Hundehaltungsverbot durch Mietvertragsklausel

Gericht

LG Braunschweig


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

07. 01. 1988


Aktenzeichen

7 S 204/87


Leitsatz des Gerichts

Sieht eine Formularklausel des Mietvertrags vor, daß für Hundehaltung die schriftliche Zustimmung des Vermieters erforderlich ist, dann kommt es nicht darauf an, daß die anderen Mieter des Hauses keine Einwendung gegen die Hundehaltung haben, die Zustimmung unterliegt schlechthin dem Ermessen des Vermieters.

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Die Bekl., Mieter im Hause des Kl. seit 1. 1. 1983, halten sich seit 1986 in ihrer Wohnung einen Zwergdackel. Das AG hat die Klage des Vermieters auf Entfernung des Hundes abgewiesen. Die Berufung des Kl. hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

... 1. Die Parteien haben in dem genannten Mietvertrag - formularmäßig - in § 9 Nr. 4 folgendes vereinbart:

„Für jede Tierhaltung, insbesondere der Hunde- und Katzenhaltung, jedoch mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen, bedarf es der schriftlichen Zustimmung des Vermieters. Dies gilt auch für die zeitweilige Verwahrung von Tieren. Die Zustimmung kann widerrufen werden, falls das Tier sich als unsauber erweisen oder sonst zu Belästigungen der Mitbewohner des Hauses Veranlassung geben sollte. Mit der Abschaffung oder dem Tode eines Tieres erlischt die einmal erteilte Zustimmung und ist bei Neuanschaffung eines Tieres erneut einzuholen. Der Mieter haftet für alle durch die Tierhaltung entstandenen Schäden."

Diese Vereinbarung ist eine Rechtsgrundlage für das Klagebegehren. Die Vereinbarung der Parteien entspricht dem Wortlaut, wie er vom OLG Hamm in dem Rechtsstreit vom 13. 1. 1981 zu beurteilen war (OLG Hamm, NJW 1981, 1626 = RES Bd. I, 15-17). Das OLG Hamm hat in der Entscheidung ausgeführt, bei einer solchen Vereinbarung, hinsichtlich derer auch keine Anhaltspunkte für einen anderen Vertrag gegeben seien, unterliege die Entscheidung, ob der Vermieter die Zustimmung zur Haltung eines Hundes in der Mietwohnung erteilen oder versagen wolle, seinem Ermessen schlechthin. Der Einwand des Rechtsmißbrauchs sei jedoch möglich, der dem Verlangen eines Vermieters auf Entfernung eines ohne seine Zustimmung gehaltenen Hundes entgegenstehen könne. Die Vertragsformulierung spreche für die Einräumung eines Ermessens des Vermieters ganz allgemein. Ergeben sich aus der Vertragsurkunde keine Maßstäbe für das Geben oder Versagen der Zustimmung, könne auch nicht ohne weiteres von einer durch ergänzende Auslegung zu schließenden Vertragslücke ausgegangen werden. Eine solche möge sich als zwingende selbstverständliche Folge aus dem ganzen Zusammenhang des Vereinbarten ergeben, so daß ohne die vorgenommene Ergänzung das Ergebnis in einem offenbaren Widerspruch mit dem nach dem Inhalt tatsächlich Vereinbarten stehen würde (BGH, NJW 1963, 2071 (2075)). Mangels anderer Anhaltspunkte könne aus einem derartigen Wortlaut aber nicht entnommen werden, die Parteien hätten in Wahrheit gewollt, den Vermieter mit seinem Ermessen zu binden. Während dem Vermieter für den Fall des Widerrufs der Zustimmung ausdrückliche Maßstäbe an die Hand gegeben seien, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Widerruf erklärt werden dürfe, seien derartige Merkmale für den Fall der Zustimmung für die Haltung nicht genannt. Auch das spreche für den Willen der Vertragspartner, dem Vermieter insoweit die freie Entscheidung darüber einzuräumen, ob er die Hundehaltung gestatten wolle oder nicht.

Diesen Erwägungen schließt sich die Kammer an.

Der Vermieter hat die Berechtigung, die Tierhaltung in der Wohnung, und zwar, soweit es sich nicht lediglich um Kleintiere handelt, allgemein im Vertrag zu verbieten (BVerfG, WuM 1981, 77). Hält ein Mieter ein Tier in der Wohnung, so kann der Vermieter die Unterlassung der Tierhaltung verlangen, ohne konkrete Störungen durch das Tier nachweisen zu müssen (vgl. auch noch OLG Hamburg, ZMR 1963, 40; LG Hamburg, MDR 1982, 146 m. w. Nachw.). Wenn sich der Vermieter in einem Mietvertrag die Zustimmung zur Tierhaltung vorbehält, hängt die Bedeutung der Klausel von den Umständen ab. Daraus kann sich allerdings ergeben, daß die Zustimmung nur aus sachlichen Gründen verweigert werden darf. Eine derartige Auslegung ist jedoch nicht allgemein zu vermuten (vgl. zur Problematik noch LG Mannheim, NJW 1984, 59; LG München I, NJW 1984, 2366; Emmerich-Sonnenschein, Miete, 3. Aufl., §§ 535, 536 Rdnr. 21 m. w. Nachw.).

In einem Urteil vom 13. 2. 1987 hat das LG Konstanz (DWW 1987, 196) ausgeführt, daß in städtischen Wohngegenden die Hundehaltung nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehöre. Es führt nicht aus, daß ein Anspruch des Vermieters auf Unterlassung der Hundehaltung auch ohne eine vertragliche Abrede insoweit gegeben sei. Denn wegen der bei Hunden nie vollständig auszuschließenden Gefahr der Gefährdung oder der Belästigung von Mitbewohnern oder Nachbarn gehöre jedenfalls in städtischen Wohngegenden die Hundehaltung nicht mehr zum vertragsmäßigen Gebrauch und sei deshalb auch ohne Vereinbarung nur mit einer ausdrücklichen Erlaubnis des Vermieters zugelassen.

Hier ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Vertrages, daß sich der Kl. als Vermieter das Recht hat vorbehalten wollen, über die Zulässigkeit der Hundehaltung zu entscheiden. Die Bekl. haben die Sachdarstellung des Kl. nicht bestritten, daß in keiner der 6Wohnungen des Hauses ein Hund gehalten werde bzw. zu einem früheren Zeitpunkt dort gehalten worden sei.

Es sind deshalb auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß sich der Kl. insoweit an das Vorliegen bestimmter Gründe hat binden wollen, bei deren Vorliegen eine Versagung der Genehmigung zur Hundehaltung erfolgen sollte. Die Bekl. behaupten im übrigen selbst nicht, um eine solche Erlaubnis nachgesucht zu haben. Der Hund ist auch von ihnen erst im Jahre 1986 angeschafft worden, nicht schon bei Beginn des Mietverhältnisses, das am 1. 1. 1983 begonnen hat.

2. Auf die Behauptung des Kl., die Bekl. seien vor Abschluß des Mietvertrages durch seine Ehefrau darauf hingewiesen worden, daß die Hundehaltung in der Mietwohnung nicht gestattet werde, kommt es nicht an. Die Bekl. bestreiten eine solche Erklärung der Ehefrau des Kl. In Anbetracht des eindeutigen Wortlautes des Mietvertrages ist es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich, ob zusätzlich seitens des Vermieters oder seiner Ehefrau auf den Umstand hingewiesen worden ist, es werde auf keinen Fall eine Erlaubnis zur Hundehaltung erteilt werden. Denn auch ohne eine solche Erklärung wußten die Bekl., daß sie ohne eine Zustimmung des Kl. als des Vermieters einen Hund nicht halten durften.

3. Auf den Umstand, daß die übrigen Mieter des Hauses nach der Behauptung der Bekl. erklärt haben, gegen die Hundehaltung keine Einwendungen zu haben, kommt es nicht an. Aus diesem Umstand läßt sich eine den Bekl. günstigere Beurteilung nicht herleiten.

Denn nach dem Vertrag ist es Sache des Vermieters, darüber zu entscheiden, ob die Hundehaltung gestattet werden soll oder nicht. Dabei kann allerdings die Frage, wie die übrigen Bewohner des Hauses zu dieser Fragen stehen, von Bedeutung sein. Hier spricht aber für den Kl. der sachliche Grund, daß ganz allgemein die Gestattung der Hundehaltung zu Problemen im Zusammenleben der Mitbewohner eines Hauses führen kann. Wenn insbesondere der Kl., der nach seinem unbestrittenen Vortrag bisher noch keinem Mieter des Hauses die Zustimmung zur Hundehaltung erteilt hat, diese Zustimmung beispielsweise den Bekl. erteilt, dann ergibt sich daraus, daß er jedenfalls einem anderen Mitmieter - insbesondere auch nicht einem solchen, der bei einem Mieterwechsel in das Haus einzieht - nicht ohne weiteres diese Zustimmung verweigern kann. Werden aber weitere Hunde in dem Hause gehalten, so ist die Möglichkeit der Belästigung der Mitbewohner oder von Schwierigkeiten im Rahmen der Nutzung des Gebäudes nicht ausgeschlossen, vielmehr sogar verstärkt. Es stellt daher keinen Mißbrauch seiner Berechtigung, über die Hundehaltung eines Mieters entscheiden zu können, durch den Vermieter dar (§ 242 BGB), wenn er - auch aus diesem Gesichtspunkt - die Zustimmung zur Hundehaltung den Bekl. nicht erteilt.

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

BGB § 535