Unwirksamer vertraglicher Haftungsausschluss zugunsten des Vermieters in AGB

Gericht

BGH


Datum

24. 10. 2001


Aktenzeichen

VIII ARZ 1/01


Leitsatz des Gerichts

  1. Der formularmäßige Ausschluß aller Schadensersatzansprüchen des Mieters gegen den Vermieter widerspricht dem Vertragszweck eines Mietvertrags über Wohnraum.

  2. Die Klausel: "Führt ein Mangel des Mietobjekts zu Sach- oder Vermögensschäden, so haftet - auch aus unerlaubter Handlung - der Vermieter dem Mieter für diese Schäden nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit" ist unwirksam, da der Mieter durch diese Klausel unangemessen benachteiligt wird.

    3. Dementsprechend haftet im konkreten Fall der Vermieter für den Schaden, den der Vermieter leicht fahrlässig dadurch verursacht hat, daß er die Dachabdichtung nur unzureichend kontrolliert hat.

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

... Die Kl mieteten durch Mietvertrag vom 18. 4. 1996 eine im zweiten Stock eines Hauses in Hamburg gelegene Wohnung. In dem schriftlichen Vertrag, einem vom Grundeigentümer-Verband ... herausgegebenen Formularmietvertrag der Bekl, sind unter § 14 folgende Klauseln vereinbart:

"Führt ein Mangel des Mietobjektes zu Sach- oder Vermögensschäden, so haftet der Vermieter gegenüber dem Mieter und den in § 16 Ziff. 2 genannten Personen für diese Schäden - auch aus unerlaubter Handlung - nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.

Die Haftungsbeschränkung gilt auch, wenn ein schadenverursachender Mangel des Mietobjektes oder dessen Ursprung bereits bei Abschluss des Mietvertrages vorhanden war."

Am 19. 1. 1997 trat während urlaubsbedingter Abwesenheit der Kl aufgrund eines Defektes im Flachdach des Hauses Wasser in die Wohnung der Kl ein. Dabei wurde Mobiliar der Kl beschädigt. An dem Flachdach war es in den vorangegangenen Jahren mehrfach zu Schäden gekommen, die die Bekl jeweils hat beheben lassen.

Mit beim AG Hamburg erhobener Klage verlangen die Kl von der Bekl Ersatz des ihnen am Mobiliar entstandenen Schadens, den sie insgesamt auf 25.218,75 DM beziffern. Das AG hat die Klage nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen S über die Ursache des Wassereintritts sowie zu der Frage, ob dieser für die Bekl vorhersehbar gewesen sei, abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Zwar treffe die Bekl der Vorwurf, ihre Sorgfalt hinsichtlich des Zustandes der Dachhaut außer Acht gelassen zu haben.

Denn sie habe den ihr obliegenden Entlastungsbeweis, dass sie für den in ihre Sphäre fallenden Mangel der Dachhaut nicht verantwortlich sei, nicht führen können. Der Vorwurf grober Fahrlässigkeit könne ihr aber nicht gemacht werden. Dem Schadensersatzbegehren der Kl stehe deshalb der Haftungsausschluss in § 14 des Mietvertrages entgegen, welcher entsprechend der vom OLG Stuttgart vertretenen Auffassung (Rechtsentscheid vom 11. 4. 1984 - 8 REMiet 1/84, NJW 1984, 2226 = WuM 1984, 187) als wirksam anzusehen sei.

Das auf die Berufung der Kl mit der Sache befasste LG Hamburg möchte der Klage stattgeben. Es ist aufgrund des Gutachtens S zu der Überzeugung gelangt, dass der Wassereintritt durch einen Defekt der Dachhaut ermöglicht worden sei, die wegen ihres spröd-harten Zustandes keine Spannungen durch thermische Belastungen mehr habe aufnehmen können. Die Dachabdichtung habe deshalb besonderer Beobachtung und Kontrolle bedurft. Dieser Kontrollpflicht sei die Bekl nicht nachgekommen. Sie habe damit zwar die ihr obliegende Sorgfalt nicht beachtet. Ein grob fahrlässiges Verhalten könne ihr aber nicht vorgeworfen werden. Das LG ist ferner aufgrund der Auskunft des Sachverständigen K zu der Annahme gelangt, ein Mieter könne Schäden an ihm gehörenden Sachen infolge Eindringens von Niederschlagswasser nicht - insbesondere nicht mit der gängigen Hausratsversicherung nach den VHB 1992 - versichern, während dieses Risiko andererseits von einer weithin üblichen Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung abgedeckt werde. Das LG vertritt die Ansicht, die Klausel über die Beschränkung der Haftung des Vermieters auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit in § 14 des Mietvertrages sei wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam, weil der Ausschluss der Haftung des Vermieters für Schäden, die ihren Grund in einer schuldhaften Verletzung der Instandhaltungspflicht hätten, den Mieter unangemessen benachteilige, wenn der Mieter sich gegen diese Schäden nicht durch eine zumutbare und praktisch lückenlos verbreitete Versicherung absichern könne. Es sieht sich an einer dahingehenden Entscheidung jedoch durch den Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 11. 4. 1984 (8 REMiet 1/84, aaO.) gehindert, wonach eine Beschränkung der Haftung des Vermieters auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten für Schäden an Einrichtungsgegenständen des Mieters durch Feuchtigkeitseinwirkungen nicht gegen § 9 AGBG verstoße. Das LG hat deshalb dem Hanseatischen OLG Hamburg folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:

Ist die Formularklausel in einem Wohnraummietvertrag

'Führt ein Mangel des Mietobjektes zu Sach- oder Vermögensschäden, so haftet der Vermieter gegenüber dem Mieter und den in § 16 Ziff. 2 genannten Personen für diese Schäden - auch aus unerlaubter Handlung - nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.',

die die Haftung des Vermieters für leicht fahrlässig verursachte Schäden generell ausschließt, wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam?

Das Hanseatische OLG hat sich durch Beschl. v. 6. 6. 2001 der Rechtsmeinung des LG Hamburg angeschlossen und dem BGH die vom LG formulierte Rechtsfrage zur Beantwortung vorgelegt und sie klarstellend dahin präzisiert, dass der zu beurteilende Haftungssausschluss Sach- und Vermögensschäden umfasst.

II. Die Vorlage an den BGH ist zulässig (§ 541 Abs. 1 ZPO).

1. Gegenstand der Vorlage ist eine Rechtsfrage, die sich aus einem Mietvertragsverhältnis über Wohnraum ergibt. Das LG hat als BerG darüber zu entscheiden.

2. Die vorgelegte Rechtsfrage ist vom Rechtsstandpunkt des LG aus in ihrem wesentlichen Kern für die Entscheidung über die Berufung der Kl erheblich.

a) LG und OLG haben die Vorlagefrage dahin gefasst, ob der in § 14 Abs. 1 des Mietvertrages niedergelegte 'generelle' Ausschluss der Haftung des Vermieters für leicht fahrlässig verursachte Sach- und Vermögensschäden unwirksam ist. Diese Frage geht über den entscheidungserheblichen Teil der Vertragsklausel hinaus. Da die Mieter lediglich Ersatz für die Beschädigung ihnen gehörender Sachen verlangen, kommt es nicht darauf an, ob der Haftungsausschluss auch in Bezug auf sonstige Vermögensschäden wirksam ist. Der Senat hat daher die Antwort auf die Vorlagefrage, wie aus der Beschlussformel ersichtlich, beschränkt, ohne damit den Kern der Fragestellung anzutasten (vgl. BGHZ 123, 233,238).

b) Im Übrigen ist die vorgelegte Rechtsfrage entscheidungserheblich. Die Klage ist abzuweisen, wenn der Haftungsausschluss wirksam ist. Ist dieser hingegen unwirksam, ist die Klage dem Grunde nach gemäß § 538 Abs. 1 2. Alt. BGB a. F. (ab 1. 9. 2001: § 536a Abs. 1, 2. Alt. BGB n. F.) und § 823 Abs. 1 BGB erfolgreich. Auf die Frage, ob der Ausschluss der Haftung für leicht fahrlässig zu vertretende Mängel unwirksam ist, käme es allerdings möglicherweise dann nicht an, wenn die Bekl für den geltend gemachten Schaden auch ohne ein Verschulden einzustehen hätte. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus § 538 Abs. 1, 1. Alt. BGB a. F. (§ 536a Abs. 1, 1. Alt. BGB n. F.), wenn der Mangel der Mietsache bereits bei Vertragsschluss vorhanden war. Nach der Aktenlage, die für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsentscheides über den im Vorlagebeschluss mitgeteilten Sachverhalt hinaus zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 11. 7. 1990 - VIII ARZ 1/90 = NJW 1990, 3142 unter b), ist an das Vorliegen eines solchen anfänglichen Mangels zu denken. Die Ansicht des LG, in dem Zustand des Daches sei noch kein Mangel zu sehen, vielmehr sei der Bekl eine Verletzung der laufenden Überwachungspflicht anzulasten, ist aber nicht unvertretbar (vgl. BGHZ 136, 314, 318).

3. Das vorlegende OLG will von der Entscheidung eines anderen OLG abweichen (§ 541 Abs. 1 S. 3 ZPO). Seine Ansicht, ein formularmäßiger Ausschluss der Schadensersatzhaftung des Vermieters für leicht fahrlässig verschuldete Mängel der Mietsache sei unwirksam, steht in Widerspruch zu dem vom OLG Stuttgart getroffenen Rechtsentscheid vom 11. 4. 1984 (aaO). Dem steht nicht entgegen, dass sich die vom OLG Stuttgart als wirksam beurteilte Klausel auf den Ausschluss von Schäden an Einrichtungsgegenständen des Mieters durch Feuchtigkeitseinwirkungen jeglicher Art und Herkunft erstreckte. Ausreichend für eine Divergenz ist, dass sich die vorgelegte mit der bereits entschiedenen Rechtsfrage ihrem wesentlichen Inhalt nach deckt (BGHZ 136, 314, 320). Das ist der Fall; denn zum einen überschneiden sich die in den Klauseln geregelten Schadensursachen und zum anderen hat das OLG Stuttgart die ihm vorliegende Klausel deshalb als wirksam angesehen, weil eine Beschränkung der Haftung des Vermieters aus § 538 Abs. 1 BGB a. F. (§ 536a Abs. 1 BGB n. F.) auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit generell nicht wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 AGBG unwirksam sei.

III. Der Senat beantwortet die Vorlagefrage wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich.

1. Ob ein Vermieter von Wohnraum seine Schadensersatzhaftung für leicht fahrlässig verschuldete Mängel der Mietsache durch Formularvertrag wirksam abbedingen kann, ist umstritten. Nach einer Meinung soll der Haftungsausschluss wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 (Löwe/von Wesphalen/Trinkner, Großkommentar AGBG, 2. Aufl., Bd. III 'MietAGB' Rn. 41) oder Nr. 2 AGBG (Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., Anh. §§ 9-11 Rn. 504) unwirksam sein. Nach anderer Auffassung wird ein solcher Ausschluss unter Hinweis darauf, dass Schäden an eingebrachten Sachen des Wohnraummieters den Vertragszweck nicht gefährdeten, für zulässig erachtet (OLG Stuttgart aaO; ähnl. MünchKomm-BGB/Voelskow, § 538 Rn. 17). Eine weitere Ansicht geht dahin, der Haftungsausschluss sei nur für solche Schäden unwirksam, durch die der Mietgebrauch unmöglich gemacht würde (Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Abschn. II Rn. 690), oder sei nur für vertragstypische, den Kern des Vertrages berührende Verpflichtungen zur Instandhaltung unwirksam (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 7. Aufl., § 538 Rn. 136). Nach einer im Einzelfall differenzierenden Ansicht soll der Haftungsausschluss nur für solche vertragstypischen Risiken unzulässig sein, deren Vermeidung nach dem Vertragszweck des konkreten Vertragsverhältnisses unbedingt geboten ist, weil der Mieter auf die Mangelfreiheit der Mietsache besonders vertrauen durfte (Erman/Jendrek § 538 Rn. 24; MünchKomm BGB/ Basedow § 9 AGBG Rn. 44; Kraemer in: Bub/Treier aaO Abschn. II, Rn. 1293; Bub in: Bub/Freier aaO Abschn. II Rn. 520 F).

2. Nach § 9 AGBG sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, die den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Zwar ist es nach der besonderen Regel des § 11 Nr. 7 AGBG nicht von vornherein untersagt, die Haftung für einen Schaden, der auf einer mit nicht grober, also einfacher Fahrlässigkeit begangenen Vertragsverletzung des Verwenders beruht, formularmäßig abzubedingen. Gleichwohl kann der Ausschluss der Haftung für einfache Fahrlässigkeit für bestimmte Vertragsverletzungen oder für einzelne Schäden nach § 9 AGBG als unangemessen zu beurteilen sein (allg.M.; etwa BGH, Urt. v. 9. 11. 1989 - IX ZR 269/87, NJW 1990, 761, 764 unter III 1 sowie BGHZ 145, 203, 244). Ein Ausschluss der Haftung für die verschuldete Nichterfüllung von Vertragspflichten kann nach der Rechtsprechung des BGH nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG als eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners anzusehen sein, wenn dadurch wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist (BGHZ 1989, 363, 367 f.; BGH, Urt. v. 23. 2. 1984 VII ZR 274/82, NJW 1985, 3016 unter II 2; v. 11. 11. 1992 - VIII ZR 238/91, NJW 1993, 335 unter II 2a, vom 26. 1. 1993 - X ZR 1990/91, NJW-RR 1993, 560 unter III 2b aa; v. 19. 2. 1998 - 1 ZR 233/95, WM 1998, 2064 = NJW-RR 1998, 1426 unter 11 2a und BGHZ 145, 203, 244). Leitender Maßstab dafür ist die Frage, ob der Haftungsausschluss zu einer Aushöhlung derjenigen vertraglichen Pflichten (sog. Kardinalpflichten) führt, die die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages erst ermöglichen und auf deren Erfüllung der Vertragspartner des Verwenders deshalb vertraut und vertrauen darf (BGH, Urt. v. 23. 2. 1984 und v. 11. 11. 1992 jew. aaO; vgl. auch Urt. v. 28. 6. 2001 - I ZR 13/99 unter 111b [2] bb [zur Veröffentlichung bestimmt]). Denn der Gesetzgeber hat bei der Fassung von § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG ausdrücklich an diesen schon zuvor in der Rechtsprechung (etwa BGHZ 49, 356, 363; 65, 364, 367; 71, 226, 228) entwickelten Grundsatz des Verbots der Aushöhlung zentraler vertraglicher Pflichten angeknüpft (Begründung des Gesetzesentwurfs zum AGBG, in: BT-Drucks. 7/3919, S. 23).

3. Der Ausschluss der auf einfacher Fahrlässigkeit beruhenden Haftung des Vermieters von Wohnraum für Schäden des Mieters, die durch Mängel der Mietsache verursacht sind, stellt jedenfalls dann eine gegen § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG verstoßende Einschränkung der Rechte des Mieters dar, wenn von dem Ausschluss Schäden an eingebrachten Sachen des Mieters umfasst sind, gegen die sich der Mieter üblicherweise nicht versichern kann.

a) Die sich aus § 536 BGB ergebende Pflicht des Vermieters, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten, ist eine wesentliche Vertragspflicht des Mietvertrages i. S. v. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG. Sie ist nämlich, jedenfalls soweit sie den grundlegenden baulichen Zustand der Mietwohnung betrifft und insofern die Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters ergänzt, eine im Gegenseitigkeitsverhältnis mit der Mietzinspflicht des Mieters stehende Hauptpflicht (BGHZ 108, 1, 6; 92, 363, 367; vgl. auch BGH, Urt. v. 1. 6. 1979 - I ZR 103/78, VersR 1979, 901 unter II. 3.b [zum Lagervertrag]). Nach der Zielrichtung der Vorschrift, eine Aushöhlung der den typischen Vertragszweck prägenden Pflichten zu verhindern, sind jedenfalls die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptpflichten eines Vertrages als wesentliche Vertragspflichten i. S. v. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG anzusehen (BGH, Urt. v. 12. 5. 1995 - X ZR 14/93, NJW-RR 1996, 783 unter III. 3c und v. 12. 1. 1994 - VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 unter III. 2b; Erman/Hefermehl/Werner § 9 AGBG Rn. 14; Palandt/Heinrichs § 9 AGBG Rn. 27; Soergel/Stein § 9 AGBG Rn. 43; Staudinger/Coester [1998] § 9 AGBG Rn. 208).

b) Der Ausschluss der Haftung des Vermieters für Schäden durch Mängel der Mietsache, die der Vermieter fahrlässig zu vertreten hat, schränkt die Instandhaltungspflicht des Vermieters zum Nachteil des Mieters nicht unerheblich ein. Zwar bleibt die Instandhaltungspflicht des Vermieters als solche von der Freizeichnungsklausel unberührt. Eine vertragliche Pflicht wird aber auch dann eingeschränkt i. S. v. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG, wenn ihre Verletzung sanktionslos bleibt (vgl. Staudinger/Coester aaO Rn. 210). Der Ausschluss der Schadensersatzpflicht für Sachmängel hätte im Wohnraummietrecht allerdings nicht zur Folge, dass der Mieter bei einer fahrlässigen Verletzung der Instandhaltungspflicht seitens des Vermieters völlig rechtlos gestellt wäre. Dem Mieter steht das nach § 537 Abs. 3 BGB a. E (§ 536 Abs. 4 BGB n. F.) unabdingbare Recht zur Minderung zu sowie die Verzugshaftung nach § 538 Abs. 1, 3. Alt. BGB a. F. (§ 536a Abs. 1, 3. Alt. BGB n. F.), die meist auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen wird. Diese Rechte können jedoch den Wegfall der Verschuldenshaftung nicht hinreichend kompensieren. Das Minderungsrecht des Mieters gleicht nur die zeitweise geschmälerte Gebrauchstauglichkeit der Mietsache aus. Ein Mangel der Mietsache kann zunächst unerkannt bleiben und mit Eintritt seiner Wirkungen einen erheblichen Schaden verursachen, während die Gebrauchsminderung der Wohnung durch den Mangel nur vergleichsweise geringfügig ins Gewicht fällt. Im Hinblick auf solche Fallgestaltungen ist dem Mieter bei Verletzung der Instandhaltungspflicht durch den Vermieter ein Schadensersatzanspruch zuzubilligen, um einer Vernachlässigung dieser Pflicht durch den Vermieter schon vorbeugend entgegenzuwirken. Eine Begrenzung dieses Anspruches auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Vermieters schränkt deshalb mittelbar den Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Instandhaltung der Mietsache ein.

c) Die durch den Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit bewirkte Einschränkung der Instandhaltungspflicht des Vermieters gefährdet den Vertragszweck eines Wohnraummietvertrages, weil sie Sachschäden an Einrichtungsgegenständen des Mieters umfasst, gegen die dieser sich nicht in zumutbarer Weise schützen kann.

aa) Vertragszweck des Wohnraummietvertrages ist auf Mieterseite die Nutzung der überlassenen Räume zur privaten Lebensgestaltung. Dafür ist der Mieter auf einen Grundbestand an eigenen Einrichtungsgegenständen angewiesen. Durch Mängel der Mietsache, insbesondere durch bauliche Mängel, können an den vom Mieter eingebrachten Hausratsgegenständen Schäden entstehen, deren Beseitigung dem Mieter wirtschaftlich nicht zuzumuten ist. Werden die beschädigten Gegenstände nicht repariert oder ersetzt, so kann ihm aber eine wesentliche Grundlage für die Nutzung der Mieträume als Wohnung entzogen sein. Der Ausschluss von Ansprüchen des Mieters auf Ersatz von Schäden, die ihm durch einen vom Verrnieter leicht fahrlässig verschuldeten Mietmangel entstehen, ist deshalb geeignet, den Vertragszweck des Wohnungsmietvertrages erheblich zu beeinträchtigen.

bb) Diese Schäden kann der Mieter nicht durch eigene Vorsichtsmaßnahmen abwenden. Kann der Vertragspartner des Verwenders das Schadensrisiko in tatsächlicher Hinsicht beherrschen, so ist dies ein Gesichtspunkt, der für die Zulässigkeit eines Haftungsausschlusses spricht (vgl. BGHZ 103, 316, 329 f.; BGH, Urt. v. 23. 4. 1991 - XI ZR 128/90, ZIP 1991, 792 unter 11.2.b). Das kommt bei der vorliegenden Freizeichnungsklausel aber schon deshalb nicht in Betracht, weil der Haftungsausschluss auch Mängel umfasst, die außerhalb der gemieteten Wohnung liegen können und nicht dem Zugriffsbereich des Mieters unterliegen. Dem Mieter würden deshalb auch Schadensrisiken auferlegt, die er weder überschauen noch in irgendeiner Weise vermeiden kann (vgl. auch BGH, Urt. v. 28. 6. 2001, aaO).

cc) Der Ausschluss der Haftung für Schäden an Einrichtungsgegenständen des Mieters gefährdet auch deshalb den Vertragszweck des Mietvertrages, weil solche Schäden eine typische und deshalb für den Vermieter vorhersehbare Folge von Mängeln einer Mietwohnung sind. Ein formularmäßiger Ausschluss der Haftung für vertragstypische, vorhersehbare Schäden, die aus der Verletzung vertragswesentlicher Pflichten entstehen, ist darum von der Rechtsprechung wiederholt als unwirksam angesehen worden (BGHZ 145, 203, 244 f.; BGH, Urt. v. 11. 6. 1992 - VIII ZR 238/91, NJW 1993, 335 unter II. 3.).

dd) Der Mieter kann sich vor diesem Schadensrisiko nicht durch den Abschluss eines allgemein angebotenen Versicherungsvertrages schützen. Die Freizeichnung eines Klauselverwenders von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit, die den Vertragszweck zu beeinträchtigen geeignet ist, kann zulässig sein, wenn sich der Vertragspartner des Verwenders üblicherweise dagegen versichern kann (vgl. BGHZ 103, 316, 326; BGH, Urt. v. 22. 5. 1968 - VIII ZR 133/66, NJW 1968, 1718 unter 4b; vgl. ferner Brandner in: Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 9 Rn. 153). Das LG hat jedoch, sachverständig beraten, rechtsfehlerfrei festgestellt, dass jedenfalls im Jahr 1997 keine Versicherungsverträge angeboten wurden, die Schäden am Hausrat des Mieters abdecken, wenn diese ihren Ursprung in Mängeln des Wohngebäudes, insbesondere einem undichten Dach bei Niederschlagswasser haben. Die Hausratversicherung nach den VHB 1984 und 1992 umfasst zwar den gesamten Hausrat des VN, mit Ausnahme von Leitungswasserschäden jedoch nicht solche Gefahren, die vom mangelhaften Zustand der Wohnung oder des Hauses ausgehen (vgl. §§ 3-8 VHS 94, 9 Nr. 2a und Nr. 4b).

d) Gegen die Angemessenheit des zu beurteilenden Hattungsausschlusses spricht darüber hinaus, dass es dem Vermieter als Klauselverwender durch den Abschluss einer weithin üblichen Versicherung möglich ist, den dem Vertragspartner drohenden Schaden abzudecken (vgl. etwa M. Wolf, NJW 1980, 2433, 2438 f.). Auch insoweit hat das LG nach Hinzuziehung eines Sachverständigen festgestellt, dass ein Vermieter Schäden, die vom Zustand des Gebäudes oder der Wohnung ausgehen, weitgehend durch den Abschluss einer Haftpflichtversicherung absichern kann. So umfasst beispielsweise die Vermietern zum Abschluss empfohlene (vgl. Dallmayer in: Bub/Treier aaO, Abschn. IX Rn. 84) Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung, von allmählich wirkenden Feuchtigkeitsschäden abgesehen, auch Schäden aus einer Verletzung der Pflicht des Eigentümers zur baulichen Instandhaltung (Ziff. 2.2 der besonderen Bedingungen der Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht). Der Versicherungsschutz erstreckt sich für solche Pflichtverletzungen neben deliktischen Ansprüchen auch auf solche aus § 538 Abs. 1 BGB a. F. bzw. § 536a Abs. 1 n. F. (vgl. BGHZ 43, 88, 89 f.; Späte, AHB, § 1 Rn. 151). Die Notwendigkeit zum Abschluss einer solchen Versicherung ist für den Vermieter ohne Schwierigkeiten erkennbar, weil Schäden an Einrichtungsgegenständen des Mieters eine typische und deshalb voraussehbare Folge baulicher Mängel sind. Der Abschluss einer entsprechenden Haftpflichtversicherung ist dem Vermieter auch deshalb zumutbar, weil er die Kosten der Versicherung als Betriebskosten formularmäßig auf den Mieter umlegen kann (vgl. § 5 MHG i. V. m. Nr. 13 der Anlage 3 zu § 27 der II. BerechnungsVO). Aus diesem Grunde entsteht dem Vermieter, wenn die Schadensersatzhaftung für mit einfacher Fahrlässigkeit zu verantwortende Mängel bei ihm verbleibt, keine finanzielle Mehrbelastung, während andererseits dem Mieter durch einen Haftungsausschluss ein hohes, den Vertragszweck gefährdendes Risiko auferlegt würde, gegen das er sich nicht in zumutbarer Weise versichern kann...

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

AGBG § 9