Gerichtliche Abberufung des „mehrheitshörigen“ Verwalters

Gericht

AG Köln


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

30. 04. 2001


Aktenzeichen

202 II 95/00


Leitsatz des Gerichts

  1. Verletzt der Verwalter fortgesetzt seine Neutralitätspflichten dadurch, dass er die Verwaltung einseitig im Interesse des am weiteren Abverkauf der Wohnungen eines Wohnparks verdienenden Mehrheitseigentümers ausrichtet, so kommt eine gerichtliche Abberufung wegen nachhaltiger Neutralitätspflichtverletzung in Betracht.

  2. Es widerspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, ohne Grundlage eines Eigentümerbeschlusses Säumniszuschläge auf Versorgungsleistungsbescheide der öffentlichen Hand auflaufen zu lassen. Auch muss der professionelle Verwalter die im Interesse der Gemeinschaft liegende Beschlussfassung über das Einlegen von geeigneten Rechtsbehelfen vorbereiten und herbeiführen.

  3. Den professionellen Verwalter entlastet es nicht, wenn auf Abgabenbescheide infolge fehlender Mittel der Gemeinschaft nicht geleistet wird bzw. werden kann; er hat in solchem Falle dafür Sorge zu tragen, dass im Wege von Sonderumlagenbeschlüssen die notwendigen Finanzmittel aufgebracht werden.

  4. Auch die Nichtdurchführung beschlossener Sanierungsmaßnahmen sowie die Weigerung, die eigene Abwahl auf die Tagesordnung des Eigentümerversammlung zu setzen, sind geeignet, Zweifel an der Verwaltereignung zu erhärten.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Ast., die Ag. zu 1 und die weiteren Verfahrensbet. sind die Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage Wohnpark W, die aus 395 Wohneinheiten besteht. Die Ag. zu 1 erwarb den Wohnpark im Jahre 1996 und betreibt seit Eigentumsübernahme den Verkauf der einzelnen Eigentumswohnungen. Die Ag. zu 2 ist bis zum 30. 9. 2001 zur Verwalterin der vorgenannten Wohnungseigentumsanlage bestellt. Die Ast. sind der Ansicht, es lägen zahlreiche wichtige Gründe vor, die eine sofortige Abberufung der Ag. zu 2 und die fristlose Vertragskündigung des mit dieser geschlossenen Verwaltervertrags rechtfertigten. Durch die Ag. zu 2 finde keine ordnungsgemäße Vermögensverwaltung statt. Die Ag. zu 2 nehme einseitig die Interessen der Ag. zu 1 wahr, die faktisch weiterhin über die Mehrheit der Stimmen verfüge. Das Vertrauensverhältnis der nicht der Ag. zu 1 nahestehenden, inzwischen mit den Mehrheitsstimmen der Ag. zu 1 teilweise abgewählten Beiratsmitglieder sowie zahlreicher Einzeleigentümer zu der Ag. zu 2 sei restlos zerstört.

Der auf sofortige Abberufung der Verwalterin gerichtete Antrag hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. Der auf sofortige Abberufung der Ag. zu 2 durch das Gericht aus wichtigem Grund gerichtete Antrag ist gem. §§ 21 IV, 43 I Nrn. 1 und 2 WEG zulässig und begründet. Das Gericht braucht die übrigen Wohnungseigentümer nicht zur Mitwirkung beim Abberufungsbeschluss zu verpflichten, sondern kann die Abberufung auf Grund seiner Regelungskompetenz gem. § 43 II WEG unmittelbar anordnen (s. auch Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 26 Rdnr. 189 m.w. Nachw. aus Rspr. u. Lit.). In der Sache besteht insoweit auch kein Unterschied, weil jedenfalls das Gericht darüber zu befinden hat, ob eine Abberufung aus wichtigem Grund gerechtfertigt ist oder nicht. Die Abberufung eines Verwalters durch das Gericht ist möglich, wenn dem antragstellenden Wohnungseigentümer entweder die vorherige Anrufung der Wohnungseigentümerversammlung nicht zugemutet werden kann oder wenn dessen Versuch, einen Mehrheitsbeschluss herbeizuführen, gescheitert ist. Nur in diesen Fällen besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Entscheidung. Die gerichtliche Abberufung des Verwalters ist gerechtfertigt, wenn die Nichtabberufung durch die Wohnungseigentümer einer ordnungsgemäßen Verwaltung i.S. des § 21 IV WEG widerspricht. Das ist insbesondere der Fall, wenn ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Abberufung vorliegt.

Die Herbeiführung eines Mehrheitsbeschlusses über die Abberufung der Ag. zu 2 ist vorliegend gescheitert. Das diesbezügliche Begehren der Ast. hat auf der Eigentümerversammlung vom 1. 2. 2001 keine Mehrheit gefunden. Der entsprechende Beschlussantrag wurde mit 54522,108/100000 Miteigentumsanteilen Gegenstimmen, wovon 46696,855/100000 Miteigentumsanteile auf die Ag. zu 1 entfielen, abgelehnt (sog. Negativbeschluss). Negativbeschlüsse sind nach ganz h. Rechtsmeinung, die auch das erkennende Gericht in ständiger Rechtsprechung vertritt, nicht anfechtbar (s. auch Niedenführ/Schulze, WEG, 5. Aufl., § 43 Rdnr. 48 m.w. Nachw.). Ein Beschluss, welcher der Zulässigkeit des Abberufungsbegehrens der Ast. entgegensteht, wurde in der Eigentümerversammlung vom 1. 2. 2001 entgegen der Ansicht der Ag. zu 2 daher nicht gefasst.

Ein gerichtlicher Abberufungsbeschluss ist gerechtfertigt, wenn die Nichtabberufung eines Verwalters einer ordnungsgemäßen Verwaltung i.S. von § 21 IV WEG widerspricht, weil ein wichtiger Abberufungsgrund vorliegt. Nach allg.A. ist ein wichtiger Grund für eine vorzeitige Abberufung des Verwalters und damit auch für eine fristlose Kündigung des Verwaltervertrags anzunehmen, wenn das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Verwalter und den Wohnungseigentümern derart schwer gestört ist, dass unter Beachtung aller Umstände einschließlich der Interessen des Verwalters den Wohnungseigentümern eine Fortsetzung des Verwalterverhältnisses bis zum Ende der vereinbarten Amtszeit nicht zugemutet werden kann (Bärmann/Pick/Merle, § 26 Rdnr. 152 m.w. Nachw.). Das Vertrauensverhältnis kann dabei nicht nur durch einzelne schwerwiegende Verfehlungen zerrüttet werden, sondern auch durch ein Vielzahl von Verfehlungen, die einzeln die Wohnungseigentümergemeinschaft möglicherweise zu einer Kündigung des Verwaltervertrags nicht veranlassen würden, die aber in ihrer Gesamtheit, insbesondere im Hinblick auf ihre Dauer, das Vertrauensverhältnis zerstören (s. auch OLG Köln, NZM 1999, 846L = WuM 2000, 269). Dabei können die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes im Einzelfall auch in der nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses nicht nur zur Gesamtheit der Wohnungseigentümer, sondern auch zu einzelnen Wohnungseigentümern oder einer Gruppe von ihnen gegeben sein (BayObLG, NZM 1999, 283 = WuM 1999, 354; NZM 2000, 510 = WuM 2000, 268).

Das Vorliegen derartiger Verfehlungen, die eine vorzeitige Abberufung der Ag. zu 2 rechtfertigen, ist vorliegend festzustellen. Zu den wesentlichen Aufgaben des Verwalters gehört es, für geordnete finanzielle Verhältnisse der Eigentümergemeinschaft zu sorgen (vgl. OLG Karlsruhe, NZM 1998, 768 [769]). Dem ist die Ag. zu 2 jedoch in vorwerfbarer Weise nicht nachgekommen. Unstreitig hat die Ag. zu 2 die mit den Bescheiden der Stadt Köln vom 22. 1. 1998, 27. 5. 1998 und 25. 1. 1999 festgesetzten Grundbesitzabgaben für die Jahre 1998 und 1999 nicht, nicht vollständig bzw. verspätet entrichtet. Im Zeitraum von April 1998 bis zum 10. 9. 1999 erfolgten insoweit keinerlei Zahlungen auf die Gebührenbescheide der Stadt Köln, nicht einmal auf die unstrittigen Abwasser- und Straßenreinigungsgebühren bzw. auf die von der Ag. zu 2 als rechtmäßig angesehenen Abfallgebühren. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen wurde gegen den Gebührenbescheid der Stadt Köln für 1998 kein Widerspruch eingelegt. Ferner wurden ausweislich der vorliegenden Unterlagen auch keine Anträge auf Aussetzung der Vollziehung der strittigen Abfallgebührenbescheide gem. § 80 IV VwGO bzw. § 361 AO gestellt, obwohl in den Bescheiden der Hinweis, dass gem. § 80 II Nr. 1 VwGO ein Widerspruch im Abgabenrecht keine aufschiebende Wirkung hat, unter jeder Rechtsbehelfsbelehrung auf den einzelnen Veranlagungsbescheiden enthalten ist, und die Stadt Köln dies der Ag. zu 2 offensichtlich auch … mitgeteilt hat. Ein telefonisch gewährter Vollstreckungsaufschub wurde … widerrufen. Ungeachtet der Richtigkeit dieser Ausführungen wird durch einen Vollstreckungsaufschub nicht die Erhebung von Säumniszuschlägen aufgehalten, da diese kraft Gesetzes entstehen. Die Ag. zu 2 hat es damit pflichtwidrig unterlassen, die auf die teilweise nicht angefochtenen, jedenfalls sofort vollziehbaren Abgabenbescheide der Stadt Köln zu entrichteten Beträge zu zahlen. Durch die Nichtzahlung bzw. verspätete Zahlung hat die Ag. zu 2 gegen § 16 IX lit. e TE verstoßen, wonach Steuern, Gebühren und Abgaben an Gläubiger zu zahlen sind, und zwar auch dann, wenn etwa Hausgeldrückstände einzelner Säumiger bestehen.

Sofern sich die Ag. zu 2, wie aus dem Bescheid der Stadt Köln vom 14. 12. 2000 zu entnehmen ist, darauf berufen hat, es hätten nicht ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden, so ist dies für die Bewertung ihres Fehlverhaltens rechtlich unerheblich, da es Aufgabe eines ordnungsgemäß handelnden Verwalters ist, ggf. im Rahmen einer Sonderumlage von den Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft die erforderlichen Mittel zu beschaffen. Auch ist es unerheblich, dass die Abgabenbescheide der Stadt Köln im Nachhinein berichtigt wurden, da dies auf die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge keinen Einfluss hat. Sofern die Ag. zu 2 im Zusammenhang mit der Reduzierung der Abfallgebühren für die Jahre 1997 bis 1999 auf ihren besonderen Einsatz und die damit einhergehenden erheblichen Erfolge hinweist, so muss sie sich entgegenhalten lassen, dass es Aufgabe eines ordnungsgemäß handelnden Verwalters ist, sowohl für eine Veranlagung auf Basis der richtigen Behälterzahl zu sorgen, als auch etwaige Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Abgabenbescheide in ordnungsgemäßer Form darzulegen und die erforderlichen Rechtsbehelfe für die Eigentümergemeinschaft einzulegen. Das bloße Nichtzahlen von Abgaben (selbst unstreitiger Teilbeträge) ohne Einlegen der erforderlichen Rechtsbehelfe und damit das Riskieren der Bestandskraft rechtswidriger Abgabenbescheide und von Säumniszuschlägen in beträchtlicher Höhe verstößt in eklatanter Weise gegen die Grundsätze ordnungsgemäßen Verwaltungshandels, was insbesondere einer professionellen Verwalterfirma von der Größenordnung der Ag. zu 2 klar sein muss.

Im Übrigen verdrängt die Ag. zu 2 insoweit nachhaltig, dass alle Vorteile aus den korrigierten Abgabenbescheiden auch ohne jegliche Säumniszuschläge und Mahngebühren hätten verwirklicht werden können. Wäre nämlich zunächst die Abgabenschuld der unkorrigierten Bescheide beglichen worden, dann wären auch keine Säumniszuschläge verwirkt worden. Auf Grund der von der Ag. zu 2 gewählten Vorgehensweise sind gegenüber der Stadt Köln alle heutigen Eigentümer eintrittspflichtig, obgleich sie zum großen Teil in 1997 und 1998 noch gar kein Eigentum erworben hatten und somit auch nicht Abgabenschuldner waren. Abgabenschuldnerin wäre insoweit die Ag. zu 2 gewesen, die die Eigentumswohnungen nach und nach abverkauft und sich inzwischen offensichtlich in erheblichen Zahlungsschwierigkeiten befindet. Welchen Ausgang der Streit zwischen der Stadt Köln über die Berechtigung von Säumnisgebühren letztlich nimmt, ist für das vorliegende Verfahren ohne rechtliche Relevanz, da die Ag. zu 2 durch ihr Verhalten das Vermögen der Gemeinschaft jedenfalls in nicht unerheblicher Weise gefährdet und sich damit einer großen Pflichtverletzung schuldig gemacht hat.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Ag. zu 2 nunmehr auf den Standpunkt stellt, dass die Stadt Köln keine einzige Mark an Säumniszuschlägen verlangen könne, weil die zu Grunde liegenden Abgabenbescheide mangels ausreichender Bestimmtheit des Abgabenschuldners nichtig seien. Dabei kann dahinstehen, ob die Ag. zu 2 diese Ansicht bereits im Zeitpunkt des Nichtzahlens bzw. nicht vollständigen Zahlens auf die Abgabenbescheide der Stadt Köln vertreten und zum Gegenstand ihrer Einwendungen gegenüber der Stadt Köln gemacht hat. Jedenfalls steht es einem Verwalter nicht zu, ohne entsprechende Ermächtigung der Eigentümergemeinschaft in Form eines Eigentümerbeschlusses derartige Rechtsansichten mit allen für die Gemeinschaft möglichen nachteiligen Konsequenzen durchzufechten. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Nichtzahlung ausweislich der vorgelegten außergerichtlichen Korrespondenz offensichtlich auch gegen den ausdrücklichen Rat der die Gemeinschaft gegenüber der Stadt Köln vertretenden Rechtsanwälte Dr. R & Partner erfolgte. Aufgabe der Ag. zu 2 wäre es gewesen, entweder zunächst für einen vollständigen Ausgleich der in den Abgabenbescheiden festgesetzten Beträge zu sorgen und sämtliche erforderlichen Rechtsbehelfe gegen die unrichtigen Abgabenbescheide einzulegen bzw. eine hiervon abweichende Vorgehensweise zum Gegenstand einer Beschlussfassung der Eigentümerversammlung zu machen.

Der Hinweis auf die Rechnungsprüfung des (ehemaligen) Beirats vom 10. 7. 1999 und den Entlastungsbeschluss vom 14. 7. 1999 verfängt insoweit nicht. Die Rechnungsprüfung erstreckte sich ausweislich des vorgelegten Prüfberichts lediglich auf die Durchführung einer Belegprüfung. Aus der vorgelegten außergerichtlichen Korrespondenz lässt sich auch nicht entnehmen, dass der (ehemalige) Verwaltungsbeirat die Vorgehensweise der Ag. zu 1 gegenüber der Stadt Köln billigte. Insoweit ist vielmehr davon auszugehen, dass die Problematik des Anfalls von beträchtlichen Säumniszuschlägen bis zur Eigentümerversammlung vom 14. 7. 1999 dem Beirat nicht bekannt war. Auch lässt sich dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 14. 7. 1999, insbesondere dem dargestellten gemeinsamen Bericht von Verwalter und Verwaltungsbeirat zum Ablauf des Geschäftsjahres 1998, nicht ansatzweise entnehmen, dass über das mögliche Anfallen von Säumnisgebühren überhaupt gesprochen wurde. Insoweit erstreckt sich der Entlastungsbeschluss vom 14. 7. 1999, der ohnehin nur für das Wirtschaftjahr 1998 Geltung hat, nicht auf die hier streitigen Vorgänge.

Die Ag. zu 2 hat auch insoweit nicht für geordnete finanzielle Verhältnisse der Eigentümergemeinschaft gesorgt und damit eine wesentliche Aufgabe des Verwalters nicht erfüllt, indem sie nicht auf die Bildung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage hingewirkt hat. Gem. § 5 X TE, § 21 V Nr. 4 WEG sind die Wohnungseigentümer zur Bildung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung für die im Gemeinschaftseigentum stehenden Bestandteile der Wohnanlage verpflichtet. Dabei ist die Höhe der zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung gehörenden Instandhaltungsrückstellung vom Verwalter nach aktuellem Bedarf und generellen Erfahrungssätzen zu ermitteln und auf die einzelnen Wohnungseigentümer umzulegen (Bärmann/Pick/Merle, § 28 Rdnr. 28). Über die Höhe der Beiträge wird durch Beschluss über den Wirtschaftsplan entschieden. Nur die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, wobei zu niedrige Ansätze einer ordnungsgemäßen Verwaltung widersprechen. Als Maßstab für die Mindesthöhe der Beiträge zur Instandhaltungsrückstellung werden allgemein die für den öffentlich geförderten Wohnungsbau festgelegten Instandhaltungspauschalen angesehen, § 28 der II. BerechnungsVO, was auch einem Verwaltungsunternehmen von dem Format der Ag. zu 2 bekannt sein muss.

Danach dürfen für Wohnungen, die in der Zeit vom 1. 1. 1970 bis zum 31. 12. 1979 bezugsfertig geworden sind, 16,50 DM/m² Wohnfläche im Jahr angesetzt werden. Hinzu kommt ein Zuschlag in Höhe von 1,85 DM für Wohnungen, für die ein maschinell betriebener Aufzug vorhanden ist. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass an der in der Mitte der 70-er Jahre fertiggestellten Wohnanlage unstreitig bis auf eine Teilsanierung einiger Dächer bis zum heutigen Tage keinerlei grundlegende Sanierungsarbeiten ausgeführt wurden, ist eine Instandhaltungsrückstellung von 10 DM/m² als erheblich zu niedrig anzusehen. Dies gilt vor allem unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Eigentümergemeinschaft derzeit faktisch ohne Rücklage dasteht. Die für den 31. 12. 1999 ausgewiesene Rücklage beträgt 166000 DM, wobei unstreitig ein Beschluss der Eigentümerversammlung vom 14. 7. 1999 über den ersten Teilabschnitt einer Holzwerksanierung bis heute nicht ausgeführt wurde.

Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Ag. zu 1 mit 46695,855/100000 Miteigentumsanteilen derzeit jedenfalls immer noch über die relative Stimmenmehrheit in Eigentümerversammlungen verfügt, kein Interesse an der Bildung einer größeren Rücklage hat, da sie lediglich an einem Abverkauf der Wohnungen interessiert ist und die Rücklagen nach dem Abverkauf nicht „mitnehmen“ kann. Dies entbindet die Ag. zu 2 jedoch nicht davon, jedenfalls den Versuch der Bildung einer angemessenen Rücklage vorzunehmen, auf den nicht unbeträchtlichen Instandsetzungsbedarf hinzuweisen und dementsprechend angemessene Beträge in den Wirtschaftsplan mit aufzunehmen. Wenn sie dies unterlässt und sich auch in den Eigentümerversammlungen den Anträgen einzelner Eigentümer auf Erhöhung der Instandhaltungsrückstellung ablehnend gegenüberstellt, muss sie sich den Vorwurf gefallen lassen, sie nehme einseitig die Interessen der Ag. zu 1 wahr und verletzte damit ihre Neutralitätspflicht. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass zu Lasten des Gemeinschaftskontos Gelder für Sonderreinigungen am Wochenende mit einem erwarteten Standard von ca. 12 Arbeitsstunden pro Wochenende ausgegeben werden, die nach dem Sachvortrag der Ag. zu 2 in erster Linie zum Gegenstand haben, die Außenanlagen von Müll und Unrat zu befreien und damit offensichtlich den Verkaufsbemühungen der Ag. zu 1 dienen.

Letzteres dürfte auch für die umfangreiche Inanspruchnahme des Malerdienstes gelten. Zudem hat der angebliche Anfall bzw. die Abrechnung von 2500 Malerstunden für die Eigentümergemeinschaften W I und II (ohne nachvollziehbare Nachweise) allein im Jahr 1999 wenig mit „kleineren Malerarbeiten“, die im Rahmen des Hausmeisterdienstes durchzuführen sind, zu tun. Insoweit handelt es sich um Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung, die einer entsprechenden Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft bedürfen. Auch stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wie eine Person in einem Jahr neben ihrer sonstigen Hausmeistertätigkeit 2500 Stunden Malerarbeiten verrichten kann.

Überdies muss sich die Ag. zu 2 den Vorwurf gefallen lassen, den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 14. 7. 1999 betreffend die Instandsetzung der Holzgewerke der oberen Etagen nicht ausgeführt und damit gegen § 27 I Nr. 1 WEG verstoßen zu haben. Insoweit fehlt jeglicher Sachvortrag der Ag. zu 2, warum dieser Beschluss bislang nicht ausgeführt wurde. Auf Grund der Beschlussfassung der Eigentümerversammlung vom 13. 4. 2000 zu TOP 5 war die Ag. zu 2 darüber hinaus verpflichtet, den TOP „Abwahl des Verwalters aus wichtigem Grund sowie Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigem Grund“ mit auf die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung zu nehmen. Vor dem Hintergrund dieser Beschlussfassung sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass seit der Versammlung vom 13. 4. 2000 hinreichend Zeit bestand, die gegen die Ag. zu 2 erhobenen Vorwürfe zu überprüfen, ist es völlig unverständlich, dass die Ag. zu 2 im Hinblick auf die für den 1. 2. 2001 einberufene Eigentümerversammlung mit Schriftsätzen vom 22. 12. 2000 und 11. 1. 2001 vortragen lässt, sie sei zur Aufnahme dieses TOP nicht verpflichtet. Insoweit besteht Anlass zu der Annahme, dass sich die Ag. zu 2 lediglich unter dem Druck des Parallelverfahrens AG Köln (202 II 136/00) betreffend die WEG W II und der dort unter dem 23. 11. 2000 erlassenen einstweiligen Anordnung bereit fand, diesen Punkt mit in die Tagesordnung aufzunehmen. Möglicherweise war sich die Ag. zu 2 jedoch im Hinblick auf die Eigentümerversammlung vom 19. 12. 2000 in der WEG W II auch sicher, dass sie auf Grund der relativen Stimmenmehrheit der Ag. zu 1 auch hier nicht abberufen wird.

Dass es die Ag. zu 2 nicht für sinnvoll erachtete, dass der Verwaltungsbeirat einen Vorsitzenden wählte, kann im Hinblick auf die eindeutige Regelung in § 19 S. 3 TE sowie des § 29 I 2 WEG nur auf Befremden stoßen. Dem Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats stehen nach dem WEG besondere Befugnisse zu. So ist er oder sein Stellvertreter gem. § 24 III WEG befugt, eine Wohnungseigentümerversammlung einzuberufen, wenn ein Verwalter fehlt oder sich pflichtwidrig weigert, eine Wohnungseigentümerversammlung einzuberufen. Gem. § 24 VI 2 WEG hat der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder sein Stellvertreter die Niederschrift über die Eigentümerversammlung zu unterschreiben sowie gem. § 29 IV WEG den Verwaltungsbeirat nach Bedarf einzuberufen.

Dies alles scheint die Ag. zu 2 zu ignorieren. Dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der Ag. zu 2 mit dem Verwaltungsbeirat in seiner Zusammensetzung bis zum 1. 2. 2001, mit Ausnahme einer Vertreterin der Ag. zu 1, nicht mehr möglich war, hat offensichtlich auch der Geschäftsführer der Ag. zu 2 so gesehen.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht

Normen

WEG §§ 21 IV, 43 I Nrn. 1, 2; II. BerechnungsVO § 28