Küchenkauf / Vertragsabschluss durch Anzahlung?
Gericht
AG Frankfurt a.M.
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
22. 11. 2002
Aktenzeichen
32 C 1677/02 - 48
Haben sich die Parteien über wesentliche Punkte des Kaufvertrages, wie etwa Kaufgegenstand, Kaufpreis, usw. nicht geeinigt, ist ein Kaufvertrag nicht zustande gekommen.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Kaufvertrages in Anspruch.
Am 23.02.2002 suchte die Beklagte das Möbelhaus der Klägerin auf. Die Klägerin bot für an diesem Tage abgeschlossene Kaufverträge einen Rabatt von 20 % an. Nach einem Verkaufsgespräch mit dem Mitarbeiter der Klägerin G unterzeichnete die Beklagte eine mit Kaufvertrag überschriebene Vereinbarung, wonach sie zum Preis von 13.000,00 Euro folgendes erwarb:
"1 Küche 300/900, Geräte und Arbeitsplatte werden noch ausgesucht".
Die Vereinbarung nimmt auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin Bezug, die die Regelung enthalten, daß der Verkäufer als Schadensersatz wegen Nichterfüllung 30 % des Kaufpreises verlangen kann. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die Kopien Blatt 5-6 d.A. verwiesen. Als Anzahlung leistete die Beklagte 1.300,00 Euro. Dauer und Einzelheiten des Verkaufsgespräches sind streitig.
Am 27.02.2002 nahm Herrn G in der Küche der Wohnung der Beklagten das Aufmaß. Die weiteren Einzelheiten sind streitig. Ein weiterer Termin sollte am 08.03.2002 im Geschäftslokal der Klägerin stattfinden. Die Beklagte sagte kurzfristig diesen Termin ab, da ihr Fahrzeug defekt war.
Mit Schreiben vom 09.03.2002 (Kopie Blatt 7 d.A.) teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie kündige die Bindung an dem vorgesehenen Vertragsabschluß, da sie kurzfristig wegen des Defektes einen neuen Pkw anschaffen und deshalb den Erwerb der Küche verschieben müsse. Die Klägerin antwortete unter dem 14.03.2002 (Kopie Blatt 8 d.A.), sie bestehe auf Erfüllung des Kaufvertrages oder Zahlung 30 % des Kaufpreises als "Abstand". Gleichzeitig ging das von Herrn G mit Auftragsbestätigung bezeichnete Schriftstück (Kopie Blatt 43-51 d.A.) an die Beklagte. Mit den Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 19.03.2002 und 02.04.2002 (Kopien Blatt 9-10, 12 d.A.) bekräftigte die Beklagte ihren Rechtsstandpunkt, die Klägerin hielt mit Schreiben vom 20.03.2002 (Kopie Blatt 11 d.A.) an ihrer Rechtsauffassung fest.
Die Klägerin behauptet, das Verkaufsgespräch am 23.02.2002 habe etwa eine Stunde gedauert. Dabei sei in allen Einzelheiten über die Küche gesprochen worden, wobei die Beklagte sich für die Küche 300/900 in der Farbe hellgrün entschieden habe. Die Preise seien bereits recht genau nach den Wünschen der Beklagten und ihres Ehemannes ermittelt worden. Am 27.02.2002 sei bei dem Aufmaß nochmals alles im Detail besprochen worden, es sei auch festgelegt worden, daß die Küche nicht hellgrün, sondern weiß geliefert werden sollte. Es sei lediglich noch offen gewesen, ob die Beklagte die Elektrogeräte neu kaufen oder die alten behalten wollte. Insoweit habe man sich darauf geeinigt, daß die Beklagte eventuell wegen der Elektrogeräte nochmals ins Haus der Klägerin kommen sollte.
Die Klägerin behauptet ferner, sie arbeite mit einer Gewinnspanne von mindestens 30 % (Beweis: Zeugnis N.N., Steuerberater der Klägerin).
Die Klägerin macht 30 % der Vertragssumme, 3.900,00 Euro als entgangenen Gewinn geltend. Sie verlangt ferner für den vorgerichtlichen Schriftverkehr einschließlich Bankspesen von 8,11 Euro für die nicht Einlösung der Anzahlung der Beklagten von 1.300,00 Euro 23,20 Euro.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.900,00 Euro nebst 12 % Zinsen seit dem 31.03.2002 sowie 23,20 Euro vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, am 23.02.2002 sei es zu einem zehnminütigen Gespräch mit dem Verkäufer der Klägerin gekommen. Ohne über irgendwelche weiteren Einzelheiten zu sprechen, habe der Verkäufer erklärt, die Beklagte müsse in jedem Fall noch heute die Unterschrift und eine Anzahlung leisten, um sich den Rabatt von 20 % auf den Kaufpreis zu sichern. Er habe empfohlen, den im Formular einzutragenden Kaufpreis möglichst hoch anzusetzen, damit sei keineswegs die Verpflichtung verbunden, eine Küche im Werte dieses Preises zusammen zu stellen. Damit solle nur sichergestellt werden, daß sie in jedem Fall für die gesamte sich später ergebende Kaufsumme Rabatt erhielte. Am 27.02.2002 habe sich Herr ... etwa 15 Minuten in der Wohnung aufgehalten und den Küchenraum ausgemessen. Das Beantworten von Fragen zur Küchenplanung habe er im einzelnen ausdrücklich abgelehnt und darauf verwiesen, daß alle Einzelheiten bei dem verabredeten Termin am 08.03.2002 in Ruhe besprochen werden sollten.
Die Beklagte ist der Auffassung, ein Kaufvertrag sei mangels Einigung über den genauen Vertragsinhalt nicht zustande gekommen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird, auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages nicht verlangen. Zwischen den Parteien ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - ein Kaufvertrag nicht zustande gekommen. Das Zustandekommen eines Kaufvertrages setzt voraus, daß der Vertragsinhalt nach Kaufgegenstand und Kaufpreis sowie hinsichtlich aller von den Parteien für wesentlich gehaltenen Punkte festgelegt ist oder sich jedenfalls bestimmen läßt (Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.09.1989, NJW 1990, 1234, 1235 für den Vorvertrag). Bei dem Bestehen von Regelungslücken und deren Unausfüllbarkeit kommt ein Vertrag selbst dann nicht zustande, wenn bei den Parteien ein Bindungswille auf Abschluß eines Vertrages besteht (Bundesgerichtshof a.a.O.).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist auch bei Zugrundelegung des Vorbringens der Klägerin weder am 23.02.2002 noch am 27.02.2002 ein Vertrag zustande gekommen.
Der Umstand, daß eine mit Kaufvertrag überschriebene Vereinbarung unterzeichnet und von der Beklagten eine Anzahlung geleistet wurde, zeigt zwar, daß ein Rechtsbindungswille der Parteien vorhanden war, diese reicht aber alleine für den Vertragsabschluß nicht aus. Voraussetzung ist vielmehr, wie dargelegt, weiter eine Einigung über die wechselseitigen Rechte und Pflichten, insbesondere über den Kaufgegenstand. Eine solche Einigung ist nicht erfolgt. Ziel der Vereinbarung war die Lieferung einer Einbauküche. Bei der Einbauküche handelt es sich nicht um ein Möbelstück mit einer festgelegten Abmessung, das irgendwo im Raum aufgestellt wird, sondern nach dem örtlichen Aufmaß gefertigtes und eingepaßtes Mobiliar. Zu Einbauküchen gehören ferner regelmäßig in die Möbel eingepaßte technische Geräte wie Backofen, Kochfeld, Spüle, Geschirrspüler und Dunstabzug.
Die Umschreibung der Küche im Vertrag vom 23.02.2002 konkretisiert den Kaufgegenstand nicht so, daß es dem Gericht möglich wäre, festzustellen, welche technischen Geräte und welches Mobiliar im einzelnen von der Klägerin zu liefern und einzubauen war.
Die "Auftragsbestätigung" vom 27.02.2002 enthält zwar eine Konkretisierung der Möbel nach Größe und Art, enthält aber keinerlei Festlegung hinsichtlich. der Geräte, obwohl sie zum Lieferumfang gehören sollten und - wie in der Auftragsbestätigung auf Seite 2 und 4 dargestellt - noch auszuwählen sind. Auch aufgrund des mit "Auftragsbestätigung" überschriebenen Schriftstückes wäre es dem Gericht nicht möglich, festzustellen, welches der konkrete Auftragsumfang war. Zwar ist das Mobiliar näher gekennzeichnet, nicht aber die einzubauenden technischen Geräte, die - gerichtsbekannt - auch hinsichtlich des Kostenanteils einen erheblichen Anteil an den Gesamtkosten einer Einbauküche ausmachen. Nach der Auftragsbestätigung blieb völlig offen, welche Geräte mit welchem Kostenbetrag in den genannten Gesamtkosten von 13.000,00 Euro enthalten waren sowie ob und ggf. welchen zusätzlichen Betrag die Beklagte bei der Auswahl anderer Geräte hätte zahlen müssen.
Da auch nach der Auftragsbestätigung vom 27.02.2002 der konkrete Vertragsgegenstand nicht feststellbar ist, ist auch an diesem Tage ein wirksamer Vertrag nicht zustande gekommen. Die Konkretisierung der von der Klägerin zu liefernden und einzubauenden Gegenstände sollte danach erst am 08.03.2002 erfolgen, erst mit dieser Konkretisierung wäre der Kaufvertrag mit der Festlegung des Kaufgegenstandes im einzelnen zustande gekommen. Zu der Vereinbarung am 08.03.2002 kam es aus den bereits genannten Gründen nicht mehr.
Die Klägerin kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Abschlusses eines Vorvertrages verlangen. Auch bei Abschluß eines Vorvertrages ist erforderlich, daß der Vertragsgegenstand so genau bezeichnet werden kann, daß der Vertragsinhalt bestimmt oder jedenfalls bestimmbar ist, (Bundesgerichtshof a.a.O.). Dies ist - wie ausgeführt - nicht der Fall.
Da bereits dem Grunde nach ein Anspruch der Klägerin nicht besteht, bedurfte es keiner Klärung, ob die Klägerin, wie sie behauptet, mit einer Gewinnspanne von 30 % arbeitete, und zwar auch insoweit, als sie bereits vorab einen Rabatt von 20 % gewährt hat.
Als unterlegene Partei hat die Klägerin gemäß § 91 Absatz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.
Olp
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen