittelbar Störer. Als solcher hat er daher selbst dafür Sorge zu tragen, dass die erforderlichen Einwilligungen zur Übersendung der Telefaxwerbung vorliegen.
Auch wer lediglich organisatorische und technische Mittel bereitstellt, ist wettbewerbsrechtlich verantwortlich. Er haftet jedenfalls bei groben, unschwer zu erkennenden Verstößen.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Ag. zu 1), deren Geschäftsführer der Ag. zu 2) ist, betreibt eine EDV-Anlage, über die sie geschäftsmäßig Telefax-Schreiben verschickt. Sie versandte am 1.9.2002 im Auftrag eines Dritten Telefax-Schreiben an die Ast., die nach ihrer Behauptung ihr Einverständnis mit der Übersendung der Telefaxwerbung nicht erklärt hatte. Bei dem Absender „G. Ltd.“, der auf den Schreiben angegeben war, handelt es sich um einen Strohmann, der den eigentlich Verantwortlichen „vorgeschaltet“ wurde. Mit Schreiben v. 20.9.2002 forderte die Ast. die Ag. erfolglos auf, den Auftraggeber für die Telefaxwerbung zu nennen und wies darauf hin, dass diese Information anderweitig nicht zu beschaffen sei.
Aus den Gründen:
... Die Ast. kann nach § 1 UWG verlangen, dass die Ag. es unterlassen, zur Förderung des Absatzes gewerblicher Leistungen Dritter außerhalb bestehender Geschäftsbeziehungen Kontakt zu möglichen Kunden aufzunehmen, es sei denn, dass deren Einverständnis vorliegt oder konkrete Anhaltspunkte bestehen, die das Einverständnis der Adressaten vermuten lassen.
Die Ag. können sich nicht darauf berufen, dass sie ihre Kunden darauf hinweisen, dass eine Übersendung der Telefaxschreiben nur im Rahmen bestehender Geschäftsbeziehungen erfolgen dürfe. Zwar darf die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte, die dem fraglichen Verbot nicht selbst unterworfen sind, erstreckt werden (vgl. BGH GRUR 1997, 313, 315 f. - Architektenwettbewerb; WRP 1999, 211 - Möbelklassiker). So liegt der vorliegende Fall jedoch nicht. Die Ag. sind nicht bloß Dritte, die dem Verbotsadressaten lediglich organisatorische oder technische Mittel bereitstellen, die dieser bei seinen verbotenen Wettbewerbshandlungen benutzt. Sie selbst unterliegen dem Verbot unaufgeforderter Telefaxwerbung und leisten mit der Übersendung der Telefaxschreiben einen eigenen, unmittelbaren Tatbeitrag. Sie sind daher als Mittäter unmittelbare Störer und nicht bloß (mit-)störende Dritte. Als solche habe sie selbst dafür Sorge zu tragen, dass die erforderlichen Einwilligungen mit der Übersendung der Telefaxwerbung vorliegen. Im Prozess genügt dementsprechend nicht - wie u.U. bei einem außenstehenden Dritten - das bloße Bestreiten des Vortrags, die Ast. habe eine Einwilligung nicht erteilt.
Die Ast. kann nach § 1 UWG verlangen, dass die Ag. die Übersendung von Telefaxschreiben unterlassen, in denen Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, ohne dass die nach §§ 312c BGB, 1 BGB-InfoV erforderlichen Angaben vorhanden sind.
Zwar unterliegen die Ag., die die Waren oder Dienstleistungen in der Telefaxwerbung nicht selbst angeben, mithin nicht Unternehmer i.S.v. § 312c BGB sind, nicht selbst den Informationspflichten des BGB. Auch wenn die Ag. sonach bei diesem Verstoß lediglich Dritte sind, die dem Verbot nicht selbst unterliegen und lediglich organisatorische oder technische Hilfsmittel bereitstellen, ist ihre wettbewerbsrechtliche Verantwortlichkeit zu bejahen. Auch ein solcher Dritter haftet nämlich bei groben, unschwer zu erkennenden Verstößen (vgl. BGH GRUR 1997, 313, 315 f. - Architektenwettbewerb; WRP 1999, 211 - Möbelklassiker). Das ist hier der Fall. Das Fehlen der Angaben nach §§ 312c BGB, 1 BGB-InfoV sind ohne weiteres erkennbar.
Schließlich kann die Ast. die geforderte Auskunft nach § 13 Abs. 1 UKlaG verlangen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für den Auskunftsanspruch erfüllt sind. Der Auskunftsanspruch kann im vorliegenden Fall auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden, weil eine offensichtliche Rechtsverletzung gegeben ist und der Auskunftsanspruch nach § 13 UKlaG hier wie bei den entsprechenden Auskunftsansprüchen im gewerblichen Rechtsschutz der Aufdeckung und Verfolgung weiterer Rechtsverstöße durch Hintermänner dient. ...
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