Befristeter Ausschluss der Umgangsbefugnis des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kind bei eindeutig ablehnender Haltung des sorgeberechtigten Elternteils

Gericht

OLG Thüringen


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

17. 06. 1999


Aktenzeichen

1 UF 128/99


Leitsatz des Gerichts

Zum [hier: abgelehnten] befristeten Ausschluß der Umgangsbefugnis des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem [hier: knapp neun Jahre alten] Kind bei eindeutig ablehnender Haltung des sorgeberechtigten Elternteils.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Das FamG hat mit der angefochtenen Entscheidung den Antrag der ASt., den Umgang des AGg. mit dem gemeinsamen Kind R., geboren am 24. 9. 1990, für die Dauer von zwei Jahren auszusetzen, zurückgewiesen und dazu im wesentlichen ausgeführt, eine Gefährdung des Kindeswohls, die den Ausschluß des Umgangsrechts rechtfertigen würde, sei nicht gegeben.

Mit ihrer Beschwerde wiederholt die ASt. teilweise ihr erstinstanzliches Vorbringen und meint, der Beschluß sei rechtsfehlerhaft. Er verletze sie in ihren Rechten. Die Entscheidung hätte nicht aufgrund einer „oberflächlichen Beobachtung der Richterin“ und nicht ohne erneute Begutachtung ergehen dürfen. . . .

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung ist aus den zutreffenden Gründen nicht zu beanstanden. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Die ASt. hat weder vorgetragen, daß es zum Wohle R.“9s erforderlich sei, den Umgang des Kindes mit dem AGg. auszusetzen (§ 1684 IV BGB), noch ist derartiges ersichtlich.

Die Richterin hat im Verfahren die gebotenen und erforderlichen Ermittlungen mit der gebotenen Sorgfalt angestellt. Sie hat den gesetzlichen Anforderungen des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprochen, insbesondere das Kind nicht nur am 14. 9. 1998, sondern auch am 15. 1. 1997 angehört und ihre Entscheidung - auch auf der Grundlage des Gutachtens v. 20. 1. 1995 - wohl begründet getroffen.

Letztlich wendet sich die ASt. auch nicht gegen den Inhalt des Gedächtnisprotokolls v. 15. 9. 1998 und meint nur, daraus seien andere Schlußfolgerungen zu ziehen.

Für das FamG hat aufgrund der getroffenen Feststellungen keine Veranlassung bestanden, ein erneutes Gutachten beizuziehen, zumal die ASt. selbst keine Veränderung zu den Verhältnissen, die dem früheren Gutachten zugrunde gelegen haben, vorgetragen hat.

Wenn die ASt. ausführt, sie sei durch die Entscheidung in ihren Rechten verletzt, zeigt sich letztlich nur, wie tief sie noch in ihren Konflikt mit dem AGg. eingebunden ist. Der Umgang des Kindes mit dem Vater betrifft dessen und seine Rechte, nicht die Rechte der ASt.

Die Entscheidung des FamG steht im Einklang mit der durch das KindRG (§ 1684 I BGB) bestätigten std. Rspr. des Senats, wonach ein Kind das Recht auf Umgang mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil hat, zumal sich dadurch wesentliche Impulse für seine weitere Entwicklung ergeben können (so auch zuletzt OLG Karlsruhe, FamRZ 1999, 184; OLG Braunschweig, FamRZ 1999, 185).

Ein längerer oder dauernder Ausschluß des Umgangsrechts kann danach nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen, wenn andernfalls das Kindeswohl gefährdet wäre (§ 1684 IV BGB).

Vorliegend kann bei dem noch nicht neunjährigen Kind nicht davon ausgegangen werden, daß die verbale Ablehnung des Umgangs mit dem AGg. auf einer unerschütterlichen und begründeten Selbstentscheidung beruht. Vielmehr ist es - wie beide Verfahren und auch ihre Anhörung v. 16. 6. 1998 zeigen - die ASt., die den Umgang mit dem AGg. ablehnt und sich nunmehr einfach darauf zurückzieht, daß das Kind ihre Haltung kritiklos übernommen hat.

„Die Wohlverhaltensklausel aus § 1684 II BGB, wonach der Personensorgeberechtigte alles zu unterlassen hat, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt, verlangt . . . über seinen Wortlaut hinausgehend auch eine aktive Förderung des Umgangskontaktes dergestalt, daß der Personensorgeberechtigte im Rahmen der Erfüllung seiner Erziehungsaufgabe auf das Kind mit dem Ziel einwirkt, psychische Widerstände gegen den Umgang mit dem anderen Elternteil abzubauen und eine positive Einstellung zu gewinnen“ (OLG Braunschweig, a.a.O.).

Es ist nunmehr an der ASt., nach Jahren der Auseinandersetzung, ihre Befindlichkeiten gegen den AGg. im Interesse des Kindes zurückzustellen und zu einer Versachlichung der Beziehungen zu gelangen. Dabei ist aber nach § 1684 II BGB auch der AGg. gefordert, sie zu unterstützen.

Für einen zeitlichen Ausschluß des Umgangsrechts ist hier auch kein Raum gegeben, da die ASt. bisher keine Anstrengungen gezeigt hat, die bestehenden Probleme zu überwinden. Eine Perspektive, was in zwei Jahren anders sein soll, wenn dem Antrag stattgegeben würde, fehlt völlig. Es muß somit sogar angenommen werden, daß die ggf. schon beginnende Entfremdung des Kindes von seinem Vater fortgeführt und festgeschrieben würde.

Nach all dem kann es dahinstehen, daß das von der ASt. angeführte Zitat aus dem Beschluß des Thüringer OLG v. 27. 5. 1997 - UF 172/96 - zum einen nicht authentisch und zum anderen dieses Verfahren mit dem vorliegenden in keiner Weise vergleichbar ist. In dem vom Senat entschiedenen Verfahren ging es um zwei Mädchen im Alter von 13 bzw. fast 16 Jahren, die ihren Vater in bestürzender Art und Weise ablehnten. Sie haben für diese Ablehnung nachvollziehbare Gründe angeführt, ohne stereotyp nur „nein“ zu sagen.

Auch wenn in Familienrechtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich Zurückhaltung geboten ist, einem der Beteiligten die Kosten des Verfahrens allein aufzuerlegen, entspricht es der Billigkeit, hier von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, da die ASt. die Kosten nur durch ihr uneinsichtiges Verhalten verursacht hat, so daß auch § 131 III KostO nicht zum Tragen kommt (BGH, Urteil v. 21. 12. 1988 - IVb ZB 54/88).

Rechtsgebiete

Ehe- und Familienrecht

Normen

BGB § 1684