Prinz Ernst August von Hannover - Sockenfoto

Gericht

Hanseatisches OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

18. 07. 2003


Aktenzeichen

7 W 38/03


Leitsatz des Gerichts

  1. Prinz Ernst August von Hannover ist keine absolute Person der Zeitgeschichte. Er zählt nicht zu den Personen von zeitgeschichtlicher Bedeutung. Es kommt ihm keine Vorbild- oder Leitbildfunktion zu.

  2. Fotos von Personen, die keine absolute Person der Zeitgeschichte sind, dürfen in den Medien nur im Zusammenhang mit einem bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignis abgebildet werden (wobei im entschiedenen Fall kein Zusammenhang mit der absoluten Person der Zeitgeschichte diskutiert wurde).

Tenor

  1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 15.07.03 wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 24, vom 02.07.03 geändert geändert:

    Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,-- €, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre),

    verboten,

    das ... im Rahmen des Artikels "Ernst August von Hannover Die neue Herrenmode aus Paris" mit der Bildunterschrift "ERNST AUGUST fährt durch Paris - Fuß außen" abgedruckte Foto erneut zu veröffentlichen.

  2. Die Kosten des Verfahrens fallen der Antragsgegnerin nach einem Streitwert von 25.000,-- € zur Last.

Entscheidungsgründe


Gründe:

Die gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 02.07.03 gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 15.07.03 ist zulässig und auch in der Sache begründet.

Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 (analog) BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG z u. Die Verbreitung der beanstandeten Aufnahme, zu der der Antragsteller keine Einwilligung erteilt hat, war rechtswidrig, weil sie - bei bestehender Wiederholungsgefahr - das Recht des Antragstellers am eigenen Bild verletzt.

Zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass der Antragsteller, was hier keiner weiteren Begründung bedarf, nicht zu dem Kreis der sog. absoluten Personen der Zeitgeschichte gehört. Ein die Veröffentlichung des Fotos rechtfertigendes Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit kann daher nicht generell, sondern nur im Zusammenhang mit einem bestimmten zeitgeschichtlichen Vorgang anerkannt werden.

Einen solchen Vorgang von zeitgeschichtlicher Bedeutung vermag der Senat in der auf dem Foto dokumentierten Körperhaltung des Antragstellers indes nicht zu erkennen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Begriff der Zeitgeschichte in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nicht nur Vorgänge von historischer oder politischer Bedeutung umfasst, sondern dass, ausgehend vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit, auch nur unterhaltenden Beiträgen durchaus zeitgeschichtliche Bedeutung zuzuschreiben sein kann. Hier jedoch ist nicht ersichtlich, dass die im Foto festgehaltene Situation bei den Lesern der Unterhaltungspresse auf nachhaltiges Informationsinteresse stößt.

Das Foto mag belustigend wirken, was es indes noch nicht zu einem ereignisbezogenen Foto macht. Andernfalls müsste es der Antragsteller stets hinnehmen, dass von ihm Fotos einwilligungslos verbreitet werden, die - aus der Sicht des Durchschnittsbetrachters - nur eine "ungewöhnliche" oder "komische" oder auch nur belustigende Situation wiedergeben. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Antragsteller sicherlich mehr im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht als der sog. Durchschnittsbürger; denn wenn der Antragsteller nicht zu den Personen von zeitgeschichtlicher Bedeutung zählt, ihm sicherlich keine Vorbild- oder Leitbildfunktion zukommt, so bedarf es auch keiner Information darüber, wie sich der Antragsteller in der Öffentlichkeit bewegt, wenn es sich dabei nicht um eine ereignisbezogene Situation handelt. Andernfalls wäre auch er dem schrankenlosen Zugriff auf derartige Bilder ausgesetzt, sofern nicht § 23 Abs. 2 KUG eingriffe. Dass hier eine eigenständige Wortberichterstattung über das "abgebildete Ereignis" - ohne Veröffentlichung des den belustigenden Effekt auslösenden Fotos - nicht erfolgt wäre, weil selbst im Sinne der Unterhaltungspresse ohne jeglichen Informationswert, bedarf keiner Erörterung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 ZPO.


Krause
Lemcke
Tietz

Vorinstanzen

LG Hamburg, 324 O 421/03, 2.7.2003

Rechtsgebiete

Presserecht