Abziehbarkeit von Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten
Gericht
BFH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
27. 05. 2003
Aktenzeichen
VI R 33/01
Vorab entstandene Werbungskosten können auch bei einer erstmaligen Berufsausbildung anzuerkennen sein (Anschluss an BFH-Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403).
Gründe:
I.
Der 1969 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) war zunächst Student des Fachbereichs Maschinenbau an der Technischen Hochschule A; dieses Studium brach er ohne Abschluss ab. Ab Mitte Juli 1995 wurde er aufgrund eines Schulungsvertrages vom 9. Juni 1995 mit der Fluggesellschaft X zum Verkehrsflugzeugführer ausgebildet. Gegenstand dieses Vertrages war, dem Kläger die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten zum Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins (Airline Transport Pilot Licence/ATPL) und der Langstreckenflugberechtigung (Long Range/LR) in durchgehender Schulung zu vermitteln; die Kosten hierfür hatte der Kläger zu tragen. Nach erfolgreichem Abschluss dieser Schulung wurde er bei der X beschäftigt.
Da der Kläger im Streitjahr 1995 keine Einnahmen erhalten hatte, beantragte er, den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 1995 in Höhe der Aufwendungen für die obige Schulungsmaßnahme von 16 267 DM festzustellen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit der Begründung ab, ein verbleibender Verlust i.S. des § 10d Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei nicht entstanden. Die geltend gemachten Aufwendungen stellten Berufsausbildungskosten bzw. Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG, nicht aber Werbungskosten dar. Der hiergegen erhobene Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1119 veröffentlichten Gründen ab. Im Wesentlichen führte es aus, die streitigen Aufwendungen könnten nicht als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, weil sie zu den nach § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung gehörten.
Mit der Revision rügt der Kläger, die Entscheidung des FG verletze § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 und § 12 Nr. 1 EStG. Die Schulungskosten stellten vorab entstandene Werbungskosten dar, da sie in einem hinreichend klaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit künftigen Einnahmen stünden. Ferner habe er --der Kläger-- nach Abschluss der Schulungsmaßnahme dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung gestanden; er sei auch tatsächlich bei der X beschäftigt worden. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG stehe dem Werbungskostenabzug nicht entgegen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Änderung des Ablehnungsbescheides vom 29. Oktober 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. April 1998 den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 1995 in Höhe von 16 267 DM gesondert festzustellen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es ist der Ansicht, dass im Streitfall --auch nach der neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung-- keine vorab entstandenen Werbungskosten gegeben seien. Berufsausbildung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG sei die erste zu einem beruflichen Abschluss führende Bildungsmaßnahme. Da der Kläger sein vorangegangenes Studium ohne Abschluss abgebrochen habe, handele es sich bei der erfolgreichen Schulung zum Verkehrsflugzeugführer um eine erstmalige Ausbildung, mithin um eine Berufsausbildung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Dabei könne offen bleiben, ob die auf die spätere Tätigkeit bei der X ausgerichteten Aufwendungen zugleich die Merkmale des § 9 EStG erfüllten. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG entfalte im Verhältnis zu § 9 EStG eine Sperrwirkung dahin gehend, dass der Werbungskostenabzug im Kernbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ausgeschlossen werde. Dem stehe nicht entgegen, dass § 10 EStG im Verhältnis zu § 9 EStG subsidiär sei. Unabhängig von der im Einleitungssatz des § 10 EStG geregelten Konkurrenzbeziehung der Normen dürfe § 9 EStG nicht so ausgelegt werden, dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ins Leere gehe oder in seinen Kernbereich eingegriffen werde.
Im Hinblick auf den typischerweise großen zeitlichen und sachlichen Abstand zwischen Berufsausbildung und -ausübung sei die berufliche Veranlassung von Berufsausbildungskosten regelmäßig noch vage und wenig konkretisiert. Was genau der Steuerpflichtige später mit der Berufsausbildung anfange, welche Einkunftsart er haben werde oder ob er mit seinen späteren Einkünften überhaupt der deutschen Besteuerung unterliege, lasse sich in der Phase der Erstausbildung kaum sicher vorhersagen. Eine solche Prüfung gehe an der Realität der Ermittlungsmöglichkeiten im Massenverfahren vorbei. Hinzu komme, dass sich im Fall des Werbungskostenabzugs von Kosten der erstmaligen Berufsausbildung bei nahezu jedem Steuerpflichtigen ggf. über 6 bis 10 Ausbildungsjahre hinweg ein Verlustvortrag aufbauen würde, der erst mit dem späteren Eintritt in die Berufstätigkeit zur Verrechnung kommen könnte. Vor diesem Hintergrund sei es vertretbar, wenn der Gesetzgeber die erstmalige Berufsausbildung typisierend dem Bereich der beschränkt abziehbaren Sonderausgaben zuweise. Auch die Rechtsprechung lasse einen allzu "losen" Veranlassungszusammenhang vor allem bei vorab entstandenen Werbungskosten nicht genügen.
Im Zeitpunkt der Erstausbildung sei der Steuerpflichtige regelmäßig noch in einem jugendlichen Alter, in dem die Eltern Anspruch auf Kindergeld, Freibeträge für Kinder oder Ausbildungsförderung hätten. Der Gesetzgeber gehe zulässigerweise typisierend davon aus, dass die Eltern auch die Finanzierung der Berufsausbildung trügen. Wenn daneben dem Steuerpflichtigen für seine eigenen Ausbildungsaufwendungen nur ein begrenzter Sonderausgabenabzug zugebilligt werde, so sei dies eine vertretbare gesetzgeberische Maßnahme. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Berufsausbildungs- und Fortbildungskosten akzeptiert. Dieser Rechtsprechung könne hinreichend Rechnung getragen werden, indem Aufwendungen nach Abschluss der Erstausbildung in größerem Maße als bisher dem Werbungskostenbereich zugeordnet würden, z.B. Kosten für ein berufsbegleitendes Erststudium.
II.
Die Revision des Klägers ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die Aufwendungen für den Erwerb der Verkehrsflugzeugführerlizenz (ATPL) und der Langstreckenflugberechtigung (LR) sind dem Grunde nach als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
a) Mit Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01 (BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403) hat der erkennende Senat --unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung-- entschieden, dass Ausgaben für eine auf die Erzielung von Einkünften gerichtete Umschulungsmaßnahme vorab entstandene Werbungskosten sein können. Dies gilt auch dann, wenn die Bildungsmaßnahme eine neue Basis für andere Berufsfelder schafft oder einen Berufswechsel vorbereitet. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das obige Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 verwiesen.
b) Vorab entstandene Werbungskosten können gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG auch bei einer erstmaligen Berufsausbildung anzuerkennen sein. Maßgebend ist, dass die Aufwendungen beruflich veranlasst sind. Sie müssen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit stehen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II. 3. b, m.w.N.).
c) Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall --unter Berücksichtigung der tatsächlichen Feststellungen des FG-- der erforderliche erwerbsbezogene Veranlassungszusammenhang zu bejahen. Die Schulungskosten des Klägers stehen in einem besonders engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Erzielung von steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer. Nach der im Streitjahr geltenden Verordnung über das Luftfahrtpersonal (LuftPersV i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. Februar 1985, BGBl I, 265) ist der Erwerb der ATPL und der LR erforderlich, um im gewerbsmäßigen internationalen Luftverkehr als verantwortlicher Flugzeugführer oder Co-Pilot auf einem bestimmten Flugzeug bei einer Fluggesellschaft mit Langstreckenflügen tätig zu sein (vgl. z.B. §§ 16, 77 LuftPersV). Gegenstand des Schulungsvertrages mit der X, der späteren Arbeitgeberin, war es, dem Kläger die Kenntnisse und Fähigkeiten zum Erwerb dieser Erlaubnisse i.S. der LuftPersV zu vermitteln. Die Schulung bereitete den Kläger damit konkret und gezielt auf eine Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer vor, welche bei Schulungsbeginn vertraglich zwar nicht zugesichert wurde, aber absehbar war und nach erfolgreichem Schulungsende auch alsbald aufgenommen wurde. Der Kläger hat die Schulungskosten getätigt, um (möglichst hohe) Einnahmen aus der angestrebten --und auch verwirklichten-- Berufspilotentätigkeit zu erzielen.
d) Entgegen der Ansicht des FA entfaltet der Sonderausgabentatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG keine Sperrwirkung dahin gehend, dass der Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 EStG bei einer erstmaligen Berufsausbildung stets ausgeschlossen wird. Eine solche Sperrwirkung entspricht nicht dem Gesetz. Aus dem Wortlaut, der Systematik sowie dem Sinn und Zweck des Gesetzes ergibt sich vielmehr, dass der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben hat und damit durch § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht eingeschränkt wird bzw. werden kann. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann als beschränkt abziehbare Sonderausgaben zu behandeln, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind".
Sind Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG oder Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 EStG zu bejahen, kommt es nicht mehr darauf an, wie der Begriff "Berufsausbildung" in § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG definiert wird, ob er beispielsweise nur die erstmalige Berufsausbildung erfasst. Der Sonderausgabenabzug findet erst auf einer späteren Stufe im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens eines Steuerpflichtigen statt (vgl. § 2 Abs. 2 und 4 EStG; Schema in R 3 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR-- 2002); er kann gesetzestechnisch einen Abzug von als Werbungskosten anzuerkennenden Ausgaben nicht blockieren. Die vom FA angenommene Sperrwirkung hinsichtlich der Kosten für eine erstmalige Berufsausbildung könnte allenfalls dann eintreten, wenn der Gesetzgeber in § 9 Abs. 1 Satz 3 EStG eine ausdrücklich diesbezügliche Regelung getroffen hätte. Das ist nicht der Fall.
Aus dem Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG, wie diese in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommen, folgt ebenfalls keine Einschränkung des Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzugs. Nach dem o.g. BFH-Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II. 3. c sollte durch die Einfügung der Nr. 7 in § 10 Abs. 1 EStG (damals Nr. 9; im Rahmen des Steueränderungsgesetzes --StÄndG-- 1968, BStBl I 1968, 116) nicht die Abziehbarkeit von Betriebsausgaben oder Werbungskosten eingeschränkt werden. Es sollten vielmehr zusätzliche und keine ausschließlichen Abzugsmöglichkeiten geschaffen werden. Denn § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG, der den Vorrang des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs vorsieht, blieb unberührt. Die Schaffung der heutigen Nr. 7 sollte zudem auch nur ein "erster Schritt" zur Förderung von Ausbildungsmaßnahmen, insbesondere von Umschulungen (auch nicht der erstmaligen Berufsausbildung), im Rahmen einer fortschrittlichen Bildungspolitik sein (BTDrucks V/3430, 8 f.; dargestellt im o.g. BFH-Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403). Hätte der Gesetzgeber die Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung stets nur dem Sonderausgabenbereich zuweisen wollen, würden beispielsweise Aufwendungen für eine Erstausbildung im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses keine Werbungskosten sein (vgl. demgegenüber zu Ausbildungsdienstverhältnissen BFH-Urteile vom 15. April 1996 VI R 99/95, BFH/NV 1996, 804; vom 10. Dezember 1971 VI R 253/68, BFHE 104, 226, BStBl II 1972, 247; Schmidt/ Drenseck, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 22. Aufl., § 19 Rz. 60, unter Ausbildungskosten a), m.w.N.).
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber Berufsausbildungskosten auch nicht den Sonderausgaben zugeordnet, um einen Verlustabzug nach § 10d EStG auszuschließen. Er wollte mit der Einfügung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 (damals Nr. 9) EStG vielmehr der Unterscheidung zwischen Ausbildungskosten/Sonderausgaben und Fortbildungskosten/Werbungskosten weitgehend die Bedeutung nehmen (so ausdrücklich BTDrucks V/3430, 8 f.; dargestellt im o.g. BFH-Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403). Im Übrigen liegt eine auf den Verlustabzug bezogene gesetzgeberische Absicht schon deswegen nicht nahe, weil nach der im Jahr 1968 geltenden Fassung des § 10d EStG ein Verlustabzug nur unter sehr engen Voraussetzungen, z.B. nicht für alle Einkunftsarten, möglich gewesen war (zur Rechtsentwicklung des § 10d EStG: Orth in Herrmann/Heuer/Raupach (HHR), Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 10d EStG Anm. 3 f.).
Aus den geschilderten Gründen kann offen bleiben, ob der Auffassung des FA zu folgen ist, dass nach der erfolgten Rechtsprechungsänderung zu beruflich veranlassten Ausbildungskosten für § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG keine Anwendungsfälle verbleiben.
e) Einem Abzug der Aufwendungen für die --auch erstmalige-- Schulungsmaßnahme als Werbungskosten steht § 12 Nr. 1 EStG nicht entgegen. Die aus beruflichen Gründen entstandenen Kosten stellen nicht zugleich Aufwendungen für die private Lebensführung dar, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG). Denn das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment ist die Erzielung künftiger steuerbarer Einnahmen aus einer beruflichen Tätigkeit. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Ausführungen im o.g. BFH-Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II. 3. d Bezug genommen.
Entgegen der Ansicht des FG liegen auch keine nicht abzugsfähigen Kosten für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen (z.B. für die Ausbildung eines Kindes) vor. Nach § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG darf der Steuerpflichtige nur Aufwendungen für die Ausbildung eines anderen Steuerpflichtigen nicht als eigene Werbungskosten geltend machen. Die Möglichkeit, dass bei dem anderen Steuerpflichtigen (Auszubildenden) Aufwendungen für eine Bildungsmaßnahme als Werbungskosten anzuerkennen sind, wird durch diese Vorschriften nicht ausgeschlossen. Dass bei dem anderen Steuerpflichtigen (Auszubildenden) Werbungskosten vorliegen können, zeigt bereits die steuerliche Behandlung von Ausbildungsdienstverhältnissen (siehe II. 1. d, m.w.N.).
f) Die Regelungen zum Familienleistungsausgleich nach §§ 31, 32 i.V.m. §§ 62 ff. EStG entfalten ebenfalls keine Sperrwirkung. Zwar ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Eltern regelmäßig die erste Berufsausbildung ihrer Kinder finanzieren, und hat demgemäß zu deren Entlastung den Familienleistungsausgleich bzw. einen Abzug als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a EStG geschaffen. Dennoch kann diese Erwägung --schon aus rechtssystematischen Gründen-- einen Abzug von als Werbungskosten anzuerkennenden Aufwendungen beim Auszubildenden, einem anderen Steuerpflichtigen, nicht ausschließen. Selbst wenn die Anerkennung von Werbungskosten der Erhaltung von Kindergeld dienen und ggf. auch zu vortragsfähigen Verlusten führen sollte, ist dieses Ergebnis im gesetzlichen System angelegt und von den Gerichten hinzunehmen.
g) Dass über mehrere Jahre vorzunehmende Verlustfeststellungen ggf. schwierige Einzelfragen, z.B. hinsichtlich der Anwendung des § 3c EStG bei Ausbildungsförderungsleistungen oder einem Wegzug ins Ausland, aufwerfen, berührt nicht die grundsätzliche Anerkennung von Werbungskosten. Solche Probleme --die sich vorliegend nicht stellen-- sind im Einzelfall zu lösen; ggf. bietet sich eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 der Abgabenordnung (AO 1977) an. Hinsichtlich möglicher Ermittlungsschwierigkeiten des FA ist darauf hinzuweisen, dass der Steuerpflichtige für das Vorliegen von Werbungskosten die Feststellungslast trägt und damit zunächst den Sachverhalt darstellen muss.
2. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen; sein Urteil war deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif, da keine Feststellungen zu den geltend gemachten Bildungsaufwendungen getroffen wurden. Das FG wird die einzelnen vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen unter Beachtung der Grundsätze des Urteils vom 29. April 2003 VI R 86/99 zu entscheiden haben.
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