Studium nach abgeschlossener Ausbildung als "Sekretärin"
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
23. 05. 2001
Aktenzeichen
XII ZR 148/99 (Frankfurt a.M.)
Zu den Voraussetzungen des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs bei Beanspruchung von Ausbildungsunterhalt für ein Studium, das nach Abschluss einer Ausbildung zur Sekretärin aufgenommen wird.
Zum Entstehen einer vertraglichen Unterhaltsverpflichtung.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Kl. nimmt den Bekl., ihren Vater, auf Zahlung von Ausbildungsunterhalt für die Zeit von Juni 1994 bis einschließlich Mai 1998 in Anspruch. Die Ehe der Eltern, aus welcher der 1967 geborene Sohn T, die 1968 geborene Kl. und die 1973 geborene Tochter M hervorgegangen sind, wurde 1992 geschieden. Beide Eltern sind berufstätig. Die Kl. beendete 1988 ihre allgemeine Schulausbildung mit dem Abitur. Im Mai 1988 schloss sie mit einem „FTO Fachinstitut“ („FTO“ für: Fremdsprachen, Textverarbeitung, Organisation) einen Vertrag über eine zweijährige Ausbildung zur „Europasekretärin“. Die im Oktober 1988 begonnene Ausbildung schloss die Kl. im September 1990 erfolgreich ab; in der Folgezeit arbeitete sie als „FTO-Sekretärin“. Im Sommer 1991 forderte die Mutter der Kl. diese auf, sich nunmehr um ein Studium zu bemühen. Eine im Januar 1992 erfolgte Bewerbung der Kl. um einen Studienplatz an der privaten Universität Witten/Herdecke wurde nach einem Auswahlverfahren im Juli 1992 abschlägig beschieden. Daraufhin bewarb sich die Kl. an der Universität Trier mit Erfolg um einen Studienplatz für Volkswirtschaftslehre. Im Sommer 1992 trafen sich die Parteien zufällig. Die Kl. sprach dabei auch ihre weiteren Ausbildungsabsichten an; der Bekl. bezeichnete diese Pläne als ihre „Privatsache“. Im Oktober 1992 nahm die Kl. ihr Studium in Trier auf. In einem Schreiben vom November 1992 bat sie den Bekl. hierfür um finanzielle Hilfe. Der Bekl. lud die Kl. daraufhin zu einem Gespräch zu sich ein, das am 23. 12. 1992 stattfand. Bei ihrem Besuch erklärte sich der Bekl. bereit, die Kl. finanziell zu unterstützen - allerdings unter der Voraussetzung, dass er nur an seinen Sohn T Unterhalt zu zahlen habe, dass fortlaufend geprüft werde, inwieweit die Kl. ihren Unterhalt durch eine mit dem Studium einhergehende Erwerbstätigkeit selbst bestreiten könne, und dass die Mutter der Kl. keine Berufung gegen das einen nachehelichen Aufstockungsunterhalt versagende Urteil des FamG einlegen werde. Die Mutter legte in der Folgezeit keine Berufung ein. Der Bekl. erbrachte an die Kl. monatlich folgende Zahlungen: Von Dezember 1992 bis April 1993 monatlich 620 DM, von Mai bis November 1993 595 DM und von Dezember 1993 bis Februar 1995 645 DM. Die Zahlungen ab Oktober 1993 waren ausdrücklich als Darlehen bezeichnet. Nach einem vorangegangenen Treffen mit seinen drei Kindern hatte der Bekl. an die Kl. am 13. 1. 1994 einen als „Letztes Angebot zur Weiterfinanzierung Deines VWL- und Soziologiestudiums“ überschriebenen Brief gerichtet, in dem es unter anderem heißt: „Du hast dein Studium … in der Ungewissheit begonnen, ob du von deinem Vater dafür Geld bekommst. Ich habe dir dann … bei unserem Treffen am 23. 12. 1992 Unterhaltszahlung für dein Studium nach dem Modell für T (65% x [BaföG + 100]) zugesagt unter der Voraussetzung, dass … ich neben dir nur T Unterhalt zahle … d.h. wenn M dazu kam, war eine neue Vereinbarung zu treffen, denn ich sagte dir, dass ich dann nicht bereit war, noch einmal den gleichen Betrag für M zu zahlen. … M hat ihr Studium im Oktober 1993 begonnen … Ich bin bereit, dir im Rahmen meiner Möglichkeiten (die ich selbst bestimmen muss) dein weiteres Studium zu ermöglichen, indem ich dir hiermit zum letzten Mal anbiete: weitere Zahlungen in zu vereinbarender Höhe ab Februar 1994 als zinsloses Darlehen …“. Die Kl. schloss ihr Studium im April 1998 mit der Diplomprüfung ab und arbeitet seither in ihrem neuen Beruf.
Das AG hat ihre Klage auf Unterhalt für die Zeit von Juni 1994 bis Dezember 1995 in Höhe von monatlich 630,50 DM und für die Zeit von Januar 1996 bis Mai 1998 in Höhe von monatlich 799,50 DM abgewiesen. Das OLG hat der Klage teilweise entsprochen und der Kl. für die Zeit von Juni bis Dezember 1994 monatlich 548 DM, für 1995 monatlich 586 DM, für 1996 monatlich 706 DM und für die Zeit von Januar 1997 bis Mai 1998 monatlich 638 DM zuerkannt. Auf die zugelassene Revision des Bekl. wurde die Klage abgewiesen.
Auszüge aus den Gründen:
1. Der Kl. steht ein gesetzlicher Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nicht zu.
a) Nach § 1610 II BGB umfasst der Unterhalt eines Kindes die Kosten einer angemessenen Ausbildung zu einem Beruf. Darunter ist eine Berufsausbildung zu verstehen, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und die sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält. Haben Eltern ihrem Kind - wie hier der Bekl. der Kl. - eine angemessene Berufsausbildung in dem dargelegten Sinn zukommen lassen, so sind sie nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht verpflichtet, die Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur unter besonderen Umständen angenommen worden - etwa wenn sich nachträglich herausstellt, dass die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruhte, wenn die weitere Ausbildung zweifelsfrei als eine bloße Weiterbildung anzusehen ist und die Weiterbildung von vornherein angestrebt war oder wenn während der ersten Ausbildung eine besondere, die Weiterbildung erfordernde Begabung des Kindes deutlich wurde (BGHZ 69, 190 = NJW 1977, 1774 = LM § 1610 BGB Nr. 4 = FamRZ 1977, 629; BGHZ 107, 376 [379ff.] = NJW 1989, 2253 = LM § 1610 BGB Nr. 18 = FamRZ 1989, 853 [854]). Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls hat das OLG nicht festgestellt.
b) Für die Fälle, in denen das Kind nach Erlangung der Hochschulreife zunächst eine praktische Ausbildung durchlaufen hat und es sodann darum geht, ob die Eltern ein sich hieran anschließendes Hochschulstudium zu finanzieren haben, hat der Senat diese Grundsätze modifiziert (BGHZ 107, 376 [379ff.] = NJW 1989, 2253 = LM § 1610 BGB Nr. 18 = FamRZ 1989, 853 [854ff.]; seither st.Rspr.). In diesen „Abitur-Lehre-Studium-Fällen“ umfasst der Unterhalt auch die Kosten eines Hochschulstudiums, wenn dieses mit den vorangegangenen Ausbildungsabschnitten in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht und die Finanzierung des Ausbildungsgangs den Eltern wirtschaftlich zumutbar ist. Es kann dahinstehen, ob der Besuch des „FTO-Fachinstituts“ eine der Lehre vergleichbare praktische Ausbildung darstellt. Jedenfalls fehlt es an dem erforderlichen Zusammenhang dieser Ausbildung mit dem von der Kl. später aufgenommenen Studium der Volkswirtschaftslehre.
Das OLG hat zwar das Vorliegen eines sachlichen Zusammenhangs zwischen der Ausbildung zur „Europa-Sekretärin“ und dem anschließenden Studium mit Abschluss als Diplom-Volkswirtin bejaht. Wie sich aus den Ausbildungsplänen des „FTO-Fachinstituts“ und des Studiums ergebe, griffen beide Lerngebiete ineinander über; beide seien wirtschaftlich und sprachlich orientiert. Mit dieser Begründung werden die Anforderungen an die Einheitlichkeit des Ausbildungsganges, die § 1610 II BGB in dem Merkmal der Vorbildung zu einem Beruf grundsätzlich voraussetzt, jedoch nur unzulänglich wiedergegeben. Zu fordern ist hierfür vielmehr ein enger sachlicher Zusammenhang. Praktische Ausbildung und Studium müssen, wenn sie - wie hier - nicht ohnehin derselben Berufssparte angehören, so aufeinander bezogen sein, dass das eine für das andere eine fachliche Ergänzung, Weiterführung oder Vertiefung bedeutet oder dass die praktische Ausbildung eine sinnvolle Vorbereitung auf das Studium darstellt (BGHZ 107, 376 [382] = NJW 1989, 2253 = LM § 1610 BGB Nr. 18 = FamRZ 1989, 853 [855]). Diese Voraussetzung ist vom OLG nicht festgestellt. Die von dem „FTO-Fachinstitut“ vermittelten Fremdsprachenkenntnisse mögen für ein späteres Studium und den weiteren beruflichen Werdegang eines Auszubildenden hilfreich sein; sie reichen für sich genommen aber nicht aus, um einen engen Zusammenhang der die Fremdsprachenkenntnisse vermittelnden Ausbildung zu später aufgenommenen und nicht artverwandten Studiengängen zu begründen (vgl. Senat, NJW 1993, 2238 = LM H. 1/1994 § 1610 BGB Nr. 22 = FamRZ 1993, 1057 [1058]). Ebenso ist nicht ersichtlich, ob die in den Ausbildungsplänen dieses Instituts aufgeführten wirtschaftlich orientierten Lerngebiete, auf die das OLG abstellt, speziell auf das Berufsbild einer Sekretärin zugeschnitten sind und insoweit das schwerpunktmäßig auf Textverarbeitung zielende Unterrichtsprogramm abrunden, oder ob sie darüber hinaus nach Qualität, Umfang und Intensität der Wissensvermittlung als Grundlegung für ein späteres Studium der Volkswirtschaftslehre geeignet und - auch unter dem Gesichtspunkt der finanziellen Lasten, die eine dem Studium vorgeschaltete entgeltpflichtige Ausbildung an einer privaten Schule mit sich bringt - sinnvoll und dem Unterhaltspflichtigen als Vorstufe zum Studium zumutbar sind.
Im Übrigen fehlt es auch an dem erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen der im September 1990 abgeschlossenen Ausbildung zur „Europa-Sekretärin“ und dem erst im Oktober 1992 - nach rund zweijähriger Berufstätigkeit als Sekretärin - aufgenommenen Studium. Das OLG hat den Vortrag der Kl., eine rechtzeitige Bewerbung um einen Studienplatz sei ihr auf Grund des Scheidungsverfahrens der Eltern nicht möglich gewesen, insoweit zutreffend für nicht durchgreifend erachtet: Zwar ist der zeitliche Zusammenhang auch dann als gewahrt anzusehen, wenn die zwischen der praktisch-beruflichen Ausbildung und dem Studienbeginn des Kindes vergangene Zeit auf zwangsläufige, dem Kind nicht anzulastende Umstände zurückzuführen ist. Dabei kann beispielsweise von Bedeutung sein, ob die familiären Schwierigkeiten zu einer nachhaltigen Entwicklungsstörung bei dem Kind geführt haben und die Verzögerung bei der Aufnahme des Studiums als nicht vorwerfbar oder doch als nur leichteres Versagen erscheinen lassen (Senat, NJW-RR 1990, 327 = FamRZ 1989, 149 [150]). So liegen die Dinge hier jedoch nicht: Die bei der Trennung der Eltern 20-jährige Kl. hat keine Beeinträchtigung ihrer Persönlichkeitsentwicklung geltend gemacht, die für die spätere Herausbildung ihrer endgültigen Berufsvorstellungen ursächlich geworden ist. Sie hat auch nicht vorgetragen, wann welche ihrer beruflichen oder berufsvorbereitenden Entscheidungen in welcher Weise durch welche familiären Ereignisse beeinflusst, verhindert oder erschwert worden sind. Fest steht allerdings, dass die Kl. ihre Ausbildung zur „Europa-Sekretärin“ rund eineinhalb Jahre nach der Trennung ihrer Eltern mit der Note „sehr gut“ abgeschlossen und anschließend rund zwei Jahre in dem erlernten Beruf gearbeitet hat. Wie die Kl. in ihrem vom BerGer. in Bezug genommenen Schreiben vom 7. 11. 1992 verdeutlicht hat, haben erst diese beruflichen Erfahrungen mit einer von der Kl. als „erniedrigend“ empfundenen Tätigkeit ihren Studienwunsch reifen lassen. Auch vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, inwieweit der Streit ihrer Eltern um das gemeinsame Haus und Teile des Hausrats einen zügigen Studienbeginn nach Abschluss der „FTO“-Ausbildung gehindert haben könnte.
c) Das OLG hält den Bekl. gleichwohl - unter Hinweis auf § 1610 II i.V. mit § 242 BGB - für verpflichtet, der Kl. Ausbildungsunterhalt für ihr Studium zu bezahlen, weil er sich durch seine Erklärungen und seine jedenfalls bis September 1993 vorbehaltlosen Unterhaltszahlungen selbst gebunden habe. Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision mit Recht.
Fehlt es - wie hier - an den tatbestandlichen Voraussetzungen für einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch, so kann die Berufung auf Treu und Glauben das fehlende Tatbestandsmerkmal nicht ersetzen und gleichwohl eine gesetzliche Unterhaltsschuld begründen. Eine andere Frage ist, ob und bejahendenfalls unter welchen Voraussetzungen sich aus der für Eltern und Kindern in § 1618a BGB wechselseitig begründeten Pflicht zu Beistand und Rücksichtnahme im Einzelfall ausnahmsweise auch eine Verpflichtung eines Elternteils ergeben kann, Zahlungen, die er in der Vergangenheit an das Kind ohne Rechtspflicht erbracht hat, für einen begrenzten Zeitraum fortzusetzen, wenn das Kind auf die Fortdauer dieser Zahlungen vertrauen durfte und in diesem berechtigten Vertrauen Dispositionen getroffen hat, die sich nicht sofort und ohne erhebliche Nachteile für das Kind rückgängig machen lassen. Diese Frage braucht indes nicht entschieden zu werden; denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor: Der Bekl. hat der Kl. bereits bei ihrem Gespräch im Sommer 1992, in dem die Kl. dem Bekl. erstmals von ihren Studienplänen berichtete, erklärt, dass es sich bei dieser Zweitausbildung um ihre „Privatsache“ handele; auch in der Folgezeit hat der Bekl. keinen Zweifel daran gelassen, dass ihn keine gesetzliche Verpflichtung trifft, die Kl. für die Dauer der von ihr begonnenen Zweitausbildung zu unterhalten.
2. In einem solchen Fall kann sich ein Unterhaltsanspruch des Kindes allenfalls aus einer vertraglichen Abrede ergeben. Auch ein solcher vertraglicher Anspruch steht der Kl. gegen den Bekl. jedoch nicht zu.
Das OLG geht von einer „Unterhaltszusage“ des Bekl. an die Kl.aus. Aus den vorliegenden Erklärungen ergebe sich, dass der Bekl. bereit gewesen sei, Ausbildungsunterhalt an die Kl. zu zahlen - vor allem dann, wenn deren Mutter selbst auf nachehelichen Unterhalt verzichten, nämlich - wie auch geschehen - kein Rechtsmittel gegen die Abweisung ihrer Unterhaltsklage einlegen würde. Soweit der Bekl. in seiner Unterhaltszusage an die Kl. darauf hingewiesen habe, dass neu zu überlegen sei, wenn die Schwester M Unterhaltsansprüche geltend mache, so könne dies nur dahin verstanden werden, dass erneut über die Höhe des zu zahlenden Unterhalts nachzudenken sei, nicht jedoch über seine grundsätzliche Unterhaltsverpflichtung. Das OLG weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass etwa mit Beginn der Ausbildungsforderungen der Tochter M die Unterhaltsverpflichtung des Bekl. gegenüber seinem Sohn T geendet habe. Auch diese Begründung hält indes einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Eine vertragliche Abrede über die Gewährung eines - nach dem Gesetz an sich nicht geschuldeten - Ausbildungsunterhalts kann etwa in dem Versprechen einer Ausstattung gesehen werden, das nach § 1624 I BGB der Form des § 518 I 1 BGB nicht bedarf und deshalb durch ausdrückliche wie schlüssige Erklärungen zu Stande kommen kann. Dass der Bekl. sich gegenüber der Kl. in diesem Sinne rechtsgeschäftlich verpflichtet habe, der Kl. für die Dauer ihres Studiums Unterhalt zu leisten, hat das OLG jedoch nicht festgestellt.
Die vom Bekl. für die Zeit von Dezember 1992 bis Mai 1994 erbrachten Zahlungen erfolgten nicht vorbehaltlos, sondern nach Maßgabe der Erklärungen im Gespräch der Parteien vom 23. 12. 1992. In diesem Gespräch hat der Bekl. nach den Feststellungen des BerGer. der Kl. Unterhaltsleistungen unter anderem unter der Voraussetzung zugesagt, dass er daneben nur an seinen Sohn T Unterhalt zu leisten habe. Diese Voraussetzung entfiel, als die Schwester der Kl. im Oktober 1993 ebenfalls ein Studium aufnahm und dafür vom Bekl. Unterhaltsleistungen erhielt.
Das OLG bezieht den Vorbehalt des Bekl., dass die Unterhaltsfrage neu zu überlegen sei, falls auch die Schwester der Kl. Unterhaltsforderungen an ihn stelle, demgegenüber nur auf die Höhe des dann an die Kl. zu zahlenden Unterhalts, nicht jedoch auf die grundsätzliche Unterhaltsverpflichtung des Bekl. Diese tatrichterliche Würdigung hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Sie steht mit dem Wortlaut des Gesprächs, wie er im Schreiben des Bekl. vom 13. 1. 1994 wiedergegeben und auch in den Ausführungen des OLG zu Grunde gelegt ist, nicht im Einklang und lässt zudem wesentliche vom OLG festgestellte Umstände unberücksichtigt: So ist die Übernahme einer dem Grunde nach uneingeschränkten Unterhaltspflicht des Bekl. mit dessen früherer Erklärung, bei der von der Kl. aufgenommenen Zweitausbildung handele es sich um deren „Privatsache“, ebenso wenig zu vereinbaren wie mit den vom Bekl. im Gespräch vom 23. 12. 1992 aufgestellten Voraussetzungen für künftige Unterhaltsleistungen an die Kl.; sie lässt sich auch nicht mit dem Angebot des Bekl., der Kl. weiterhin Zahlungen, aber nur als Darlehen, zu leisten, in Einklang bringen. Außerdem ließe eine vom Bekl. dem Grunde nach uneingeschränkt übernommene Unterhaltspflicht offen, wie sich die Höhe des Unterhalts bemessen sollte, wenn auch die Tochter M Unterhaltsforderungen gegen den Bekl. geltend mache und die Parteien sich über die Höhe des dann an die Kl. zu zahlenden Unterhalts nicht einigen würden. Das OLG hält, wie die Bemessung des der Kl. zuerkannten Unterhalts zeigt, für einen solchen Fall offenbar die gesetzliche Regelung für anwendbar. Damit wird jedoch verkannt, dass die Parteien mit der Bezugnahme auf das für den Sohn des Bekl. praktizierte „Modell“ eine eigenständige Regelung über Unterhaltsbedarf und Verteilungsquote getroffen haben, der Bekl. für den Fall einer Inanspruchnahme auch durch die Tochter M gerade entlastet werden wollte und der Rückgriff auf die gesetzlichen Maßstäbe diesem Ziel zuwiderläuft.
Die Annahme einer vom Bekl. dem Grunde nach uneingeschränkt übernommenen Unterhaltspflicht des Bekl. lässt sich auch nicht, wie das OLG meint, auf die vom Bekl. - als Voraussetzung künftiger Unterhaltszahlungen an die Kl. - geäußerte Erwartung stützen, dass seine geschiedene Ehefrau keine nachehelichen Unterhaltsansprüche weiterverfolgen werde. Das OLG geht offenbar davon aus, dass der Bekl. die Unterhaltsleistungen an die Kl. gleichsam als Gegenleistung für einen Verzicht seiner geschiedenen Ehefrau zugesagt hat und - nach dem Erhalt der Gegenleistung - nunmehr auch an seine Zusage dem Grunde nach gebunden bleiben müsste. Ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis ist vom OLG jedoch nicht festgestellt; der Vortrag der Parteien bietet hierfür auch keinerlei Anhaltspunkte: Die geschiedene Ehefrau war mit ihrer Klage auf nachehelichen Unterhalt erfolglos; der Bekl. wollte sicherstellen, dass er - neben den an seinen Sohn zu erbringenden und den von der Kl. erbetenen Unterhaltsleistungen - nicht zusätzlich mit weiteren Unterhaltsforderungen, sei es von der Tochter M, sei es im Wege des Rechtsmittels von der geschiedenen Ehefrau, konfrontiert würde. Dieses Ziel wurde nur erreicht, wenn er die Unterhaltsgewährung an die Kl. von einer doppelten Bedingung - kein Rechtsmittel der geschiedenen Ehefrau, keine Unterhaltsforderung der Tochter M - abhängig machte; für eine - wenn auch nur dem Grunde nach - uneingeschränkte Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Kl. lässt sich daraus nichts herleiten.
3. Die angefochtene Entscheidung konnte danach keinen Bestand haben. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat in der Sache abschließend entscheiden. Der Kl. steht der begehrte Unterhalt weder aus Gesetz noch aus Vertrag zu. Das klageabweisende Urteil des FamG ist deshalb wiederherzustellen und die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Kl. in vollem Umfang zurückzuweisen.
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