Unterhalt für Zweitausbildung

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

14. 07. 1999


Aktenzeichen

XII ZR 230/97


Leitsatz des Gerichts

Zum Anspruch eines Kindes, das bereits eine Lehre absolviert hat, auf Ausbildungsunterhalt für ein nach späterer Erlangung der Hochschulreife aufgenommenes Studium.

Tatbestand


Tatbestand:

Der Kl. nimmt den Bekl., seinen Vater, auf Zahlung von Ausbildungsunterhalt in Anspruch.

Der 1963 geborene Kl. besuchte nach der Grundschule von 1973 bis 1980 das Gymnasium, das er nach der 10. Klasse mit der Mittleren Reife verließ. Danach besuchte er - entgegen seinem Wunsch, seine schulische Ausbildung am Wirtschaftsgymnasium fortzusetzen - entsprechend dem Willen des Bekl. die Höhere Handelsschule, von der er 1981 ohne Abschluß abging.

In der Folgezeit arbeitete der Kl. bis zu Beginn einer Schreinerlehre im Betrieb des Bekl. Die Schreinerlehre, während der ihn der Bekl. aus der elterl. Wohnung wies, brach der Kl. vor Beendigung der Probezeit ab. Im Anschluß hieran begann er eine Lehre als Industriekaufmann im Betrieb des Bekl., die er jedoch ebenfalls aufgab. Von 1983 bis 1985 absolvierte er eine Ausbildung als Schauwerbegestalter, die er erfolgreich beendete. In den folgenden Jahren verrichtete der Kl. zeitweise verschiedene Aushilfstätigkeiten, zeitweise war er arbeitslos und lebte von Arbeitslosenunterstützung, Wohngeld und Sozialhilfe. Von 1988 an besuchte er das Kolleg, auf dem er 1992 die Hochschulreife erwarb. Während dieser Zeit bezog der Kl. Leistungen nach dem BAföG. Im Wintersemester 1992/1993 nahm er das Studium der Erziehungswissenschaften mit den Nebenfächern Sozialpsychologie und Soziologie an der Universität auf, das er am 7. 6. 1994 aus finanziellen Gründen aufgab.

Mit seiner am 12. 1. 1993 eingereichten Stufenklage nahm der Kl. den Bekl. zunächst auf Auskunftserteilung über dessen Einkommensverhältnisse sowie auf Zahlung von Unterhalt in noch zu beziffernder Höhe in Anspruch. Die Berufung des Bekl. gegen das dem Auskunftsbegehren stattgebende Teilurteil des FamG wurde durch das OLG als unzulässig verworfen.

Der Kl. bezifferte sodann seinen Unterhaltsanspruch und verlangte zuletzt Zahlung i. H. von monatlich 900 DM für die Zeit vom 12. 12. 1992 bis zum 7. 10. 1993 und von monatlich 950 DM für die Zeit vom 9. 10. 1993 bis zum 6. 6. 1994. Zur Begründung trug er vor, der Bekl. sei zur Finanzierung des Studiums verpflichtet, weil dieser ihm bisher keine seinen Begabungen und Fähigkeiten entsprechende Ausbildung gewährt, sondern es ihm durch sein erzieherisches Fehlverhalten, insbesondere durch körperliche Züchtigungen und völliges Unverständnis für seine schulischen Probleme, unmöglich gemacht habe, sich seinen Fähigkeiten entsprechend zu entwickeln, so daß er in einen seine Begabungen nicht ausschöpfenden Beruf gedrängt worden sei. Der Bekl. vertrat demgegenüber die Auffassung, nicht mehr zu Unterhaltszahlungen verpflichtet zu sein, weil der Kl. bereits eine ihm angemessene Ausbildung absolviert habe.

Das AmtsG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Bekl. blieb erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgt er sein auf Abweisung des Unterhaltsantrags gerichtetes Begehren weiter.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist begründet.

1. Das OLG hat einen aus § 1610 II BGB folgenden Anspruch des Kl. auf Finanzierung des Hochschulstudiums bejaht, weil der Bekl. seine Verpflichtung, dem Sohn eine angemessene Ausbildung zu einem Beruf zu ermöglichen, bisher nicht erfüllt habe. Dazu hat es im wesentlichen ausgeführt: Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme sei davon auszugehen, daß der Kl. von seinen Eltern in einen unbefriedigenden, seiner Begabung nicht hinreichend Rechnung tragenden Beruf gedrängt worden sei. Die Verhältnisse im Elternhaus des Kl. seien einerseits davon geprägt gewesen, daß der Bekl. - jedenfalls seit der Zeit, als der Kl. etwa 15 Jahre alt gewesen sei - kein Verständnis für die Probleme seines Sohnes in der Schule und in der Ausbildung aufgebracht und keine Rücksicht auf dessen Wünsche und Neigungen genommen habe, sowie andererseits von erheblicher Gewaltanwendung im Rahmen der Erziehung, etwa durch Schläge mit verschiedenen Gegenständen sowie durch die zeitweise unzureichende Unterbringung des Kl. in einem nicht abgeschlossenen Raum im Untergeschoß des Hauses, in dem zugleich Waschmaschine und Wäschetrockner gestanden hätten. Angesichts dieser Umstände, denen die Mutter des Kl. sich nicht entgegengestellt habe, sei diesem letztlich eine Ausbildung aufgezwungen worden, die weder seinem Willen noch seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprochen habe. Das werde dadurch deutlich, daß es dem Kl. nach seiner Loslösung von dem Elternhaus gelungen sei, aus eigener Kraft die Ausbildung auf dem Kolleg zu durchlaufen und die Hochschulreife zu erwerben. Diese Entwicklung sei der Beurteilung, daß die Lehre als Dekorateur nicht angemessen gewesen sei, zugrunde zu legen, da zuvor die eigentliche Begabung des Kl. keine Förderung erfahren habe, sondern geradezu behindert worden sei.

2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des OLG: Nach std. Rspr. des BGH

(vgl. BGHZ 69, 190, 192 f. = FamRZ 1977, 669 [LS.], sowie zuletzt Senatsurteil v. 4. 3. 1998 - XII ZR 173/96 -, FamRZ 1998, 671)

schulden Eltern im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowohl ihren minderjährigen als auch den volljährigen Kindern nach § 1610 II BGB eine optimale begabungsbezogene Berufsausbildung, d. h. eine Ausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten, nicht nur vorübergehenden Neigungen des einzelnen Kindes am besten entspricht. Die Wahl der in diesem Sinn angemessenen Ausbildung haben die Eltern in gemeinsamer verantwortlicher Entscheidung mit dem Kind zu treffen, wobei den individuellen Umständen, vor allem den bei dem Kind vorhandenen persönlichen Voraussetzungen, maßgebliche Bedeutung zukommt (BGHZ, a.a.O., S. 194). Haben Eltern die ihnen hiernach obliegende Pflicht, ihrem Kind eine angemessene Ausbildung zu gewähren, in rechter Weise erfüllt und hat das Kind einen Abschluß einer Ausbildung erlangt, dann sind die Eltern ihrer Unterhaltspflicht aus § 1610 II BGB in ausreichender Weise nachgekommen. Sie sind unter diesen Umständen grundsätzlich nicht verpflichtet, noch eine weitere, zweite Ausbildung zu finanzieren, der sich das Kind nachträglich nach Beendigung der ersten Ausbildung unterziehen will.

Eine andere Entscheidung kann - neben weiteren, hier nicht in Betracht kommenden Gründen - ausnahmsweise dann geboten sein, wenn die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruhte oder wenn die Eltern das Kind gegen seinen Willen in einen unbefriedigenden, seiner Begabung und Neigung nicht hinreichend Rechnung tragenden Beruf gedrängt haben. Einem solchen Fall steht gleich, wenn dem Kind die angemessene Ausbildung versagt worden ist und es sich aus diesem Grund zunächst für einen Beruf entschieden hat, der seiner Begabung und seinen Neigungen nicht entspricht (Senatsurteil v. 24. 10. 1990 - XII ZR 124/89 -, FamRZ 1991, 322, 323). In diesen Fällen haben die Eltern ihre Verpflichtung zur Finanzierung einer angemessenen Ausbildung noch nicht in rechter Weise erfüllt (BGHZ, a.a.O.).

b) Die Annahme des OLG, die Voraussetzungen, unter denen eine weitere Ausbildung geschuldet werde, seien vorliegend erfüllt, wird durch die von ihm getroffenen Feststellungen indessen nicht getragen.

aa) Es begegnet allerdings keinen rechtlichen Bedenken, daß das OLG die Frage, ob der Ausbildung des Kl. zum Dekorateur eine Fehleinschätzung seiner Begabung zugrunde lag, nach den Verhältnissen beurteilt hat, die sich nach der Beendigung der Ausbildung ergeben haben. Zwar ist die Frage der beruflichen Eignung eines Kindes regelmäßig aus der Sicht bei Beginn der Ausbildung und den zu dieser Zeit zutage getretenen Anlagen zu beantworten. Davon sind aber Ausnahmen bei sog. Spätentwicklern zu machen, bei denen auf das Ende der Erstausbildung oder erst den Beginn der Zweitausbildung abgestellt werden kann, um eine unangemessene Benachteiligung zu vermeiden (Senatsurteil v. 24. 10. 1990, a.a.O., S. 323; Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 6. Aufl., Rz. 326).

bb) Das OLG stützt seine Auffassung, die Ausbildung zum Dekorateur habe den Fähigkeiten und Neigungen des Kl. nicht entsprochen, maßgebend auf den Umstand, daß es diesem durch den Besuch des Kollegs gelungen sei, das Abitur nachzuholen und damit die allgemeine Hochschulreife zu erwerben. Der gezogene Schluß ist in dieser allgemeinen Form indessen nicht berechtigt. Ob der erlernte Beruf den Fähigkeiten des Kl. bereits hinreichend Rechnung trägt und ob sein geistiges Leistungsvermögen auch den Anforderungen einer höherqualifizierten Tätigkeit genügt, läßt sich nicht allein mit Rücksicht auf das Bestehen des Abiturs beurteilen. Vielmehr hängt die Beantwortung der Frage entscheidend davon ab, welche schulischen Leistungen der Kl. während des Besuchs des Kollegs erbracht und insbesondere welchen Notendurchschnitt er im Abiturzeugnis erreicht hat. Hierzu hat das OLG keine Feststellungen getroffen. Deshalb entzieht es sich auch der Beurteilung, ob der Kl. das Kolleg ohne Schwierigkeiten absolviert hat und ob er etwa eine Klasse wiederholen mußte, was sich daraus ergeben könnte, daß der Besuch des Kollegs vier Jahre und damit ein Jahr länger dauerte als der Besuch der Oberstufe eines Gymnasiums. Aus dem Nachholen des Abiturs allein können sich allenfalls Zweifel ergeben, ob die Begabung des Kl. zutreffend beurteilt worden ist.

cc) Auch die vom OLG weiter getroffenen Feststellungen rechtfertigen die erfolgte Beurteilung nicht.

Danach wuchs der Kl. in schwierigen häuslichen Verhältnissen auf, die u. a. durch Unverständnis des Bekl. für die Probleme seines Sohnes in der Schule und während der Ausbildungen sowie dadurch geprägt waren, daß er dem Kl. erzieherisch mit Züchtigungsmaßnahmen begegnete und ihn - etwa durch die Zuweisung eines nicht abgeschlossenen Raums im Untergeschoß des Hauses, in dem zugleich Waschmaschine und Wäschetrockner standen - unangemessen und lieblos behandelte. Während der Ausbildung zum Dekorateur mußte der Kl. sich erstmals im April 1983 für eine Woche in stationäre psychotherapeutische Behandlung sowie in der Zeit vom 11. 5. bis 22. 7. 1983 in teilstationäre Behandlung begeben. Zu einem erneuten stationären Aufenthalt kam es in der Zeit vom 19. 10. bis 20. 11. 1984. Im Jahr 1983 wurden eine neurotische Entwicklung sowie eine Adoleszenzkrise diagnostiziert, 1984 ein depressives Syndrom bei neurotischer Persönlichkeit und verzögerter geistig-seelischer Reifung. Während der 1984 erfolgten Therapie konnten Einsichten in die bestehenden Autoritätskonflikte und das Ausweichen in Leistungsverweigerung erreicht werden. Bei der Entlassung wurde die Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie zur weiteren Problembewältigung empfohlen.

Nach der Lebenserfahrung wirken sich gestörte häusliche Verhältnisse vielfach nachteilig auf die schulische Entwicklung eines Kindes aus (vgl. Senatsurteil v. 25. 2. 1981 - IVb ZR 547/80 -, FamRZ 1981, 437, 439). Für derartige Auswirkungen könnte auch die später zutage getretene Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Behandlung des Kl. sprechen. Diese Umstände vermögen aber ebenfalls nur Zweifel daran zu begründen, ob die Begabung des Kl. richtig eingeschätzt worden ist. Daß er tatsächlich über weitergehende Fähigkeiten verfügte, als sie der erlernte Beruf erfordert, ergibt sich daraus noch nicht. Auch hierzu hätte es weiterer Feststellungen bedurft. Wenn die häuslichen Schwierigkeiten, die eingetreten sein sollen, als der Kl. etwa 15 Jahre alt war, dazu geführt haben, daß seine schulische Entwicklung behindert worden ist, müßte z. B. eine Verschlechterung der Leistungen zu verzeichnen gewesen sein. Zu den früheren schulischen Leistungen des Kl., insbesondere während des Besuchs des Gymnasiums, sind tatrichterliche Feststellungen indessen nicht getroffen worden. Ob den in den letzten Schuljahren aufgetretenen schulischen Schwierigkeiten Zeiten vorausgingen, in denen sich der Schulbesuch des Kl. problemlos gestaltete und er insbesondere gute oder jedenfalls befriedigende Leistungen erbrachte, ist demzufolge offen. Auch aus dem späteren Verlauf der Dinge sind keine Erkenntnisse gewonnen worden, die die erfolgreichen Schlußfolgerungen auf das Vorhandensein einer weitergehenden Begabung zuließen. Das ist hinsichtlich des Besuchs des Kollegs und des im Abiturzeugnis erreichten Notendurchschnitts bereits dargelegt worden. Das gilt aber gleichermaßen bezüglich des aufgenommenen Studiums bis zu dessen Abbruch. Daß und ggf. welche Leistungen der Kl. insofern erbracht hat, ist ebenfalls nicht festgestellt worden.

dd) Die Annahme des OLG, der Kl. habe bisher keine seiner Begabung hinreichend Rechnung tragende und deshalb angemessene Berufsausbildung erlangt, erweist sich danach nicht als gerechtfertigt. Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben. Die Sache ist zur weiteren Aufklärung und Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das OLG zurückzuverweisen.

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

a) Falls das OLG erneut zu der Annahme gelangen sollte, daß der Kl. bisher keine seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechende Berufsausbildung erlangt hat, weil seine Begabungen falsch eingeschätzt worden sind, begegnet die Zuerkennung von Ausbildungsunterhalt nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil der Kl. nach dem Abschluß der Lehre i. J. 1985 nicht sogleich den später eingeschlagenen Weg des Erwerbs der Hochschulreife beschritten hat. Die für diese Auffassung vom OLG im einzelnen dargelegten Gründe, insbesondere die noch i. J. 1987 bestehende Notwendigkeit, die psychotherapeutische Behandlung fortzusetzen, rechtfertigen auch nach Auffassung des Senats die Beurteilung, daß sich aus dem zeitlichen Verlauf keine nachteiligen Auswirkungen auf den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt ergeben. Auch wenn der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung auf seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenübersteht, die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu absolvieren, muß der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildung hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind (Senatsurteil v. 4. 3. 1998, a.a.O., S. 671). Das muß erst recht gelten, wenn ein zwischen der Beendigung einer Lehre und dem weiteren Schulbesuch verstrichener Zeitraum nicht allein dem Kind anzulasten ist, sondern die Unterbrechung maßgeblich auch auf erzieherischem Fehlverhalten der Eltern und den daraus entstandenen psychischen Folgen für das Kind beruht (vgl. auch Senatsurteil v. 27. 9. 1989 - IVb ZR 83/88 -, FamRZ 1990, 149, 150). In einem solchen Fall, in dem den Unterhaltsverpflichteten eine erkennbare Mitverantwortung an der Ausbildungsverzögerung trifft, ist es ihm nach Treu und Glauben verwehrt, diese dem Unterhaltsbegehren entgegenzuhalten.

b) Das OLG ist mit Rücksicht auf seine Annahme, der Kl. habe bis zum Beginn des Studiums keine angemessene Ausbildung erhalten, ohne weiteres davon ausgegangen, daß ihm während des Studiums ein Unterhaltsanspruch zustehe. Diese Beurteilung berücksichtigt nicht, daß nur eine Ausbildung geschuldet wird, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht (s. o. unter 2. a)). Die genannten Kriterien muß nicht nur eine von dem Unterhaltsverpflichteten zu gewährende Erstausbildung eines Kindes erfüllen, sondern erst recht eine etwa geschuldete weitere Ausbildung. Denn je älter ein Kind bei Aufnahme einer Ausbildung ist und je eigenständiger es seine Lebensverhältnisse gestaltet, desto mehr tritt die Elternverantwortung für seinen Berufs- und Lebensweg zurück (Senatsurteil v. 4. 3. 1998, a.a.O., S. 672). Die hinsichtlich der Angemessenheit einer weiteren Ausbildung zu stellenden Anforderungen bedürfen deshalb mit zunehmendem Alter des Kindes der besonders sorgfältigen Prüfung. Allein das Bestehen des Abiturs verpflichtet die Eltern ohnehin nicht zwangsläufig dazu, ein Hochschulstudium zu finanzieren

(Kalthoener/Büttner, a.a.O., Rz. 296; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 3. Aufl., Kap. V Rz. 82; Göppinger/Strohal, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., Rz. 678; Staudinger/Kappe/Engler, BGB, 13. Bearb. 1997, § 1610 Rz. 137; Palandt/Diederichsen, BGB, 58. Aufl., § 1610 Rz. 43; Oelkers/Kreuzfeldt, FamRZ 1995, 136, 140 f.; OLG Koblenz, FamRZ 1991, 108 = NJW 1991, 300; OVG Bremen, NJW-RR 1986, 430, 431).

Anderenfalls würde jede im ersten oder zweiten Bildungsweg erlangte formelle Berechtigung zum Studium die Verpflichtung zur Finanzierung dieser Ausbildung nach sich ziehen, ohne daß es - wie es § 1610 II BGB verlangt - auf die Angemessenheit der Ausbildung im Einzelfall ankäme (Göppinger/Strohal, a.a.O.; OVG Bremen, a.a.O.). Das OLG wird deshalb auch der Frage nachzugehen haben, ob ein Studium im allgemeinen und dasjenige der Erziehungswissenschaften im besonderen eine für den Kl. angemessene Ausbildung darstellt, die seinen intellektuellen Fähigkeiten und seinem Leistungswillen entspricht.

Vorinstanzen

OLG Saarbrücken

Rechtsgebiete

Ehe- und Familienrecht