Beschlussgegenstand „Wirtschaftsplan“ und Beschlussfassung über Instandhaltungsrücklagenerhöhung
Gericht
BayObLG
Art der Entscheidung
Beschluss über Beschwerde
Datum
05. 10. 2000
Aktenzeichen
2Z BR 59/00
Die Bezeichnung des Beschlussgegenstands „Wirtschaftsplan“ in der Einladung zur Eigentümerversammlung deckt grundsätzlich auch die Beschlussfassung über eine Erhöhung der jährlichen Zuführung zur Instandhaltungsrücklage.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Ast. und die Ag. sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer im Jahre 1978 errichteten Anlage. Den Ast. gehört ein Teileigentum mit 331, 30/1000 Miteigentumsanteilen. Die weitere Bet. ist die Verwalterin. Sie lud mit Schreiben vom 27. 4. 1999 für den 10. 5. 1999 zu einer Eigentümerversammlung ein. In der Einladung waren u.a. folgende TOP genannt:
3. Wirtschaftsplan 1999
Die Verwaltung schlägt die Anpassung des Wirtschaftsplans gemäß Anlage rückwirkend ab 1. 1. 1999 vor.
5. Heizungserneuerung wegen Abgasverlust und neuester Vorschriften für Feuerungsanlagen.
6. Dachsanierung.
Der der Einladung beigefügte Wirtschaftsplan sah eine Zuführung zur Instandhaltungsrücklage von 10000 DM vor. In der Eigentümerversammlung waren 14 von 20 Wohnungseigentümer mit 801, 72/1000 Miteigentumsanteilen anwesend oder vertreten. Zu TOP 3 - Wirtschaftsplan 1999 - lautet die Versammlungsniederschrift: „Auf Anregung des Eigentümers … wird über die Anhebung der Rücklage diskutiert. … Antrag: Änderung des vorgeschlagenen Wirtschaftsplans betreffend Instandhaltungsrücklage (Verdoppelung von bisher 10000 DM auf 20000 DM). Dem Antrag wird mehrheitlich bei einer Gegenstimme (der Ast.) und einer Enthaltung … entsprochen.“ Zu TOP 5 beschlossen die Wohnungseigentümer, einen Heizungsingenieur mit den Vorbereitungen zur Erneuerung der Heizungsanlage zu beauftragen. Zu TOP 6 erörterten sie das Kostenangebot einer Bedachungsfirma für eine Flachdachsanierung in Höhe von 80000 DM. Die Ast. haben beim AG beantragt, den Eigentümerbeschluss zu TOP 3, mit dem die Verdoppelung der Zuführung zur Instandhaltungsrücklage festgelegt wurde, für ungültig zu erklären. Das AG hat den Antrag abgewiesen. Die sofortige Beschwerde und das weitere Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Auszüge aus den Gründen:
II. 2. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Zu Recht haben die Vorinstanzen angenommen, dass der Eigentümerbeschluss zu TOP 3 nicht schon wegen unzureichender Bezeichnung des Beschlussgegenstands in der Einladung zur Eigentümerversammlung für ungültig zu erklären ist.Gem. § 23 II WEG ist zur Gültigkeit eines Eigentümerbeschlusses erforderlich, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist. Dazu genügt es, dass die Wohnungseigentümer vor Überraschungen geschützt sind und ihnen eine Vorbereitung auf die Versammlung ermöglicht wird. Übertriebene Anforderungen dürfen an die Bezeichnung des Beschlussgegenstands nicht gestellt werden. Ausreichend ist i.d.R. eine schlagwortartige Bezeichnung (BayObLGZ 1992, 79 [84f.] = NJW-RR 1992, 910; BayObLG, NZM 1999, 175 = WE 1999, 199 u. st. Rspr.). Nach diesen Grundsätzen hat das LG ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Beschlussfassung über eine Erhöhung der Instandhaltungsrücklage durch die Angabe des TOP „Wirtschaftsplan“ in der Einladung zur Eigentümerversammlung gedeckt war. Der vom Verwalter gem. § 28 I WEG aufgestellte Wirtschaftsplan, der gem. § 28 II Nr. 3 WEG auch die Beitragsleistung der Wohnungseigentümer zu der in § 21 V Nr. 4 WEG vorgesehenen Instandhaltungsrückstellung zu beziffern hat, stellt lediglich einen unverbindlichen Vorschlag für die Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung (§ 28 V WEG) dar. Deshalb muss jeder Wohnungseigentümer damit rechnen, dass die im vorgelegten Wirtschaftsplan veranschlagten Beträge in der Versammlung geändert werden können (vgl. Staudinger/Bub, BGB, 12. Aufl., § 28 WEG Rdnr. 80; Augustin, in: RGRK, 12. Aufl., § 28 WEG Rdnr. 2). Ob dies im Regelfall auch für eine Verdoppelung des bisher üblichen Jahresbeitrags zur Instandhaltungsrücklage gilt, kann offen bleiben, denn angesichts der Sanierungsarbeiten an der Heizungsanlage und am Dach, die unter TOP 5 und TOP 6 in der Eigentümerversammlung behandelt werden sollten, war auch mit einer Beschlussfassung über die Finanzierung derartiger Maßnahmen zu rechnen (vgl. BayObLG, WE 1996, 234 [236]). Entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde kommt es nicht darauf an, dass der Beschluss über die Erhöhung der Instandhaltungsrücklage auch für die folgenden Wirtschaftsjahre gelten sollte, denn ein solcher Beschluss kann jederzeit in einer späteren Versammlung wieder aufgehoben werden (Staudinger/Bub, § 28 WEG Rdnr. 118).
b) Zu Recht hat das LG keinen Grund gesehen, den angefochtenen Eigentümerbeschluss inhaltlich zu beanstanden.
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