Fristlose Kündigung wegen Schmiergeldannahme

Gericht

ArbG München


Art der Entscheidung

Teilurteil


Datum

10. 05. 2005


Aktenzeichen

26 Ca 14792/04


Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Kostenentscheidung bleibt einem Schlussurteil vorbehalten.

  3. Der Streitwert ...

Tatbestand


Tatbestand:

...

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Widerklage ist noch nicht entscheidungsreif.

1. Die Kündigungsschutzklage ist unbegründet, da das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 15.09.2004 aufgelöst wurde.

1.1 Die Kündigung ist nicht wegen § 174 BGB unwirksam. Gemäß § 174 BGB kann eine einseitige Willenserklärung zurückgewiesen werden, wenn sie von einem Vertreter ausgesprochen wurde, ohne dass dieser eine Originalvollmacht vorlegt.

Unstreitig hat hier ... als Vertreter der Beklagten die Kündigung ausgesprochen. Unstreitig hat er zusammen mit der Kündigung eine Originalvollmacht vorgelegt, die vom Geschäftsführer der Beklagten, ..., unterzeichnet war. Im Handelsregister ist niedergelegt, dass ... die Gesellschaft alleine vertreten kann. Damit hat die Beklagte ausreichend konkret dargelegt, dass eine Alleinvertretungsbefugnis gemäß § 35 Abs. 2 GmbH-Gesetz festgelegt ist.

Da der Kläger dazu keine Ausführungen mehr gemacht hat, gilt der Vortrag der Beklagten als zugestanden.

1.2 Die Kündigung ist nicht im Hinblick auf § 102 BetrVG unwirksam, da bei der Beklagten kein Betriebsrat besteht, der vor der Kündigung hätte angehört werden müssen. Soweit der Kläger behauptet, es bestünde ein gemeinsamer Betrieb zwischen anderen Konzerngesellschaften und der Beklagten, die einen gemeinsamen Betriebsrat hätten, so bleibt der Kläger dazu alle Tatsachen schuldig. ...

1.3 Die außerordentliche Kündigung ist innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden. Gemäß § 626 Abs. 2 BGB muss eine Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis vom Kündigungsgrund erfolgen. Maßgeblich ist dabei die Kenntnis der Tatsachen, die den wichtigen Grund ausmachen, und zwar bei derjenigen Person, die im konkreten Fall das Kündigungsrecht hat. Die Beklagte hat hier konkret dargelegt, dass der Direktor der Konzernrevision am 01.09.2004 Kenntnis von den Zahlungen der Firma ... an den Kläger erlangt hat. Diese Information wurde am Folgetag, dem 02.09.2004 an die Geschäftsleitung weitergegeben. So mit beginnt die Zweiwochenfrist frühestens am 02.09.2004 zu laufen. Da die Kündigung vom 15.09.2004 dem Kläger am selben Tag zugegangen ist, wurde sie innerhalb der Zweiwochenfrist ausgesprochen. Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagte habe schon früher Kenntnis gehabt, da das Schreiben der Firma ... schon Monate vorher ... aus seinem Privatbereich entwendet und kopiert worden sei, so ist dies hier irrelevant.

Es kann hier zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass es tatsächlich bei der Beklagten Mitarbeiter gab, die schon vor dem 02.09.2004 Kenntnis von den Zahlungen ... an den Kläger gehabt haben. Diese Personen sind jedoch nicht die maßgeblichen Personen i.S.v. § 626 Abs. 2 BGB. Auch der Kläger behauptet nicht, dass ein Kündigungsberechtigter schon vor dem 02.09.2004 Kenntnis gehabt hat.

Somit ist die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

1.4 Es besteht ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB für die außerordentliche Kündigung vom 15.09.2004.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Zunächst ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, so bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht (ständige Rechtsprechung des BAG vgl. AP Nr. 14 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlungen). Das Verbot der Annahme von Schmiergeldern durch einen Arbeitnehmer soll ähnlich wie das Wettbewerbsverbot seine generelle Loyalität und seine Ausrichtung auf die Interessen des eigenen Arbeitgebers sichern. Die Annahme von Schmiergeldern ist deshalb an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen (BAG NZA 2002, 232). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer den Bestechenden nicht bevorzugt, sich insoweit also nicht pflichtwidrig verhält (BAG v. 17.08.1972 AP § 626 Nr. 65). Nicht entscheidend ist auch, ob der Arbeitgeber dadurch einen Schaden erlitten hat. Es reicht vielmehr aus, dass der gewährte Vorteil allgemein die Gefahr begründet, der Annehmende werde nicht mehr allein die Interessen des Arbeitgebers wahrnehmen (BAG Der Betrieb 96, 836).

Der Kläger hat hier unstreitig von ... eine Zahlung von ... erhalten. Diese Zahlung wurde dem Kläger nach Überzeugung der Kammer deshalb bezahlt, weil er sich beim Kauf ... eingebracht hat. Es kann hier dahinstehen, ob die Beklagte tatsächlich wegen des Verhaltens des Klägers einen höheren Preis ... bezahlt hat, d.h. ob sie eine bessere Verhandlungsposition gehabt hätte, wenn der Kläger keine Informationen an ... gegeben hätte. Jedenfalls ist durch das Verhalten des Klägers die Gefahr begründet, dass er nicht ausschließlich die Interessen seines Arbeitgebers, sondern auch eigene Interessen im Auge hat.

Soweit der Kläger vorträgt, die Zahlung durch ... sei keinesfalls im Hinblick auf den ... zurückzuführen, sondern nur im Hinblick darauf geleistet worden, dass ... auf zukünftige Kontakte des Klägers hoffte, so ist dies nicht glaubhaft, aber auch irrelevant.

Aus dem Schreiben ... 14.02.2000 ergibt sich eindeutig, dass die DM ... im Zusammenhang mit dem Kauf ... erfolgt ist. Eine andere Bedeutung kann auch der Kläger diesem Schreiben nicht geben. Sogar wenn es doch so sein sollte, dass die Zahlung wegen erhoffter zukünftiger Kontakte und Tätigkeiten des Klägers geleistet worden sein sollte, so bedeutet dies, dass sich eine zukünftige Einflussnahme des Klägers zu ihren Gunsten erhoffte und dafür gezahlt hat. Auch in diesem Fall ist das Vertrauen in die Redlichkeit des Klägers und in seine Bereitschaft, sich ausschließlich zu Gunsten der Beklagten und nicht zu Gunsten Dritter zu engagieren, mehr als beschädigt.

Somit ist das Verhalten des Klägers grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund für die Kündigung darzustellen.

Aufgrund dieses Verhaltens ist es der Beklagten auch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist aufrechtzuerhalten. Dabei ist zwar zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er seit ... Jahren bei der Beklagten beschäftigt ist und ein relativ hohes Lebensalter hat. Zu Lasten des Klägers ist hier jedoch zu berücksichtigen, dass er bis zum heutigen Tag kein Unrechtsbewusstsein bezüglich seines Verhaltens erkennen lässt. Dies bedeutet, dass die Beklagte bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses jederzeit damit rechnen müsste, dass der Kläger auch in Zukunft bereit wäre, Zahlungen Dritter anzunehmen und die Interessen der Beklagten nicht über seine eigenen Interessen setzen würde. Dies ist einem Arbeitgeber auch bei einem seit ... Jahren bestehenden Arbeitsverhältnis mit einem älteren Arbeitnehmer nicht zuzumuten.

2. Da das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 15.09.2004 geendet hat, hat der Kläger keinen Anspruch auf Annahmeverzug gemäß § 615 BGB.

3. Die Widerklage ist nicht entscheidungsreif.


II.

Die Kostenentscheidung bleibt einem Schlussurteil vorbehalten. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO.

Gegen dieses Urteil kann der Kläger Berufung zum Landesarbeitsgericht München einlegen. Im Einzelnen gilt: ...

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht