Unwirksamkeit formularvertragsmäßiger Reparaturkostenübertragung auf Mieter

Gericht

LG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

08. 10. 1985


Aktenzeichen

24 S 56/85


Leitsatz des Gerichts

Eine Klausel in einem Formularmietvertrag ist gem. § 9 AGB-Gesetz unwirksam, wenn damit die Instandhaltungs- und Reparaturkosten für mitvermietete Anlagen und Einrichtungen pauschal und uneingeschränkt auf den Mieter überwälzt werden.

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Durch schriftlichen Mietvertrag vom 29. 10. 1981 mietete die Kl. von den Bekl. eine Wohnung. In § 8 Nr. 3 des Mietvertrages heißt es:

„Der Mieter hat ferner auf seine Kosten die mitvermieteten Anlagen und Einrichtungen in den Mieträumen, wie: Etagenheizungen und ähnliche Einrichtungen, Bad- und Duscheinrichtungen sowie Warmwasserversorgungsgeräte, Rolläden, Licht- und Klingelanlagen, Schlösser, Hausbriefkästen, Wasserhähne, Klosettspüler, Wasch- und Abflußbecken in gebrauchsfähigem Zustand zu halten und alle an diesen Anlagen notwendig werdenden Reparaturen auf seine Kosten durchführen zu lassen. Zerbrochene Glas- und Spiegelscheiben sind vom Mieter zu ersetzen."

Am 12. 6. 1984 ließ die Klägerin das Heißwassergerät in ihrer Wohnung durch den Junkers-Kundendienst reparieren und die Rechnung über 402,42 DM auf den Namen der Bekl., die sie zuvor nicht aufgefordert hatte, für die Reparatur des Gerätes zu sorgen, ausstellen. Die Bekl. weigerten sich, den Rechnungsbetrag auszugleichen. Die Kl. bezahlte deshalb die Rechnung und verlangt von den Bekl. Ersatz dieser Kosten.

Sie ist der Auffassung, § 8 Nr. 3 des Mietvertrages verstoße gegen § 9 II Nr. 1 AGB-Gesetz.

Das AG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die kl. Mieterin ist nach § 538 II BGB berechtigt, von den bekl. Vermietern Ersatz der von ihr aufgewandten Kosten in Höhe von 402,42 DM für die Reparatur des in ihrer Wohnung befindlichen Heißwassergeysers zu verlangen. Unstreitig war der der Kl. mitvermietete Heißwassergeyser reparaturbedürftig geworden. Die Bekl. sind gem. § 284 I BGB mit der ihnen nach § 536 BGB obliegenden Beseitigung des Mangels in Verzug gekommen.

Ihre Instandsetzungspflicht ist nicht durch § 8 Nr. 3 des Mietvertrages wirksam abbedungen worden. Diese Vertragsbestimmung ist gem. § 9 I AGB-Gesetz unwirksam. Bei ihr handelt es sich nach § 1 AGB-Gesetz um eine AGB. Sie ist in einem Formularmietvertrag enthalten, für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert ... und der Kl. von den Bekl. als Verwender gestellt worden. Sie ist nicht von den Parteien im einzelnen ausgehandelt worden (§ 1 II AGB-Gesetz). Nach dem eigenen Vortrag der Bekl. hat eine Verhandlung der Parteien über § 8 Nr. 3 des Mietvertrages nicht stattgefunden. Sie ist der Kl. lediglich erläutert und von ihr akzeptiert worden. Dies reicht jedoch für die Annahme einer Individualvereinbarung nicht aus (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 43. Aufl., 1984, § 1 AGB-Gesetz Anm. 4 a).

Durch die genannte Vertragsbestimmung wird die Kl. entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine unangemessene Benachteiligung ist gem. § 9 II Nr. 1 AGB-Gesetz schon dann anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. § 8 Nr. 3 des Mietvertrages weicht von der gesetzlichen Regelung des § 536 BGB ab und ist mit seinem Grundgedanken nicht zu vereinbaren, daß es Sache des Vermieters ist, die vermietete Sache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. § 8 Nr. 3 des Mietvertrages bürdet diese gesetzliche Verpflichtung des Vermieters hinsichtlich der dort genannten Einrichtungen ohne Einschränkungen der Kl. als Mieterin auf. Dies ist bei einer AGB als ein Verstoß gegen Treu und Glauben anzusehen. Hierdurch würde der Kl. ein nicht kalkulierbares Risiko auferlegt werden. Außerdem würden dadurch im Ergebnis wesentliche Gewährleistungsrechte der Kl. ausgeschlossen, worin zudem ein Verstoß gegen § 537 III BGB liegen würde (vgl. Schmidt-Futterer-Blank, MietR, 11. Aufl. (1984), S. 150 ff.). Mit der Erfüllung ihrer hiernach nicht wirksam abbedungenen Instandhaltungspflicht, welche die Pflicht zur Reparatur des schadhaft gewordenen Heißwassergeysers einschloß, sind die Bekl. im vorliegenden Fall in Verzug gekommen, ohne daß es einer Mahnung an sie durch die Kl. bedurft hätte. Eine Mahnung war entbehrlich, weil die Bekl. die Leistung ernsthaft und endgültig abgelehnt haben. Dies ist dadurch geschehen, daß sie den Hinweis der Kl. auf die Reparaturbedürftigkeit des Geysers mit dem unzweideutigen Hinweis auf den § 8 Nr. 3 des Formularmietvertrages beantwortet haben. Anders als ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung konnte dies nicht verstanden werden.

Die Kl. war hiernach dazu berechtigt, die Reparatur des Heißwassergeysers selbst vornehmen zu lassen. Sie kann beanspruchen, daß ihr die Bekl. die Reparaturkosten erstatten.

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

AGB-Gesetz §§ 9, 8, 1; BGB §§ 538, 537, 536