Ersetzung der Einwilligung in Einbenennung des Kindes

Gericht

OLG Koblenz


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

24. 09. 1999


Aktenzeichen

13 UF 414/99


Leitsatz des Gerichts

Führt ein neun Jahre altes Kind seit drei Jahren (unberechtigt) den Namen seiner (neuen) Familie und ist es nur unter diesem Namen in seiner Umgebung bekannt, so kann die Einwilligung des anderen Elternteils in die Einbenennung ersetzt werden.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Das AG hat die Einwilligung des Ag. in die Namensänderung des am 14. 6. 1990 geborenen Kindes S nach § 1618 S. 4 BGB ersetzt, da die Erteilung des Ehenamens der Mutter zum Wohl des Kindes erforderlich sei. Die Beschwerde des Ag. hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Nach § 1618 BGB können der Elternteil, dem wie hier der Ast. die elterliche Sorge für ein unverheiratetes Kind allein zusteht, und sein (neuer) Ehegatte dem Kind ihren Ehenamen erteilen. Dies bedarf allerdings der Einwilligung des anderen Elternteils, wenn das Kind dessen Namen führt. Diese Einwilligung kann das FamG im Falle der Weigerung des Elternteils ersetzen, wenn die Erteilung des Familiennamens zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Dies ist hier der Fall.

Bei der Wahl des Namens steht – dies folgt schon aus dem Wortlaut des Gesetzes – das Kindeswohl im Vordergrund. Daneben sind die namensmäßige Kennzeichnung der Abstammung und die Kontinuität der Namensführung zu berücksichtigen. Regelmäßig entspricht es allerdings dem Wohl eines Kindes, das bei seiner Mutter aufwächst, am besten, wenn es den gleichen Namen wie seine Mutter führt (vgl. BVerfG, NJW 1993, 583 = FamRZ 1992, 1284). Dadurch wird die Identifizierung des Kindes mit der Familie, und zwar der Familie, in der es lebt, verfestigt und nach außen kenntlich gemacht (vgl. BVerwG, NJW 1996, 2247 = FamRZ 1996, 937). Demgegenüber kann das Interesse des einen oder anderen Elternteils an der namensmäßigen Kennzeichnung der Abstammung des Kindes – auch im Hinblick auf die Gleichberechtigung der Eltern – keinen Vorrang beanspruchen.

S ist inzwischen neun Jahre alt. Die Ehe der Eltern ist im Januar 1996 geschieden worden, im August des gleichen Jahres hat die Kindesmutter ihren jetzigen Ehemann geheiratet und führt seitdem den Ehenamen B. Aus der zweiten Ehe ist der am 23. 3. 1997 geborene Sohn M hervorgegangen. Seit ihrer Einschulung im Herbst 1996, mithin seit drei Jahren, führt S den Namen ihrer (neuen) Familie, in der sie lebt; sie ist unter diesem Namen in der Schule angemeldet worden und bei allen Mitschülern, Lehrern, Nachbarn, Freunden und Bekannten (insbesondere nach dem Umzug der Familie) nur unter diesem Namen bekannt. Sie selbst möchte den Namen ihrer Stieffamilie tragen, damit ihre Zugehörigkeit zu dieser Familie und insbesondere auch zu ihrem Stiefbruder M nach außen erkennbar ist. Dies hat sie bei ihrer Anhörung vor dem AG erklärt und diesen Wunsch auch bei ihren Gesprächen mit Vertretern des Jugendamts, zuletzt im August 1999 im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, deutlich gemacht. Das Jugendamt berichtet insoweit, dass in dem Gespräch deutlich geworden sei, „wie sehr sich S eine Namensänderung wünscht“.

Im Hinblick auf das bei S vorliegende starke Bedürfnis nach einer auch nach außen hin sichtbaren Integration in ihre „neue“ Familie und die Aufrechterhaltung dieser für sie seit drei Jahren bestehenden Situation erachtet der Senat die begehrte Namensänderung auch im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Kindes als für das Kindeswohl erforderlich. Dabei verkennt der Senat nicht, dass durch die Ersetzung der Einwilligung im Ergebnis die rechtswidrige Vorgehensweise der Ast., die S bereits im Jahre 1996 unter ihrem neuen Ehenamen in der Schule angemeldet und damit die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass das Kind den „neuen“ Namen bereits seit drei Jahren ohne entsprechende Einbenennung führt, im Nachhinein legalisiert wird. Maßgeblich für die Frage der Einbenennung ist jedoch nicht das rechtmäßige Vorgehen der Eltern, sondern in erster Linie das Kindeswohl, so dass auch bei nicht korrektem Verhalten des sorgeberechtigten Elternteils eine Einbenennung des Kindes in Betracht kommen kann, wenn das Kind diese nachhaltig wünscht, weil es sich mit der neuen Familie und dem neuen Familiennamen bereits für einen wesentlichen Lebensabschnitt, nämlich seit der Einschulung, identifiziert, so dass eine Verweigerung der Zustimmung hier dazu führen würde, dass das Kind in seiner Umgebung faktisch eine von ihm nicht gewollte „Namensänderung“, nämlich die Führung seines bisherigen, an sich richtigen Namens aus der ersten Ehe hinnehmen müsste. Diese von S nicht gewollte Namensverschiedenheit zu dem Rest ihrer neuen Familie würde für sie insbesondere auch im Hinblick auf ihren Stiefbruder M eine Belastung darstellen und sie aus ihrer Sicht ausgrenzen und sie jetzt erstmals vor die Situation stellen, in der Schule und auch sonst erklären zu müssen, warum sie einen anderen Namen als der Rest der Familie führt. Da S – wenn auch unberechtigt – den neuen Namen bereits seit drei Jahren führt, ist auch nicht zu befürchten, dass mit der (rechtmäßigen) Namensänderung das Vorhandensein des leiblichen Vaters aus dem Bewusstsein des Kindes verdrängt werden wird. Das Bestehenbleiben des Namensbandes ist vielmehr offensichtlich nicht erforderlich, um die bisherige Beziehung von S zum Ag. fortdauern zu lassen.

Rechtsgebiete

Ehe- und Familienrecht

Normen

BGB § 1618 S. 4