Vergütung einer Arbeitnehmerin, wenn nur eine Vergütung für ein freies Mitarbeiterverhältnis vereinbart worden ist

Gericht

ArbG München


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

16. 10. 2003


Aktenzeichen

17 Ca 10541/02


Leitsatz des Gerichts

  1. Eine Zusage, als freier Mitarbeiter entsprechend einer bestimmten Funktion vergütet zu werden, erstreckt sich nicht automatisch auf den Status als Arbeitnehmer, es sei denn, die finanzielle Gleichstellung sei auch für das Anstellungsverhältnis zugesichert worden.

  2. Für die Vergütung geleisteter Arbeit ist maßgeblich, was die Parteien vereinbart haben, und ob die geschuldete Arbeit geleistet wurde. Sind keine konkreten Tatsachen zu Vergütungsvereinbarungen vorgetragen, kann in diesem Zusammenhang nicht auf das Lohnausfallprinzip zurückgegriffen werden.

  3. Ein Anspruch auf übliche Vergütung nach §§ 611, 612 Abs. 2 BGB über erhaltene Zahlungen hinaus setzt voraus, dass die übliche Vergütung dargelegt wird. Auch damit verbundene Schwierigkeiten entbinden einen Kläger nicht von der Darlegungs- und Beweislast.

Tenor


Endurteil:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom ... nicht beendet wurde.

  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

  3. ...

  4. ...

Tatbestand


Tatbestand:

...

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 1995 als ... tätig. Das Arbeitsverhältnis wurde von den Parteien bis zur Änderungskündigung ... als freies Mitarbeiterverhältnis abgerechnet. Das monatliche Einkommen der Klägerin lag zwischen ... . Zuletzt gab es eine Vereinbarung über einen Tagessatz von rund ..., wobei die Vergütung monatlich schwankte, abhängig z.B. von der Zahl der geleisteten Arbeitstage und den Wochenenddiensten. ...

... Die Beklagte, die inzwischen auch die Auffassung vertritt, daß zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, hat der Klägerin den Abschluß eines Arbeitsvertrags angeboten, der eine monatliche Vergütung in Höhe von ... brutto vorsieht. Die Klägerin hat dieses Vertragsangebot nicht angenommen. Für die Monate Januar bis April hat die Beklagte monatlich eine Vergütung von ... brutto an die Klägerin bezahlt.

... Darüber hinaus schulde ihr die Beklagte für die Monate Januar bis April 2003 weitere ... . Dies ergebe sich aus der Differenz der durchschnittlichen monatlichen Vergütung in den Jahren 1996 bis 2001 und den jetzt gezahlten ... . Außerdem sei ihr zugesagt worden, daß mit ... kein finanzieller Nachteil verbunden, sei. Die Vergütungshöhe und Tätigkeiten bei der Beklagten seien sehr heterogen und auch vom Bekanntheitsgrad der Mitarbeiter abhängig.

Die Klägerin beantragt:

  1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom ... nicht beendet wurde.

  2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ... zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Beklagte trägt vor, nachdem die zwischen den Parteien getroffene Honorarvereinbarung auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung finde, sei eine angemessen erhöhte tarifliche Vergütung geschuldet. Dieser Anspruch werde mit der Zahlung von ... monatlich erfüllt.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt ihren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

...

II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von ... . Es ist nicht dargelegt, daß die Klägerin einen Anspruch auf eine höhere als die bereits bezahlte Vergütung hat.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine bestimmte Vergütungshöhe aus § 611 BGB dargelegt.

Die Klägerin trägt nicht substantiiert vor, welchen Inhalt der Arbeitsvertrag hinsichtlich der Vergütung hat. Der Vortrag aus der mündlichen Verhandlung, daß es früher, als die Parteien noch auf der Basis eines freien Mitarbeiterverhältnisses abgerechnet haben, einen Tagessatz von ... gab und es zu der stark schwankenden Vergütung zwischen ... monatlich wegen der unterschiedlichen Zahl von Arbeitstagen und Wochenenddiensten gekommen ist, ist völlig unsubstantiiert.

2. Die der Klägerin im Arbeitsverhältnis geschuldete Vergütung kann auch nicht aus dem Monatsdurchschnitt des Einkommens der Klägerin als freie Mitarbeiterin in den Jahren ... errechnet werden. Zum einen war Grundlage für die damaligen Zahlungen, das freie Mitarbeiterverhältnis, von dem die Parteien ausgingen und mit den Zahlungen wurden, wie die Beklagte unbestritten vorträgt, auch Arbeitsmittel abgegolten. Zum anderen begehrt die Klägerin Vergütung für geleistete Arbeit und nicht Annahmeverzug. Bei der Vergütung für geleistete Arbeit ist maßgeblich, was die Parteien vereinbart haben, und ob die geschuldete Arbeit geleistet wurde. Daß die Klägerin es unterläßt konkrete Tatsachen zur Vergütungsvereinbarung, die u.U. im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis anzupassen wäre, und zur geleisteten Arbeit vorzutragen, kann nicht dazu führen, daß auf das im Rahmen des § 611 BGB nicht anwendbare Lohnausfallprinzip zurückgegriffen wird. Darüber hinaus kommt beim Lohnausfallprinzip regelmäßig nur ein dem Arbeitsausfall unmittelbar vorangegangener Zeitraum in Betracht, nicht einer der schon Jahre zurückliegt.

Ob und wie eine zwischen den Parteien getroffene Vergütungsregelung für die freie Mitarbeit auf das nun zwischen den Parteien unstreitig bestehende Arbeitsverhältnis anzupassen wäre, kann offen bleiben, da die Klägerin keine konkrete Vergütungsvereinbarung vorträgt.

3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die geltend gemachte Zahlung aus §§ 611, 612 Abs.2 BGB.

Es kann dahinstehen, ob zwischen den Parteien keine Vergütungsvereinbarung zustande gekommen ist, weil die Beklagte, wie ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, für ein Arbeitsverhältnis regelmäßig nur eine tarifliche Entlohnung vereinbart hätte (vgl. BAG, Urteil vom 21.11.2001 - 5 AZR 87/00 - BAGE 100, 1, zitiert nach Juris). Einen Anspruch auf eine übliche Vergütung in einer die erhaltenen Zahlungen übersteigenden Höhe hat die Klägerin jedenfalls nicht dargelegt. Dabei mag der Klägerin zugestanden werden, daß die Darlegung der üblichen Vergütung schwierig ist, da Tätigkeiten und Vergütung sehr heterogen sind und die Höhe der Vergütung auch vom persönlichen Bekanntheitsgrad abhängt. Dies entbindet die Klägerin aber nicht von der bei ihr liegenden Darlegungs- und Beweislast.

4. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die geltend gemachte Nachzahlung, wenn man zu ihren Gunsten unterstellt, daß ihr zugesagt wurde, sie werde weiter wie ... vergütet. Zum einen ist nicht zu erkennen, daß diese Aussage auch die Zusicherung enthielt, sie werde auch im Angestelltenverhältnis finanziell so gestellt, wie ... im freien Mitarbeiterverhältnis. Zum anderen trägt die Klägerin keine Tatsachen zur üblichen Vergütung ... vor.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, § 46 Abs. 2 ArbGG. Die Streitwertfestsetzung im Urteil folgt aus § 61 Abs. 1 ArbGG. Der Höhe nach ergibt sie sich aus dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin an der Klageforderung (§ 3 zpo, § 46 Abs. 2 ArbGG).

Gegen dieses Urteil ist für beide Parteien gemäß nachfolgender Rechtsmittelbelehrung das Rechtsmittel der Berufung nach § 64 ArbGG zum Landesarbeitsgericht München statthaft.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann Berufung eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600, -- EUR übersteigt. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen (§ 294 ZPO) . Eine Versicherung an Eides statt ist nicht zugelassen.

Die Berufung muss innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils beim

Landesarbeitsgericht München
Winzererstraße 104
80797 München

eingelegt werden.

Die Berufung muss innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich begründet werden.

Beide Fristen beginnen spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.

Die Berufung- und Berufungsbegründungsschrift müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Sie können auch von dem Bevollmächtigten einer Gewerkschaft, einer Arbeitgebervereinigung oder eines Zusammenschlusses solcher Verbände unterzeichnet werden, wenn die Berufung für ein Mitglied eines solchen Verbandes oder Zusammenschlusses oder für den Verband oder Zusammenschluss eingelegt wird.


Die Vorsitzende:

Dr. Förschner
Richterin am Arbeitsgericht

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht